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Tagesarchive: 6. Februar 2018

Baby Trump, wackelnder Bibelturm, Fossil Merkel und Rohrkrepierer Schulz – Bissige Motivwagen 2018 nehmen Politik aufs Korn

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Zugnummer 42: Becks Spaßbad. - "Die Stadt war einst besonders schlau,/ verpachtete den Schwimmbad-Bau./ Der Pächter, ein gewiefter Hase,/ sparte sich ne goldne Nase./ Der ist nun weg und voller Schreck/ macht den Dreck weg Günter Beck!" - Foto: gik

Sie sind die Aushängeschilder des Mainzer Rosenmontagszugs: die Motivwagen des Mainzer Carneval-Vereins (MCV). Und die sind in diesem Jahr hochgradig aktuell und satirisch-bissig – und nehmen vor allem die hohe (Welt-)Politik aufs Korn. Da wird SPD-Chef Martin Schulz zum Rohrkrepierer und Angela Merkel zum Schildkrötenfossil im Jahr 2111, Alexander Dobrindt muss mit eigenem Harnstoff den Diesel betanken und US-Präsident Donald Trump trifft sich zum Raketen-Vergleich im Sandkasten mit Kim Jong Un, derweil der türkische Präsident Erdogan zum Urlaub im Kittchen einlädt. Großes Narrenkino ist das, was die Mainzer da auf ihre Motivwagen 2018 heben.

Wenn zwei im Sandkasten ihre Raketengrößen vergleichen…. kommt ein Motivwagen dabei heraus: Donald Trump und Kim Jong Un. – Foto: gik

13 dreidimensionale politische Karikaturen schicken die Mainzer Narren in diesem Jahr auf die Reise, die Vorlagen zeichnete erstmals der Rheingauer Spätlese-Reiter-Erfinder Michael Apitz. Aus der neuen Kooperation entstanden beißende, hochaktuelle und sehr internationale Motive: Da schlägt US-Präsident Donald Trump mit dem Golfschläger die Weltkugel vom Pariser Eifelturm, „Hohl in One“ nennen die Mainzer Narren die Aufkündigung des Weltklimaabkommens durch den amerikanischen Golf-Fanatiker.

Auf einem zweiten Wagen kommt Trump gar in der Unterhose daher: Mit seinem Gegenüber, Nordkoreas Diktator Kim Jong Un, vergleicht er, wem die größere Rakete aus der Unterwäsche schaut. „Wer hat die größte?“ heißt der Titel des Motivwagens – der Narren Reim auf die Twittermanie und Angeberei des Herrn aus den USA. Der kommt gleich noch ein zweites Mal zu Narren-Ehren: Mit dem Golfschläger schlägt der Golf-Fanatiker aus den USA die Weltkugel vom Pariser Eifelturm ins Nirwana, das ist der Narren Kommentar zu Trumps Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens. Frankreichs junger Präsident Emanuel Macron rattert hingegen im Napoleonkostüm auf einer baufälligen „Ente“ einher. „In Frankreich heißt es nun „En Marche“!/ Doch vieles dort ist noch im A….“, lästern dazu die Narren: „Kann der Garcon noch mehr als Pose?“

MCV-Wagenbauer Dieter Wenger mit seinem Mainzer Top-Motiv in diesem Jahr: dem maroden Taubertsbergbad und Bürgermeister Günter Beck. – Foto: gik

„Wir haben querbeet versucht, die politischen Themen aufs Korn zu nehmen, die die Leute bewegt haben“, sagte Dieter Wenger, Wagenbauer des Mainzer Carneval-Vereins (MCV), bei der Vorstellung der Motive, und betonte: Es sei „die Pflicht des Narren, den Finger in die Wunde zu legen.“ So lädt auf einem Motivwagen der türkische Präsident Erdogan scheinbar freundlich lächelnd den deutschen Touristen zum „Urlaub bei Freunden“ ein – und hält ihm in Wahrheit doch die Tür zu einer Gefängniszelle auf. „All inclusive, seid dabei, im Urlaubsparadies Türkei“, reimen die Narren bitterböse dazu.

Seit dem 7. November werkeln Wenger und sein Team an den dreidimensionalen Karikaturen, es wird wie immer ein Wettlauf gegen die Zeit. Mindestens 900 Blöcke Styropor wurden in diesem Jahr verarbeitet, allein einhundert Bloecke Styropor gingen für den russischen Bären drauf – aus dem großen braunen Ungetüm ragt nun am Hintern Ex-Kanzler Gerhard Schröder heraus, reich mit Geld bedacht von Freund Wladimir beim Gasriesen Rosneft. Die Mengen an verarbeiteten Farbeimern kann Wenger hingegen schon gar nicht mehr zählen, „es werden täglich mehr“, sagte er nur, „und heute ging uns auf einmal die schwarze Farbe aus…“

Schwarz verkohlt ist noch immer die Ruine der abgebrannten Halle unmittelbar neben der MCV-Wagenhalle im Mombacher Industriegebiet. – Foto: gik

In diesem Jahr kam noch ein besonderes Hindernis dazu: Am Nikolausabend 2017 bedrohte ein Großbrand in einer Nachbarhalle die MCV-Wagenhalle, nur dem intensiven Einsatz der Mainzer Feuerwehr ist  es zu danken, dass die Wagenhalle und die närrischen Motive gerettet wurden. „Das war ein Inferno, wie ich es noch nie erlebt habe“, erzählte Wenger noch am Dienstag geschockt. Und es sei nur einem glücklichen Zufall zu danken gewesen, dass das Feuer überhaupt rechtzeitig entdeckt worden sei: Nur weil ein Wagenmotiv erst verspätet abgeholt werden konnte, waren Helfer um die entscheidende Uhrzeit an der Wagenhalle – und schlugen gerade noch rechtzeitig Alarm.

„Das Wasser stand zentimeterhoch in der Halle, der Teer tropfte aus dem Dach und beschädigte die Wagen“, berichtete Wenger – es war richtig knapp. Mit vereinten Kräften schaffte das Team aus Experten, darunter auch Bildhauer, Bühnenmaler und Schlosser, die Fertigstellung der Wagen, bis zum Rosenmontag kommt nun der letzte Schliff. Noch fehlt etwa der kleine Narrenhund, der Liebling der Narren, der jedes Jahr an einem anderen Gebäude das Beinchen hebt. Er verlor beim Wasserschaden nach dem Brand  seine Nase. „Der Hund kommt natürlich“, versprach Wenger am Dienstag, aber auf welchem Wagen, das wollte er noch nicht verraten.

Apropos Harnstoff: Alexander Dobrindt (CSU), Ex-Verkehrsminister, betankt nun die Diesel-PKW ganz persönlich mit Harnstoff. Nebenan ragt aus einem geborstenen Kanonenrohr SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz als „Rohrkrepierer“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist als ewige Kanzlerin im Jahr 2011 zum Schildkröten-Fossil mutiert und probiert auf einem zweiten Wagen vor einem Spiegel neue Kleider an – doch weder der gelbe noch der grüne Blazer will recht passen. So muss Angela noch einmal die abgewetzte rote Jacke auftragen, derweil das weiß-blaue Mieder darunter arg einschnürt… der Narren Kommentar zur schleppenden Regierungsbildung. Sollte die große Koalition in den kommenden Tagen doch noch platzen, „können wir noch reagieren“, sagte Wenger gelassen: „Dann wird aus der roten Jacke schnell eine weiße – mit der Aufschrift Neuwahlen.“

Dürfte für erhebliches Gelächter sorgen: Ex-Verkehrsminister Dobrindt als „Einspritzer“ in Sachen Diesel. – Foto: gik

Die Landespolitik kommt in diesem Jahr nicht zum Zuge, bei den Landesspitzen habe sich ja nicht wirklich viel getan, sagte Wenger Mainz&. Dafür bekommt die AfD erneut ihr Fett weg: Auf dem Wagen versinkt Herr Gauland in einem braunen Sumpf und hält ein Schild hoch: „Wollt Ihr den totalen Zwerg?“ Der Schriftzug sei die original Tannenberg-Nazi-Schrift, betonen die Narren eigens – die Zwergenschar davor schreit derweil fleißig „Ja“…

Drei Motivwagen widmen sich der Mainzer Lokalpolitik: Bürgermeister Beck muss etwa mit dem Hintern das Loch in der Badewanne schließen und gleichzeitig mit dem Pümpel die Fliesen an der Wand festhalten – das völlig marode Mainzer Schwimmbad inspiriert die Narren zu einer ganzen Menge Spott. „Die Stadt war einst besonders schlau, verpachtete den Schwimmbad-Bau“, reimen die Macher vom MCV dazu: „Der Pächter, ein gewiefter Hase, sparte sich ’ne goldne Nase./ Der ist nun weg und voller Schreck, macht den Dreck weg Günter Beck!“ Wer den Schaden hat, bekommt bekanntlich in der Fastnacht den Spott gleich kübelweise dazu…

Der trifft auch den Finther Kardinal Gerhard Ludwig Müller: Mit einem Grinsen schießt ihn Papst Franziskus per Rakete aus dem Vatikan zurück nach Mainz, war doch der Präfekt der Glaubenskongregation dem neuen Papst viel zu reaktionär. Baudezernentin Grosse wiederum hätte gerne den Erweiterungsbau am Mainzer Gutenbergmuseum – bekannt als „Bibelturm“ –ohne Aufsehen realisiert. Doch stapelweise Unterschriften für ein Bürgerbegehren drohen nun den Turm zu kippen, auf die wackelnde Dezernentin…

Info& auf Mainz&: Zu sehen sind die närrischen Motivwagen am 12. Februar ab 11.11 Uhr im Mainzer Rosenmontagszug und am Fastnachtssonntag beim „Tanz auf der LU“ – die ideale Gelegenheit, die dreidimensionalen Karikaturen in Ruhe und im Detail zu studieren. Und hier kommt unsere Fotogalerie zu den 13 närrischen Motivwagen des MCV:

 

 

 

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Landungsbrücke am Winterhafen wird am 7. Februar abmontiert – Zehn-Tonnen-Koloss geht in Wartung

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Das sieht man auch nicht alle Tage: Am heutigen Mittwoch, dem 7.2.2018, könnt Ihr am Mainzer Winterhafen eine Landungsbrücke auf Reisen gehen sehen. Das ist kein alltägliches Schauspiel, immerhin wird dabei eine der zwanzig Meter langen Verbindungsbrücken zwischen Rheinufer und Rheinschiffen abmontiert. Zehn Tonnen schwer ist der Stahlkoloss, die Brücke müsse zu Revisionszwecken zu einer Spezialfirma gebracht werden. Genau das soll nun am Mittwoch ab 13.00 Uhr geschehen – sofern das Wetter mitspielt. Derzeit geht der Wirtschaftsbetrieb allerdings davon aus, dass die Aktion stattfindet.

Landungsbrücke des Wirtschaftsbetriebs Mainz an der Theodor-Heuss-Brücke. So ein Steiger wird am Mittwoch am Winterhafen abmontiert. – Foto: Wirtschaftsbetrieb Mainz

Die Landungsbrücken sind das, was man gemeinhin als „Stege“ kennt, wobei diese Bezeichnung reichlich unzutreffend ist: Die auf Pontons im Wasser ruhenden Konstrukte sind Schwergewichte aus Stahl, einer dieser Steiger – so die Fachbezeichnung – wiegt allein zehn Tonnen. Rund 15 dieser Schiffsanlegestege für große Rhein-Personenschiffe gibt es entlang des Mainzer Rheinufers zwischen Winterhafen und Kaisertor, vier davon gehören dem Mainzer Wirtschaftsbetrieb. Und diese vier werden derzeit ertüchtigt und fit gemacht für größere Schiffe.

Der Hintergrund: Kreuzfahrten mit Ziel oder Zwischenstopp Mainz boomen, das hätten die Besucherzahlen der vergangenen Jahre gezeigt, heißt es beim WBM. Deshalb lässt der Wirtschaftsbetrieb seine Anlegestellen nun nach und nach umrüsten, damit auch größere Schiffe dort landen können. „Das heißt: Brücken und Pontons werden entsprechend aufgerüstet und die Fundamente vor Ort verstärkt“, teilte der Betrieb weiter mit.

Geprüft und bearbei­tet werde solch ein Stahl-Koloss aber nicht vor Ort, sondern bei einer Spezialfirma – und dafür muss der Steiger eben dorthin gebracht werden. Und das sei alles andere als ein Routinejob, heißt es weiter: Die Landungsbrücke am Winterhafen werde dazu per Lastkran auf einen Schwertranspor­ter gehoben, der dazugehörige Pon­ton über den Wasserweg abtransportiert. Wann der Steiger zurück an seinen Bestimmungsort kehrt, sagten die Wirtschaftsbetriebe nicht – aber wahrscheinlich zur kommenden Freiluft- und Schifffahrtssaison.

Die übrigen Landungsbrücken entlang des Rheinufers gehören übrigens Schifffahrtsgesellschaften wie der Köln Düsseldorfer, den Viking Rhein Cruises, der Gutenberg Schifffahrt oder der Primus Linie. Solltet Ihr übrigens mal eine der Landungsbrücken mieten wollen: Pro angefangene Stunde kostet die Miete beim Wirtschaftsbetrieb Mainz für Schiffe unter 100 Meter 230,- Euro, für Schiffe darüber 260,- Euro. Haben wir im Internet gefunden – Infos dazu gibt es hier.

Info& auf Mainz&: Das Schauspiel des Abbaus und Abtransports einer Landungsbrücke am Mainzer Winterhafen könnt Ihr am Mittwoch, 7. Februar 2018, ab 13.00 Uhr am Winterhafen verfolgen. Der Wirtschaftsbetrieb weist eigens darauf hin, dass sich der Termin auch kurzfristig verschieben kann – die Arbeiten seien äußerst kompliziert und von den Witterungsbedin­gungen und den aktuellen Gegebenheiten vor Ort abhängig.

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