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Tagesarchive: 30. August 2016

Einzelhandel in Mainz: Monitoring entdeckt nur wenig Leerstand – Mainz&-Leser üben Kritik

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Umbau, Auszug, Leerstand, der Mainzer Einzelhandel ist im Umbruch, und gefühlt war das in den vergangenen zwölf Monaten richtig viel. Doch das stimmt objektiv gezählt gar nicht – sagt das Einzelhandelsmonitoring der Stadt Mainz. Mainz& widmet sich in einer neuen Serie dem Thema Einzelhandel in Mainz – wir beleuchten Leerstände und neue Entwicklungen, reden mit Einzelhändlern und städtischen Verantwortlichen, analysieren und zeigen Lösungen auf. In dieser Folge starten wir mit dem Einzelhandelsmonitoring.

Die Untersuchung der Stadt überprüft jedes Jahr die Entwicklung des Einzelhandels in Mainz, checked den Branchenmix und zählt Leerstände. Und siehe da: Von 771 Ladenlokalen in der Mainzer Innenstadt standen laut der Studie nur 44 leer, 11 davon waren im Umbau. Macht 33 echte Leerstände in Mainz – das entspricht 4,3 Prozent. „Die Zahlen lügen nicht“, sagte denn auch Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) im Mainz&-Interview: Mainz stehe viel besser da, als gefühlt – und warnte davor, Mainz schlecht zu reden.

Shoppen am Brandzentrum
Einkaufen in Mainz: Wie ist der Branchenmix, wie die Lage? Am Brand gibt’s jedenfalls viele Filialen – Foto: gik

Das Einzelhandelsmonitoring der Landeshauptstadt Mainz wurde im Juni 2016 bereits zum 21. Mal durchgeführt. Dabei wurden die Straßen der Mainzer Innenstadt kartiert und systematisch nach Namen der Geschäfte, Branchen, Filialisierung sowie Leerständen erfasst. Und da zeigte sich: Die Zahl der Ladenlokale in der Innenstadt ist weitgehend konstant: 443 waren es im Juni 2013, fast exakt genau so viele wie heute, nur 2015 waren es mit 436 nur 6 weniger.

442 von 771 Lokalen sind echte Geschäfte

Am stärksten vertreten: der Textilhandel mit 115 Geschäften, insgesamt sind 442 der 771 Ladenlokale mit Geschäften belegt, 118 werden gastronomisch genutzt, 178 mit „sonstiger“ Nutzung – das sind etwa kirchliche Einrichtungen, Versicherungen und Banken, Copy-Shops und Schuhmacher oder Schlüsseldienste, Kultur- und Sporteinrichtungen, Erziehungseinrichtungen und Unterrichtsräume oder Gebäude des Öffentlichen Dienstes wie etwa das Umwelt-Informations-Zentrum der Stadt.

Einzelhandelsmonitoring Karte Untersuchungsgebiet Innenstadt
Untersuchungsgebiet in der Mainzer Innenstadt für das Einzelhandelsmonitoring – Grafik: Stadt Mainz

Von den 442 Einkaufsgeschäften verkaufen 115 Textilien, 39 Uhren und Schmuck, 37 Kunstgegenstände, Geschenke, Briefmarken und Münzen, 32 Schuh- und Lederwaren, 28 Möbel und Einrichtungsgegenständen sowie 22 Back- und Süßwaren. Satte 49 Unternehmen sind Friseure und Kosmetikgeschäfte, eine größere Gruppe bilden Telekommunikation, Apotheken und Drogerien, und 18 Läden gehören zum Bereich Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und Tabakwaren – darunter auch die Discounter. Damit weise Mainz „für den täglichen aber auch mittelfristigen Konsum einen gesunden Branchenmix auf“, bilanziert das Monitoring.

84,3 Prozent in 1A-Lagen sind Filialen

Hoch ist allerdings der Filialisierungsgrad, also der Anteil von Filialen an den Ladengeschäften, und zwar in den Bereichen Am Brand, Stadthausstraße und der Schusterstraße – also der klassischen Fußgängerzone. Hier machen Filialen satte 84,3 (!) Prozent der Läden aus, wobei deren Anzahl im Vergleich zu vor einem Jahr exakt gleich blieb. Das ist ein doppelt so hoher Anteil wie in der übrigen Innenstadt, wo der Durchschnitt 41,4 Prozent beträgt. Zum Vergleich: Auf der Frankfurter Zeil beträgt der Filialisierungsgrad 79 Prozent.

Grund für den hohen Filialanteil seien „grundsätzlich den, an das Tripol-Konzept der Landeshauptstadt Mainz angepassten, Firmenkonzepten wie Zentralität und Kundennähe sowie den daraus erwachsenen Marktmechanismen aus Höhe der Mietpreise und finanziellen Ressourcen der Unternehmen geschuldet“, heißt es im Monitoring. Im Klartext: Die Stadt verursacht mit ihrem Konzept der drei Einkaufspole Brand, Römerpassage und LU und ihrer 1A-Lagen hohe Mietpreise mit – und die können dann nur noch Filialisten bezahlen.

„Bemerkbare Fluktuation“ in der Altstadt, aber wenig Leerstände

Im Bereich der Altstadt hingegen seien hauptsächlich inhabergeführte Unternehmen etabliert, allerdings herrsche hier „eine bemerkbare Fluktuation“, konstatiert die Untersuchung – keine Überraschung: Die völlig überhöhten Mieten vertreiben hier derzeit kleine, Inhaber geführte Einzelhändler. Die Anzahl der Leerstände in der Augustinerstraße und im Kirschgarten sei aber nur „geringfügig gestiegen“, was wir erstaunlich finden. In der Gaustraße gab es zum Zeitpunkt der Erhebung wie schon 2015 drei Leerstände. In der Großen Langgasse zogen neue Ladengeschäfte ein, sodass sich die Zahl der Leerstände hier auf zwei verringerte.

Einzelhandelsmonitoring Grafik Ladennutzung
Ladennutzung in Mainz laut 21. Einzelhandelsmonitoring – Grafik: Stadt Mainz

Außerhalb des Erfassungsgebietes habe in den Bereichen Neubrunnenstraße, Gartenfeldplatz und Neutorstraße positive Entwicklungen beobachteten werden können – hier schlagen sich die ganzen neuen Läden der Mainzer Neustadt nieder.

Sitte: gesunder, vielfältiger Branchenmix

Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte äußerte sich denn auch erfreut: „Aller Unkenrufe zum Trotz gibt es einen deutlichen Anstieg der Ladenlokale“, sagte er, auch sei „die Vielzahl der inhabergeführten Einzelhandelsgeschäfte erfreulich.“ So könne Mainz „seine Individualität wahren und verfügt auch weiterhin über einen gesunden, vielfältigen
Branchenmix.“

Mainz&-Leser: mieser Mix, schlechte Auswahl, hohe Parkgebühren

Mainz&-Leser das vielfach allerdings komplett anders: „Mainz hat einen total beschissenen Branchenmix“, kommentierte Leser Julian Becker, und fügte hinzu, er sei selbst Einzelhändler in Mainz. Trotzdem lautet sein Urteil:  „Macht einfach keinen Spass in Mainz einzukaufen.“Becker ist beileibe nicht allein: Nach unserer Kolumne „Warum ich notgedrungen dauernd im Internet einkaufe“, gingen bei uns reihenweise Reaktionen ein, die unsere Erlebnisse bestätigten: „Stimme voll und ganz zu“, schrieb Leser Jürgen Kroder: „Überall die gleichen Erlebnisse: unfreundliche oder inkompetente Verkäufer oder eine zu schlechte Auswahl.“

Leeres Schaufenster Radio Bauer kleiner
Zu hohe Mieten = Leerstand – hier das leere Schaufenster beim alten Radio Bauer – Foto: gik

Sicher sei am Rückgang auch das Internet Schuld – aber eben auch „die Vogel-Strauss-Taktik der Läden“, sagt Kroder: „Wenn Sie nicht mehr punkten können, z.B. durch Freundlichkeit und Service, WARUM soll ich dann dort hin?“

Tina Bressler rechnet vor, dass der Trip mit Bus oder Bahn in die Stadt und zurück schon mal 5,50 Euro kosten, und konstatiert: „Shoppen von zu Hause aus ist nunmal einfacher ?, zumal bei vielen Internetangeboten der Versand frei ist.“ Und Helga Götz moniert stellvertretend für viele: „Aufgrund der vollkommen überzogenen Parkgebühren gehe ich nicht mehr in Mainz einkaufen.“

„Bequem, kundenorientiert, günstig: Amazon“

Parkgebühren runter, mehr Parkplätze, eine konsequente Förderung des Einzelhandels samt Ansiedlung neuer, kompetenter Unternehmen in der Innenstadt fordert ein weiterer Kommentator, und schreibt: „Ein Mainzer, der die Innenstadt – mit noch bestehenden Parkmöglichkeiten – liebt und gerne das Angebot des Einzelhandels nutzen würde.“

Und der FDP-Politker Michael Schwarz konstatiert auf Facebook: „Wo kaufen wir fast nicht ein? In Mainz unverschämte Parkgebühren und fehlendes (großes) Shopping-Center.“ Auf seiner Hitliste stehen hingegen neben dem Supermarkt um die Ecke der Internetriese „Amazon: Bequem, kundenorientiert und günstig“ sowie die Ingelheimer Neue Mitte – wegen des kostenlosen Parkens.

Sitte räumt ein, die Attraktivität einer Stadt „steht und fällt auch mit dem Engagement der einzelnen Geschäftsinhaber“ – und nennt als beispielhaft die Gaustraße mit ihren engagierten neuen Einzelhändlern, die aus der Straße wieder ein attraktives Quartier gemacht haben. Zugleich sieht der Dezernent verstärkt ein Problem bei den hohen Mieten und mahnt, zu hohe Mietvorstellungen produzierten „Leerstände, die für eine attraktive Innenstadt schlecht sind und auch dem Vermieter in keiner Weise nutzten.“ Er würde sich wünschen, „dass die Vermieter gerade auch bei Neuvermietungen nicht bis ans Limit gingen.“

Info& auf Mainz&: Mehr dazu lest Ihr in unserem großen Mainz&-Interview mit Sitte zu Einzelhandel, Zentrenkonzept und der Ansiedlung von Decathlon. Das komplette 21. Mainzer Einzelhandelsmonitoring findet Ihr im Internet auf der Seite der Stadt Mainz, genau hier. Unsere Mainz&-Kolumne zum Einzelhandel in Mainz lest Ihr hier: „Warum ich notgedrungen dauernd im Internet einkaufe“.

 

 

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Mainz&-Kolumne: Warum ich notgedrungen dauernd im Internet einkaufe – Einzelhandel in Mainz

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Eines gleich vorweg: Ich hasse es, im Internet einzukaufen. Ich liebe es, in Geschäfte zu gehen, Waren anfassen und fühlen zu können ist für mich enorm wichtig. Farben, Formen, Materialien live sehen zu können, die Wirkung von Produkten, auch mich mit einem Menschen (sprich: dem Verkäufer) darüber austauschen zu können, beraten zu werden, ob es Alternativen gibt. All das brauche ich zum Einkaufen. Und trotzdem habe ich in den vergangenen Monaten massiv im Internet eingekauft. Weil ich schlicht und ergreifend die Produkte, die ich brauchte oder wollte, nicht in Geschäften in der Mainzer Innenstadt bekam. Das ärgert mich massiv – und ich bin weiß Gott nicht allein. Ein Denkanstoß – für mehr Vielfalt in Mainz.

Radio Bauer leer
Leerstand, wo einst Radio Bauer war: Viele alteingesessene Einzelhändler gaben in den vergangenen Monaten auf – Foto: gik

Ich habe in den vergangenen Monaten so einiges einkaufen müssen: Bürobedarf, Computer, Schuhe, Kleidung, Ausstattung für Küche und Haus.Und ich habe versucht, diese Dinge in Mainzer Läden einzukaufen – meistens vergeblich. Beispiel Birkenstock-Sandalen: Seit Jahren nutze ich die Ökoschlappen als Hausschuhe, nun waren neue fällig. Also auf in die Innenstadt, zum Fachgeschäft, wo ich seit Jahren meine Birkenstock-Sandalen kaufe. Dort angekommen, hieß es nur: Nö, haben wir nicht mehr.

Keine Schuhe für normale Füße, keine Auswahl

Mein „Problem“ nämlich: Ich habe normale Füße, normal breite Füße, in den Geschäften aber werden nur noch schmale Birkenstock-Sandalen angeboten, die aber passen mir nun einmal nicht. Warum sie denn keine normal breiten Sandalen mehr hätten, frage ich? Ja, sagt die Verkäuferin, hatten wir mal, eine breite Auswahl, aber haben wir ausgemustert. Führen wir nicht mehr. Warum? Schulterzucken. Weiß sie nicht. Wo ich denn nun solche Birkenstock finden könne? Neuerliches Schulterzucken, das wisse sie leider auch nicht. Und ich war nicht anspruchsvoll, wäre flexibel gewesen, was Farbe und Design anging – nichts zu machen. Ich habe meine Sandalen im Internet bestellt, nach zwei Tagen waren sie da, ich bin sehr zufrieden. Zumal die Sandalen mehr als ein Drittel billiger waren.

Einkaufsliste Amazon
Outdoor-Sandalen, iPad-Zubehör, Dekotisch – kleiner Ausschnitt meiner Amazon-Einkaufsliste der vergangenen Monate – Foto: gik

Beispiel zwei: Für den Urlaub brauchte ich neue Outdoor-Sandalen, und ich wollte welche der Marke Teva. Damit habe ich nun mal gute Erfahrungen gemacht, die passen zu mir und meinen Füßen gut – also auf in die Stadt. In einem großen Kaufhaus die Auskunft: Ja, hatten wir mal, einen ganzen Ständer voll. Haben wir aber nicht mehr. Punkt. Warum? Schulterzucken. Wissen wir nicht. Entscheidet ja die Zentrale. Aha. Und wo….? Wissen wir auch nicht. Am Ende habe ich in ganz Mainz genau ein einziges Modell von Teva-Sandalen für Frauen in meiner Schuhgröße 37 gefunden – genau ein einziges Modell. Das nicht passte. In ganz Mainz. Ich habe – natürlich – meine Teva-Sandalen im Internet bestellt, nach zwei Tagen waren sie da, ich bin damit sehr glücklich.

Enthärter verschwunden, Verkäuferin desinteressiert

Beispiel drei: Ich brauchte Enthärter für meine Waschmaschine, seit Jahren kaufe ich genau denselben in einem bestimmten Öko-Supermarkt, es war nie ein Problem. Nun aber stehe ich vor dem Regal – nichts. Das Kuriose: Von derselben Marke gibt es weiterhin alles: Waschmittel, Spülmittel, Bleichmittel, alles da. Nur mein Enthärter nicht. Nun aber bin ich hochgradig allergisch und kann nicht einfach auf ein anderes Produkt ausweichen – es muss nun einmal dieser Enthärter sein.

Die Verkäuferin irrt desorientiert durch die Regale, sucht natürlich ebenfalls vergeblich, und sagt schließlich: Ja, haben wir wohl nicht mehr. Warum? Desinteressiertes Schulterzucken. Abwenden und weggehen. Entschuldigung, sage ich, kriegen Sie das Produkt denn wieder? Wissen wir nicht. Können Sie das vielleicht mal an die Marktleitung weitergeben? Das ärgert mich nämlich sehr, sage ich. Desinteressierter Blick. Kann ich ja mal machen, sagt die Verkäuferin und schlurft davon.

Lieber Einkaufsmarkt – Ihr habt gerade eine Kundin verloren. Und zwar eine, die nicht nur den Enthärter gekauft hat, sondern bei der Gelegenheit auch immer mal andere Dinge mitnahm: Eine Milch, eine Seife, Gemüse, was gerade anfiel. Tja, auch dieser Umsatz geht nun woanders hin. Den Enthärter habe ich dann im Internet bestellt, drei Stück auf einmal, nach einem Tag war er da, ich bin fürs Erste versorgt.

Was soll ich noch in der Innenstadt?

Und ertappte mich neulich bei dem Gedanken: Was soll ich eigentlich noch in der Innenstadt? Will ich mir wirklich die Hacken platt laufen, um am Ende frustriert doch im Internet zu bestellen?Wohlgemerkt: Ich finde diese Entwicklung schrecklich – ich würde so viel lieber in Mainzer Geschäften einkaufen! Bei realen Menschen! Aber so?

Denn das waren ja nicht die einzigen Dinge: In keinem einzigen Geschäft kann ich einen simplen Geschäfts-Computer kaufen, Drucker, Telefone – abgesehen vom Saturn-Einkaufsmarkt hat die Innenstadt wenig bis gar nichts zu bieten. Einen Wasserhahn für meine Küche bekam ich nicht einmal in einem der Baumärkte – für ein Drei-Schlauch-System standen mir ganze zwei Modelle zur Auswahl bereit.

Shoppen am Brandzentrum
Wilder Wechsel bei den Boutiquen am Brand: Quo vadis Einkaufsstadt Mainz? – Foto: gik

Und das zieht sich durch: Schuhe habe ich schon seit Jahren in Mainz nicht mehr gekauft. Warum? Weil die Schuhläden in Schuhgröße 37 kaum noch Auswahl haben. Komisch: In meiner Jugend gab es zwei große Regale voll Auswahl, heute darf ich zwischen zwei Modellen wählen. Frage ich im Geschäft heißt es: Tja, die Kinder und Jugendlichen heute haben eben alle größere Füße. Und was, bitte ist mit den anderen Kunden? Ja, sind denn alle Leute mit Schuhgröße 37 ausgestorben?

Boutiquen weg, Produktauswahl weg – Kunde hilflos

Beim Kleidungsangebot das gleiche Bild: Drei (!) Boutiquen, in denen ich bisher meine sportlich-moderne Kleidung einkaufte, haben im vergangenen Jahr zugemacht. Ersatz? Teenie-Boutiquen mit Kleidung für Bohnenstangen, Mindestgröße 1,70 Meter. Wenn ich Glück habe, bekomme ich noch meine Hosen im Kaufhaus im Shop-in-Shop-System. Dann darf ich die Hose nehmen, die gerade da ist. Auswahl? Produktpalette meiner Marken, die mir gut passen und stehen? Die sehe ich im Internet – in den Läden in der Innenstadt finde ich sie nicht mehr.

Nicht die Läden in Mainz sind weniger geworden – aber die Produktauswahl hat sich verändert. Geschäfte halten es offenbar nicht mehr für nötig, eine breite Produktpalette anzubieten. Dem Kunden anzubieten, fehlende Produkte zu besorgen, kommt ihnen auch nicht in den Sinn – kein einziges (!) Geschäft hat mir das angeboten. War ich in den falschen Geschäften? Vielleicht – aber es waren eigentlich Läden, in denen ich seit vielen Jahren einkaufe. Was hat sich da geändert?

Geschmackvoll, Qualitätsvoll - wir haben da mal an die Martkhäuer gedacht... - Foto: gik
Schon mal in den Mainzer Markthäusern geshoppt? – Foto: gik

Daunenjacke bei 30 Grad, Bademoden bei Minustemperaturen

Und versucht mal, im Sommer Bademode zu bekommen und im Winter einen Wintermantel… Denn es ist doch so, lieber Einzelhandel: Bei 30 Grad im Schatten soll ich Winterpullover anprobieren und Daunenjacken, aber kurz vor den Sommerferien einen Bikini zu finden, ist eine schiere Unmöglichkeit. Ich will aber nicht bei Null Grad Badeanzüge anprobieren, genausowenig wie ich Lebkuchen und Spekulatius im August essen will. Ich will  einkaufen wenn ich die Dinge brauche – und nicht ein halbes Jahr vorher irgendwie auf Vorrat.

Liebe Geschäftsleute – vielleicht muss sich der Handel mal wieder dem Kunden anpassen?  Warum kann ich für mein iPad 4 in keinem einzigen Laden in Mainz mehr Zubehör wie Hüllen oder Ladekabel einkaufen? Nein, wir haben nur das für die neuesten Geräte heißt es. Viele Menschen aber haben noch ältere Geräte – und ich werde mir nicht wegen eines neuen Kabels ein iPad für 600 Euro anschaffen, wirklich nicht. Das Internet – es ist oft der einzige Ausweg für Gegenstände, die man braucht oder wenn man bestimmte Artikel will.

Inliner-Zubehör, Dekotisch, Campingstuhl – nicht in Mainz

Eine Freundin suchte neulich Knie und Armschoner zum Inlinen, sie wurde in keinem einzigen (!) Sportgeschäft in Mainz fündig. „Außer Essen und Drogerie kaufe ich alles im Internet“, schrieb ein Mainz&-Leser uns: „Einfacher, weniger aufwendig, billiger, bessere Infos.“ Druckerpatronen sind oft 50 Prozent günstiger. Einen halbrunden Wandtisch aus Metall habe ich vergeblich gesucht. Und wo bitte, kaufe ich in der Innenstadt einen Campingtisch samt Campingstuhl? Samt Plane, Kühltasche, Outdoor-Handtuch und Gummihammer für die Heringe? Und mit einer bezahlbaren (!) Regenjacke?

Seit der heiß geliebte Camping Stiefel seine Tore geschlossen hat, ist es hier zappenduster – von edlen Outdoor-Stores abgesehen. Aber was, wenn ich eben nicht 200 Euro und mehr für eine Jacke ausgeben kann oder will? Nein, in Ihrer Größe haben wir da nichts mehr, sagte mein Sportgeschäft. Na, vielen Dank auch. Ich habe meinen Vor-Campingurlaub-Einkauf – bei Decathlon in Wallau getätigt.

Karstadt mit Vorplatz und Apotheke
Ob ein Shoppingcenter auf der LU helfen würde bei der Produktvielfalt? – Foto: gik

Der Kunde ist informiert, zielgerichtet – und mobil

Der Kunde, liebe Einzelhändler, ist heute nämlich so einiges: informiert, mobil und zielgerichtet. Er weiß oft, was er will, und er weiß, wieviel Geld er dafür ausgeben kann und muss. Nennt das anspruchsvoll – ja und? Wenn ich das, was ich brauche oder will, in Mainz nicht bekomme, werde ich mein Geld eben nach Hessen tragen – viele tun das bereits. Pflanzen Kölle, Computermaxx, Decathlon, Staples – die Liste meiner Einkaufsstopps auf der anderen Rheinseite ist lang. Leider.

Aber ich verstehe, warum meine Nichten total gerne im Main-Taunus-Zentrum einkaufen: Das Center sieht aus, wie eine Innenstadt-Fußgängerzone, vollgepackt mit Läden – und bietet eine unglaublich Auswahl an Produkten auf engstem Raum. Das ist effektiv, kuschelig und macht Spaß.Und kostenlos oder günstig parken kann ich da auch noch…

Gebt mir Gründe, bei Euch einzukaufen! Ich komme.

Also, liebe Mainzer Einzelhändler: Gebt mir einen Grund, bei Euch in Mainz einzukaufen – gebt mir viele Gründe! Gebt mir Produktvielfalt, und das nicht nur für Teenies! Stellt Euch auf verändertes Einkaufsverhalten ein, beachtet wieder Jahreszeiten, Produktbedarf und eine breite Kundenstruktur! Hört auf, aufs Internet zu schimpfen, und bietet mir stattdessen Anreize mit hilfsbereiten und informierten Verkäufern und spannenden Produkten. Denn es ist natürlich nicht alles schlecht – das gibt es auch in Mainz. Nur leider viel zu wenig.

Denn vor allem: Gebt mir das Gefühl, dass Ihr Euch freut, wenn ich bei Euch einkaufe! Neulich nämlich, musste ich meine Einkaufsgarderobe erneuern. Ich ließ mich also mit einem ganzen Stapel Hosen, Röcke und Oberteilen in einer Kabine einer Boutique nieder. Man sollte meinen, dass das die Besitzerin freuen würde – aber weit gefehlt: Ich erntete misstrauische Blicke und schroffe Sprüche à la „Wollen Sie sich hier häuslich niederlassen?“ Anstatt mir zu helfen, weitere Kleidungsstücke zu bringen, Ideen zu wälzen, unterhielt man sich lieber mit der Bekannten vorne. Ich habe drei Hosen, einen Rock und zwei Oberteile gekauft. Ob ich noch mal hingehe, weiß ich noch nicht.

Als neulich eine Lieferung bei Amazon viel zu spät kam, und ich deshalb ein Problem hatte, bekam ich ein freundliches Entschuldigungsschreiben zugeschickt – samt kostenloser Druckerpatrone als Entschädigung. Da kaufe ich wieder ein….

Info& auf Mainz&: Wir wollen von Euch wissen: Warum kauft Ihr im Internet ein, und welche Artikel? Warum geht Ihr nicht in die Geschäfte in der Innenstadt? Oder ist alles ganz anders, und Ihr habt gegensätzliche Erfahrungen gemacht? Schreibt uns! Wir konfrontieren dann mal die Vertreter des Einzelhandels in Mainz damit. Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) Haben wir schon gefragt: Unser großes Interview zum Einzelhandel in Mainz lest Ihr morgen auf Mainz&!

 

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12. Kunst direkt vom 2.-4. September – 100 Künstler hautnah in Mainz erleben

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Alle zwei Jahre trifft sich in Mainz die Kunstszene Rheinland-Pfalz zur großen Künstlermesse, an diesem Wochenende ist es wieder so weit: Vom 2. bis 4. September könnt Ihr bei „Kunst direkt“ in der Mainzer Rheingoldhalle Malerei, Grafik und Bildende Kunst erleben und vor allem mit den Künstlern direkt ins Gespräch kommen. Eine unabhängige Fachjury hat aus knapp 170 Bewerbungen 99 Künstler ausgewählt, die sich auf 7.000 Quadratmeter Fläche in kleinen Boxen präsentieren. Daneben gibt es einiges an Sonderschauen, darunter die besonders spannenden „Jungen Positionen“, bei denen sich junge Künstler mit herausragenden Arbeiten präsentieren.

Impressionen Kunst direkt 2014 - Fotos Mainzplus
Impressionen von der Kunst direkt 2014 – Fotos Mainzplus

Die Kunstmesse biete „einen aufregenden Überblick über die zeitgenössische Szene“ und zeige einen interessanten Querschnitt von dem, was die Bildende Kunst in Rheinland-Pfalz insgesamt zu bieten habe, findet denn auch der neue Kulturminister von Rheinland-Pfalz, Konrad Wolf (parteilos). Gleichzeitig stelle die Messe für die Künstler „ein wertvolles Selbstvermarktungsforum dar“ – auf der „Kunst direkt“ war immer schon das Besondere, dass man die Kunst nicht nur betrachten, sondern auch direkt kaufen und mit den Künstlern besprechen kann. „Wir wollen das Interesse für zeitgenössische Kunst aus Rheinland-Pfalz wecken“, nannte Wolf denn auch eine Motivation für die Messe.

Vertreten sind Veranstalterangaben zufolge zahlreiche etablierte Künstler wie Thomas Brenner, Detlef Böhmer, Klaus Maßem, Barbara Rumpf, Susanna Storch oder Hedda Wilms – falls Euch die Namen was sagen. Neu dabei sind 28 Künstler, zehn Teilnehmer haben tatsächlich inzwischen ihren Wohnsitz außerhalb von Rheinland-Pfalz, dürfen aber dennoch teilnehmen. Die meisten kommen aus dem Großraum Mainz und aus dem Landkreis Mainz-Bingen (26), gefolgt von Kaiserslautern (8) und Bad Kreuznach (5).

Video Ruanda Treasure Painting kleiner
Ruanda Treasure Painting – zu der Kunstaktion in Ruanda gibt es auch ein spannendes Viedeo – Screenshot: gik

Mit 48 Künstlern stellt die Sparte Malerei auf der „Kunst direkt“ das größte Kontingent, gefolgt von Grafik (36) und Bildhauerei/Plastik (14). „Die übrigen Kunstschaffenden decken die gesamte Bandbreite künstlerischer Ausdrucksformen ab“, versprechen die Macher in der Ankündigung. Und der jüngste Teilnehmer wurde 1988 geboren, der Älteste im Jahr 1925. 

Für die mittlerweile zum vierten Mal stattfindende Sonderschau der jungen Künstler wurden „zehn vielversprechende Nachwuchstalente mit Rheinland-Pfalz Bezug, deren Studienabschluss nicht länger als 3 Jahre zurück liegt“ ausgewählt. Präsentiert werden die im Nord- und Westfoyer der Rheingoldhalle in einem luftigen, offenen Parcours. Bezüge zwischen den verschiedenen Arbeiten der Künstler seien dabei „nicht nur bewusst einkalkuliert, sondern Teil des offenen Konzeptes“, heißt es weiter.

Bei den Sonderpräsentationen ist ein Highlight das „Ruanda Treasure Painting“ von Stefan Budian, das während eines Stipendienaufenthaltes in Kigali in Zusammenarbeit mit 17 ruandischen Künstlern als multimediales Schatzbild entstand. In etwa 10.000 Einzelfotografien wurde der Prozess einer gemeinsamer malerischen Jamsession festgehalten und daraus ein Film montiert, der ebenfalls auf der „Kunst direkt“ zu sehen ist.

Und Budian hat auch zwei der ruandischen Künstler dabei: Sylvie Nsangamariya und Bruce Niyonkuru halten sich zurzeit als Stipendiaten des Landes Rheinland-Pfalz in Mainz auf und werden in der Mainzer Waggonfabrik arbeiten können, unterstützt von der Stadt Mainz. Einzelne Bildzustände des Rwanda-Treasure-Paintings könnt Ihr übrigens als Drucke käuflich erwerben, ein Teil der Einnahmen kommt den ruandischen Künstlern sowie der Fortführung des Austauschprojektes zugute. Mehr zu dem Projekt findet Ihr hier im Internet.

Installation FLIOZAN Karte Kunst direkt kleiner - Foto mainzplus
Postkarte zur Installation FLIOZAN auf der „Kunst direkt“ – Foto: mainzplus

Daneben präsentiert die Filmklasse der Kunsthochschule Mainz in einer Retrospektive eine Auswahl studentischer Arbeiten aus den Jahren 1995 – 2016, ergänzt um ausgewählte Kurzfilme von Prof. Harald Schleicher, der zudem mit seiner Installation „fliozan“, einer audiovisuellen Reise entlang der wichtigsten deutschen Flüsse, präsent ist. Zudem zeigt sich das Institut für künstlerische Keramik und Glas (IKKG), „dessen Ausbildung“, wie die Veranstalter betonen, „mittlerweile eine weltweite Reputation erworben hat.“ Und schließlich zeigt das Künstlerhaus Schloss Balmoral in seiner One-Artist-Show Arbeiten der Künstlerin Stefanie Klingemann, die 2015 Stipendiatin des Künstlerhauses war.

Die alle zwei Jahre stattfindende „Kunst direkt“ gibt es übrigens seit seit 1993, damals kamen rund 4.500 Besucher. Das hat sich enorm geändert, zur 10. Biennale 2012 kamen schon rund 8.000 Besucher. Es gibt übrigens auch ein Kinderprogramm und Führungen, unter anderem eine Nachtführung am Samstagabend. Und wer sein Ticket von der Schlenderweinprobe des Mainzer Weinmarktes vorzeigt, bekommt 2,- Euro Rabatt auf seinen Eintritt bei der Kunstmesse.

Info& auf Mainz&: Die 12. „Kunst direkt“ findet vom 2. bis 4. September in der Mainzer Rheingoldhalle statt, Öffnungszeiten: Freitag 12.00 Uhr bis 19.00 Uhr, Samstag 12.00 Uhr bis 21.00 Uhr und Sonntag 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Eintritt: Tageskarte 9,50 Euro, ermäßigt 8,00 Euro (Gruppen ab 10 Personen, Schüler, Studenten, Auszubildende, Rentner), Dauerkarte (Zugang an allen Messetagen) 15,00 Euro, Kinderkarte (7-18 Jahre) 5,00 Euro, Führung 2,50 Euro, Late-Night-Führung 3,00 Euro. Führungen Samstag und Sonntag um 14.00 Uhr und um 17.00 Uhr, die Late-Night-Führung findet am Samstagabend um 20.00 Uhr statt, ein Glas Sekt ist inklusive. Treffpunkt und Anmeldung an der Ausstellungskasse. Alle Infos zur Kunst direkt findet Ihr hier im Internet.

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