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Tagesarchive: 16. März 2017

Saisoneröffnung Seilbahn Rüdesheim: Mit Flatrate entspannt übers Rebenmeer gondeln

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Sie ist Kult und von den Rüdesheimern heiß geliebt, die sanfte Fahrt übers Rebenmeer ist Entschleunigung pur: Am Samstag lädt die Seilbahn Rüdesheim zur Saisoneröffnung. Die Bahn sei frisch gewartet und vom TÜV abgenommen, „es ist frisch geputzt und gewienert“, berichtet Seilbahn-Geschäftsführer Rainer Orben. Seit 1954 bringt die Seilbahn Besucher von Rüdesheim hinauf zum Niederwalddenkmal, bis zum 5. November geht die Saison. Für die ganzen acht Monate kann man übrigens per Flatrate gondeln: Eine Saisonkarte für ganze 50,- Euro erlaubt freie Fahrt übers Rebenmeer, Nachtfahrten und Fahrten zum Rüdesheim Weihnachtsmarkt inklusive.

Wunderschöne Fahrt mit der Seilbahn Rüdesheim mit Blick über den Rhein. – Foto: gik

Seit 1883 führt eine Bahn hinauf zum Niederwalddenkmal, das im gleichen Jahr errichtet wurde, um an die erste Einheit aller deutschen Territorien durch den Krieg im Jahr 1871 zu erinnern. Seither schwingt die Germania stolz ihr Schwert auf der Anhöhe über Rüdesheim und blickt über den Rhein nach Bingen – ein Ausblick, den auch schon Karl der Große und Napoleon genossen haben sollen. Das Denkmal löste eine wahre Wallfahrt aus, die Zahnradbahn beförderte die Besucher bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg hinauf.

Nach dem Krieg wollten die Rüdesheimer unbedingt wieder eine Bahn zum Denkmal, dieses Mal allerdings sollte es eine Seilbahn sein, ein modernes leistungsfähiges Transportmittel.  Im Sommer 1953 gründeten Geschäftsleute zusammen mit der Stadt Rüdesheim und dem Landkreis Rheingau eine Seilbahn-Gesellschaft, bereits an Ostern 1954 war Einweihung. „Die Bahn wurde als technisches Wunderwerk gefeiert“, sagt Orben, der seit 2001 Geschäftsführer der Seilbahn ist. Als Orben kam, hatte die Bahn schon 50 Jahre auf dem Buckel, eine Erneuerungskur war dringend fällig.

Hinauf zur Germania führt die Fahrt in den offenen Gondeln, besonders schön ist das natürlich im Frühjahr und im Herbst. – Foto: gik

Seit 2005 schweben nun runde Kabinen im Edelstahl-Look in 14 Metern Höhe über die Reben, niedrig genug, damit auch Nicht-Schwindelfreie mitfahren können. Knapp 800 Personen pro Stunde können befördert werden, pro Richtung, rund 500.000 Fahrgäste nutzten das im vergangenen Jahr. In diesem Jahr sind nun die 85 Gondeln mit ihren Nummern „erstmals in der richtigen Reihenfolge angeordnet“, erzählt Orben, das sei eine Bitte vieler Kinder gewesen. „Wir sind ganz begeistert, warum wir da nicht früher darauf gekommen sind.“

Dazu gibt es noch die Nummern 99 und 100, die für besondere Gelegenheiten reserviert sind – etwa für Hochzeitspaare. Kultstatus hat die Gondel mit der Nummer 76 – für Elvis-Presley-Fans. Denn für den Film G.I. Blues ließen die Macher Elvis per Fotomontage erst in Rüdesheim mit dem Dampfer ankommen und dann romantisch-singend mit der Seilbahn fahren – der Sänger selbst war zwar als amerikanischer Soldat in Deutschland stationiert, die Seilbahn und ihre Gondeln aber hat er in der Realität nie gesehen.

Knapp 1,4 Kilometer lang ist die Seilbahn-Strecke hinauf zum Niederwald-Denkmal, zehn Minuten dauert die gemütliche Fahrt. Oben auf der Höhe baut das Land Hessen seit einigen Jahren weiter an der Restaurierung der Siegesgöttin Germania und an der Wiederbelebung des benachbarten Osteinschen Landschaftsparks nach historischem Vorbild. Gerade 2016 habe sich der Landschaftspark stark verändert, berichtet Orben. Neu belebt wird zudem gerade das „Rebenhaus“, ein alteingesessenes Restaurant unterhalb des Pavillons am Fußweg Richtung Rüdesheim.

Das Restaurant Am Niederwald bietet nicht nur gutes Essen und Trinken, sondern auch Informationen zum Niederwalddenkmal und zum Welterbe Mittelrheintal. – Foto: gik

Vor einem Jahr wurde gleich neben der Bergstation zudem das neue Besucherzentrum eingeweiht, ein neues Restaurant mit großzügiger Terrasse lädt nun zum Verweilen. Blickfang sind die großen Lampen an der Decke – die runden Schirme sind mit Fotos von Rüdesheim, dem Niederwalddenkmal und dem Mittelrheintal bezogen. Im vorderen Teil des Restaurants informieren Tafeln, Karten und Grafiken über die Geschichte des Denkmals, ausziehbare Schubladen führen zu Wanderwegen und Sehenswürdigkeiten im Unesco Weltkulturerbe Mittelrheintal.

Am 18. März ist nun Eröffnung der Saison 2017, bis zum 5. November wird täglich von 9.30 Uhr bis 18.00 Uhr gegondelt – das sei wie Wellness für die Seele, sagt Orben schmunzelnd. Im Winter kann man nur während des Rüdesheimer Weihnachtsmarktes die Fahrt über das Rebenmeer genießen, das dafür auch bei einbrechender Dunkelheit – wunderschön. Nachtfahrten werden aber auch im Sommer angeboten: Von Juni bis September gibt’s an ausgewählten Abenden das besondere Erlebnis, etwa zum Großfeuerwerk-Event „Rhein in Flammen“ am 1. Juli.

Nachtfahrten sind mit der Seilbahn in Rüdesheim ein besonderes Erlebnis – unbedingt machen! – Foto: gik

Wer nun die Seilbahn regelmäßig genießen will, sollte sich überlegen, ob er zur Flatrate greift: Für Wiederholungstäter bietet die Seilbahn nämlich Saisonkarten an: „Das ist ein Geheimtipp“, verrät Orben und mache Sinn für Einheimische oder Besucher aus der näheren Umgebung. Einen festen Stamm von 800 Saisonkarteninhabern gebe es bereits, Tendenz steigend. Für ganze 50,- Euro kann man die gesamte Saison gondeln, Nachtfahrten und Weihnachtsmarkt inklusive, Pärchen zahlen 90,- Euro, eine Familienflat gibt es für 110,- Euro. „Aber etwa der sechsten oder siebten Benutzung rechnet es sich schon“, sagt Orben und verrät, dass man für die Pärchenkarte kein Ehepaar sein muss: „Es können sich auch einfach zwei Menschen für den Kauf der Karte zusammenfinden.“ Übertragbar sind die Karten allerdings nicht: Die Tickets sind mit Name und Passfoto personalisiert.

Info& auf Mainz&: Die Seilbahn Rüdesheim fährt vom 18. März bis zum 5. November täglich zwischen 9.30 Uhr bis 18.00 Uhr pausenlos von Rüdesheim zum Niederwalddenkmal, von Juni bis September an den Wochenenden auch bis 19.00 Uhr. Im Winter fahren die Gondeln zum Weihnachtsmarkt der Nationen vom 27.11. bis 23.12.2017. Eine Berg- und Talfahrt kostet für Erwachsene 8,- Euro, Kinder von 5 bis 15 Jahren zahlen 4,- Euro. Es gibt Rabatte für Gesellschaften und Schulklassen, Rund-Tickets via Assmannshausen inklusive Schifffahrt. Saisonkarte 50,- Euro, Pärchen 90,- Euro, Familienflat 110,- Euro. Alle Infos unter www.seilbahn-ruedesheim.de. Eine Reportage über die Seilbahn und ihre Erfinder lest Ihr hier bei Mainz&: Wo Elvis niemals Gondel fuhr. Mehr übers Besucherzentrum am Niederwalddenkmal findet Ihr hier, das Restaurant Am Niederwald samt Speisekarte hier.

Terminhinweis&: Just zum Landschaftspark am Niederwalddenkmal gibt es kommenden Dienstag eine spannende Führung im Mainzer Landesmuseum: Gernot Frankhäuser vom Landesmuseum lädt zur Führung zum Thema „Der Landschaftspark im Niederwald – eine Spurensuche im Landesmuseum“. Dienstag, 21. März, Beginn 18.00 Uhr, der Eintritt ist frei.

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„Gedenkort Deportationsrampe“ – Siegerentwurf für Gedenkstätte gekürt, Ausstellung im Rathaus

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Der „Gedenkort Deportationsrampe“ wird konkreter: Ein Platz mit Tunnel und Schiene soll samt der ehemaligen Deportationsrampe in Zukunft an das Schicksal derjenigen erinnern, die im Zweiten Weltkrieg vom Mainzer Güterbahnhof aus in die Konzentrationslager der Nationalsozialisten deportiert wurden. Am Montag präsentierte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) den Gewinner eines Ideenwettbewerbs zur Gestaltung der Gedenkstätte an der Mombacher Straße. Sieger wurden die Architekten Schmelzer Weber aus Dresden in Zusammenarbeit mit dem Kunstprofessor Andreas Theurer. 2017 jährt sich die Massendeportation zum 75. Mal, weshalb es am 20. März eine Mahnwache auf dem Mainzer Markt geben wird.

Platz 1 des Ideenwettbewerbs für den Gedenkort Deportationsrampe an der Mombacher Straße – Grafik: Schmelzer Weber SW Architekten

Vom Mainzer Güterbahnhof aus wurden rund 1.100 Juden, Sinti und Roma und auch Homosexuelle in die Todeslager im Osten deportiert. Ende November 2014 hatte Grosse einen Ideenwettbewerb für einen Gedenkort in der Nähe des früheren Güterbahnhofs gestartet.Eigentlich sollte der Sieger des Ideenwettbewerbs bereits 2015 gekürt werden, die Ergebnisse wurden aber erst jetzt vorgestellt. Insgesamt gingen 17 Entwürfe bei der Stadt ein, die jeweils in Teamarbeit von Architekten und Künstlern entworfen wurden. Die Gewinneridee zeigt eine langgestreckte Betonwand, auf der die Namen der aus Mainz deportierten Menschen erscheinen sollen. Die noch aus der NS-Zeit erhaltene Deportationsrampe soll als Fragment in die Betonfläche eingebunden werden, davor führen Schienen in ein Torhaus, das mit einem Spiegel abschließt. Dieses symbolhafte Bild soll den Betrachter in die damalige Situation hineinspiegeln. Außerdem sollen in dem Spiegel Zitate aus überlieferten Briefen zu lesen sein.

Siegerentwurf stellt Täter-Opfer-Relation am Gedenkort her

Dies sei der einzige Entwurf, der die Täter-Opfer-Beziehung so stark berücksichtige, sagte Grosse. Zudem verwendet der Gewinnerentwurf als einziger die Originalteile vom damaligen Deportationsort und integriere sie in schlichter, aber symbolhafter Art und Weise in den Gedenkort. Beides zusammen habe den Ausschlag gegeben für den ersten Platz, der im übrigen von einer Expertenjury einstimmig gekürt wurde. Ein weiteres verbindendes Element zwischen damals und heute sind Menschenschatten, gebildet aus hellen und dunklen Steinen am Boden. Bei Sonnenschein kreuzen sich die Schatten der Besucher dann mit den festen Schatten auf dem Boden und sollen erkennbar machen, dass dieses Leid jedem hätte widerfahren können: „Als Apell, der nicht vergeht, als Schatten, der bleibt“, wie die Erfinder es selbst nennen.

Platz 2 ging an ein Büro aus Mainz, das vorwiegend mit Stelen arbeitet. – Grafik: Adler & Olesch Landschaftsarchitekten

Ob die Rampe und die Schiene wirklich die Originalteile aus Zeiten des Nationalsozialismus seien, wisse man nicht sicher, sagte Hedwig Brüchert vom Verein für Sozialgeschichte Mainz. Schiene und Rampe wurden vor ein paar Jahren wegen des Neubaus des Vlexx-Werks abmontiert und eingelagert. Die Stadt wollte aber die Reste nicht einfach wiederaufbauen, sondern eine Gedenkstätte zur Erinnerung an alle Deportierten errichten. In unmittelbarer Nähe vom jetzigen Standort an der Mombacher Straße war einst der Mainzer Güterbahnhof, von dem zwischen März und September 1942 rund 1.100 Juden und andere Feinde der Nationalsozialisten in die Vernichtungslager im Osten transportiert wurden.

Die rund 300 Quadratmeter große Fläche befindet sich in der Nähe der Goetheunterführung an der Zufahrt zum Vlexx-Gelände. „Vlexx sieht es als gesellschaftliche Verpflichtung, Mainz diese Fläche zur Verfügung zu stellen“, sagte Geschäftsführer Frank Höhler. Es sei bei dem Wettbewerb darum gegangen, einen Entwurf zu finden, der Aufmerksamkeit errege, aber zugleich symbolträchtig sei“, sagte der Mainzer Architekt Klaus Bierbaum als Vertreter der Jury am Montag.

Realisierung noch unklar, Stadt will auf Partnersuche gehen

Soll an einen Güterwaggon erinnern: Der Entwurf des Hamburger Büros auf Platz drei. – Grafik: Konermann Siegmund Architekten

Der Wettbewerb war nämlich zunächst ein Ideenwettbewerb, für den 20.000 Euro aus der Senta und Berthold Schmidt-Stiftung zur Verfügung standen. Die Realisierung ist damit noch nicht auf den Weg gebracht. Den Bau des Gedenkortes schätzte Grosse grob auf 300.000 Euro. „Wie wir die Finanzierung angehen werden, wissen wir bisher noch nicht“, räumte die Dezernentin ein. Erst am Freitag habe die Jury getagt und sich für den Entwurf entschieden, jetzt müssten passende Partner zur Umsetzung gefunden werden.

Platz zwei aus Mainz besteht unter anderem aus mehreren Stelen, die zusammengesetzt Bilder von Menschen zeigen und vor allem viel Informationsmaterial bereithalten. Der Entwurf auf Platz drei kommt aus Hamburg und besteht aus einem begehbaren Baukörper in Gestalt eines Güterwagons. Innen drin gibt es eine Bilderwand und Informationen zu der Zeit der Deportationen. Der wackelige Boden lässt den Besucher einen Weg nachvollziehen, der auch für die Deportierten kein leichter war. Ein Problem bei diesem Entwurf sei jedoch die Finanzierung, die mit rund drei Millionen Euro deutlich über dem vorher veranschlagten Preisrahmen liege, sagte Grosse. Die Entscheidung über den Gewinner fällte ein Preisgericht mit neun Stimmberechtigten und zahlreichen weiteren Vertretern und Beratern.

Info& auf Mainz&: Vom 23. März bis 22. April 2017 werden die 17 Entwürfe des Ideenwettbewerb in der Rathausgalerie ausgestellt. Die Eröffnung erfolgt am  Mittwoch, 22. März 2017, um 18.00 Uhr, durch Kulturdezernentin Marianne Grosse. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Samstag 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr, Sonn- und Feiertage geschlossen. Mehr zur Idee der Gedenkstätte findet Ihr in diesem Mainz&-Artikel von 2014.

Terminhinweis&: Zum Gedenken an die Deportation der Juden aus Mainz vor 75 Jahren rufen die Landeshauptstadt Mainz und der Landtag Rheinland-Pfalz gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde zu einer Mahnwache am Montagabend, 20. März 2017, ab 17.30 Uhr auf dem Mainzer Markt auf. Dabei sollen die Namen der Opfer des Holocausts vorgelesen und mit einer Schweigeminute, Kerzen und auf Zettel geschriebene Grußbotschaften an sie gedacht werden.

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