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Start 2017 August

Monatsarchive: August 2017

„Demokratischer Volkssport“ – Wahl-O-Mat hilft wieder bei Positionsfindung zur Bundestagswahl

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Am 24. September ist Bundestagswahl, und noch immer weiß die Hälfte der Bundesbürger Umfragen zufolge nicht, wem sie dann ihre Stimme geben will. Seit heute ist dafür wieder ein ausgesprochen beliebter Helfer online: Der Wahl-O-Mat. Das Wahlhilfetool der Bundeszentrale für politische Bildung führt Euch durch einen Fragenkatalog und ermittelt am Ende anhand Eurer Antworten, welcher Partei Ihr am nächsten steht. Dabei geht es nicht um Personen, sondern um Inhalte – es geht um Bildung, Verkehr, Abrüstung oder die Besteuerung von Diesel – der Wahl-O-Mat führt Euch quer durch die aktuelle Themenlandschaft. Und so manch einer erlebt dabei regelmäßig Überraschungen…

Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl. – Foto: Bundeszentrale für politische Bildung

38 Thesen enthält der Wahl-O-Mat in diesem Jahr, ausgewählt wurden die Fragen von einem 26-köpfigen Redaktionsteam aus jungen Wählern. 32 der 33 Parteien, die zur Bundestagswahl antreten, beantworteten deren Fragenkatalog, daraus erstellte das Team den Wahl-O-Mat, unterstützt von Politik- und Sozialwissenschaftlern. „Der Wahl-O-Mat zeigt die Unterschiede zwischen den Parteien und regt mit seiner spielerischen Herangehensweise vor allem junge Menschen dazu an sich mit politischen Themen und der anstehenden Wahl auseinanderzusetzen“, sagte Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, beim Startschuss in Berlin. Krüger betonte dabei übrigens auch, die Daten der Benutzer oder die Ergebnisse würden nicht gesammelt oder gespeichert.

2002 wurde der Wahl-O-Mat erstmals ins Leben gerufen, um der grassierenden Politikmüdigkeit entgegen zu wirken und vor allem junge Wähler zu informieren und zu mobilisieren. Inzwischen sei das Tool eine feste Größe für politische Information im Vorfeld von Wahlen, 2013 wurde der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl mehr als 13,3 Millionen Mal gespielt. Auch für Europa- und Landtagswahlen wird das Programm inzwischen aufgelegt und so insgesamt mehr als 50 Millionen Mal genutzt. „Der Wahl-O-Mat“, sagte Krüger, „ist inzwischen demokratischer Volkssport.“

Bei jeder Frage kann man sich für die Antwort „Stimme zu“, „stimme nicht zu“ oder „neutral“ entscheiden, aber Achtung: Es empfiehlt sich, genau hinzuschauen und ein bisschen nachzudenken. Die Thesen kommen nämlich ausgesprochen „einfach“ daher, manche erinnern gar an Stammtischparolen. Es empfiehlt sich also, sich vor der Antwort kurz den Hintergrund zu vergegenwärtigen… Am Ende kann man zudem seine Antworten gewichten, also auswählen, welchen Themen einem besonders wichtig sind – diese werden dann doppelt gewichtet. Aus allen Antworten ermittelt der Wahl-O-Mat am Ende das persönliche Profil und vergleicht es mit den Programmen der Parteien.

Acht Parteien kann man dafür auswählen, am Ende erhält der Nutzer eine Rangliste, welcher Partei er mit wie viel Prozent am nächsten steht – so mancher hat dabei schon eine Überraschung erlebt… War man nicht eigentlich mal ein XY-Wähler? Der Wahl-O-Mat liefert zudem im Anschluss Begründungen der Parteien zu ihren Antworten, so kann man die verschiedenen inhaltlichen Ausrichtungen vertieft studieren. Natürlich entscheiden Wähler beileibe nicht allein aufgrund von Inhalten, wen sie wählen – Personen spielen eine durchaus entscheidende Rolle. Aber ein Blick in die Inhalte kann auch nicht schaden – das schützt davor, dass man nach der Wahl eine böse Überraschung erlebt… Der Wahl-O-Mat räumt zudem mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf: Dass es keine Unterschiede zwischen den Parteien gebe. Was für ein Irrtum…

Info& auf Mainz&: Den Wahl-O-Mat findet Ihr online auf dieser Internetseite, aber auch als App fürs Smartphone. Dazu geht eine analoge Version als „Wahl-O-Mat zum Aufkleben“ auf Deutschlandtour, Termine und Stationen findet Ihr hier.

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Diesel-Gipfel Rheinland-Pfalz: Eine Million Euro für Umrüstung der Busflotte in Mainz – Ebling will 100 Elektro-Scooter

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Die Stadt Mainz bekommt vom Land Rheinland-Pfalz eine Million Euro Soforthilfe zur Vermeidung von Diesel-Fahrverboten in der Stadt. Die Stadt wolle damit ihre Busflotte auf den neuesten Stand der Euro 6-Norm bringen, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) nach einem Treffen von Land, Kommunen und Umweltverbänden am Mittwoch in der Staatskanzlei. Ebling forderte bei dem Diesel-Gipfel Rheinland-Pfalz vor allem umfangreiche Fördergelder von der Bundesregierung und stellte die Idee von Integrierten Mobilitätsstationen vor, an denen man E-Autos, Fahrräder und Elektroscooter ausleihen könnte. Für die Anschaffung von rund 100 Elektrorollern brauche es etwa eine Million Euro. Das Land fordert von der Stadt aber weiter konkrete Konzepte, bevor Fördergelder fließen.

Die Parcusstraße, Sorgenkind in Mainz in Sachen Schadstoffemissionen. – Foto: gik

Anfang August hatte ein Gericht in Stuttgart Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Aussicht gestellt, wenn die Stadt nicht sehr schnell etwas gegen die hohen Stickoxidemissionen tut – seither sucht die Politik in Bund und Ländern hektisch nach Maßnahmen, Diesel-Fahrverbote abzuwenden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte Mainz bereits 2013 wegen der anhaltend hohen Stickoxidemissionen verklagt und diese Klage Ende 2016 wieder aufgenommen – wegen „Untätigkeit der Stadt“, wie die DUH klagt. Derzeit ruht das Klageverfahren aber erneut, weil eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu Fahrverboten erwartet wird. Die Entscheidung sollte eigentlich noch in diesem Herbst fallen, wird sich aber wohl auf Frühjahr 2018 verzögern.

Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der nahenden Bundestagswahl hatte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Mittwoch Kommunen und Umweltverbände zu einem Diesel-Gipfel Rheinland-Pfalz in die Staatskanzlei geladen, darunter vor allem die drei am meisten im Land betroffenen Kommunen Mainz, Koblenz und Ludwigshafen. Nach dem Treffen kündigte Dreyer eine Soforthilfe in Höhe von drei Millionen Euro für diese drei Städte an: „Es ist ein Sofortprogramm, um die Kommunen darin zu unterstützten, sehr sehr schnell agieren zu können“, sagte Dreyer. Mit der Sofortmaßnahme solle den Gerichten dargelegt werden, „dass Fahrverbote nicht nötig sind.“

Die Stadt Mainz will nun ihre Busflotte auf emissionsarme Diesel umrüsten. – Foto: gik

Die drei Millionen Euro sollen zu gleichen Teilen an die Städte Mainz, Koblenz und Ludwigshafen gehen, aus den Städten gebe es Berechnungen, „dass die Umstellung ihrer alten Busse genau solche Summen erfordern“, sagte Dreyer. Koblenz und Mainz wollten mit dem Geld ihre Busflotten so umrüsten, dass sie weniger Schadstoffemissionen hätten. Ebling sagte, mit dem Geld solle die Mainzer Busflotte auf die beste Abgasnorm gebracht werden, die Gelder vom Land seien „schon ein Wort, das hilft.“ Nach Angaben eines Stadtsprechers bräuchte Mainz allerdings rund 1,3 Millionen Euro für die Umrüstung des aktuellen Fuhrparks auf die Euro 6-Norm.

Einfach so wird es die Finanzspritze vom Land zudem nicht geben: Eine Schnellarbeitsgruppe soll mit den drei Städten effektive Maßnahmen zur Senkung der Schadstoffemissionen erarbeiten. Er werde dazu „sehr kurzfristig“ einladen, kündigte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) an – der Minister erwartet von den Städten konkrete Maßnahmenpläne, die die Emissionen effektiv senken. Danach soll es eine weitere Runde zur Erarbeitung von mittel- und langfristigen Maßnahmen zur Luftreinheit geben. Dabei gehe es auch um bessere Steuerung von Verkehrsfluss in den Städten, etwa durch Grüne Wellen, sowie um die Förderung des Radverkehrs und des ÖPNV, kündigte Wissing an.

Dreyer sagte, das Land wolle einen „Zukunftsfonds Mobilität“ einrichten, der moderne Mobilitätskonzepte, den Ausbau der E-Ladestationen und der Verknüpfung von Verkehrsträgern mit digitaler Technik voranbringen könne. Zudem will das Land wieder in die Busförderung einsteigen – 2011 hatte Rheinland-Pfalz die Förderung von Bus-Neubeschaffungen mit alternativen Antrieben beendet. Als Folge fahre im Land nun die älteste Busflotte Deutschlands, kritisierte CDU-Landeschefin Julia Klöckner. Gerade diese alten Busse trügen aber „massiv zur Schadstoffbelastung der Luft in unseren Innenstädten bei“, sagte Klöckner, das Land müsse das Förderprogramm nun zügig wieder aufnehmen.

Diesel-Busse gelten als Verursacher von rund einem Viertel der giftigen Stickoxidwerte in Mainz. – Foto: gik

Das sieht auch der Koalitionsvertrag der rot-gelb-grünen Ampel-Koalition im Land vom März 2016 vor, geschehen ist bislang aber nichts. Dreyer sagte zum Ausstieg aus der Förderung am Mittwoch, es habe „beihilferechtliche Probleme“ gegeben, aber auch Haushaltsgründe. Im Klartext: Rheinland-Pfalz hatte an der Busförderung gespart, das rächt sich nun. „Die Umstellung auf Wasserstoff oder E-Busse kostet sehr, sehr viel Geld, das wird nicht möglich sein, wenn der Bund nicht mit einsteigt“, betonte Dreyer. Zurzeit werde eine Förderung von 80 Prozent bei der Neuanschaffung moderner Elektro- oder Wasserstoffbusse durch den Bund geprüft.

Beim Nationalen Dieselgipfel Anfang August hatten Bund und Automobilhersteller zudem die Einrichtung eines Fonds von 500 Millionen Euro verabredet, das Land erhebe Anspruch auf mindestens 25 Millionen Euro aus dem Bundesfonds, betonte Dreyer. Das Treffen am Mittwoch in Mainz nannte sie „Städteforum Saubere Mobilität“ – zu einem Diesel-Gipfel müsse die Automobilindustrie mit am Tisch sitzen, das sei aber Aufgabe des Bundes.

Auch Ebling forderte, es brauche vom Bund „einen erheblichen Beitrag, um die Flotten sukzessive zu erneuern.“ Würde Mainz etwa bei den nächsten, bis 2020 zur Beschaffung anstehenden 26 Bussen statt Dieselfahrzeugen je zur Hälfte Elektro- und Wasserstoffbusse anschaffen, kämen auf die Stadt Mehrkosten zwischen 12 und 17 Millionen Euro zu. „Ich erwarte vom Bund deutliche Hilfen für die Anschaffung“, sagte Ebling. In Mainz fahren derzeit rund 140 Busse, im Rahmen eines EU-Modellprojektes sollen in Kürze acht Wasserstoffbusse in Mainz und Wiesbaden gemeinsam getestet werden. Ein Wasserstoffbus kostet nach Angaben der Stadt zwischen 650.000 Euro und 900.000 Euro.

Der Austausch der gesamten Busflotte würde Modellrechnungen zufolge in Mainz eine Senkung um 10 Mikrogramm Stickstoffdioxid bringen, sagte Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne). 2016 wurde in Mainz in der Parcusstraße im Schnitt eine Stickstoffdioxidbelastung von 53 Mikrogramm gemessen, der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. In der Großen Langgasse lag der Jahresmittelwert bei 42 Mikrogramm, in der Rheinallee bei 39 Mikrogramm. Werte für 2017 liegen noch nicht vor. Die Werte sänken, betonte Ebling, er sei deshalb „optimistisch“, dass sich Fahrverbote vermeiden ließen: „Fahrverbote wären fürchterlich für die Kommunen“, sagte Ebling, es gebe „erheblichen Zeitdruck“, diese zu vermeiden. Kommenden Montag hat auch der Bund besonders betroffene Kommunen nach Berlin zu einer Runde eingeladen, in der ebenfalls kurzfristige Maßnahmen gegen Fahrverbote erörtert werden sollen.

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) fordert von den Städten konkrete Maßnahmenpakete, bevor Landesgeld fließt. – Foto: gik

„Wir wären nicht in dieser Situation, wenn der Bund seiner Kontrollpflicht bei der Einhaltung der Diesel-Grenzwerte nachgekommen wäre“, kritisierte Verkehrsminister Wissing. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass die Diesel-Fahrzeuge auch den vorgeschriebenen Umweltstandards genügten, und zwar schnellstmöglich. Es könne nicht sein, dass die Länder für die Kontrollfehler gerade stehen müssten. Die Autoindustrie habe bestimmte Emissionswerte zugesagt, dann müsse sie auch dafür sorgen, dass die eingehalten würden – notfalls eben mit kostspieligen Nachrüstungen.

Auch Dreyer forderte, der Bund müsse klären, wie es mit dem Diesel in Zukunft weitergehe. Das Angebot der Automobilbranche mit dem Software-Update „reicht uns nicht aus“, betonte die Ministerpräsidentin – tatsächlich hatte das Umweltbundesamt errechnet, dass ein entsprechendes Update für die Schadstoffwerte kaum etwas bringen würde. „Wir haben die Erwartung, dass bei einem zweiten echten Dieselgipfel geklärt wird: Was liefert die Automobilbranche“, forderte Dreyer. Es könne „nicht sein, dass der Verbraucher, der Kunde der Leidtragende ist, erst recht nicht die Menschen, die in den Städten wohnen.“

Das Land ist allerdings selbst ziemlich zurückhaltend: Zu weiteren Fördersummen aus der Landeskasse wollte am Mittwoch niemand etwas sagen. In einem Papier heißt es aber, man wolle die E-Mobilität voran bringen und dafür 186 Schnellladepunkte für E-Autos bauen. Zudem sollen noch mehr Dienstwagen der Landesregierung auf alternative Antriebsarten umgestellt werden – aktuell seien 23 Prozent der Flotte mit einem elektrischen oder Plug-in-Hybridantrieb ausgestattet.

Auch Mainz will in Sachen E-Mobilität weiter aufrüsten: Der OB stellte auf dem Treffen in der Staatskanzlei ein Konzept für integrierte Mobilitätsstationen in Mainz vor. An den Stationen könnte man sich dann ein Fahrrad leihen, ein Elektroauto – oder einen Elektroroller. 100 Stück dieser Elektroscooter würde Mainz gerne anschaffen, „dafür bräuchten wir rund eine Million Euro an Unterstützung“, sagte Stadtsprecher Marc-André Glöckner Mainz&. Die Scooter könnten „relativ schnell im nächsten Jahr als Modellprojekt starten.“

Info& auf Mainz&: Mainz& berichtete bereits seit 2016 intensiv über das Problem der Diesel-Abgase, die Klage der Deutschen Umwelthilfe sowie den Streit um Fahrverbote – gebt einfach mal „Diesel“ in die Suchmaske oben auf der Seite ein! Mehr zu den Absichten der Deutschen Umwelthilfe lest Ihr beispielsweise in diesem Mainz&-Artikel – wir haben übrigens mit der DUH persönlich gesprochen. Interessant auch: das radikale Null-Emissions-Programm der Stadt Wiesbaden, die bis 2022 ihre Busflotte komplett auf E-Busse umstellen will. Mehr über die Landeshilfen für die Kommunen sowie die Vorstellung der Parteien zu einem Diesel-Ausstieg lest Ihr hier bei Mainz&. Alle Infos zu den Modellberechnungen des Umweltbundesamtes in Sachen Diesel-Nachrüstung findet Ihr hier.

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16. Mainzer Wissenschaftsmarkt: Mensch und Umwelt – Planeten Erde verstehen, (be)greifen und bestaunen

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Wo gibt es Wolken zum Mitnehmen? Wer schnüffelt gegen den Treibhauseffekt? Was gibt es im virtuellen Ice-Cube-Experiment zu sehen? Und: Was passiert im Dschungelcamp? Am 9. und 10. September 2017 ist wieder Zeit zum Fragen stellen, zum (Be)greifen, Mitmachen und zum Staunen: Der Mainzer Wissenschaftsmarkt schlägt wieder seine Zelte auf dem Gutenbergplatz vor dem Theater auf. Rund 400 (!) Wissenschaftler der Mitgliedsinstitutionen der Mainzer Wissenschaftsallianz präsentieren in diesem Jahr mehr als 30 Projekte, die sich um das Thema „Mensch und Umwelt“ ranken. Die Zeltstadt auf 800 Quadratmetern Fläche lädt ein, Wissenschaft rund um das Schwerpunktthema „Mensch und Umwelt“ zu erleben: Eine Einladung zum Begreifen unseres Planeten Erde und des menschlichen Einflusses auf seine Entwicklung.

Labor-Zelte vor dem Theater – das heißt: der Wissenschaftsmarkt tagt! – Foto: gik

Wissenschaft zum Anfassen, das ist das Markenzeichen des Mainzer Wissenschaftsmarktes, der schon 2008 ins Leben gerufen wurde. Präsentiert wird dabei in einer Zeltlandschaft Wissenschaft auf leicht verständliche Art und Weise, mit Experimenten zum Mitmachen und Forscher zum Anfassen. Das diesjährige Jahresthema „Mensch und Umwelt“ greife die Bedeutungen der menschlichen Handlungen für die Entwicklung des Planeten auf, erklärte Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) im Vorfeld. Dazu gehörten aktuelle Entwicklungen wie der Klimawandel ebenso wie globale soziale Auswirkungen unseres Wirtschaftens und Konsumverhaltens und der Umgang mit Ressourcen.

Rund um das Schwerpunktthema präsentiert denn auch etwa die Katholische Hochschule den Pfad von Ethik und Werten und setzt sich mit der Umwelt-Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus auseinander. Das Max Planck-Institut für Polymerforschung zeigt seine Forschung zur Entwicklung von neuartigen mikro- und nanostrukturierten Oberflächen, der Sonderforschungsbereich Spin+X der Mainzer Universität Mainz und der TU Kaiserslautern zeigen neuartige Materialien für energieeffizientere und damit umweltschonendere Technologien. Auch bereits in der Anwendung befindliche Entwicklungen werden präsentiert, betont der Präsident der Mainzer (Fach)Hochschule, Gerhard Muth, zugleich Vorstandsvorsitzender der Mainzer Wissenschaftsallianz. Und mit „Dark Matters. Die Dunklen Materien der Stadt“ sei auch ein Projekt an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Stadtgesellschaft vertreten, „das spielerisch die Dimensionen des Unbekannten und die Ränder des aktuellen Wissens erlebbar macht.“

In der Mainzer Wissenschaftsallianz sind die Uni Mainz, die Fachhochschule Mainz sowie diverse Forschungsinstitute und Einrichtungen zusammengeschlossen. Die Stadt Mainz ist mit ihrem „Masterplan 100% Klimaschutz“-Projekt vertreten und hat sich vorgenommen, die Abläufe der Weltklimakonferenz verständlicher zu machen und zu zeigen, wie eine Stadt lokale Lösungen anbietet. Einblicke in Forschung, Umsetzung und Anwendung geben aber auch das i3mainz, das Institut für raumbezogene Informations- und Messtechnik der Hochschule Mainz: Hier werden verschiedene Möglichkeiten der Erfassung, Darstellung und Auswertung digitaler Geländemodelle gezeigt und das geographische Informationssystem (GIS) zur Unterstützung der Vorhersage und Bewältigung einer städtischen Flutkatastrophe vorgestellt. Beim Fraunhofer ICT-IMM heißt es wiederum „Schnüffeln gegen den Treibhauseffekt“ mit dem Leck-Suchgerät, dessen Helium-Sensor dort entwickelt wurde.

Auch um Wolken, Wetter und Unwetter geht es beim Wissenschaftsmarkt in Mainz. – Foto: gik

„Die Universität öffnet dabei die Tür zu wissenschaftlichen Projekten, die in der Regel dem außeruniversitären Publikum gar nicht oder nur sehr selten zugänglich sind“, betont Universitätspräsident Georg Krausch. Gerade die Kooperationen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen stünden dabei im Mittelpunkt. So könnt Ihr etwa mit den Wissenschaftlern des Exzellenzclusters PRISMA natürliche Radioaktivität in der Nebelkammer beobachten und Neutrinos im virtuellen Ice-Cube-Experiment erleben. Die AG Geophysik und Geodynamik des Instituts für Geowissenschaften der JGU präsentiert Forschung zur Deformation der Erde, geothermische Explorationen oder auch industrielle Prozesse. „Unsere Forschung ist wichtig um Naturkatastrophen und mögliche negative Folgen menschlichen Handelns zu vermeiden sowie die Qualität einiger wichtiger Materialien wie Glas zu verbessern“, erläutern die Projektverantwortlichen Beatriz Martínez Montesinos und Linfeng Ding. Zum Thema Versauerung von Ozeanen wirft das NatLab für Schülerinnen und Schüler der JGU einen experimentellen Blick auf die Meere und fragt: „Hängt das CO2-Problem und die Versauerung der Meere zusammen?“

Bei der Technischen Hochschule (TH) Bingen wiederum geht es um die Frage, wie sich die Geräusche der Güterzüge im Mittelrheintal unterscheiden und ob es schon einen Fortschritt bei den umgerüsteten Waggons gibt – und wenn ja, welchen. In einem weiteren Experiment zeigt die TH Bingen, wie Dachbegrünungen das Klima in der Stadt beeinflussen. „Die bewachsenen Dächer tragen dazu bei, die Temperatur in den Städten zu senken und die Klimagase zu absorbieren. Sie können Regenwasser zurückhalten und bieten verschiedenen Pflanzen und Tieren einen Lebensraum“, erläutert Hochschulpräsident Klaus Becker.

Das Gutenberg-Museum ist erstmals auch auf dem Wissenschaftsmarkt vertreten. – Foto: gik

Um das Thema Umwelthygiene geht es bei der Abteilung für Hygiene und Infektionsprävention der Universitätsmedizin Mainz am Beispiel Trinkwasseranalyse. „Die Wissenschaftler lassen das Unsichtbare in dem so wichtigen Bestandteil unseres Lebens sichtbar werden“, heißt es in der Ankündigung. Dem lebenswichtigen Prozess der Blutgerinnung widmet sich das Zentrum für translationale Vaskuläre Biologie (CTVB) der Universitätsmedizin Mainz: In anschaulichen Experimenten wird hier gezeigt, welche Blutzellen an der Bildung von Blutgerinnseln beteiligt sind. Forscher des Instituts für Physik der Atmosphäre und des Max Planck-Instituts für Chemie (MPI-C) wiederum erzeugen Wolken in der Wolkenkammer und zeigen, wie sie so wichtige Informationen für die Klimaforschung und Wettervorhersagen erhalten. Und auch im Dschungelcamp des MPI-C, mitten im brasilianischen Regenwald, werden Wetterdaten sowie Informationen zu Treibhausgasen und Aerosolpartikel für die Klimaforschung gesammelt.

Vertreten sind auf dem Wissenschaftsmarkt aber auch die Mainzer Museen, und die zeigen, wie wir Menschen Umwelt nutzen, schützen und auch verändern – das zeigen das Römisch-Germanische Zentralmuseum, das Naturhistorische Museum, das Landesmuseum Mainz und auch die Akademie der Wissenschaften und Literatur. Das Gutenberg-Museum ist zum ersten Mal ebenfalls beim Wissenschaftsmarkt dabei und widmet sich dem Thema Bücherkunde und Bewahren von Sprache und Wissen. Es gibt sehenswerte Ausstellungstücke wie die Rekonstruktion einer hölzernen Heftlade, die das Buchbinden mit Nadel und Faden stark vereinfachte, aber auch persönliche Gespräche mit Forschern und Mitmachaktionen: Beim Wissenschaftsmarkt können die Besucher tief eintauchen in die Geheimnisse der Schriftkultur.

Last, but not least, geht es bei „Dark Matters. Die Dunklen Materien der Stadt“ um unsichtbare Netzwerke wie Viren, Datenströme, Pilzstrukturen oder Müll- und Abwassersysteme. „Wir wollen nach Zusammenhängen jenseits alltäglicher Wahrnehmung und heutiger Wissensgrenzen suchen“, sagen die Projektleiter Annika Wehrle und Malin Nagel. Eröffnet wird der 16. Mainzer Wissenschaftsmarkt am Samstag, 9. September 2017, um 10.00 Uhr vom Balkon des Staatstheaters aus.

Info& auf Mainz&: Der 16. Mainzer Wissenschaftsmarkt 2017 öffnet sein Zelttore am Samstag, 9. September 2017, 10.00 bis 18.00 Uhr und am Sonntag, 10. September 2017, 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Eröffnung am Samstag, 9. September 2017, 10.00 Uhr, vor dem Staatstheater. Alle Infos, Stellpläne und Projekte findet Ihr hier im Internet.

 

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Bereits 7.000 Unterschriften gegen Bibelturm am Gutenberg-Museum – OB wirbt für Turm – Gab es Stadtratsbeschluss?

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Der Bau des Bücherturms neben dem Gutenberg-Museum in Mainz scheint beschlossene Sache, die Stadtspitze handelt, als wäre der Turm nicht mehr aufzuhalten. Doch die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum sieht das ganz anders: Es gebe keinen Stadtratsbeschluss, in dem der Bücherturm formell beschlossen worden sei, sagt die BI – und sammelt seit Anfang August Unterschriften gegen das Projekt. Das Ziel: den Bibelturm verhindern und stattdessen den Neubau des Haupthauses des Museums vorziehen. 7.000 Unterschriften habe man bereits für ein Bürgerbegehren gesammelt, sagt die BI. Das brachte nun die Stadtspitze auf die Straße: Vergangenen Samstag informierten OB und Baudezernentin persönlich auf dem Liebfrauenplatz über das Projekt. Und dabei räumte man erstmals ein: Wirklich Platz schaffen wird der neue Bücherturm für das Museum nicht.

So soll nach neuesten Fotomontagen der Bibelturm künftig neben dem Dom wirken, daneben ein Modell der Fassade mit durchbrochenen Buchstaben. – Foto: gik

Es hatte einen Hauch von High Noon vor dem Gutenberg-Museum: Direkt vor dem Eingang zum Weltmuseum der Druckkunst standen Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) und allerlei Prominenz, um die Mainzer vom Bau des neuen Bücherturms neben dem Gutenberg-Museum – jetzt Bibelturm genannt – zu informieren. Auch die Initiative „Mainz für Gutenberg“, die für den Turm ist, war dabei. Wenige Meter weiter: Die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum, die weiter gegen den Bau des Bibelturms kämpft – und für ein Bürgerbegehren Unterschriften sammelte.

BI sammelt Unterschriften: „Wollen echte Wahl der Mainzer“

Der Streit um den Erweiterungsbau, für den nun Anfang 2018 Spatenstich sein soll, ist also alles andere als vorbei. „Wir wollen weiter, dass die Mainzer über den Bau entscheiden“, sagte BI-Sprecher Thomas Mann zu Mainz&, „wir wollen, dass eine legitime Wahl stattfindet.“ In einem Bürgerbegehren fordert die BI, alle Mainzer sollten über den Erweiterungsbau abstimmen, betreffe dieser doch einen der zentralen Plätze der Stadt. „Wir sind nicht gegen das Gutenberg-Museum und nicht gegen eine Erweiterung“, betonte Mann, „nur: Mit dem Turm wird die notwendige Erweiterung ja gar nicht geschaffen.“

Die BI fordert deshalb nun inzwischen, den zweiten geplanten Bauabschnitt, die Ertüchtigung des Schell-Baus des Museums vorzuziehen. „Fünf Millionen Euro sind für den Turm veranschlagt, aber der Schell-Bau muss in Sachen Brandschutz für vier Millionen ertüchtigt werden“, rechnete Mann vor. Woher wolle die Stadt denn das Geld für den Brandschutz nehmen? Die BI befürchtete schon früher, dem Haupthaus des Museums könne gar die Zwangsschließung drohen, so marode sei der Zustand. Dazu hält die BI weiter an ihrer Kritik fest, der Turm sei für den Platz neben dem Dom zu modern in der Architektur, füge sich nicht genug ins Stadtbild ein und koste zudem zu viel wertvolle Fläche auf dem bei den Mainzern sehr beliebten Liebfrauenplatz.

Erstmals zeigten Absperrband und rote Linien die ungefähren Dimensionen des künftigen Turmbaus neben dem Römischen Kaiser. – Foto: gik

Rote Linien zeigten erstmals Dimension des Bibelturms

Zumindest was die Dimensionen angeht, schaffte die Stadtspitze nun erstmals eine Orientierungshilfe: Mit Hilfe von roten Linien auf dem Boden und mit Hilfe von Absperrbändern waren erstmals die ungefähren Umrisse des künftigen Turmbaus abgesteckt worden. Die rote Linie reichte da etwa bis zur Hälfte des derzeitigen Blumenbeetes, die Stadt hat versprochen, eine neue Grünfläche mit Sitzmöglichkeiten zu schaffen. Die BI kritisiert dennoch die Pläne: „12 Bäume werden im Zuge der Bauarbeiten verschwinden“, klagte Mann, und auch wenn neue gepflanzt würden – „die sind dann erst einmal klein.“

Nebenan warben unterdessen Architekten, Dezernentin und OB für den Turm: Man habe den Menschen „viel erklären können“, sagte Baudezernentin Marianne Grosse, „es war eine gute Idee, Rede und Antwort zu stehen.“ Die Stadtspitze setze nun den Stadtratsbeschluss vom Februar zum Bau des Turms um, sagte die Dezernentin weiter. Grosse selbst hatte im Juli 2016 den Auftrag zu Planung und Bau an das Hamburger Architektenbüro DFZ vergeben – weit vor jedem Stadtratsbeschluss.

Ebling wirbt persönlich für Bibelturm: „Wird nicht alle Fläche und Freuden nehmen“

Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) warb am Samstag persönlich für den Bibelturm am Gutenberg-Museum. – Foto: gik

„Wir wollen die Aufwertung des Museums und den Anspruch erfüllen, Weltmuseum der Druckkunst zu sein“, sagte Ebling im Mainz&-Gespräch. „Mit das Wichtigste“ sei dabei, „die Gutenberg-Bibel spektakulär zu präsentieren“. 12 mal 14 Meter groß soll der Bibelturm werden, das sei „nicht so groß, wie es von der BI gerne dargestellt wird“, sagte Ebling, der Turm werde „nicht alle Freuden und Flächen der Stadt nehmen.“ Allerdings räumte der OB zugleich auch ein, der Turm sei „nicht die einzige Antwort“ auf die Aufgabe, dem Museum mehr Fläche zu verschaffen. Der Schellbau werde aber noch deutlich in die Höhe wachsen, „das ist der Flächengewinn“, sagte Ebling.

Über Architektur „lässt sich trefflich streiten, das ist völlig normal“, sagte Ebling weiter. Aber die Stadt habe mit den Ausstellungen zum Architekturwettbewerb umfassend informiert, 5.000 Besucher hätten die Veranstaltungen besucht. „Ich kenne keine breitere Beteiligung als bei diesem Projekt“, sagte Ebling, „das hat sogar bundesweit Aufmerksamkeit erregt.“ Die Informationsführungen im kleinen Kreis zu den Bauplänen sollten im Übrigen wieder aufleben, kündigte Ebling an. Der Turm werde auch wirklich „kein monolither Betonblock werden“, versicherte Architekt Eckard Proske, sondern mit der Fassade aus durchbrochenen, bronzenen Buchstaben „eine leichte Erscheinung kriegen.“

Stadt präsentierte verbesserte Pläne und Ansichten

Die Stadt hatte eigens neue Bilder anfertigen lassen und präsentierte verbesserte Pläne für den Bücherturm, darunter auch ein kleines Modell der Buchstaben-Fassade – ein leichtes, sehr transparentes Gitterwerk. „Ich finde es ein wunderschönes Wahrzeichen, eben weil es so ungewöhnlich ist“, sagte der Vorsitzender der Gutenberg-Stiftung, Andreas Barner, zu Mainz&: „Er ist kein effizienter Museumsbau, aber das soll er ja auch gar nicht sein“, sagte Barner weiter. Der Turm werde „die Inszenierung der Kanzel und der Gutenberg-Bibel“ sein, das sei absolut faszinierend, schwärmte der Architekt Jürgen Hill, Sprecher der Initiative „Mainz für Gutenberg“.

Die Stadt präsentierte zudem neue, genauere Pläne des Bücherturms innen. – Foto: gik

Es gehe doch darum, den wertvollsten Schatz der Stadt angemessen zu präsentieren, „wir sind der Auffassung, der Turm leistet das“, sagte Annette Müller von der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Der Turm sei keineswegs zu modern für den Platz, „rund um den Platz gibt es wimmelt es von unterschiedlichen Baustilen, da eine zeitgenössische Position dazu zu setzen, ist eine konsequente Entwicklung“, argumentierte sie: „Wir denken, es gibt keine stichhaltigen Gründe gegen den Turm, aber viele dafür.“

„Leute informieren sich drüben – und unterschreiben dann bei uns dagegen“

„Ich finde es schade, wenn der Platz zerstört wird“, entgegnete ihr eine Mainzerin: „Das Flair wird zerstört, eine Begegnungsstätte kaputt gemacht.“ Sie selbst habe auch Unterschriften gegen den Turm gesammelt, erklärte Sigrid Erdmann: „10 Prozent waren dafür, 90 Prozent dagegen.“ Der Turm sei „eine kalte Architektur, die hier nicht reinpasst“, die geringen Ausmaße beruhigten sie überhaupt nicht – „und die Finanzierung ist doch noch gar nicht gesichert.“

Nebenan bei der BI Gutenberg-Museum sah man das ähnlich: „Ich brauche kein überdimensioniertes Treppenhaus, und mehr ist das da doch nicht“, sagte einer. „Die Leute informieren sich da drüben – und kommen dann zu uns, um gegen den Turm zu unterschreiben“, sagte Mann. Tatsächlich erlebte Mainz& mehrere Fälle, wo genau das geschah. 600 bis 700 Unterschriften habe die BI allein an dem vergangenen Samstag gesammelt, sagte Mann, rund 7.000 seien es seit Anfang August insgesamt. 8.000 Unterschriften bräuchte die Bürgerinitiative, um ein Bürgerbegehren einzuleiten, dass auf den Listen auch Nicht-Mainzer unterschrieben, sei doch klar, sagt Mann: „Auch Auswärtige sind von der Änderung für Markt und Marktfrühstück betroffen – und wollen wir wirklich Kasteler ausschließen?“

BI und ÖDP: Es gibt keinen echten Stadtratsbeschluss pro Bau, vor Kenntnisnahme der Vorpläne

Die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum wirbt für den Erhalt des Liebfrauenplatzes und ist gegen den Turmbau. – Foto: gik

Bis Ende September will die BI denn auch noch weitere Unterschriften sammeln, da Menschen mit einem Wohnsitz außerhalb von Mainz für das Bürgerbegehren nicht gewertet werden. Die Stadt argumentiert unterdessen, das Bürgerbegehren komme viel zu spät, da der Stadtrat im Februar den Bau bereits beschlossen habe – und die Frist von vier Monaten danach bereits um sei. „Der Stadtratsbeschluss war kein echter Beschluss pro Bau“, sagt Mann unterdessen, der Stadtrat habe lediglich den Auftrag vergeben, weiterzuarbeiten. „Der eigentliche Stadtratsbeschluss pro Bau steht noch aus“, betont Mann – so sieht es auch die ÖDP im Stadttrat: „Es gab bis heute keinen expliziten Stadtratsbeschluss, etwa ob der umstrittene Bibelturm gebaut werden soll“, betont ÖDP-Chef Claudius Moseler.

Tatsächlich heißt es in der Stadtratsvorlage für die Sitzung am 8. Februar explizit: „Die städtischen Gremien nehmen die Vorplanung der Maßnahme zur Kenntnis und beauftragen die Verwaltung auf dieser Basis weiterzuarbeiten.“ Damit habe der Rat die Baupläne fürs Gutenberg-Museum lediglich „zur Kenntnis genommen“, dieser „schwammige“ Beschluss sei „keinesfalls ein belastbarer Startschuss für den Turm und einen massiven Eingriff in das Mainzer Stadtbild“, sagt Moseler. Die ÖDP fordere eine Grundsatzdebatte mit ordentlichen Beschlüssen im Mainzer Stadtrat, „offenbar scheut man diese demokratische Debatte im Stadtrat.“

An der Stelle der Platanen würde künftig der Bibelturm errichtet. – Foto: gik

Moseler kritisiert Diffamierung des Bürgerbegehrens als undemokratisch

Man stehe „uneingeschränkt zu unserem Beschluss im Stadtrat, den Bibelturm zu bauen“, teilten hingegen Vertreter der regierenden Ampelfraktionen SPD, Grüne und FDP sowie die CDU-Opposition in einer gemeinsamen Pressemitteilung Anfang August mit. Die städtischen Gremien seien „zu jeder Zeit eng in die einzelnen Planungsphasen eingebunden“ gewesen, die Beschlüsse in den Gremien und im Stadtrat „mit überwältigender Mehrheit gefasst“ worden. Die Beteiligung der Vertreter der Stadtratsfraktionen im Architektenwettbewerb sei „eine reine Alibiveranstaltung“ gewesen, konterte hingegen Moseler – die Vertreter der Fraktionen hätten in dem nicht-öffentlich tagenden Preisgericht nämlich gar kein Stimmrecht gehabt, ebenso wenig die Vertreter der Denkmalpflege. Externe Architekten, Dezernenten und sogar Verwaltungsmitarbeiter hätten hingegen Stimmrecht besessen, „ist das demokratisch?“, fragte Moseler.

Im Übrigen sei es ausgesprochen schlechter Stil, das Bürgerbegehren nun „als undemokratisch zu diffamieren.“ Die Bevölkerung habe „im Rahmen unserer repräsentativen Demokratie jederzeit die Möglichkeit mit Bürgerbegehren zu reagieren und Beschlüsse der kommunalen Gremien zu korrigieren“, betonte Moseler. Das sieht auch die BI so: „Es sollte auch mal der Frankfurter Hof abgerissen werden, auch dafür gab es einen Stadtratsbeschluss“, sagte Mann. Wäre es damals nach dem Stadtrat gegangen, würde der Frankfurter Hof nicht mehr stehen – eine BI kippte damals die Entscheidung. „Das ist auch für uns jetzt Motivation, weiter zu arbeiten“, sagte Mann.

Brief von Bonewitz: Wir sind Mainzer – und gegen den Bücherturm

Im Rat und in der Stadtspitze registriere man offenbar „auch nicht den breiten Unmut in der Bevölkerung über dieses Projekt“, sagte Moseler. Dazu passt zumindest eine Wortmeldung von niemand geringerem als dem Kabarettisten und Ur-Mainzer Herbert Bonewitz: Es sei „gutes demokratisches Recht, wenn sich Bürgerinitiativen bilden, um sich für oder gegen öffentliche Projekte einzusetzen“, schrieb Bonewitz in einem Leserbrief an die Allgemeine Zeitung.

Kritikwürdig fand der Ur-Mainzer aber offenbar den Umgang damit: Es könne nicht sein, dass solche Initiativen „diffamiert“, ihre Vertreter als „spießig, banausenhaft und rückständig“, abqualifiziert würden, rügte Bonewitz – oder dass gar eine Initiative mit dem Namen „Mainz pro Gutenberg“ suggeriere, sie vertrete ganz Mainz, und jeder, der den Bücherturm ablehne, sei gegen Gutenberg. „Meine Frau und ich sind zweifellos Mainzer und haben uns schon immer für Gutenberg eingesetzt“, schreibt Bonewitz weiter: „Dennoch erlauben wir uns zu erklären, dass dieser ‚Bücherturm‘ in keinster Weise unserem ästhetischen Empfinden entspricht und dass der Liebfrauenplatz eine attraktivere architektonische Lösung verdient hätte.“

Info& auf Mainz&: Mainz& hat ausführlich über die Pläne für den Bücherturm am Gutenberg-Museum berichtet – einen Bericht über die Vorplanung findet Ihr hier, einen über die Auftragsvergabe und Entscheidung pro Turm hier und den Ausgangsbericht über den Architekturwettbewerb hier. Über die Kritik am Turm und die Gründung der BI berichten wir in diesem Artikel, die Bedenken der Denkmalpfleger hier. Die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum findet Ihr auf einer neu gestalteten Homepage hier – nun sehr übersichtlich und verständlich hier. Informationen über die Unterschriftenlisten findet Ihr genau hier – weil unsere Leser danach gefragt haben. Und weil das auch gefragt wurde: Es gibt keine Möglichkeit, online zu unterschreiben.

 

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Mainz unter den Top 100 Sehenswürdigkeiten Deutschlands: Gutenberg und Altstadt beliebt

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Mainz ist schön, das finden nicht nur wir hier in Mainz – sondern auch ausländische Gäste aus aller Welt: Mit Gutenberg und der Altstadt schaffte es die Landeshauptstadt nun unter die Top 100 Sehenswürdigkeiten von Deutschland – noch vor Das Besondere dabei: Es waren ausländische Touristen, die per Online-Abstimmung ihre Lieblingsziele in Deutschland wählten, mehr als 32.000 Gäste aus 60 Ländern beteiligten sich an der Umfrage, wie die Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH am Freitag mitteilte. Insgesamt schafften es 11 Sehenswürdigkeiten aus Rheinland-Pfalz in die Top 100 – darunter auch die Loreley, das Moseltal, Burgen & Baudenkmäler und die Hängeseilbrücke Geierlay im Hunsrück.

Die Mainzer Altstadt und der Dom gehören zu den Top 100 Sehenswürdigkeiten Deutschlands – bei einer Umfrage unter ausländischen Touristen landete die Gutenbergstadt auf Platz 68. – Foto: gik

Mainz mit seinem Dom und der romantischen Altstadt landete auf Platz 68 der Umfrage – immerhin noch vor der Berliner Mauer, dem Münchner Hofbräuhaus und dem Berliner Reichstag. Für Mainz sprachen offenbar die lange Historie mit Römerstadt und Gutenbergstadt, die Fastnacht, das bunte Universitätsleben und die ausgeprägte Weinkultur – Mainz wurde auch als Stadt der Deutschen Weinkönigin gesehen. Das zeigt auch: Mainz wird auch international inzwischen als Weinhauptstadt wahrgenommen – ein Erfolg der Great Wine Capitals-Initiative.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus hatte sich mit der ganz offen gestellten Frage: „Welche Bauwerke und Naturschönheiten sind die beliebtesten?“ an die internationalen Gäste gewandt – heraus kam eine Rangliste mit Überraschungen. Auf Platz 1 landeten nämlich nicht Schloss Neuschwanstein oder die Loreley, sondern die Hamburger Speicherstadt mit der neuen Elbphilharmonie. Auf Platz zwei kam seltsamerweise der Europapark in Rust, Neuschwanstein kam auf Platz drei, gefolgt von Bodensee, Rothenburg ob der Tauber und der Dresdener Altstadt.

Altstadt und Schloss Heidelberg rangierten auf Platz 6, das Moseltal folgt auf Platz 10 als Top-Highlight von Rheinland-Pfalz – noch vor dem Kölner Dom auf Platz 11. Die Porta Nigra in Trier kam in der Umfrage auf Platz 15, direkt dahinter der Speyrer Dom auf Platz 16. Damit schafften diese UNESCO-Welterbestätten den Weg in die Top 100.

Die Platzierung von elf touristischen Highlights im Land unter den Top 100 der beliebtesten Reiseziele in Deutschland bei ausländischen Gästen sei „ein guter Erfolg für unser Land“, freute sich Stefan Zindler, Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH. Das Ergebnis belege das Potential von Rheinland-Pfalz bei ausländischen Gästen. Nach wie vor seien die Niederlande sowie Belgien und Großbritannien die stärksten Quellmärkte für das Land.

Auch das Deutsche Eck in Koblenz mit der Festung Ehrenbreitstein (Platz 20), die Burg Eltz (Platz 25) und der Nationalpark Eifel-Hunsrück (Platz 31) schafften es in die Top 100, die Loreley allerdings rangiert gerade einmal auf Platz 34 – kein gutes Zeugnis für den einstigen Top-Touristenmagneten und vermutlich der altbackenen und lieblosen Ausstattung geschuldet. Mit Platz 95 schaffte es gerade noch die neue Hängeseilbrücke Geierlay im Hunsrück unter die Top 100, ein schöner Erfolg für das neue Tourismus-Highlight. Auf Platz 100 landete übrigens die Ferieninsel Sylt – bei einer Umfrage unter Deutschen wäre die Rangliste sicher eine andere gewesen…

Info& auf Mainz&: Die komplette Liste der 100 schönsten Sehenswürdigkeiten in Deutschland aus der Sicht ausländischer Gäste seht Ihr hier im Internet.

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Neu& auf Mainz&: So habt Ihr mehr von Mainz& – mehr Inhalt, mehr Spaß, neue Funktionen

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Ihr habt es sicher schon gemerkt: Es tut sich was auf Mainz&! Im Mai ist Mainz& drei Jahre alt geworden, und wir feiern das mit einem Feuerwerk an Neuerungen – damit Ihr mehr von unserer Seite habt! Und wir freuen uns, in den vergangenen Wochen viele neue Leser und Leserinnen begrüßen zu dürfen, auch Ihnen wollen wir ein paar Tricks verraten, wie Ihr Mainz& noch besser nutzen könnt – wie Ihr zum Beispiel ältere Artikel findet. Dazu könnt Ihr künftig nette kleine Mainz-Geschenke auf Mainz& direkt kaufen – und Ihr findet jetzt auch mehr Werbung und Sponsored Posts auf Mainz&. Wir verdienen nämlich auch gerne mehr Geld – damit wir Euch noch mehr Informationen, Geschichten und mehr Spaß bieten können.

Ganz unten in der Rubrik „Alles“ findet Ihr die Funktion, mit deren Hilfe Ihr in alten Mainz&-Artikeln blättern könnt. – Foto: gik

So habt Ihr noch mehr von Mainz&: Rubriken, Archiv und alles frei

Habt Ihr eigentlich schon mal die Rubrik „Alles“ ganz oben links auf der Startseite wahrgenommen? Nein? Solltet Ihr aber: Das hier ist nämlich das Gedächtnis und das Herz von Mainz&. Unter „Alles“ findet Ihr nämlich alle Artikel, die auf Mainz& erscheinen – und hier könnt Ihr auch ganz einfach Seite um Seite zurückblättern und in den älteren Artikeln von Mainz& stöbern! Unsere Startseite fasst nämlich nur zwölf Artikel, was älter ist, verschwindet – aber weg sind die Artikel deshalb noch lange nicht! Ältere Artikel findet Ihr unter den Rubriken oben auf der Seite nach Themen geordnet – wer aber einfach mal ein paar Tage zurückblättern will, für den ist „Alles“ genau richtig. Ganz unten am Ende der Seite findet Ihr die Funktion zum Blättern.

Apropos Rubriken: Wir haben die Rubrik „Premium“ aufgelöst. Eingeführt hatten wir sie einmal für große, besondere Geschichten, aber inzwischen sind so viele unserer Geschichten ausführlich & besonders, dass die Kategorie keinen rechten Sinn mehr machte. Bei Mainz& könnt Ihr ausführliche Berichte mit vielen Hintergrundinformationen erwarten, sorgfältig recherchiert und mit vielen Exklusiv-Informationen. Da ist praktisch jeder Artikel Premium-Content. Und wir verabschieden uns damit (vorerst) auch von Paid Content – die Erfahrung hat gezeigt, dass auch Mainz&-Leser Geschichten nicht einzeln kaufen wollen. Schade eigentlich….

Google-Ads-Werbebanner und Sponsored Posts auf Mainz& – auch wir brauchen Geld 😉 – Foto: gik

Mehr Werbung& auf Mainz&

Apropos bezahlen: Geld verdienen wollen und müssen wir aber auch mit Mainz& – auch, damit wir Euch mehr bieten können! Deshalb findet Ihr neuerdings auf Mainz& hier und da auch mal überregionale Werbung via Google. Sollte Euch dabei eine Werbung besonders nerven oder gar anstößige Dinge verbreiten – sagt uns bitte sofort Bescheid! Wir haben nämlich Möglichkeiten, das dann abzustellen. Wir wollen Euch schließlich nicht nerven, sondern informieren 😉

Noch lieber aber unterstützen wir Mainzer Unternehmen, Start-Ups, Geschäfte oder innovative Menschen mit Werbeanzeigen auf Mainz& – wenn Ihr also jemanden kennt oder selbst mal Werbung auf Mainz& schalten wollt, einfach melden! Werbung auf Mainz& ist viel einfacher, als Ihr denkt – und viel günstiger, als Ihr glaubt. Ein gutes Fotos oder ein Flyer reichen meist schon aus, bei der Dauer der Anzeige sind wir ungeheuer flexibel: 3 Tage, 3 Wochen, 14 Tage, noch länger? Alles kein Problem! Und Werbung auf Mainz& sieht man immer und von überall her: unterwegs, am Schreibtisch, immer wenn man auf Mainz& geht. Eine tolle Möglichkeit, in einem hochwertigen Umfeld präsent zu sein und Mainzer auf tolle Produkte aufmerksam zu machen. Alle Infos dazu hier.

Sponsored Posts auf Mainz&

Und weil Mainz& inzwischen eine beachtliche Reichweite von 30.000 Klicks pro Monat hat und nicht nur in Mainz, sondern in Rheinhessen, dem Rhein-Main-Gebiet und tatsächlich auch darüber hinaus gelesen wird, bieten wir jetzt auch Sponsored Posts an. Das sind Artikel, die von Unternehmen bezahlt werden, aber trotzdem informativen Inhalt zu einem Thema bieten. Keine Angst: Sponsored Posts auf Mainz& unterliegen ebenfalls unseren strengen Qualitätskriterien und werden recherchiert und überprüft. Wir freuen uns, wenn Ihr sie beachtet – sie helfen bei der Finanzierung von Mainz&. Die Sponsored Posts findet Ihr künftig in der eigenen Kategorie Sponsored& sowie in einem eigenen Artikel-Karussell in der rechten Seitenleiste.

Nette Mainz-Geschenke kaufen

Mit dem närrischen Baustellen-Pin hat es angefangen: Mainz& hat jetzt auch eine kleine Shop-Funktion! Keine Angst, wir wollen Euch weder mit Werbung nerven noch zu Käufen nötigen, aber es gibt einfach immer mal wieder nette Mainz-Dinge, die wir so schön finden, dass wir sie gerne mit Euch teilen möchten: Bücher, T-Shirts, Lieblingsstücke oder eben auch Närrisches wie den Baustellen-Pin. Solche ausgewählten Sachen könnt Ihr in Zukunft in dem eigenen Mainz&-Shop kaufen.

Mit dem „Jetzt kaufen!“-Button bieten wir Euch immer mal wieder die Chance, nette Mainz-Dinge zu erwerben – es öffnet sich dann ein eigenes Kauf-Fenster. Keine Angst: Datenschutz und Sicherheit sind gewährleistet! – Foto: gik

Wir treten dabei in erster Linie als Vermittler zwischen Euch und Mainzer Geschäftsleuten auf. Die Zahlung erfolgt per Kreditkarte oder Paypal, die Ware geht vom Verkäufer direkt an Euch. Der Mainz&-Shop ist derzeit noch im Aufbau, also schaut immer mal vorbei, was wir an neuen Produkten für Euch haben. Ihr seid Geschäftsleute und würdet da gerne mit uns zusammenarbeiten? Einfach melden! Hier findet Ihr unsere Kontaktdaten – wir freuen uns auf Euch!

Zeit für ein dickes Dankeschön…

Und mit all dem Neuen möchten wir auch einfach mal Danke sagen: Danke für drei Jahre tolle Leser, spannende Diskussionen und interessierte Neugierige! Danke für Eure Treue und dafür, dass Ihr mit großer Offenheit und Neugier Mainz&-Artikel lest und verbreitet! Unsere Klickzahlen steigen deutlich, unsere Reichweite auf Facebook ist in diesem Jahr explodiert – wir freuen uns, wenn Ihr uns liked oder Posts teilt! Das hilft, damit Mainz&-Postst noch mehr Menschen angezeigt werden und nicht im unendlichen Facebook-Orbit verschwinden.

Und wenn Ihr Lust habt: folgt uns doch auch auf Twitter! Unseren Twitter-Account @Mainzund nutzen wir gerne mal für schnelle, kurze Hinweise, Polizei-Meldungen, Stauwarnungen oder Blitzer-News, hier retweeten wir auch Veranstaltungen etwa von der Uni Mainz oder der Stadt Mainz so wie nette kleine Begebenheiten – Ihr findet die kleinen Tweets auch in der rechten Seitenleiste bei Mainz&. Und gerne könnt Ihr uns  unterstützen, indem Ihr uns einen Kaffee oder ein Glas Wein kauft – da freuen wir uns jedes Mal riesig! Vielen Dank übrigens allen lieben Spendern!

Unser Bestreben bei all dem: Noch mehr Informationen, noch mehr Nutzen für Euch – und noch mehr Bewegung in unserem schönen Mainz! Ihr lest von uns!

 

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Feridun Zaimoglu kommt nach Mainz – Ex-Stadtschreiber liest aus neuem Luther-Roman „Evangelio“

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Feridun Zaimoglu

Er war einer der engagiertesten Mainzer Stadtschreiber, und einer, den die Mainzer liebten, nun kehrt er in die Gutenberg-Stadt zurück: Feridun Zaimoglu kommt am 12. September 2017 zu einer Lesung nach Mainz. Im Gepäck hat der Schriftsteller nichts weniger als ein neues Buch: „Evangelio“ dreht sich ganz um ein altes, hochaktuelles Thema – um den Reformator Martin Luther. Passgenau zu 500 Jahre Reformation hat Zaimoglu sein Werk herausgebracht, nun tourt er auf Lesereise durch die Republik. Klar, dass da eine Station in Mainz nicht fehlen darf: 2015 begeisterte der gebürtige Türke mit seiner humorvoll-sensiblen Art und seinem genauen Blick auf Kulturen, Integration und gescheiterte Annäherungen die Mainzer.

Feridun Zaimoglu
copyright: Melanie Grande

Der 1964 in Bolu in der Türkei geborene Zaimoglu wurde bekannt mit seinem Buch „Kanak Sprak“ über die Zerrissenheit junger Deutsch-Türken, seit 1984 ist der Autor in Kiel zuhause. Trotzdem fühlte sich Zaimoglu im bunten rheinischen Mainz ausgesprochen wohl, verliebte sich regelrecht in die Stadt und die Menschen, wie er Mainz& gegenüber bekannte – und er erlebte wirklich produktive Monate: Zaimoglu schrieb in Mainz, veröffentlichte seinen Istanbul-Roman „Siebentürmeviertel“ und malte nicht weniger als 12 Bilder.

Nun also hat er seine Sprachgewalt und Beobachtungsgabe auf Martin Luther gerichtet, den sprachgewaltigen Lebemensch aus Eisleben, der eher aus Verlegenheit zum Reformator und Kirchengründer wurde. Es ist Mai 1521, und Martin Luther hält sich auf der Wartburg auf – gänzlich unfreiwillig, denn er ist auf Geheiß des Kurfürsten von Sachsen in Gewahrsam genommen worden. Luther sieht sich hier größten Anfechtungen ausgesetzt, er hadert mit Gott und dem Teufel – und er vollbringt sein größtes Werk: In nur zehn Wochen übersetzt er das Neue Testament ins Deutsche.

Landsknecht Burkhard, ein ungeratener Kaufmannssohn, ist Luther zum Schutze an die Seite gestellt. Seine Perspektive ist es, die den Blick auf das Leben, das Streben und die Qualen des Reformators eröffnet. Burkhard sieht Luthers Wirken mit Sorge: Er will nicht mit der Sitte brechen und muss doch den, der dieses tut, schützen und bewahren.

„Mit klingender Sprache, erstaunlichem Kenntnisreichtum und dramatischer Zuspitzung erzählt Feridun Zaimoglu von einem großen Deutschen, einer Zeit im Umbruch und der Macht und Ohnmacht des Glaubens“, heißt es in der Vorankündigung weiter – wir glauben es gerne. Und schon jetzt steht Zaimoglu mit „Evangelio“ auf der Long List zum Deutschen Buchpreis 2017.

Info& auf Mainz&: Am Dienstag, den 12. September 2017, könnt Ihr es selbst erleben: Um 20.00 Uhr liest Feridun Zaimoglu in der Altmünsterkirche in der Walpodenstraße aus seinem neuen Roman „Evangelio. Ein Luther-Roman“. Der Eintritt kostet 5,- Euro. Und solltet Ihr zufällig an dem Dienstag keine Zeit haben: Am Mittwoch, 13. September 2017, liest Zaimoglu um 19.30 Uhr in Wiesbaden noch einmal, im Literaturhaus Villa Clementine in der Frankfurter Straße 1. Dort kostet der Eintritt im Vorverkauf dann 10,- Euro plus Vorverkaufsgebühr, an der Abendkasse 13,- Euro. Jaja, die Wiesbadener….

 

 

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Zum Ausklang der Weinfestsaison Hechtsheimer Winzertage genießen – Best of Mainzer Wein im Cuvée als Miniaturausgabe

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Nach dem Weinmarkt ist vor dem Weinevent – Mainz lebt gerade Wein in einer ungeheuren Dichte von Veranstaltungen. Zum Ausklang der Weinfestsaison locken am kommenden Wochenende die Mainzer Winzer noch einmal in ihre Höfe: die Hechtsheimer Winzertage stehen bevor. Traditionell öffnen die Weingüter Anfang September ihre Hoftore und laden zum Weingenuss in ihre lauschigen Höfe. Am Freitag geht es los, sechs Weingüter haben dann die Tore geöffnet zum Flanieren und Genießen. Am Donnerstag danach präsentieren sich die Mainzer Winzer dann im Cuvée am Gutenberg-Museum. Dort lassen zehn Weingüter die Veranstaltungsreihe „Best of Mainzer Wein“ in einer Miniaturausgabe wieder aufleben.

Für die Hechtsheimer ist es der zweite Höhepunkt nach dem Weinfest im Kirchenstück Anfang Juli: Bei den Hechtsheimer Winzertagen wird noch einmal der Spätsommer genossen und notfalls eben der frühe Herbst. „Wir Winzer laden Sie recht herzlich ein, bei einem guten Glas Wein zu verweilen“, sagt die Ex-Mainzer Weinprinzessin Malenka Stenner: „Für mich bedeuten die kommenden Festwochenenden den krönenden Abschluss der Weinfest-Saison.“ Von peppiger Live-Musik über entspannte Jazz-Klassiker bis hin zum Kasperletheater werde für Groß und Klein und für jeden Geschmack etwas dabei sein, verspricht Stenner. Tatsächlich wissen wir, dass etwa im Kathäuserhof am Freitagabend traditionell die Mainzer Kultband Se Bummtschaks spielt – in diesem Fall am 9. September ab 19.30 Uhr. Da bebt Hechtsheim.

Auch in anderen Höfen wird Programm geboten, „wandern Sie von einem Weingut zum nächsten und erleben Sie die Winzer in ihren eigenen Höfen“, rät Malenka Stenner. Zumal unterwegs viele leckere Köstlichkeiten darauf warten, probiert zu werden. Da gibt es etwa das traditionelle Leberknödelessen im Rebenhof, im Weingut Bernhard Stenner wiederum warten Köstlichkeiten von „Tischdecker“ Christian Decker aus der Mainzer Altstadt – es gibt hausgemachte Dinneles, Folienkartoffeln mit gedünstetem Gemüse oder Chili con Carne oder Lachs oder Winzerbrote mit Hühnchen oder Roastbeef vom argentinischen Rinderhüftsteak. „Treffen Sie sich mit Ihren Freunden und lassen Sie sich von den Winzern in einzigartiger Atmosphäre verwöhnen“, rät Malenka, „es warten lockere, unbeschwerte und wunderschöne Abende auf Sie.“

„Miniaturausgabe Best of Mainzer Wein“ im Cuvée

Nur einige Tage später gibt es dann ein neues Format für die Weine der Mainzer Winzer: Nachdem die „Best of Mainzer Wein“-Reihe nach ihrem Umzug in den Erbacher Hof einen leisen Tod starb, gibt es nun ein kleines Wiedersehen mit der Weinprobe. Am 14. September ab 19.00 Uhr gibt es ein Revival im Cuvée, dem Restaurant im Hof des Gutenberg-Museums.  Im Rahmen der Donnerstagsreihe „Wein und…“ im Cuvée präsentieren zehn Weingüter unter dem Titel „Miniaturausgabe Best of Mainzer Wein“ den Besuchern insgesamt 40 Weine.

Dabei könnt Ihr eine Produktauswahl aus dem ganzen Sortiment des jeweiligen Winzers probieren und Sekt, Secco, Rot-, Rosé- und Weißweine nach Lust und Laune entdecken – früher waren bei „Best of“ die Weine je nach Saison auf weiße oder rote Tropfen beschränkt. „Wir freuen uns, dass wir das ‚Best of‘ in einer schlankeren, aber weintechnisch erweiterten Version wieder aufleben lassen“, sagt Sigrid Lemb-Becker, erste Vorsitzende der Mainzer Winzer. Das Ambiente des Cuvée werde einen neuen Charme auf die Veranstaltung werfen. Dazu serviert das Cuvee kleine Leckereien zum Selbstkostenpreis – ein ganz besonderer After-Work-Treff zum Sommerabschluss.

Info& auf Mainz&: Hechtsheimer Winzertage vom 8. bis 11. September 2017, Eröffnung ist am Freitag, dem 8.9., um 19.00 Uhr mit dem traditionellen Römerfassanstich im Weingut Rebenhof in der Heuerstraße. Infos zu den Mainzer Winzern findet Ihr genau hier. Die „Miniaturausgabe Best of Mainzer Wein“ steigt am Donnerstag, dem 14. September 2017, ab 19.00 Uhr im Cuvée. Der Eintritt beträgt 14,- Euro und beinhaltet die komplette Weinprobe, einen Flaschenweinverkauf gibt es allerdings nicht mehr. Karten gibt es an der Abendkasse, aber auch im Vorverkauf im Tourist Service Center.

 

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Bischof Kohlgraf: „Ich muss noch gehen lernen“ – Bischofsweihe im Mainzer Dom mit viel Humor

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Standing Ovations im Mainzer Dom, immer wieder brandet Applaus auf: Es ist eine warmherzige Bischofsweihe, die da am Sonntag im Mainzer Dom zelebriert wird. Das feierliche Hochamt wird am Ende von viel Humor und Menschlichkeit geprägt. „Ich muss noch ein bisschen mit meinem neuen Bischofsstab gehen lernen, Sie haben es gemerkt“, sagt Peter Kohlgraf in seiner ersten Ansprache als neuer Mainzer Bischof. Um 14 Uhr war die Weihe des 50 Jahre alten Professors für Pastoraltheologie vollzogen, die Sedisvakanz beendet – die Mainzer haben wieder einen Bischof. Voller Bescheidenheit und hintergündigem Humor.

Der neue Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei seiner ersten Ansprache im Mainzer Dom. – Foto: Bistum Mainz

„Er tritt ein großes Erbe an, die Messlatte liegt hoch“, sagte die Mainzer Wirtin Helga Nass am Morgen vor dem Dom. Keine Frage: Kohlgrafs Vorgänger, Kardinal Karl Lehmann, war nicht nur hochgeachtet in der Republik, sondern auch von den Mainzern heiß geliebt. Er selbst weihte am Sonntag seinen Nachfolger Kohlgraf zum Bischof, unterstützt von gut 30 Bischöfen aus allen Teilen der Republik. Und man sah, warum Lehmann vor einem Jahr an seinem 80. Geburtstag den Posten als Bischof von Mainz niedergelegt hatte: Lehmann wirkte körperlich stark gebrechlich, wenn auch geistig hellwach.

Feierlicher Moment: Kardinal Karl Lehmann weiht Peter Kohlgraf zum neuen Bischof von Mainz. – Foto: gik

„Du aber, lieber Bruder, bedenke: Das Bischofsamt ist nicht zur persönlichen Ehre gegeben, der Bischof ist nicht da zu herrschen, sondern zu dienen“, gab Lehmann seinem Nachfolger mit. Es war Lehmann, der dem neuen Bischof zu Mainz seinen Bischofsring als Zeichen der Liebe und Hingabe ansteckte, ihm die Mitra als Schutz gegen „alle Angriffe des Bösen“ aufsetzte und ihm den Bischofsstab überreichte als Zeichen der „Kraft zur Weisung und zu Führung der Kirche.“ Dann ließ sich Kohlgraf auf dem Bischofsstuhl nieder – da brandete zum ersten Mal Applaus auf.

Zuvor hatte sich der zu Weihende der Länge nach auf dem Boden vor dem Altar ausgestreckt, minutenlang verharrte Kohlgraf in der Demutsstellung, die Arme unter dem Kopf verschränk, während die Kirchengemeinde die Heiligen anrief und Fürbitten betete. Was einem in so einer Situation durch den Kopf geht, fragte Mainz& den Bischof nach seiner Weihe. „Viele Dinge laufen zwischen mir und Gott, und das soll auch so bleiben“, entgegnete Kohlgraf. Aber „man spürt schon: man wird klein“, sagte er nachdenklich, nicht aber klein im Sinne von „kleinmachen“, fügte er gleich hinzu: „Man fühlt sich demütig vor dem was da abgeht.“

Das erste Mal auf dem Bischofsstuhl unter dem neuen Bischofswappen: Der frisch geweihte Bischof Peter Kohlgraf. – Foto: gik

Um Punkt 13 Uhr hatte der feierliche Weihegottesdienst im Dom zu Mainz mit dem Überbringen der Ernennungsurkunde begonnen: „Erscheinst Du, geliebter Sohn, versehen mit den erforderliche Gaben (…), ns geeignet, Dich an ihre Spitze zu stellen“, teilte Papst Franziskus den Mainzern mit. Die erforderlichen Gaben – es sieht so aus, als würde Kohlgraf sie mitbringen. Der 50 Jahre alte Professor für Pastoraltheologie, der bislang an der Katholischen Hochschule in Mainz lehrte, gilt als nah bei den Menschen, aber auch als jemand, der sich einmischt.

„Als Ihr neuer Bischof erlaube ich mir, eine Vision zu haben“, sagte Kohlgraf in seiner ersten Ansprache am Ende des Gottesdienstes: Es sei die Vision, dass sich Kirche nicht hinter verschlossenen Türen verkrieche, sondern sich einmische gegen Hass und unmenschliche Züge der Gesellschaft. „Das Reich Gottes ist nahegekommen“, lautet sein Wahlspruch, Kohlgraf interpretiert es als Aufforderung, nahe bei den Menschen zu sein, in die Welt zu gehen, zuzuhören. „Unsere Welt ist ein Buch, in dem wir lesen können, was Gott heute von uns will“, sagte er: „Wenn wir nciht lernen, unseren Glauben in Tat und Wort hinaus zu tragen, werden wir blind für Gottes Reich.“ Vielfalt fördern, Aufstehen gegen Hass, gerade auch auf Facebook – der neue Bischof wird sich einmischen. Als erste Amtshandlung ernannte er Weihbischof Udo Bentz zum neuen Generalvikar.

Kohlgraf feiert die erste Kommunion als Bischof von Mainz, die Menge auf dem Markt schaut andächtig zu. – Foto: gik

„Er ist ein ganz Toller“, schwärmte der Leiter der Schulband des Bonner Kardinal-Frings-Gymnasiums über den früheren Kollegen Kohlgraf: „An dem ist nichts Falsches, ich kann die Mainzer nur beglückwünschen.“ Mehrere Tausend Neugierige waren auf die Plätze rund um den Dom zur Bischofsweihe gekommen, darunter auch viele ehemalige Weggefährten Kohlgrafs. Der gebürtige Kölner lebte lange in Bonn, bevor er nach Mainz kam.

„Der Rhein verbindet uns“, sagte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, zu dessen Bistum Kohlgraf bisher gehörte, und bekannte: „Es ist gar nicht so leicht, Dich loszulassen.“ Ein „Guter“ sei Kohlgraf, sagte Woelki, aber Mainz und Köln verbinde da vieles: der Karneval,“dieselbe Fußballliga – noch“, sagte Woelki, und wurde dafür um ein Haar mitten im Dom ausgebuht. Kohlgraf sei so gesehen gut auf den neuen Job vorbereitet, befand Woelki – und ernannte Kohlgraf zum Ehrendomherr des Kölner Doms: „Du hast bei uns auch immer einen Ort der Zuflucht“, bot er an.

Jetzt ist er Mainzer: Bischof Peter Kohlgraf unmittelbar nach seiner Weihe auf einer Leinwand des Mainzer Doms. – Foto: gik

„Ich dachte, gleich zieht er ein kühles Kölsch aus der Tasche“, sagte Kohlgraf nach dem Gottesdienst vor seinem Haus im Kreise der Bischöfe. „Ich freue mich schon auf seinen hintergründigen, trockenen Humor“, sagte denn auch Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz: „Inspirieren Sie uns!“

„Der macht das“, glaubte ein Mainzer vor der Tür, „er ist sympathisch, kommt gut an.“ Vor der Tür feierten im Anschluss mehrere tausend Gäste mit Kohlgraf ein „Fest der Begegnung“, auch hier brandete Applaus auf für den neuen Herrn im Dom. „Mit dem heutigen Tag bin ich Mainzer“, sagte Kohlgraf. Sprachlos und überwältigt sei er, bekannte er nach einem Ständchen für ihn. „Ich glaube, Sie haben gemerkt, Sie werden jetzt schon geliebt“, sagte die Moderatorin. „Ich hoffe, die Liebe trägt auch durch härtere Zeiten als heute Nachmittag“, sagte Kohlgraf trocken, und gefragt auf das, was er morgen tut, antwortete er: „Morgen ist Büro.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum neuen Mainzer Bischof, seiner Biographie und seinem Hintergrund lest Ihr hier bei Mainz&. Direkt nach dem Weihegottesdienst gab Kohlgraf ein erstes Pressestatement – Ihr findet es auf unserer Facebook-Seite.

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20 Jahre „3x klingeln“ – Kunst, Literatur, Theater und Musik in Privatwohnungen in der Neustadt und dem Bleichenviertel

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Sie ist die vielleicht kleinste Kultur-Biennale der Welt, auf jeden Fall eine der außergewöhnlichsten Kunstveranstaltungen: An diesem Wochenende laden wieder Privatwohnungen, WGs und Hinterhöfe zu „3x klingeln“ ein.  Das Prinzip: Der Kultursuchende klingelt einfach drei Mal an der Haustür – und schon öffnen sich die Türen zu Kunst in privaten Räumen. Seit 20 Jahren findet die Kunstaktion nun schon statt, zum 11. Mal öffnen sich Türen in der Mainzer Neustadt und dem Bleichenviertel. Ein Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf der Fotografie  – und es gibt so viele Konzerte und Lesungen wie nie zuvor. Flamenco-Gitarre, ein Männerchor mit Piratenliedern und viel Zimmertheater warten auf Euch.

Es war 1997, ein Abend in einem Mainzer Biergarten, als zwei Bewohnern der Mainzer Neustadt ein Versäumnis auffiel: Das festliche Jubiläum der Neustadt-Gründung vor 125 Jahren stand vor der Tür – aber bei aller Feierei: Kunst war im Programm nicht vorgesehen. Und das, „obwohl schon damals der Stadtteil bei Kreativen aller Art beliebter Wohn- und Arbeitsort war. Aber Plätze für die Kunst gab es nicht, von einer schnieken Kunsthalle durfte man noch nicht einmal träumen.“ So erzählt Günter Minas, stadtbekannter Kulturmanager, die Anfänge von „3x klingeln“.

Gemeinsam mit der Mainzer Malerin Christiane Schauder hatte er die zündende Idee: „Wir holen die Kunst und die Künstler in die Wohnungen!“ Nach einigen  Wochen eifriger Telefonate konnten am Samstag, dem 25. Oktober 1997, Besucher zum ersten Mal „…3xklingeln!“ Dieser Aufforderung folgten Hunderte von Kunsthungrigen, binnen weniger Wochen und mit extrem kleinem Budget hatten die Initiatoren es geschafft, 35 bildende Künstler in 23 Wohnungen, Büros und Werkstätten einzuladen. Der Riesenerfolg animierte zum Weitermachen, was als einmaliges Ereignis geplant war, wurde zur „kleinsten Biennale der Welt“, die seitdem im Zweijahresrhythmus stattfindet, erzählt Minas.

Hauskonzert bei 3x klingeln. – Foto: 3x klingeln

 

Über 200 Künstler waren bisher zu Gast, sie kamen aus ganz Deutschland, aber auch aus den USA, China, Korea, Lettland, England und vielen anderen Regionen der Welt. Bald wurde das Wochenendprogramm durch kleine Konzerte, Lesungen, Tanz, Film und Performances ergänzt, das Bleichenviertel kam „als ähnlich urbaner und lebendiger Stadtteil“ hinzu. Und immer blieb das Prinzip: Rund 30 Künstler präsentieren ihre Werke in privaten Räumen, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind, und stehen vor Ort in intimem Rahmen für Gespräche zur Verfügung. Das werde weidlich genutzt, berichten die Macher: „Noch nie so viel mit dem Publikum gesprochen“, sei „der übliche erschöpfte Kommentar der Mitwirkenden am Sonntagabend.“

Dabei spielt „3x klingeln“ in hohem Maße nicht nur mit der Neugier auf Kunst – sondern auch auf Räume. Einmal in einem der letzten schönen Altbauten der Neustadt die Treppe hochsteigen, sehen, wie die WG gegenüber haust und ganz neue Einblicke in die Neustadt oder das Bleichenviertel gewinnen – bei der Kunst-Biennale geht das treppauf-treppab. Keller, Büros, Läden, Kirchen, Schulen, Privatwohnungen – so vielfältig ist kein anderes Festival. Da gibt es humorvolle und bissige Kunstobjekte des kürzlich verstorbenen Mainzer Dadaisten Jürgen Blumberg, besser bekannt als „Oddo“, im SPD-Neustadtladen, Fotografien von Grit Reiß in einer Neustadt-WG in der Frauenlobstraße oder Malereien und Plastiken zum Thema „Landschaft, Kopf und Körper“ von Christian Felder in einer Privatwohnung in der Josefsstraße.

3x klingeln bitte – und schon heißt’s: Türen auf für die Kunst! – Foto: 3x klingeln

Die Künstler kommen dieses Mal aus Deutschland, Korea, Lettland, Brasilien, Österreich, Japan, Kurdistan und dem Nahen Osten, sogar der systemkritische Foto-Künstler Zhu Jiuyang aus China fliegt eigens für die Biennale ein und lässt sich in einer Wohnung in der Lessingstraße nieder. Beim Architektur-Professor Emil Hädler gibt’s im Hof am Gartenfeldplatz „Baugeschichte(n) aus der Neustadt“, ein studentisches Projekt, bei dem das Schicksal von Häusern am Gartenfeldplatz und ihrer Bewohner durch 100 Jahre wechselvolle Geschichte begleitet wird. Kunst aus Plastikabfall in der einen Location, Fotografien von Hermann Recknagel in der nächsten – „3x klingeln“ lebt von der Vielfalt.

 

Im Weinkeller Landenberger in der Adam-Karillon-Straße wiederum gibt es nicht nur Chormusik mit dem Ensemble Chordial, sondern auch eine äußerst ungewöhnliche Installation: „Im Weinkeller wird dem Besucher ein großzügiges Audio-Sitzkissen bereitgestellt, von dem aus er mit einer Fernbedienung Klänge direkt aus dem konkreten Raum generieren und steuern kann“, heißt es im Programmheft zum Projekt der Künstlerin Frauke Eckhardt: Die Säulen, Wände, Weinfässer, Rohre, Geländer, die Treppe, der Boden, alle verbauten Materialien oder Bauteile des Raums werden mit Hilfe verschiedener Mechaniken akustisch angeregt. „Ihr innerer Körperschall tönt schließlich akustisch verstärkt ganz körpernah aus dem Kissen heraus. Je nach Auswahl und Kombination der Klangquellen kann das Empfinden von entspannender Massage bis hin zu aktivierendem Gepolter reichen.“

Hier öffnen sich am Wochenende die Türen zu 3x klingeln.

Apropos Klang: Diverse Lesungen und Konzerte gehören ebenfalls zum Programm von „3x klingeln“, so ist erstmals die Kunsthalle Mainz am Zollhafen mit dabei: Am Samstagabend mit einem Konzertabend mit Barockmusik – präsentiert von DJ Michael Glasmeier. Das Eröffnungskonzert findet schon traditionell in Christuskirche statt, am Freitagabend, den 1. September, gibt es um 20.00 Uhr das Konzert mit „Refugees und Friends“, um 19.00 Uhr startet das Festival mit der offiziellen Eröffnung. Zum Abschluss gibt es am Sonntagabend in der Dorett Bar in der Zanggasse die „Soirette im Dorett, unter anderem mit dem „Männerchor Neustadt“, einer bunten Sängertruppe um den Komponisten Bernd Thewes, die mit Trinkliedern aufwartet.

Daneben aber werden die Neustadt-Locations in diesem Jahr auch noch zur Theaterbühne: Verstreut über das Wochenende gibt es Monologe des Steve Jobs (dem Apple Erfinder) mit Klaus Köhler vom Staatstheater Mainz, die Eigenproduktion „an einem sonntag, im geschenkpapier ein ohrensessel (mit abwesenden)“ dreier weiterer Staatstheater-Kollegen oder auch Ankedoten über „Das Leben im Theater“ der Mainzer Schauspielerin Ella Schwarzkopf. Die Junge Bühne Mainz wiederum spielt Arthur Schnitzler’s „Reigen“ an verschiedenen Locations in der Mainzer Neustadt, und es gibt einen Vorgeschmack auf „Bilder deiner großen Liebe“ von Wolfgang Herrndorf, das im Mainzer Staatstheater in dieser Spielsaison Premiere haben wird.

Neugierig sein, urbanes Leben spüren, Theater im Zimmer erleben, Hauskonzerte genießen und mit wildfremden Menschen in ihrer Wohnung über Kunst und die Neustadt plaudern – „3x klingeln“ bietet wahrlich Kunst in ausgefallenem Rahmen, wobei der Rahmen selbst zur Kunst wird. Das Ganze ist für den Besucher auch noch kostenlos, aber keineswegs umsonst – Dank Förderung durch den Kultursommer Rheinland-Pfalz.

Info& auf Mainz&: Kunst-Biennale „3x klingeln“ vom 1. bis 3. September 2017 in rund 30 Locations in der Mainzer Neustadt und im Bleichenviertel. Besuchszeiten: Samstag, 02. 09. von 14.00 – 19.00 Uhr, Sonntag, 03. 09. von 12.00 – 19.00 Uhr. Der Eintritt ist frei. Infos, Programm und Pläne gibt es hier im Internet.

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