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Tagesarchive: 26. April 2017

Neue Berechnung Umweltbundesamt: Stickoxid-Belastung durch Diesel-Pkw noch höher als gedacht

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Tja, schon im Januar 2017 hatte uns die Deutsche Umwelthilfe diesen Satz gesagt: „Nach Messungen der DUH sei der neueste Euro 6-Diesel noch wesentlich schmutziger als die zehn Jahre alten Euro 4-Fahrzeuge.“ Und was veröffentlicht heute, am 25. April, das Bundesumweltamt? Eine Studie, nach der die Stickoxid-Belastung durch Diesel deutlich höher ist als gedacht – und dass auch die neuen Euro-6-Norm-Fahrzeuge sechs Mal mehr Stickstoffoxide ausstoßen, als gedacht. Das hätten neue Berechnungen ergeben, teilte das Umweltbundesamt (UBA) am Dienstag mit. Für die Neubewertung seien erstmals auch bei den Messungen für betriebswarme Motoren die „in Deutschland typischen Außentemperaturen berücksichtigt“ worden…. Gute Idee…

Autos Stoßstange an Stoßstange im Verkehr in Mainz – das gibt eine Menge Abgase… – Foto: gik

Die Märchen der Automobilindustrie vom sauberen Diesel fallen inzwischen schneller zusammen, als man schauen kann. Die Deutsche Umwelthilfe hatte Ende 2016 scharfe Kritik einstecken müssen, weil sie vehement Diesel-Fahrverbote für Innenstädte fordert – und ihre Forderung mit Klagen gegen Dutzende deutscher Großstädte untermauert. 2016 ließ die DUH auch die Klage gegen die Stadt Mainz wiederaufleben, die Stadt reagierte weitgehend hilflos. Das Argument der Umwelthilfe: Trotz viel Geduld mit der Politik tut sich schlicht gar nichts – während Dreck und Abgase in den Innenstädten weiter steigen. „Nach sieben Jahren Überschreitung von Werten, von vorzeitigen Toten, ist jetzt einfach Schluss“, sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch im Interview mit Mainz&. Es gebe nur eine wirklich wirksame Lösung: „Die Stinker aussperren“, forderte Resch.

Und, oh Wunder: Seither bewegt sich in der bundesdeutschen Debatte so viel wie zuvor in Jahren nicht. Aufgeschreckte Politiker suchen nun nach Wegen, die Stickoxid-Belastung zu verringern, Stuttgart kündigte gar an, von sich aus Fahrverbote erlassen zu wollen – und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) machte sich gar am Dienstag die Forderung der DUH zu eigen, die Autoindustrie müsse auf ihre Kosten die schädlichen Diesel umweltfreundlich nachrüsten. Das war genau das, was die DUH mit ihren Klagen und ihrem Druck erreichen wollte.

Anlass von Hendricks Äußerung war eine neue Untersuchung des Umweltbundesamtes, eine Neubewertung bisheriger Abgas-AusstoNeuß-Berechnungen. Darin heißt es: Ging man für das Jahr 2016 bislang von 575 mg NOx pro Kilometer aus, liege nun die Diesel-Pkw-Flotte in Deutschland bei durchschnittlich 767 mg NOx pro Kilometer. „Unsere neuen Daten zeichnen ein deutlich realistischeres und leider noch unerfreulicheres Bild der Stickoxidbelastung durch Diesel-Pkw in Deutschland“, sagte dazu UBA-Präsidentin Maria Krautzberger und forderte: „Wir brauchen mehr denn je eine schnelle Entlastung der vielen hunderttausend Menschen, die in den Innenstädten unter den Folgen der viel zu hohen Dieselabgase leiden.“ Stickstoffdioxid nämlich reize die Atemwege, beeinträchtige langfristig die Lungenfunktion und führe zu chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie vorzeitigen Todesfällen. Besonders für empfindliche Bevölkerungsgruppen wie Kinder sei es gefährlich.

Die realen Abgasemissionen von Diesel-Pkw in Deutschland gemessen am Grenzwert. – Grafik: Umweltbundesamt

Dabei hatte das Umweltbundesamt nichts anderes getan, als einfach mal die Abgaswerte der Diesel-Fahrzeuge unter realistischen Bedingungen zu untersuchen: Erstmals seien nicht nur Messungen des betriebswarmen Motors bei Außentemperaturen von über 20 Grad Celsius zugrunde gelegt worden, sondern das Abgasverhalten der Diesel über alle Jahreszeiten und für alle in Deutschland üblichen Temperaturen. Im Labor seien nämlich 20 bis 30 Grad Celsius üblich, darunter aber stiegen die NOx-Emissionen mit sinkender Außentemperatur stark an. Die Hälfte aller Pkw-Fahrleistungen in Deutschland werde aber bei Temperaturen unter 10 Grad Celsius erbracht.

Am schmutzigsten seien unter Berücksichtigung dieses Temperatureffektes Euro-5-Diesel-PKW – sie lägen bei durchschnittlich 906 mg NOx pro Kilometer und damit 403 (!) Prozent über dem Grenzwert von 180 Milligramm NOx pro Kilometer. Bei Fahrzeugen der Euro 4-Norm seien es bei den Messungen unter realistischen Bedingungen immer noch durchschnittlich 674 Milligramm NOx pro Kilometer gewesen, und damit 170 Prozent mehr als der Grenzwert. Doch auch bdi den modernen Euro-6-Diesel-Pkws, gepriesen als neue Umweltretter, habe der Ausstoß im Mittel bei 507 Milligramm NOx pro Kilometer gelegen – satten 534 Prozent über dem Grenzwert von 80.

„Dass die Abgasreinigung von Stickoxiden von Diesel-PKW an kalten Tagen im praktischen Betrieb auf der Straße nur unzureichend funktioniert, war erst im Zuge des Dieselskandals im vollen Umfang bekannt geworden“, heißt es in der Pressemitteilung des UBA weiter. Nun lege man erstmals „eine systematische Berechnung der Folgen dieses Missstandes vor und zeigt, wie hoch der Einfluss der Umgebungstemperatur auf die NOx-Emissionen eines bereits betriebswarmen Motors ist.“ In der Vergangenheit sei der Temperatureinfluss nur bei kalten Motoren berücksichtigt worden.

Auf die aktuelle Luftqualität haben die neuen Werte keinen Einfluss – die Luftqualität ändert sich dadurch natürlich nicht. Wohl aber ließen sich daraus Rückschlüsse auf die Wirkung von Gegenmaßnahmen ziehe, heißt es weiter: Wegen der höheren Ausgangswerte werde eine Reduzierung der Emissionen bei künftigen Euro-6-Diesel-PKWs natürlich auch höhere Wirkung zeigen – und die Luftbelastung stärker senken als in den bisherigen Analysen. UBA-Präsidentin Maria Krautzberger forderte deshalb, sie sehe „hier ganz klar die Autoindustrie in der Verantwortung, die eine Lösung anbieten muss, welche Verbraucher nicht belastet.“ Der Druck auf die Autoindustrie, Lösungen wie in den USA anzubieten, wächst also. Ob er auch wirkt, muss sich erst noch zeigen. Klar ist aber auch: Was wirkt, sind die Klagen der Deutschen Umwelthilfe – allem Gegenwind zum Trotz.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Studie des Bundesumweltamtes findet Ihr hier beim UBA im Internet. Unser Interview mit der Deutschen Umwelthilfe über Klagen, Fahrverbote und Rückrufe wie in den USA findet Ihr hier.

 

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Siebner, Schreiner, Holle – CDU stellt drei Kandidaten für Dezernentenwahl im Mai auf

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Die CDU-Opposition im Mainzer Stadtrat will der Ampel-Koalition die Dezernentenwahl im Mai nicht kampflos überlassen: Mit drei Gegenkandidaten zieht die größte Oppositionspartei in die Wahl am 17. Mai – obwohl die chancenlos sein dürften. Demnach wird sich die Bretzenheimer Ortsvorsteherin Claudia Siebner als Sozialdezernentin zur Wahl stellen, der Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner als Baudezernent und der Wirtschaftsingenieur Ludwig Holle als Finanzdezernent. Alle drei treten an, obwohl sich die aktuellen Dezernentenposten alle fest in der Hand von SPD und Grünen befinden und sich zwei Amtsinhaber zur Wiederwahl stellen, die CDU-Kandidaten deshalb keine Chance haben dürften. Man wolle aber Alternativen anbieten, sowohl bei Personen wie bei Inhalten, betonte CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig: „Wir sind der Überzeugung, wir haben bessere Kandidaten.“

Würde gerne als Sozialdezernentin ins Mainzer Rathaus: Die CDU-Ortsvorsteherin von Bretzenheim, Claudia Siebner. – Foto: gik

Drei Dezernenten stehen Mitte Mai in Mainz zur Wahl an: Der Sozialdemokrat Eckart Lensch soll Nachfolger des in Ruhestand tretenden Kurt Merkator als Sozialdezernent werden, der 56 Jahre alte Neurologe und SPD-Fraktionschef gilt als besonnen und kompetent. Dazu stellt sich Bau- und Kulturdezernentin Marianne Großße (SPD) zur Wiederwahl für eine zweite Amtszeit, ebenso Finanzdezernent Günter Beck von den Grünen. Grosse und Beck sind seit Februar 2010 im Dezernentenamt, ihre Amtszeit endet also im Februar 2018. Trotzdem will die Regierungskoalition beide jetzt schon bestätigen lassen – dann wären alle drei Dezernenten für (erneut) acht Jahre gewählt.

Der Haken für die Opposition: Die Amtszeit der Dezernenten gilt dann auch über die nächste Kommunalwahl hinaus – und die findet 2019 statt. Würde die CDU dann die Mehrheit erringen, hätte sie trotzdem bei den Dezernentenposten das Nachsehen. So bleibt der Opposition nur, mit viel Hätte und Wäre dem Wähler eigene Alternativen zu präsentieren – und genau das tut die CDU nun. „Es geht gar nicht um die Frage, wer ist besser, wer ist schlechter“, betonte Siebner am Dienstag bei ihrer Vorstellung gegenüber der Presse: „Es muss Alternativen geben, und ich bringe genug mit, um eine gute Alternative zu sein.“

Die 51 Jahre alte studierte Politikwissenschaftlerin Siebner ist seit frühester Jugend in der CDU engagiert. Schon in ihrer Heimatsstadt Düsseldorf trat sie in die Junge Union ein, wurde 1981 Mitglied der CDU und 2004 Mitglied im Mainzer Stadtrat. Da war sie nach einer längeren Zwischenstation in Bad Krotzingen bei Freiburg mit Mann und drei kleinen Kindern nach Mainz gezogen, das vierte Kind kam hier zur Welt. In der Mainzer CDU wurde Siebner schnell jugendpolitische Sprecherin, 2010 dann sozialpolitische Sprecherin, beruflich arbeitete sie für den Mainzer CDU-Landtagsabgeordneten Wolfgang Reichel bis zu dessen Ausscheiden aus dem Landtag bei der Wahl 2016.

Der Wirtschaftsingenieur Ludwig Holle ist Kandidat der CDU für das Amt des Finanzdezernenten. – Foto: CDU

„Ich habe von meiner persönlichen Überzeugung her immer gesagt: Meckern ist das eine, aber wer mitmacht, kann Ideen einbringen und Gestalten und Dinge voran bringen“, beschreibt Siebner ihre Motivation für das Engagement in der Politik. „Mit Beharrlichkeit ans Ziel“ laute ihr Motto, die sozialen Themen Herzenssache. Als Kernthemen für ein Dezernentenamt nannte sie denn auch den Ausbau der Kinderbetreuung in Mainz, die Stärkung der Gemeinwesenarbeit, die Schaffung von barrierefreiem und günstigem Wohnraum sowie die Integration von Flüchtlingen. Inklusion und Jugendbeteiligung ausbauen, das lokale Bündnis für Familien wiederbeleben und die Ganztagsschule gerade an Grundschulen ausbauen, nannte sie als weitere Schwerpunkte. Das Open Ohr sei natürlich eine wichtige Institution in Mainz und müsse erhalten bleiben, betonte sie.

Besonders am Herzen liegt der Christdemokratin der Kita-Ausbau, hier wolle sie neue Wege gehen, auch über städtische Angebote hinaus. Betreuungseinrichtungen in Unternehmen müssten viel stärker unterstützt werden, hier gebe es vom Bund geförderte Modellprojekte, die man nutzen könne, sagte Siebner. „Das wird in Mainz mit zu wenig Dynamik betrieben, es wird zu wenig auf die Unternehmen zugegangen“, kritisierte sie: „Ich würde das zur Chefsache machen, weil es ein zentrale Aufgabe ist, Familie und Beruf vereinbaren zu können.“ Auch brauche es dringend fundierte Konzepte, um Kitas zu echten Familienzentren zu machen und diesen Begriff auch mit Leben zu füllen.

„Ich trete unter dem Motto an, Demokratie braucht Alternativen“, betonte Siebner, sie werbe dafür, „mal abseits der politischen Konstellationen“ zu denken. Gerade in Kommunen wie Mainz sei den Menschen Parteizugehörigkeit eigentlich egal. „Die beste Lösung ist eben nicht rot, schwarz, grün oder orange, die beste Lösung ist die für die Menschen, und die haben keine Parteifarbe“, fügte sie hinzu.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner stellt sich zur Wahl als Bau- und Kulturdezernent. – Foto: CDU

Schönig betonte, aus Sicht der CDU sei Siebner die bessere Alternative als Sozialdezernentin, sie sei hochqualifiziert für das Amt, hervorragend vernetzt und brenne für die Themen Jugend und Soziales. „Hier paart sich hohe fachliche Qualifikation mit hoher menschlicher Qualifikation“, betonte Schönig. SPD-Kandidat Lensch hingegen habe „bisher wenig besondere Neigungen“ für diese Themen erkennen lassen: „Für uns war bisher nicht klar erkennbar, dass sein Herz für Soziales schlägt“, fügte Schönig hinzu. Auch für die anderen beiden Dezernentenposten wolle man hervorragende Fachleute als Alternative anbieten: Der 47 Jahre alte Schreiner ist selbst Architekt und seit 1997 Mitglied des Landtags, wo er finanzpolitischer Sprecher der Fraktion ist. Schreiner wird sich zur Wahl als Dezernent für Bauen, Denkmalpflege und Kultur stellen.

Der 45 Jahre alte Ludwig Holle hingegen soll bei der Wahl als Dezernent für Finanzen, Beteiligungen und Sport antreten und somit Bürgermeister Beck Konkurrenz machen. Der Wirtschaftsingenieur arbeitet nach Angaben der CDU aktuell bei einem Chemiekonzern, wo er Finanzen und Controlling verantwortet und für die Beteiligungen des Unternehmens zuständig ist. Holle ist Mitglied im Ortsbeirat Oberstadt und Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU in Mainz (MIT). Beide Kandidaten wollen in den kommenden Tagen ihre Motivationen und Inhalte gesondert vorstellen.

Die Dezernentenwahl im Mainzer Stadtrat ist für den 17. Mai angesetzt, dann werden sich Kandidaten und Gegenkandidaten im Stadtrat noch einmal vorstellen, bevor die Wahl stattfindet. Bis dahin werde sie sich auch den anderen Ratsfraktionen gerne noch persönlich vorstellen, kündigte Siebner an. Die Ampel-Koalitionen hätten allerdings bislang kein Interesse geäußert.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den SPD-Dezernenten Marianne Grosse und Eckart Lensch lest Ihr hier bei Mainz&.

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