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Tagesarchive: 17. April 2018

Spionage-Teddy, Störsender in der Kamera, brennende Funksteckdose – Ausstellung „Spionagegeräte“ bei der Verbraucherzentrale zeigt gefährliche Produkte

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Der niedliche Teddy hat eine Kamera in der Nasenspitze, der Kopfhörer stört den Funk des Flugbetriebs und die Funksteckdose geht bei Überlastung in Flammen auf – „Von Spionagegeräten und gefährlichen Produkten“ heißt die Ausstellung, die am Montag in der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz eröffnet wurde. „Es ist eine kleine Horrorshow von Produkten, die harmlos aussehen, es aber nicht sind“, sagte der Vizepräsident der Bundesnetzagentur, Wilhelm Eschweiler, bei der Eröffnung in Mainz. In der Tat: Da geht die Funksteckdose in Flammen auf oder überhitzt die elektronische Haarbürste. Rund 460.000 solcher gefährlichen Produkte zog die Bundesetzzagentur im vergangenen jahr aus dem Verkehr, zu haben sind sie oft auf Flohmärkten oder im Internet. Die Experten warnen: solche Geräte sind gefährlich, wer sie wissentlich benutzt macht sich strafbar.

Spionagepuppe Cayla, eine Uhr, die Kinder abhören können und gefährliche Funkkopfhörer – eine Ausstellung in der Verbraucherzentrale klärt über gefährliche Produkte auf. – Foto: gik

Die Bonner Netzagentur ist nicht nur für Funknetze zuständig, sondern auch für deren Sicherheit – und dazu gehört auch das Aufspüren von Störsendern und störenden Geräten mit Funksendern sowie die Marktüberwachung im Bereich elektronischer Geräte. Über 100 Mitarbeiter seien in dem Bereich tätig, eine Abteilung fahnde gezielt im Internet nach fehlerhaften Produkten, sagte Eschweiler.

Spionage-Teddy im Kinderzimmer. – Foto: gik

Denn deren gibt es massenhaft: Da ist eine elektrische Haarbürste, die sich im Betrieb auf über 200 Grad erhitzt, eine Minikamera, die den Funkverkehr von Polizei und Rettungsdiensten lahm legt oder Rauchmelder mit eingebauten Mikrofonen. 460.000 gefährliche Produkte entfertnte die Bundesnetzagentur allein im Jahr 2017 aus dem Handel, rund 240.000 Produkten wurde mit Hilfe des Zolls gleich die Einreise verwehrt. „Dieser Trend der vergangenen Jahre hält an, viele kommen aus Fernost“, sagte Eschweiler. Vor allem gebe es eine Flut von unsicheren Geräten durch den schwer kontrollierbaren Onlinehandel.

Berühmt wurde etwa die Puppe Cayla, in der Mikrofon und Kamera getarnt verborgen waren, und die Gespräche aufzeichnen und über Wlan ins Internet versenden konnte. „Das ist für uns eine verbotene Sendeeinrichtung“, betont Eschweiler, „das ist ein Eingriff in die Privatsphäre.“ Solche Produkte seien als Spionagegeräte in Deutschland ebenso verboten, wie Smartwatches, die nicht nur Kinder jederzeit orten, können, sondern auch eingebaute Sprechvorrichtungen haben.

„Bei einer Uhr konnten die Eltern die Gespräche ihrer Kinder abhören, etwa mit dem Lehrer“, berichtet Matthias Geier von der Marktüberwachung der Bundesnetzagentur, „das würde von uns ja auch keiner wollen.“ Solche gefährlichen oder verbotenen Produkte können der Bundesnetzagentur jederzeit gemeldet werden. „Wir würden Sie dann bitten, das zu zerstören“, sagte seine Kollege Uwe Saalmann, dem Anbieter werde dann sofort ein Vertriebsverbot erteilt, Internetseiten bei Verstößen gesperrt.

Die Ausstellung „Gefährliche Produkte“ in der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. – Foto: gik

Generell raten die Experten, beim Kauf solcher Geräte auf das Qualitätszeichen „CE“ zu achten – allerdings in der korrekten Form. Es gebe aber auch gefälschte CE-Zeichen, „wir sprechen dann von ‚China Export'“, sagte Saalmann. Viele gefälschte und gefährliche Produkte fänden sich auch auf Flohmärkten, „dort finden wir regelmäßig Produkte, die wir vor einem Jahr aus dem Verkehr gezogen haben“, sagte Saalmann.

Wer selbst ein solches Produkt verwendet macht sich nicht unbedingt strafbar, solange er glaubhaft machen kann, dass er nichts von dem Fake wusste. Bei störenden Funkanlagen kann man aber schon mal Besuch von einem Prüf- und Messdienst der Bundesnetzagentur bekommen, wer sich quer stellt, muss mit einer Durchsuchung rechnen. Wer ein verbotenes gerät wissentlich weiter betreibe, mache sich strafbar, sagte Saalmann, es drohen Bußgelder von bis zu 100 Euro.

Info& auf Mainz&: Die Ausstellung „Spionagegeräte und gefährliche Produkte“ ist noch bis zum 27. April 2018 in den Räumen der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Seppel-Glückert-Passage 10 in Mainz zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 10.00 bis 15.00 Uhr, Donnerstag bis 19.00 Uhr. Der Eintritt ist frei. Für interessierte Gruppen bietet die Verbraucherzentrale auch Führungen an, zudem gibt es eine Reihe begleitende Vorträge: Mittwoch 18. und 25. April, jeweils um 15.00 Uhr gibt es den Vortrag „Spione im Kinderzimmer – vernetztes Spielzeug“. Am Mittwoch, 18. April um 17.00 Uhr, und Dienstag 24. April um 15.00 Uhr, geht es um das Thema „Vorsicht gefährlich! Schützen Sie sich vor illegalen Produkten.“ Die Verbraucherzentrale bittet um Anmeldung unter telekommunikation@vz-rlp.de oder telefonisch unter (06131) 28 48 28.

 

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„Hier ist Gefahr im Verzug“ – Große Mengen giftiger Ultrafeinstaub beim Frankfurter Flughafen in Raunheim gemessen – Experten schlagen Alarm

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Atmen Bewohner rund um den Flughafen jedes Jahr das Zigfache der Silvesterbelastung an Ultrafeinstaub ein? Ja, sagen Joachim Alt und Wolfgang Schwämmlein von der Initiative gegen Fluglärm in Mainz, und berufen sich auf Messungen des Landes Hessen: Die Werte seien exorbitant hoch, hier sei „Gefahr im Verzug“ – Bevölkerung und Mediziner müssten dringend gewarnt werden. Schwämmlein und Alt sind keine Unbekannten in der Materie Ultrafeinstaub: Schon 2015 hatten die beiden Ingenieure wochenlang eigene Messungen in Sachen Ultrafeinstaub rund um den Frankfurter Flughafen durchgeführt – und sie hatten damit die Politik aufgeschreckt. Seit Herbst 2015 wird nun an der offiziellen Messstation des Hessischen Landesamtes für Umwelt auch Ultrafeinstaub gemessen, nun erkämpften sich Alt und Schwämmlein den Blick in die ausführlichen Messergebnisse. Und was sie dort fanden, lässt sie nun Alarm schlagen: Ultrafeinstaubmengen von bis zu 100.000, ja sogar 500.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft. Mainz& liegen die ausführlichen Ergebnisse exklusiv vor, wir haben mit Alt und Schwämmlein gesprochen, und wir haben nachrecherchiert.

Joachim Alt und Wolfgang Schwämmlein mit ihren Auswertungen der Messergebnisse in Raunheim. – Foto: gik

Es war kurz vor Silvester, als Experten des Umweltbundesamtes vor wahren Feinstaub-Exzessen warnten: Ausgelöst durch Silvesterfeuerwerk würden rund 4000 Tonnen giftigen Feinstaubs freigesetzt, das seien 15 Prozent der Menge, die Autos und Lkw im ganzen Jahr erzeugen, warnten die Experten. „In Raunheim“, sagt Wolfgang Schwämmlein, „haben die Bewohner praktisch jeden zweiten Tag Silvester – und zwar in dreifacher Höhe und über Stunden hinweg.“

Das Problem mit Feinstaub kennen Wissenschaft und Medizin seit Jahren: Die winzigen Rußpartikel entstehen bei Verbrennungsprozessen, etwa durch Autoabgase, aber auch in der Industrie, sie können ins Lungengewebe eindringen und in die Bronchien – und dort heftige Entzündungen verursachen. Was aber Wissenschaft und Medizin erst jetzt so langsam zu entdecken beginnt, ist die Gefahr durch Ultrafeinstaub: Das sind ultrafeine Partikel, die kleiner als 100 Nanometer sind. Ultrafeine Partikel entstehen primär bei Verbrennungsprozessen im Verkehr und in der Industrie, aber auch in Triebwerken von Flugzeugen, und was hier heraus kommt ist 1000 mal kleiner als „normaler“ Feinstaub.

Weil die Staubteilchen auch ultraleicht sind, bleiben sie schwebend in der Luft – und können vom Menschen eingeatmet werden. Feinstaubpartikel werden in der Regel gewogen, für sie gibt es Grenzwerte und Gegenmaßnahmen. Ultrafeine Partikel aber können wegen ihres fehlenden Gewichts nicht gewogen werden, sie werden deshalb gezählt. Einen Grenzwert für ultrafeine Partikel gibt es nicht, ein üblicher Wert etwa durch Straßenverkehr liegt bei 10.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft.

Ultrafeinstaubbelastung in Raunheim im Jahr 2017 mit Flugbetrieb (rote Kurve) und ohne Anflugbetrieb (blaue Kurve). – Grafik: Alt/Schwämmlein

 

„Während des Landesanflugs über Raunheim lagen die hier gemessenen Konzentrationen an ultrafeinen Partikeln im Jahr 2017 selten unter 20.000 Partikeln pro Kubikzentimeter Luft, in Hochzeiten waren es sogar über 145.000 Partikel“, sagt Joachim Alt. Alt ist gelernter Nachrichtentechniker, gemeinsam mit Schwämmlein maß er bereits im Herbst 2015 deutlich erhöhte Konzentrationen von Ultrafeinstäuben rund um den Frankfurter Flughafen. Schwämmlein ist Diplom-Ingenieur und Werkstoffwissenschaftler, war lange in der Auftragsforschung tätig, unter anderem bei Asbeststudien für das Umweltbundesamt.

Nun haben die beiden Experten der Mainzer Initiative für Fluglärm die Messdaten aus Raunheim für das Jahr 2017 unter die Lupe genommen, detailliert und im Fünf-Sekunden-Protokoll. Die Ergebnisse schockierten sie: „Die Werte sind hoch erschreckend, da ist Gefahr im Verzuge“, warnt Alt: „Wir erreichen hier an ganz normalen Flugtagen Werte, die zweifach oder dreifach über der Silvesterbelastung liegen, und zwar über viele Stunden hinweg.“

Vergleich Anzahl der ultrafeinen Partikel (blaue Balken) mit den Flugbewegungen (rote Balken) in Raunheim im Jahr 2017. – Grafik: Alt/Schwämmlein

Zwischen 20.000 und 100.000 Partikel seien hier an der Tagesordnung, sagt Alt, das zeigten die offiziellen Messkurven. Zum Vergleich: In der ersten halben Stunde nach Silvester 2016/2017 registrierten die Messgeräte in Raunheim einen Mittelwert von rund 46.000 Partikeln pro Kubikzentimeter Luft. 568 Mal sei dieser Silvesterwert im Laufe des Jahres 2017 in Raunheim überschritten worden – und einzelne Spitzenwerte reichten sogar bis zu 500.000 Partikel, sagt Alt: „Ich bin sicher, wenn Menschen das Einatmen, dass das zu gesundheitlichen Folgen führt.“ Bereits ein einzelnes Partikel könne Auslöser von schwersten Krankheiten sein, „bei 500.000 Partikeln hat der Organismus sofort Stress“, sagt Alt.

Wissenschaftler bestätigen das: „Erhöhte Konzentrationen von ultrafeinen Partikeln, etwa im dichten Straßenverkehr, führten bereits nach fünf Minuten bei den Probanden zu einer veränderten Herzvariabilität“, schreibt Annette Peters, Leiterin des Forschungsbereichs Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum in München in einer Studie im Jahr 2015. Peters hat in den vergangenen Jahren mehrere Studien zur Wirkung von ultrafeinen Partikeln auf die menschliche Gesundheit durchgeführt, das Ergebnis: Ultrafeinstaub wirkt erheblich gefährlicher als bislang angenommen. Die Studien legten vor allem einen direkten Zusammenhang mit Herzinfarkten nahe, die Partikel veränderten die autonome Regulation der Herzfunktion, schreibt Peters in einer Studie im Jahr 2015. Ultrafeine Partikel gelangten direkt in die Blutbahn, sowohl eine kurzfristig erhöhte Konzentration als auch eine Langzeitexposition erhöhten das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzversagen.

Ultrafeinstaubbelastung am 1. Januar 2017 in Raunheim. – Grafik: Alt/Schwämmlein

 

Auch Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem wurden in Studien festgestellt, Mediziner vermuten gar einen Zusammenhang mit Diabetes und eventuell sogar Alzheimer.Dass Feinstaub Gift für Bronchien und Lungenbläschen ist, Ultrafeinstaub hingegen sogar bis ins Lungengewebe und in den Blutkreislauf gelangt, weiß man auch beim Umweltbundesamt. Die Folgen: Schleimhautreizungen, lokale Entzündungen in der Luftröhre, den Bronchien oder den Lungen und sogar Herzinfarkt durch Arterienverstopfung. Doch bisher sah man als Hauptverursacher für den giftigen Feinstaub den Autoverkehr, dass es einen Zusammenhang mit Flugzeugen geben könnte, wird seit Jahren vom Flughafen-Betreiber Fraport und dem Landesamt für Umwelt in Hessen in Zweifel gezogen: Das sei nicht bewiesen, heißt es dort

Warum also sollte der Flugverkehr die Ursache für die Raunheimer Werte sein? Die Messstation liegt direkt am Hallenbad, in 400 Metern Höhe überqueren hier die Flieger beim Landeanflug den Ort. „Das ist eine schlichte Wohngegend mit wenig Anwohnerverkehr“, sagt Schwämmlein: „Es gibt hier keinen anderen Verursacher, der morgens um 5.00 Uhr den Betrieb aufnimmt.“ Denn morgens, mit Beginn des Flugbetriebs „gehen die Werte schlagartig hoch, mit Drehung der Abflugrichtung sinken sie sofort“, sagt Alt.

Flugzeuge gefährden Ihre Lungen und Bronchien…. so sieht es jedenfalls die Initiative für Fluglärm in Mainz – deren Grafik das hier ist.

Die beiden Ingenieure nahmen schlicht die offiziellen Messdaten aus Raunheim und legten sie mit offiziellen Flugdaten für dieselben Tage übereinander – für das ganze Jahr 2017. Das Ergebnis: In dem Augenblick, wo Flugzeuge ihren Landeanflug über Raunheim begannen, änderte sich das Bild der Kurven schlagartig. Die Anzahl der ultrafeinen Partikel stieg an, wenn Fluglärm war, und sie sank, wenn die Flieger ausblieben. „Der unmittelbare Vergleich zwischen Flugbetrieb und nicht Flugbetrieb zeigt einen deutlichen Unterschied“, sagt Alt ganz nüchtern

Und die Belastung halte genau während der neunzehn Stunden währenden Betriebszeit auf dem Flughafen an. „Es gibt immer eine deutliche Korrelation zum Flugbetrieb“, ergänzt Schwämmlein. An anderen Flughäfen wisse man zudem um den Zusammenhang: In Zürich wird etwa seit Jahren Ultrafeinstaub gemessen – als Ergebnis des Flugverkehrs. Und die Ergebnisse aus Frankfurt könnten auch andere Flughäfen betreffen: am 17. April findet genau zum Thema Ultrafeinstaub im Umfeld von Großflughäfen eine Workshop des Umweltbundesamtes in Bonn statt – auf der Grundlage der Frankfurter Messungen.

Das Landesumweltamt Hessen sieht indes bisher keine Gefahr und spricht von ganzen 16.700 Partikeln pro Kubikzentimeter Luft. „Das Landesamt für Umwelt bildet Jahresmittelwerte“, sagt Schwämmlein, dabei würden Tage mit Flugbelastung und Tage ohne Flugbelastung einfach gegengerechnet. „Die Konsequenzen für den Menschen aber liegen im Minutenbereich“, sagt er, „was macht dann ein Jahresmittelwert für einen Sinn?“

Alt und Schwämmlein 2015 mit den Ergebnissen ihrer damaligen Messungen zu Ultrafeinstaub in Mainz-Hechtsheim. – Foto: gik

 

Experten behaupteten zudem gerne, dass Ultrafeinstäube nicht am Boden ankämen, weil sie so leicht seien, beim Flugverkehr treffe das aber nicht zu, sagt Alt. Der Grund: Wirbelschleppen. Die Luftwirbel, die hinter jedem Flugzeug entstehen, wirbelten auch die Abgase aus den Flugzeugtriebwerken nach unten. „Das ist wie eine Ventilator unter der Decke“, sagt Alt und lasse sich durch die Messwerte nachweisen: „Die hohen Spitzen, das müssen die Wirbelschleppen sein.“ In Einflugschneisen sei der Effekt besonders hoch – wie eben in Raunheim

Schwämmlein und Alt fordern nun, die Politik dürfe das Problem nicht länger herunterspielen, die Menschen in den Einflugschneisen des Flughafens müssten aufgeklärt, Mediziner über die Werte informiert werden. Es brauche weitere Studien, und es müsse untersucht werden, ob es einen Zusammenhang mit Erkrankungen von Herz und Bronchien im Bereich von Anflugrouten gebe. Wenn Behörden schon vor Belastungen von 46.000 Partikeln warnten, dann seien Messwerte von 100.000 Partikeln „eine Riesendimension“, sagt Schwämmlein: „Das muss zum sofortigen Handeln zwingen.“

Info& auf Mainz&: Die gesamten Ergebnisse der Untersuchung von Alt und Schwämmlein könnt Ihr auch noch einmal nachlesen – bei der Initiative gegen Fluglärm in Mainz, genau hier. Alt und Schwämmlein haben ihre Ergebnisse auch in Kurzform zusammengefasst, das pdf dazu öffnet sich, wenn Ihr hier klickt. Auch ein Faltblatt zum Thema Lunge und Feinstaub gibt es hier zum Download. Wir wollen übrigens beileibe keine Panik verbreiten, aber wir halten die Messergebnisse in Raunheim für so gravierend, dass wir glauben: hier muss dringend aufgeklärt und gehandelt werden. Unseren Artikel von 2015 BI misst hohen Ultrafeinstaub am Flughafen findet Ihr hier. Die täglichen Messwerte für Ultrafeinstaub in Raunheim – und viele andere Messergebnisse – könnt Ihr Euch auch direkt ansehen: hier geht es zur Raunheimer Messstation mit den aktuellen Messwerten. Einfach in der Liste rechts „ultrafeine Partikel“ anklicken, dann öffnet sich ein eigenes Fenster mit den aktuellen Kurven. Geht zum Beispiel mal zurück auf den 30.3.2018 – da reichten die Werte bis knapp 65.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft. Die aktuellen Flugspuren des jeweiligen Tages könnt Ihr wiederum beim Deutschen Fluglärmdienst nachschauen.

 

 

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„Die Vernunft hat gesiegt, Bauruine verhindert“ – Wie Mainz auf den Bürgerentscheid zum Bibelturm reagiert – Kritik an Fehlplanungen und mangelnder Bürgernähe

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Der Tag eins nach dem Bürgerentscheid war von zwei Dingen geprägt: Wundern und Reagieren. Das Staunen über das Ergebnis des ersten Bürgerentscheids in der Geschichte der Landeshauptstadt Mainz hielt an: 77,3 Prozent gegen den Bibelturm waren beinahe schon eine Sensation. Nicht einmal die Bürgerinitiative Gutenberg Museum, die mit ihrer Unterschriftensammlung den Bürgerentscheid ausgelöst hatte, hatte mit so viel Ablehnung des Turms gerechnet. Viele Mainzer reagierten in den sozialen Netzwerken erleichtert: „Die Vernunft hat gesiegt“, schrieb einer, „Bauruine verhindert“, ein anderer. Gleichzeitig wurde auch heftige Kritik an Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) laut – und viele beschäftigten sich mit dem Warum des Ergebnisses. Doch der Blick geht auch nach vorne: Ab heute beginnt die Arbeit für ein neues Gutenberg Museum der Zukunft. Die Mainz&-Analyse.

Vorläufiges Endergebnis des Bürgerentscheids zum Bibelturm am Gutenberg-Museum. – Foto: gik

Mit überwältigender Mehrheit hatten die Mainzer am Sonntag dem modernen Bibelturm auf dem Liebfrauenplatz in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dom eine Absage erteilt: 64.218 Mainzer gaben ihre Stimme beim ersten Bürgerentscheid der Stadt ab, davon 26.308 per Briefwahl. Ungültig waren davon lediglich 249. Bei einer Einwohnerzahl von rund 210.000 Menschen und rund 161.213 Wahlberechtigten entsprach das einer Wahlbeteiligung von 40 Prozent. Für ein Bürgerbegehren, das zudem an keine andere Wahl geknüpft war, gilt das als durchaus hoher Wert, viele Begehren scheitern an der Beteiligungshürde.

Am Ende stimmten 49.663 Mainzer gegen den Turm, nur 14.555 dafür – das entsprach einem Verhältnis von 77,3 Prozent Nein und 22,7 Prozent Ja. Um dem Bürgerbegehren Gültigkeit zu verleihen, mussten sich mindestens 24.182 Wahlberechtigte entweder für Ja oder für Nein entscheiden, das wurde locker übertroffen. Die Ablehnung ging zudem quer durch das gesamte Stadtgebiet: die niedrigste Ablehnungsquote gab es mit 73,3 Prozent in Drais, die höchste mit 82,3 Prozent in Weisenau – hier ist der Gründer der Bürgerinitiative Gutenberg Museum, Thomas Mann, zu Hause.

Detailergebnisse Bürgerentscheid Bibelturm nach Stadtteilen. – Foto: gik

 

Die absolut meisten Stimmen gegen den Turm wurden mit 5.744 Stimmen in Gonsenheim gezählt, die höchste Zustimmung bekam der Turm in Drais mit 26,7 Prozent Ja-Stimmen. In der Altstadt, dessen Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne) ebenso vehement für den Turm geworben hatte wie die Stadtspitze, entschieden sich 79,5 Prozent gegen den Turm (4.825 Stimmen) und nur 20,5 Prozent für den Turm (1.246 Stimmen). „Das Ergebnis ist zu respektieren, dieser Turm wird so nicht gebaut“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) an Abend in einer Videobotschaft auf Facebook.

77 Prozent gegen den Bibelturm – von politischen Beobachtern wurde das als „Klatsch“, „Ohrfeige“ und als „Versagen“ der politischen Verantwortlichen gewertet. „Wenn fast 80 Prozent der Bürger gegen eine Entscheidung der Politik stimmen, was ist da schief gelaufen?“, formulierte es der Sprecher der Bürgerinitiative Gutenberg Museum, Nino Haase: „Hier wurde offenbar an den Bürgern vorbei geplant.“

Gründe für das Nein: Bedürfnis nach Platz, Grün und urbanem Leben

Die Gründe für das Nein der Mainzer waren ausgesprochen vielfältig: zu moderne Ästhetik und Architektur am falschen Ort, zu geringer Nutzen und ein mangelhaftes Finanzkonzept gehörten zu den am häufigsten genannten Gründen der Kritiker. Viele Mainzer lehnten den 20,50 Meter hohen Turm schon wegen seiner Ästhetik als hässlich, kalt und abweisend ab, als „Klotz“, und „Monstrum“, das zudem keinerlei Fenster und Türen aufweisen sollte. Die moderne Architektur sei ja nicht schlecht, aber doch bitte nicht an dieser Stelle, sagten andere Kritiker. Der moderne Turm wäre in unmittelbarer Nähe des Mainzer Doms entstanden – und es war auch diese Nähe, die den Mainzern sauer aufstieß.

Trutzbau, Fremdkörper, Platzverschandelung – so empfanden viele Mainzer den geplanten Bibelturm. – Foto: DFZ Architekten

Der moderne Bau würde das historisch gewachsene Ensemble des Liebfrauenplatzes zerstören und den Mainzern einen wichtigen urbanen Raum nehmen, lautete eine weit verbreitete Kritik. Da half es auch nichts, dass die Stadt darauf verwies, dass die Fläche für den Bibelturm explizit als Erweiterungsfläche in den Bauplänen vorgesehen ist. Direkt neben dem für die Mainzer geliebten Dom empfanden viele den modernen Bau als unangebrachten Fremdkörper.

„Der in sich gekehrte Trutzbau zielt in seiner Selbstbezogenheit nur auf Selbstwirkung und trägt in keiner Weise zu irgendeiner Art von Aufenthaltsqualität in seinem Umfeld bei“, kommentierte etwa die ÖDP-Stadrätin Ingrid Pannenhorst, selbst Architektin, den Bau auf Mainz&. Der Turm schaffe eine enge, lichtlose Passage zum Römischen Kaiser, aber keinerlei Verweilqualität. „Bauen an einem zentralen Platz wie dem Liebfrauenplatz sollte grundsätzlich vom Platz her und als Teil eines Ensembles gedacht und entwickelt werden“, sagte Pannhorst weiter, und konstatiert: „In Mainz fehlt es gerade für das Herz der Stadt an kreativem und visionärem Denken, das vom Grundsatz her mit der Freiraumplanung beginnt.“

Die Freiraumplanung, damit war schlicht der Platz, der offene urbane Raum gemeint – und der liegt, so zeigte sich im „Wahlkampf“ zum Bürgerentscheid, den Mainzer stark am Herzen. Mit Stiefmütterchenbeeten hatte das nichts zu tun, wohl aber mit einer Stadt, die in den vergangenen Jahren einen enormen Bauboom erlebt – auf Kosten des Grüns. Stadtplaner mahnen seit Jahren die Stadtverwaltung, mehr grüne Aufenthaltsräume zu schaffen. Stattdessen wird im Zuge des Bemühens, Wohnraum zu schaffen, gefühlt jede noch vorhandene Lücke mit hohen Betonbauten gefüllt – so etwa der Mainzer Zollhafen. Aufenthaltsflächen für die Bevölkerung entstanden dabei aber nicht, trotz früherer Versprechungen, ein neues „Stadtquartier am Rhein“ zu schaffen.

Bausünden, Luxuswohnungen, marode Infrastruktur, Bürgerbeschimpfungen spielten Rolle

Stattdessen entstanden Apartments für die gehobenen Geldbeutel, das Ergebnis war allzuoft ein Verdrängungswettbewerb, in dessen Zuge die neuen reichen Mieter grillende oder feiernde Mainzer vor dem Haus vertrieben. Statt aber neue Flächen für Aufenthalt und Genuss zu schaffen, erließ die Stadt Grillverbote auf der Rheinpromenade vor der Neustadt, die Zonen, in denen noch gefeiert werden darf, beschränken sich auf die sehr spartanischen Hochbeete vor dem Schloss und den Winterhafen. So wurde das Marktfrühstück zum Mega-Anziehungspunkt, und dass ausgerechnet dort jetzt weitere Grünzonen in der Innenstadt fallen sollten, stieß den Mainzer ausgesprochen übel auf.

Die von einem italienischen Stararchitekten gestaltete Rückseite der Markthäuser gilt in Mainz vielen als Paradebeispiel für verfehlte moderne Architektur, die keine Aufenthaltsqualität schafft. – Foto: gik

Auch andere Bausünden der Vergangenheit wurden spielten auf einmal ein Rolle: der moderne Aufsatz auf dem Mainzer Staatstheater, von den Mainzern bis heute als „Salatschüssel“ geschmäht, oder die von einem italienischen Stararchitekten gestalteten Markthäuser, die bis heute zum Großteil leer stehen. Das Ergebnis des Bürgerentscheids sei doch in erster Linie „eine Absage an die arrogante Politik, Bürger bei wichtigen baulichen Veränderungen in der Innenstadt nicht nur außen vor zu lassen, sondern ihnen auch noch die Kompetenz abzusprechen“, Bauprojekte zu beurteilen, schrieb denn auch ein Mainzer auf Facebook: „So etwas rächt sich irgendwann.“ Dass Kritiker des Turms bis zuletzt als rückständige Kulturbanausen geschmäht und Bürger als „zu dumm für so eine Entscheidung“ beschimpft wurden, half auch nicht gerade, Akzeptanz für den Turm zu schaffen.

Die Stadt solle lieber ihre marode Infrastruktur wie das Rathaus sanieren, bevor man sich so einen Prestigebau leiste, lautete deshalb eine weitere Argumentationslinie. Viele Mainzer verwiesen auf marode Schulen, in denen jahrelang nichts passiert sei, und schlecht ausgestattete Kindergärten. Dass die rund fünf Millionen Euro für den Bibelturm zweckgebunden sind, interessierte da nicht: Wer so hoch verschuldet sei wie die Stadt, dürfe einfach nicht eine neue, unkalkulierbare Prestigebaustelle aufmachen, lautete prompt das Gegenargument. „Bauruine verhindert“, kommentierte erleichtert ein Bürger auf der Facebookseite der Stadt Mainz das Ergebnis des Bürgerentscheids – viele hielten den Bibelturm weder für seriös finanziert, noch für die zur Verfügung stehende Summe für realisierbar.

Initiative Mainz für Gutenberg: „Das Misstrauen hat gewonnen“, Kritik an Stadtspitze Luft gemacht

Auch die Pro-Turm Bürgerinitiative „Mainz für Gutenberg“ kritisierte am Sonntag, in der Stadt habe „das Misstrauen“ gewonnen. „An diesen Bibelturm ist alles gehängt worden, was die Mainzer an Kritik an der Stadtpolitik haben“, sagte Sprecher, Henning von Vieregge, „und ich sage Ihnen, jeder Mainzer hatte drei Punkte.“ Politik müsse Bürger vereinen und mit ihnen reden, wetterte Vieregge, das aber sei in Mainz überhaupt nicht geschehen: „Hat die Stadt Pläne entwickelt, bevor sie beschlossen hat, das Marktfrühstück und den Bibelturm dorthin zu legen? Hat man miteinander geredet? Nein!“

Nun stellt sich die Aufgabe, den Schellbau des Gutenberg-Museums zu sanieren, neu. – Foto: gik

Vieregge nahm speziell Oberbürgermeister Ebling in die Kritik, der Stadtchef sei in den Wochen vor dem Entscheid „abgetaucht“, wetterte er – er war nicht der einzige. Sauer stieß vielen auch auf, dass Ebling vor dem Bürgerentscheid öffentlich verkündet hatte, die Stadt habe „keinen Plan B“. Vor dem Bürgerentscheid hatte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) noch gedroht, ein Nein zum Turm bedeute jahrelangen Stillstand und auf keinen Fall eine große Lösung. Gleichzeitig hatte die Dezernentin auch angekündigt, bei einem Nein mit den übrigen Millionen das Haupthaus des Museums zu sanieren und zu ertüchtigen – genau dafür waren die fünf Millionen Euro auch gedacht.

Reaktionen: „Chance vertan“ bei Befürwortern – und Absage an Stillstand

Die Mainzer SPD teilte mit, man bedauere das Ergebnis und habe „aus fester Überzeugung für eine andere Entscheidung geworben“, sagte der Mainzer SPD-Vorsitzende Marc Bleicher. „Der Bibelturm hätte dem Gutenbergmuseum die Perspektiven eröffnet, die es in unserer Zeit gebraucht hätte“, sagte Bleicher, nun aber gelte es aber, „nach vorne blicken und in Politik und Bürgerschaft nach einer neuen Zukunft für das Museum suchen.“ Dies werde „ein langer, komplizierter Weg.“

Diese grüne Oase auf dem Liebfrauenplatz bleibt den Mainzern nun (erst einmal) erhalten. – Foto: gik

Brian Huck, grüner Ortsvorsteher der Altstadt, sagte am Wahlabend gegenüber Mainz&, das Bürgerbegehren sei zu spät gekommen, eine längere Diskussionsphase „hätte dem Turm zu mehr Akzeptanz verholfen.“ Die BI Gutenberg Museum hatte bereits im April 2016 eine Befragung der Mainzer gefordert, die Stadtspitze hatte das aber strikt abgelehnt. Von FDP und Grünen-Ratsfraktion erreichte uns bislang keine Stellungnahme zum Bibelturm. Die AfD freute sich über das Wählervotum und forderte, nun auch die Entscheidung über die Rathaussanierung „in die Hände der Bürger“ zu legen. Das hatte der Stadtrat jüngst allerdings abgelehnt.

„Die ganz große Koalition aus CDU, SPD, Grünen und FDP hat eine derbe Niederlage kassieren müssen“, sagte der Kreischef der Linken, Tupac Orellana: „Das wackelige Konzept der Museumserweiterung und die Hau-Ruck-Mentalität der Stadtverwaltung haben die Bürger nicht überzeugt.“ Es bleibe nun „zu hoffen, dass die Stadtverwaltung jetzt nicht in eine Schockstarre verfällt und von größeren Projekten, aus Angst vor weiteren Niederlagen, absieht“, mahnte Orellana. Mainz brauche dringend ambitionierte Vorstöße beim Wohnbau, bei der Kinderbetreuung, bei maroden Schulen, bei der Mobilitätswende und bei vielem mehr. Man müsse sich gleichzeitig „gut überlegen, wie man alle Mainzer mitnehmen kann.“

Aus Sicht der Gutenberg Stiftung wurde „eine große Chance vertan“: „Seit langer Zeit gab es das erste Mal ein schlüssiges Konzept, das dem Gutenberg-Museum erlaubt hätte, dem Anspruch ‚Weltmuseum der Druckkunst‘ zu sein gerecht zu werden“, sagte der Stiftungsvorsitzende Andreas Barner, nun sei die Umsetzung und Weiterentwicklung des Museums „auf absehbare Zeit unmöglich geworden.“

Das aber ist alles andere als sicher, entstand durch die intensive Diskussion rund um den Bürgerentscheid eine ganz neue Bürgerenergie – zugunsten des Museums. „Ich weiß aus den Gesprächen mit beiden Bürgerinitiativen, alle wollen, dass wir das Gutenberg Museum stärken“, sagte Ebling persönlich. Genau das kündigten alle Seiten schon am Sonntagabend an: Das Ergebnis dürfe jetzt „nicht Stillstand bedeuten“, sagte der Sprecher der BI „Mainz für Gutenberg“, Johannes Strugalla, und kündigte an: „Wir sind bereit, daran mitzuarbeiten.“

BI Gutenberg Museum: Entstandenes Momentum fürs Museum weiter nutzen

Der in die Jahre gekommene Schellbau des Gutenberg-Museums muss ertüchtigt, der Brandschutz neu geregelt werden. – Foto: gik

„Wir haben das Gutenberg Museum extrem in den Mittelpunkt gerückt, wenn wir dieses Momentum weiter nutzen, kann das dem Museum nur Gutes bringen“, sagte auch der Sprecher der Gegen-BI, Nino Haase: „Wir helfen da gerne mit.“ Am Montag schrieb die BI Gutenberg Museum auf ihrer Facebookseite in einer Stellungnahme, man sei sich seiner Verantwortung bewusst und wolle dieser sehr gerecht werden. „Es ist für uns selbstverständlich, dass wir uns weiter einbringen werden“, heißt es da, es gebe viele Ideen, „und wir sind auf alle Fälle sehr offen und freuen uns auf eine Zusammenarbeit“ mit Stadt, Museum und Stiftung.

Auch der ÖDP-Vorsitzende Claudius Moseler, ein Bibelturm-Gegner, mahnte, jetzt die Chance für eine „lösungsorientierte Zusammenarbeiten aller Seiten“ zu nutzen, „denn eine innovative Modernisierung des Gutenbergmuseums war und bleibt Konsens in Mainz.“ Der Bürgerentscheid sei „ein sinnvolles und wirksames Mittel“ der demokratischen Korrektur gewesen, das Ergebnis habe ja gezeigt, wie wichtig die Befragung der Bürger gewesen sei. „Die Lehre die daraus gezogen werden sollte, wäre die Bürger im Vorfeld besser einzubeziehen und Begegnungen auf Augenhöhe stattfinden zu lassen“, mahnte Moseler.

„Die Mainzer rücken die Machtverhältnisse in der Stadt ins rechte Licht und erteilen der Gutsherrenart ihres Oberbürgermeisters und der Stadtverwaltung eine deutliche Abmahnung“, sagte der Vorsitzende der Freien Wähler, Kurt Mehler: „Wir hoffen sehr, dass Oberbürgermeister Ebling und Baudezernentin Grosse nun Courage zeigen und die richtigen Lehren aus diesem Ergebnis ziehen. Unsere Bürger wollen mitbestimmen und lassen sich den Mund nicht verbieten“, betonte Mehler. Die Freien Wähler forderten zudem, es müsse in Zukunft mehr Bürgerentscheide insbesondere zu Bauprojekten geben, „die in der Vergangenheit immer öfter zu Widerspruch der Bevölkerung führten.“

CDU: Auch über Trägerschaft des Museums reden – Ebling kündigt neues Konzept an

Am Ende setzte sich der Wille der Bürger durch – wie hier bei der Unterschriftenübergabe der BI Gutenberg Museum an OB Ebling und Dezernentin Grosse. – Foto: gik

Von der größten Oppositionsfraktion im Mainzer Stadtrat, der CDU, hieß es hingegen lediglich, das Ergebnis des Bürgerentscheids sei „sehr eindeutig und muss dementsprechend ernst genommen werden.“ Es gelte jetzt, die Bürgerinitiativen an einen Tisch zu bringen und gemeinsam an einem Zukunftskonzept für das Gutenberg-Museum zu arbeiten, betonten Kreischefin Sabine Flegel und Fraktionschef Hannsgeorg Schönig. Die neuen Überlegungen müssten nun „ergebnisoffen sein und dürfen in keinem Fall durch Vorfestlegungen eingeengt werden“, auch über die Trägerschaft des Museums müsse geredet werden.

Die CDU war in der Frage des Bibelturms gespalten: Während die Ratsfraktion mehrheitlich dem Bau zugestimmt hatte, hatte sich die Altstadt-CDU klar gegen den Turm ausgesprochen. Der Mainzer Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner, selbst Architekt und Turm-Kritiker, twitterte noch am Wahlabend: „Gut für Mainz. Gut für Gutenberg. – Und jetzt reden wir über die Sammlung + ihren Erhalt, über Forschung + Ausstellungskonzept – und über Geld – und danach über architektonische Verpackung.“ – „Jetzt muss eine neue Konzeption mit Bund und Land für ein wirkliches Weltmuseum der Druckkunst her“, reagierte auch der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Gerster, und bot erneut seine Expertise und Mithilfe dabei an. Nun sei der Weg frei für urbanes Leben auf dem Liebfrauenplatz und gleichzeitig ein neues Weltmuseum der Druckkunst.

Und auch Ebling noch am Abend des Bürgerentscheids Videobotschaft, „die Aufgabe, die morgen beginnen muss“ sei, das Gutenberg Museum zu erneuern und baulich zu ertüchtigen. Die Stadt werde „natürlich eine neue Planung anstoßen“ und diese im Vorfeld „vielleicht so ausführlich zu diskutieren, dass uns das nicht noch einmal passiert“, erklärte der Oberbürgermeister am Montagabend im SWR-Fernsehen. „Das Museum der Zukunft“, sagte Ebling schon am Sonntagabend, „wird die Unterstützung von Bund und Land brauchen.“

Info& auf Mainz&: Zu unserem Bericht vom Wahlabend und den ersten Reaktionen auf den Bürgerentscheid geht es hier entlang. Ein Interview über den Sinn von Bürgerbegehren und mehr Bürgerbeteiligung mit der Omnibus-Initiative für Direkte Demokratie lest Ihr hier bei Mainz&.

 

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