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Tagesarchive: 22. März 2018

Neuer Ärger in Sachen Dieselfahrverbote? DUH identifiziert 67 neue Hot Spots mit zu hohen Werten – Budenheim und Stadecken-Elsheim dabei

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Mainz und seinem rheinhessischen Umland droht womöglich neuer Ärger in Sachen Diesel-Fahrverbote. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) veröffentlichte am Donnerstag neue Messungen in Sachen Stickoxide und teilte mit: Man habe deutschlandweit 67 neue Hot Spots identifiziert, an denen der derzeitige EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten werde. Betroffen davon: Budenheim bei Mainz und Stadecken-Elsheim in Rheinhessen. Man habe vom 1. Februar bis 1. März 2018 an 559 Messorten in Deutschland die Belastung der Atemluft durch Stickstoffdioxid mithilfe von Passivsammlern gemessen, heißt es bei der DUH weiter. Damit habe man mehr als doppelt so viele verkehrsnahe neue Messorte untersucht, wie das behördliche Messnetz insgesamt aufweise.

Dieselfahrzeuge in der Stadt verursachen weiter erhebliche Probleme in Sachen Stickoxiden, vor allem hier in der Mainzer Parcusstraße. – Foto: gik

„Die Ergebnisse zeigen eine erschreckend hohe NO2-Belastung der Atemluft“, betonte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. An 67 neuen Stellen seien die 40 Mikrogramm überschritten worden, an 181 Standorten seien zwischen 30 und 40 Mikrogramm gemessen worden, an 251 Standorte 20 bis 30 Mikrogramm. Nur an 60 Standorten hätten die NO2-Werte unter 20 Mikrogramm gelegen. Die DUH fordere die betroffenen Städte auf, umgehend wirksame Minderungsmaßnahmen einzuleiten – und die Bundesregierung, diese Orte dabei zu unterstützen.

Die DUH geht zudem davon aus, dass die realen Werte noch höher liegen: Wegen des starken Kälteeinbruchs im März liege der von den Passivsammlern ermittelte Wert etwa zehn Prozent unter dem tatsächlichen Wert, das hätten Referenzmessungen an den offiziellen Messstationen von Umweltbundesamt und einem Labor in der Schweiz ergeben. An 58 Messstellen, bei denen die NO2-Werte zwischen 35 und 40 Mikrogramm gelegen hätten, wolle man deshalb jetzt zeitnah Nachmessungen durchführen.

Damit könnten noch mehr Klagen der DUH gegen Städte und Gemeinden in Sachen Fahrverbote drohen. Von den 67 neuen Hot Spots der DUH sind in Rheinland-Pfalz außerdem Trier, Landau und Kaiserslautern betroffen, bisher hatten nach offiziellen Messergebnissen „nur“ Mainz, Koblenz und Ludwigshafen den Grenzwert von 40 Mikrogramm dauert überschritten.

Offizielle Messstelle der Luftüberwachung Rheinland-Pfalz in der Mainzer Parcusstraße. – Foto: gik

„Wir haben in Deutschland ganz offensichtlich ein flächendeckendes Problem mit giftigem Stickstoffdioxid in unserer Atemluft“, betonte Resch am Donnerstag. Ursache dafür seien vor allem die ungefilterten Abgase aus Dieselmotoren. Die neue Bundesregierung müsse ihre Hilfe auf alle Städte und Gemeinden ausdehnen, die unter gesundheitlich bedenklichen NO2-Werten litten, „und nicht nur die wenigen Dutzend Städte mit amtlichen Messpunkten finanziell unterstützen“, forderte Resch.

 

Die DUH habe gerade auch in kleinen und mittelgroßen Gemeinden gesundheitlich bedenkliche Werte und Grenzwertüberschreitungen gemessen, „die vergleichbar und im Einzelfall gar höher ausfallen als an bekannten Hot Spots der schmutzigen Metropolen Deutschlands.“ In den kleinen Städten gibt es vielfach gar keine Messstationen. „Kleinkinder, Asthmatiker, Lungenvorgeschädigte, Alte und Kranke werden hier buchstäblich im Dieseldunst alleingelassen“, kritisierte Resch. Die Behörden müssten nun überall handeln „und notfalls mit Diesel-Fahrverboten die ‚Saubere Luft‘ für ihre Bürger durchsetzen.“

Die DUH fordert zudem inzwischen die Senkung des Grenzwertes von 40 Mikrogramm auf 20 Mikrogramm, damit würden Städte und Gemeinden flächendeckend zu Stickoxid-Sündern werden. Aktuelle Studien verschiedener Behörden und von der Industrie unabhängiger Institute zeigten, dass bedenkliche Gesundheitsschäden bereits ab einer Belastung von 20 Mikrogramm aufträten, betonte Resch: „Besonders für Kinder, Schwangere sowie ältere Menschen ist diese Belastung gesundheitsgefährdend.“ Selbst die Schweiz habe mit 30 Mikrogramm bereits seit 1986 einen strengeren Luftqualitätswert als die EU.

Die neue interaktive Karte der Deutschen Umwelthilfe mit Messergebnissen zu Stickoxiden. – Screenshot: gik

Die Europäische Umweltagentur EEA habe in ihrem Jahresbericht über die Luftqualität in Europa schon im Herbst 2017 die gesundheitlichen Folgen der NO2-Verschmutzung allein in Deutschland auf jährlich 12.860 vorzeitige Todesfälle beziffert, betont die DUH weiter. Auch das Umweltbundesamt habe mit seiner am 8. März 2018 veröffentlichten Studie zu den Gesundheitsfolgen der NO2-Belastung unserer Atemluft davor gewarnt, dass schon bei Konzentrationen deutlich unterhalb des Grenzwertes jährlich über 800.000 Atemwegs-, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes sowie 6.000 vorzeitige Todesfälle zu verzeichnen seien.

Die DUH hat zudem eine neue Karte im Internet ins Leben gerufen, auf der sie eigenen Angaben zufolge alle öffentlich zugänglichen Messungen zum Thema einspeist: Messungen des Umweltbundesamt ebenso wie vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), der Rundfunkanstalten rbb und SWR sowie des Vereins Green City aus München. 1.111 Messstellen in 426 Städten und Gemeinden, so die Interpretation der DUH, zeigten dabei gesundheitlich bedenkliche NO2-Belastungen der Atemluft mit Werten von über 20 Mikrogramm. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm werde hier an 350 Messstellen in 121 Städten und Gemeinden überschritten.

Info& auf Mainz&: Die interaktive Karte haben wir uns natürlich gleich angeschaut, hier könnt Ihr sie einsehen. Sie scheint uns aber noch nicht aller oben vorgestellten Ergebnisse zu enthalten, vielleicht kommt das noch. Die Messstelle in Budenheim scheint an der großen Mülldeponie zu liegen. Zum Vergleich könnt Ihr die aktuellen Messstellen des Landesumweltamtes Rheinland-Pfalz samt stündlicher Messwerte hier auf http://www.luft-rlp.de/aktuell/stationswerte/stickstoffdioxid/index.php einsehen – übrigens auch für viele andere Stoffe wie Ozon und Feinstaub. Die komplette Meldung der DUH samt Tabellen zu den neuen Messungen seht Ihr hier im Internet. Wie sich die Messwerte zuletzt in Mainz entwickelten, und warum selbst Experten vom Landesumweltamt keine Entwarnung sehen, les Ihr hier bei Mainz&.

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„Wehret den Anfängen!“ – Das geistliche Testament von Kardinal Karl Lehmann im Wortlaut

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Sie fanden es am Morgen seines Todes im Tresor, geschrieben hat er es bereits 2009: Das geistliche Testament Kardinal Karl Lehmanns. Im Gegensatz zum weltlichen Testament, das den materiellen Besitz regelt, hinterlässt der Kardinal in seinem geistlichen Testament sein geistiges Vermächtnis. Und darin warnt der Kardinal vor den hässlichen Seiten der Menschen, vor „brutalem Denken und rücksichtslosem Machtstreben.“ Es ist ein Vermächtnis, wie es aktueller nicht sein könnte: Hass, Gewalt, Rücksichtslosigkeit in Worten und Taten, das waren die Dinge, unter denen der Kardinal im Alter regelrecht gelitten hat, wie er selbst schreibt. Sein Vermächtnis lautet denn auch: „Wehret den Anfängen!“ Stemmt Euch gegen „die Unheimlichkeit der Macht“, die Rücksichtslosigkeit, den Missbrauch. Bleibt Mensch. Mainz& dokumentiert das geistliche Testament von Kardinal Karl Lehmann im Wortlaut:

Portrait von Kardinal Karl Lehmann im Mainzer Dom während des Requiems für ihn, unten der Trauerzug mit seinem Sarg. – Foto: gik

Geistliches Testament von Kardinal Karl Lehmann

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Mein Testament als Bischof

Ich danke Gott für alle Gaben, besonders die Menschen, die er mir geschenkt hat, besonders auch meine Eltern, Lehrer und meine Heimat. Großen Dank schulde ich den vielen haupt- und ehrenamtlichen Schwestern und Brüdern, mit denen ich zusammenarbeiten durfte und die mich unterstützten.

Theologie und Kirche haben mein Leben in Atem gehalten. Ich würde wieder so wählen! Wir haben uns alle, gerade in der Zeit nach 1945, tief in die Welt und das Diesseits vergraben und verkrallt, auch in der Kirche. Dies gilt auch für mich. Ich bitte Gott und die Menschen um Vergebung. Die Erneuerung muß tief aus Glaube, Hoffnung und Liebe kommen. Deshalb rufe ich allen die Worte meines Wahlspruchs zu, die vom Heiligen Paulus stammen und mir immer wichtiger geworden sind: „Steht fest im Glauben!“

Ich grüße mit Dank und der Bitte um das Gebet für mich den Heiligen Vater, die Bischöfe, Priester und Diakone, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie alle Schwestern und Brüder in der Diözese Mainz, in meiner Heimat-Erzdiözese Freiburg i.Br. sowie alle Freunde in unserer Kirche und in der Ökumene und die Katholiken unseres Landes, für die ich gerne über 20 Jahre Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz gewesen bin. Es ging mir immer um die Einheit im Glauben in der Vielfalt unseres Lebens, ohne Scheuklappen und Uniformismus.

Dem Kapitel des Domes mit den Weihbischöfen überlasse ich die Gestaltung der Trauergottesdienste und der Beisetzung. Wir haben viele gute Bräuche!

Unter zwei Dingen habe ich immer wieder und immer mehr gelitten: Unsere Erde und weithin unser Leben sind in vielem wunderbar, schön und faszinierend, aber sie sind auch abgrundtief zwiespältig, zerstörerisch und schrecklich. Schließlich ist mir die Unheimlichkeit der Macht und wie der Mensch mit ihr umgeht, immer mehr aufgegangen. Das brutale Denken und rücksichtsloses Machtstreben gehören für mich zu den schärfsten Ausdrucksformen des Unglaubens und der Sünde. Wehret den Anfängen! Immer mehr habe ich das Jesuswort bei Lukas in den Ohren: „Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben vorfinden?“ Wählt einen guten Nachfolger! Betet für ihn und für mich! Auf Wiedersehen!

Mainz, 15. März 2009
+ Karl Kardinal Lehmann
Bischof von Mainz

Info& auf Mainz&: Unseren Bericht zur Beisetzung von Karl Kardinal Lehmann am 21. März im Mainzer Dom findet Ihr hier, unseren Nachruf auf einen außergewöhnlichen Menschen hier.

 

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