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Tagesarchive: 7. Juni 2018

Mord an 14-Jähriger erschüttert Mainz – Susanna fiel einem Sexualverbrechen zum Opfer – Tatverdächtiger Iraker setzte sich mit Familie ab

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Mainz ist geschockt: Eine 14 Jahre alte Schülerin aus Mainz ist Opfer eines brutalen Sexualverbrechens geworden. Die Polizei Wiesbaden gab am Donnerstag offiziell den Fund ihrer Leiche bekannt. Die 14 Jahre alte Susanna F. war seit 22. Mai als vermisst gemeldet und zuletzt in Wiesbaden gesehen worden. Dringend tatverdächtigt ist ein 20 Jahre alter Flüchtling aus dem Irak, der sich inzwischen mit seiner gesamten achtköpfigen Familie in den Irak abgesetzt haben soll. Ali Bashar soll Susanna in einem Feld bei Wiesbaden-Erbenheim vergewaltigt und anschließend getötet haben. Die Polizei gab inzwischen eine internationale Fahndung nach dem Mann heraus und bittet weiter um Hinweise aus der Bevölkerung. Dringend tatverdächtigt war zunächst auch ein 35 Jahre alter Türke, der Mittwochabend festgenommen, am Donnerstagabend aber überraschend wieder frei gelassen wurde. Der Fall wirft erneut erhebliche Fragen bei der Überprüfung von Asylsuchenden in Deutschland auf und stößt mitten in den Skandal um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Die Polizei Wiesbaden sucht diesen Mann, den 20 Jahre alten Ali Bashar aus dem Irak, als dringend Tatverdächtigen im Fall der ermordeten Susanna aus Mainz. Jegliche Hinweise zu ihm seit dem 20. Mai sind willkommen. – Foto: Polizei Wiesbaden

Die 14 Jahre alte Susanna aus Mainz-Lerchenberg war zuletzt am 22. Mai in der Wiesbadener Innenstadt gesehen worden, am Abend aber nicht wie verabredet nach Hause gekommen. Am 23. Mai meldete ihre Mutter sie als vermisst, bei der Mainzer Polizei. Am Mittwoch fand die Wiesbadener Polizei eine Leiche an der Bahnlinie in Wiesbaden-Erbenheim, am Donnerstag gab sie auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden bekannt: DNA-Untersuchungen hätten zweifelsfrei ergeben, dass es sich um die Leiche von Susanna F. handele. Dringend tatverdächtigt ist nun Ali Bashar, ein 20 Jahre alter irakischer Staatsangehöriger, der seit Oktober 2015 als Flüchtling in Deutschland lebte. Den Hinweis auf den Täter gab ein 13 Jahre alter Junge, der gemeinsam mit Bashar in einem Flüchtlingsheim in Wiesbaden lebte.

Der Junge sei am Sonntagabend zur Polizei gekommen und habe berichtet, Bashar habe ihm selbst von der Vergewaltigung und auch von der Tötung erzählt, berichtete  der Wiesbadener Polizeipräsident Stefan Müller. Von Montag bis Mittwoch suchte die Polizei mit Hubschrauber, Hunden und rund 300 Beamten intensiv nach der Leiche, die schließlich an der Bahnstrecke bei Wiesbaden Erbenheim in der Gemarkung „Kalkofen“ gefunden wurde. Der Körper sei mit Gräsern und Holz bedeckt gewesen, sagte Müller.

Susanna habe offenbar den Bruder des verdächtigten Irakers gekannt und sich mit ihm „eine Beziehung vorstellen“ können, sagte der Polizeipräsident weiter. Der Mann habe aber eine Beziehung abgelehnt. Auf diese Weise, so die Rekonstruktion der Polizei weiter, sei aber der Kontakt zu dem 20-jährigen Ali Bashar zustande gekommen. Schon am Abend des 22. Mai soll dann die grausame Tat geschehen sein: Bashar habe Susanna in einem Feld bei Erbenheim vergewaltigt und anschließend getötet, um die Tat zu vertuschen. Gestorben sei die 14-Jährige „durch Gewalteinwirkungen am Hals“, hieß es weiter. Danach sei die Leiche an den späteren Fundort gebracht worden. Müller sprach von einer „besonders abscheulichen“ Tat.

Der Fall kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhebliche Mängel und Versäumnisse bei der Bearbeitung von Asylfällen bekannt werden. Brisant ist deshalb auch, dass der verdächtigte Iraker nach bisherigen Erkenntnissen im Oktober 2015 als Flüchtling aus dem Irak einreiste und hier Asyl beantragte, das aber Ende 2016 abgelehnt wurde. Der Mann klagte gegen die Entscheidung und hatte deshalb ein offizielles Aufenthaltsrecht. Bashar habe angegeben, von kurden im Irak mit Verfolgung und Folter bedroht zu werden, sagte die Polizei weiter.

Vergangenen Donnerstagabend, so die Polizei weiter, sei Bashar überhastet aus der Wiesbadener Unterkunft abgereist und am Samstagabend von Düsseldorf aus in die Türkei geflogen – und zwar gemeinsam mit seiner kompletten, achtköpfigen Familie. Die Tickets für eine Maschine um 19.10 Uhr seien bar bezahlt worden und hätten für die gesamte Familie andere Namen ausgewiesen „als die uns bekannten“. Ein Abgleich mit den Namen in den Pässen sei am Flughafen nicht erfolgt, es seien lediglich die Passbilder abgeglichen worden. Die Gruppe habe zudem zwei sogenannte Laissez-Passez-Dokumente, also Passierscheine, in arabischer Sprache dabei gehabt, die vermutlich von der irakischen Botschaft ausgestellt worden seien – also von dem Land, aus dem sie wegen angeblicher Verfolgung geflohen waren. Der Flug sei von Düsseldorf nach Istanbul gegangen, von dort sei die Familie weiter nach Erbil im Irak gereist, einer Hochburg der Kurden.

Der 35 Jahre alte Türke wiederum soll als Angehöriger der kurdischen Minderheit aus der Türkei in Deutschland Asyl beantragt haben. Der Türke wurde Mittwochabend unter dringendem Tatverdacht festgenommen und ein Haftbefehl gegen ihn beantragt. Am Donnerstagabend teilte die Polizei dann überraschend mit, es hätten sich „im Laufe des Nachmittags neue Ermittlungsergebnisse ergeben“. Demnach sei der dringende Tatverdacht gegen den 35-Jährigen zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zu begründen, der Haftbefehlsantrag sein deshalb zurückgenommen und der Beschuldigte entlassen worden.

Der Fall dürfte wegen seiner vielen Ungereimtheiten noch zu weiteren Diskussionen und politischen Debatten führen. So hatte die Mutter des Mädchens bereits am 23. Mai Vermisstenanzeige bei der Polizei in Mainz erstattet, die Polizei in Wiesbaden wurde allerdings erst am 30. Mai eingeschaltet. Grund dafür war ein erneuter Hinweis der Mutter vom 29. Mai: Ihr sei gesagt worden, ihre Tochter sei tot und liege begraben neben den Bahngleisen in Wiesbaden-Erbenheim, gab sie bei der Polizei an. Bereits zu diesem Zeitpunkt also kursierten sehr genaue Hinweise zu Susannas Verbleib. Trotzdem dauerte es bis zum Mittwoch, bis die Polizei die Leiche fand.

Dazu war Ali Bashar bereits zuvor mehrfach im Zusammenhang mit Gewaltdelikten aufgefallen. So habe Bashar im März 2018 eine Polizistin in Wiesbaden angegriffen, gegen ihn liege eine Anzeige wegen unerlaubten Besitzes eines Einhandmessers vor, sagte Müller weiter. Am 27. April beging Bashar nachweislich gemeinsam mit einem zweiten Mann einen Raubüberfall in Wiesbaden, bei dem ein Mann mit einem Messer bedroht, in ein Gebüsch gezerrt und ausgeraubt wurde. Trotzdem sagte Müller, es habe bisher keinen Grund für einen Haftbefehl gegeben, der 20-Jährige sei 2017 „weitgehend unauffällig geblieben.“ Allerdings behauptete wohl im März ein elfjähriges Mädchen, das ebenfalls in der Flüchtlingsunterkunft lebte, von „einem Ali“ vergewaltigt worden zu sein. Die Polizei habe aber erst im Mai davon erfahren, der Verdacht gegen Ali Bashar habe sich bislang zudem nicht erhärten lassen, betonte Müller.

Der Landesausländerbeirat in Hessen warnte denn auch am Abend vor vorschnellen Urteilen. Der heimtückische Mord sei „eine widerwärtige, abscheuliche Tat, die durch nichts zu rechtfertigen ist“, sagte der Vorsitzende Enis Gülegen: „Unsere Gedanken sind bei der Familie von Susanna. Wir wissen, dass ihre Qualen der letzten Tage und Wochen unvorstellbar sind. Kein Trost wird sie über den unerträglichen Schmerz hinwegtrösten.“ Gleichzeitig warnte Gülegen davor, die tragische Tat politisch auszunutzen: „Migranten und auch Geflüchtete sind weder die schlechteren noch die besseren Menschen“, betonte er. Der Täter „einer solchen widerwärtigen Tat verdient die volle Härte des Gesetzes“, auch Migranten und Geflüchtete bauten auf den Rechtsstaat.

Derweil kündigte die AfD in Mainz für den kommenden Samstag eine Mahnwache um 15.00 Uhr vor der Mainzer Staatskanzlei unter dem Motto „Es reicht“ an und forderte „endlich“, Konsequenzen zu ziehen – welche genau, sagte die AfD nicht. Auch die rechte Initiative „Beweg was“ will am kommenden Sonntag um 15.00 Uhr auf dem Helmut-Kohl-Platz in Mainz in Sachen Susanna demonstrieren. Die rechtsgerichtete Gruppierung hatte erstmals im März unter dem Motto „Merkel muss weg“ zu Demonstrationen gegen die Einwanderungspolitik der Bundesregierung aufgerufen, die aber eher geringen Zulauf verzeichneten. Die Gruppe war auch den rechten Aufmärschen im pfälzischen Kandel nach dem Mord an der Schülerin Mia beteiligt.

Unterdessen reagierte der Wiesbadener Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD) „mit großer Betroffenheit und Trauer“ auf die Nachricht über den Mord an Susanna. „Meine Gedanken und mein tiefes Mitgefühl sind bei den Angehörigen und Freunden des getöteten Mädchens“, sagte Gerich, es falle schwer, Worte für das Leid und den Schmerz zu finden. Die Familie solle aber „wissen, dass ich und die Menschen in unserer Stadt mit ihnen trauern und ihnen Trost und Kraft in dieser schweren Zeit wünschen.“ Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) äußerte sich erschüttert: „Meine Gedanken und mein tief empfundenes Beileid sind bei der Familie, ihren Freundinnen und Freunden“, sagte Dreyer: „Wir können Ihr unfassbares Leid nur erahnen und denken voll Mitgefühl an alle, die Trauern.“

Info& auf Mainz&: Die Polizei Wiesbaden bittet weiter um Hinweise im Fall Susanna. Vor allem wolle man wissen, wo sich Ali Bashar, vielleicht auch in Begleitung von Susanna, seit dem 22. Mai 2018, oder auch wenige Tage zuvor, aufgehalten hat. Die Polizei hofft auf Hinweise von Hundebesitzern, Spaziergängern und Radfahrern in Wiesbaden und den Erbenheimer Feldern, auch was die Abreise der Familie angeht. Zur Hinweisaufnahme wurde ein Callcenter mit mehreren Polizeibeamten eingerichtet, das unter der Rufnummer  (0611) 345-5555 erreichbar ist.  Anmerkung der Redaktion: Wir zeigen das Foto des dringend Tatverdächtigen, weil die Polizei es selbst verbreitet und explizit um Mithilfe bittet. Auch unser tiefes Mitgefühl gilt der Familie und den Angehörigen von Susanna. Wir berichten diesen Fall ausnahmsweise, weil er weitere auch politische Diskussionen und Demonstrationen in Mainz nach sich ziehen wird. Wir haben unsere Informationen sehr bewusst ausgewählt und nicht alles verwendet, was wir wissen. Wir haben uns zudem bewusst dagegen entschieden, eine Foto von Susanna zu zeigen.

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Ultrafeinstaub: Frankfurter Flughafen maßgebliche Quelle – Hessen räumt hohe Werte ein, sieht aber vor allem Bodenbetrieb als Ursache

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Der Frankfurter Flughafen ist eine maßgebliche Quelle für hohe Belastungen der Luft durch gesundheitsgefährdende Ultrafeinstäube. Das bestätigt nun auch das Hessische Landesamt für Umwelt (HLNUG) in einem Zwischenbericht. Messungen in der Umgebung des Flughafens hätten gezeigt, dass die Konzentration von Ultrafeinstaub ab 5.00 Uhr morgens stark ansteige, sich bis 6.00 Uhr verdoppelte und bis 12.00 Uhr „mehr als viermal so hoch wie in der Nacht“ liege, heißt es in dem Bericht, der Mainz& vorliegt. Nach 23.00 Uhr, also nach Ende des regulären Flughafenbetriebs, fielen die Konzentrationen „schnell auf ihren nächtlichen Wert zurück.“ Damit räumt das Land Hessen erstmals offiziell die hohen Konzentrationen rund um den Flughafen ein und auch, dass der Flughafen selbst die Ursache sein könnte. Allerdings sieht man nicht die Flugzeuge, sondern den Betrieb am Boden als Verursacher, die Linke in Hessen nennt das „absurd“. Und auch Fluglärm-Initiativen in München messen hohe Ultrafeinstaubwerte direkt unter landenden Maschinen.

Startender Airbus am Frankfurter Flughafen. – Foto: gik

Seit September 2017 führt das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) eigene Messungen zu ultrafeinen Partikeln an zwei Messstationen in Frankfurt Raunheim und Frankfurt-Schwanheim durch. An beiden Stationen lägen „tagsüber sehr hohe Anzahlkonzentrationen insbesondere von sehr kleinen Partikeln vor“, heißt es nun in dem Zwischenbericht, den das Hessische Landesumweltamt am Mittwoch veröffentlichte. Als Ursache sieht man hier allerdings nicht in erster Linie den Flugverkehr: Die hohen Partikelkonzentrationen träten auf, „sobald der Wind aus Richtung des Flughafens weht“, heißt es wörtlich, das Gelände sei „eine bedeutsame Quelle für ultrafeine Partikel.“ Nach derzeitigen Erkenntnissen sei das Aufkommen der Ultrafeinen Partikel vor allem durch bodennahe Transporte geprägt, also durch Emissionen, die am Boden beim Flughafenbetrieb entstünden. Ob „Überflüge unterhalb einer bestimmten Höhe als relevante Quelle für UFP am Boden in Betracht kommen, lässt sich aus den bisherigen Auswertungen nicht ableiten“, heißt es weiter.

Damit drückt man sich beim hessischen Landesumweltamt sehr vorsichtig aus: In Raunheim, in der Einflugschneise südlich des Flughafens, werden seit Ende 2015 bereits regelmäßig zwischen 20.000 und 100.000 Partikel Ultrafeinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen, Spitzenwerte reichen sogar bis zu 450.000 Partikel. Übliche Silvesterwerte nach dem Feuerwerk zu Jahresbeginn liegen um die 46.000 Partikel. Die Mainzer Initiative gegen Fluglärm wertete kürzlich die Messwerte aus dem gesamten Jahr 2017 aus, die in Raunheim im Sekundentakt erfasst werden. Ihre Schlussfolgerung: Die Konzentrationen von ultrafeinen Partikeln gehen unmittelbar nach Überflug einer Maschine hoch und sinken nach Weiterflug wieder.

Joachim Alt (links) und Wolfgang Schwämmlein mit ihren Auswertungen zu den Messungen der hessischen Umweltamtes zu Ultrafeinstaub in Raunheim. – Foto: gik

„Der Flugbetrieb hat einen dominierenden Einfluss“, sagt Joachim Alt, der Nachrichtentechniker maß bereits 2015 gemeinsam mit seinem Forschungspartner Wolfgang Schwämmlein denselben Effekt in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens. Auch in Mainz, also in mehr als 15 Kilometer Entfernung vom Flughafen, sei der Effekt nachweisbar, sagt Alt: Minuten nach dem Überflug eine Maschinen stiegen die Feinstaubwerte regelmäßig an. Das Argument des Landes Hessen, der Ultrafeinstaub wehe vom Flughafen herüber, kann er nur zum Teil nachvollziehen: Der Wind trage zwar zu einer Erhöhung der Messwerte bei, er erkläre aber nicht, „warum die Werte mit dem ersten Flieger pünktlich um 5.00 Uhr hochgehen.“

Ultrafeine Partikel sind winzige Rußteilchen, die in der Folge von Verbrennungsprozessen etwa bei Motoren, in der Industrie und auch in Heizanlagen entstehen. Neueste wissenschaftliche Studien rechnen den winzigen Rußpartikeln, die rund 1.000 mal kleiner als der gut erforschte Feinstaub sind, ein hohes Gesundheitsrisiko für Atemwegserkrankungen und Herzinfarkte zu. Grenzwerte gibt es bislang aber nur für Feinstaub, für Ultrafeinstäube hingegen nicht. Nach Angaben des hessischen Umweltamtes treten in Raunheim Konzentrationen von 5.000 bis 6.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft auf, in Stoßzeiten von 10.000 Partikel pro Kubikzentimeter allerdings sind dies Tagesmittelwerte.

Die ersten Zwischenergebnisse seien „auffallend“, aber „kein Grund zur Panik“, sagte die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Mittwoch. Welche Auswirkungen und gesundheitliche Folgen Ultrafeinstaubpartikel auf den menschlichen Körper hätten, sei „bislang noch nicht hinreichend wissenschaftlich erforscht.“ Es gebe bislang „keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse noch Grenzwerte“ noch verpflichtende Messungen, die Zusammenhänge müssten weiter untersucht werden.

Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir im Mai 2014 auf der Montagsdemo am Frankfurter Flughafen. – Foto: gik

Allerdings hatte bereits 2003 die Weltgesundheitsorganisation WHO in einer Studie gewarnt, es gebe „überzeugende Belege“, dass besonders kleinere Feinpartikel gesundheitlich problematisch seien und sich in wissenschaftlichen Studien hinsichtlich Herz-Kreislauf und Atemwegserkrankungen als „besonders risikoreich“ erwiesen hätten. Mehrere Studien in Düsseldorf sowie am Münchner Helmholtz-Institut wiesen nach, dass schon eine geringe Konzentration ultrafeiner Partikel schwerwiegende Auswirkungen haben können: „Erhöhte Konzentrationen von ultrafeinen Partikeln, etwa im dichten Straßenverkehr, führten bereits nach fünf Minuten bei den Probanden zu einer veränderten Herzvariabilität“, schreibt etwa Annette Peters, Leiterin des Forschungsbereichs Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum in München in einer Studie im Jahr 2015.

Peters Studien legen einen direkten Zusammenhang mit Herzinfarkten nahe, die Partikel veränderten die autonome Regulation der Herzfunktion, schreibt Peters. Im Gegensatz zu gröberem Feinstaub gelangten ultrafeine Partikel direkt in die Blutbahn, sowohl eine kurzfristig erhöhte Konzentration als auch eine Langzeitexposition erhöhten das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzversagen. Andere Forscher vermuten Zusammenhänge mit Diabetes, Krebserkrankungen und denen des vegetativen Nervensystems. „Ultrafeinstaub ist extrem gefährlich“, sagte auch der Mainzer Herzspezialist Thomas Münzel. Neue Daten zeigten, dass die ultrafeinen Partikel über die Lunge sofort in die Blutbahn und in die Gefäße hinein gelangten und dort unmittelbar zu Entzündungen führten. „Es gibt Untersuchungen mit Goldpartikeln bei Patienten mit koronaler Herzerkrankung, die gezeigt haben, dass je kleiner die Partikel sind, umso schneller werden sie aufgenommen“, sagte Münzel.

Ultrafeinstaubbelastung in Raunheim im Januar 2017, Auswertung durch Mainzer Initiative gegen Fluglärm. – Grafik: Alt/Schwämmlein

Und auch eine Studie des Duisburger Instituts für Energie- und Umwelttechnik (IUTA) bestätigt dies: „Ultrafeine Partikel (UFP) mit Partikeldurchmessern kleiner als 100 Nanometer haben sich in toxikologischen Studien als potentiell besonders gesundheitsgefährdend erwiesen“, heißt es in einem Bericht, der im Auftrag des Hessischen Landesamtes erstellt wurde und dem Amt im Januar 2018 zuging. In dem IUTA-Bericht gehen die Experten zudem von einem klaren Zusammenhang zwischen Flugverkehr und Ultrafeinstaubaufkommen aus: Studien aus den USA und den Niederlanden hätten „gezeigt, dass durch den Betrieb von Großflughäfen deutliche Emissionen von UFP erzeugt werden“, heißt es in dem Bericht, den Ihr hier selbst einsehen könnt.

Die Experten, die für eine Vergleichsmessung beauftragt wurden, stellten außerdem fest: An der Messstation Raunheim sei die vorherrschende Windrichtung nicht diejenige aus Richtung des Flughafens, es ergebe sich „eine Häufigkeit für Wind aus diesem Windsektor von 1,9 Prozent. Anders bei der Messstation in Frankfurt-Schwanheim: Diese wurde nach Angaben des Landes Hessen bewusst in eine verkehrsferne Umgebung zwischen Bäumen gewählt, die Station liegt nordöstlich des Flughafens. Zu 60 Prozent komme hier der Wind aus Richtung des Flughafens, stellte das IUTA fest.

Lage der beiden offiziellen Messstationen für Ultrafeinstaub des HLNUG in Raunheim und Schwanheim. – Foto: HLNUG

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Betrieb auf dem Flughafengelände einen Beitrag zu UFP-Belastungen leistet“, sagte Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne): „Belege, dass auch Überflüge unterhalb einer bestimmten Höhe als relevante Quelle in Betracht kommen, lassen sich aus den bisherigen Auswertungen nicht ableiten.“ Denn Raunheim werde zwar direkt überflogen, Schwanheim aber nicht. Zudem stiegen die Werte immer dann an, „sobald der Wind aus Richtung des Flughafens weht.“ Das IUTA nennt zudem als maßgebliche Quelle für die Partikelspitzen am Morgen und am Abend den Berufsverkehr auf den Autobahnen.

Experten von Fluglärminitiativen sehen das skeptisch: Das erkläre alles nicht, warum pünktlich um 5.00 Uhr, also mit den ersten Maschinen, die Werte starteten, sagte Alt. Tatsächlich stieg etwa am 15. Mai 2018 die Konzentration von ultrafeinen Partikeln an der Messstation in Raunheim pünktlich um 5.00 Uhr auf rund 33.000 Partikel und sank bis 6.00 Uhr wieder auf knapp 20.000 Partikel. Der Berufsverkehr in Frankfurt beginnt dann erst richtig, die ersten Maschinen hingegen fliegen pünktlich um 5.00 Uhr den Frankfurter Flughafen an.

Die Mainzer Initiative für Fluglärm sieht einen direkten Zusammenhang zwischen hohen UFP-Partikelkonzentrationen und Flugbewegungen. – Grafik: Alt/Schwämmlein

Auch das Argument des bodennahen Verkehrs sieht Alt skeptisch: „Viele Studien haben gezeigt, dass der Einfluss von Autobahnen bereits nach 100 Metern nicht mehr eindeutig erkennbar ist“, sagt er. Bekannt seien hingegen in der Forschung „exorbitant hohe“ Emissionen aus Flugzeugtriebwerken gerade auch von ultrafeinen Partikeln, die durch Wirbelschleppen der Flugzeuge über größerer Entfernungen verteilt würden. „Alle internationalen Studien aus Schiphol, Los Angeles, Boston oder Santa Monica bestätigen eine großflächige Belastung“, betont Alt. „Der Transport durch Wind bräuchte vom Flughafen mindestens zwanzig bis vierzig Minuten bis Raunheim“, sagt auch Alts Kollege Wolfgang Schwämmlein, „die Messwerte an den Geräten steigen und sinken aber im Minutenabstand.“

Das bestätigt auch Gerhard Müller-Starck vom Bürgerverein Freising, einer Anti-Fluglärm-Initiative im Umfeld des Münchner Flughafens: „Wir haben bei inzwischen 100 Messfahrten rund um den Flughafen umfangreiches Datenmaterial gesammelt“, sagte Müller-Starck im Interview mit Mainz&: „Unsere Messungen haben Werte bis 116.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft am Flughafen selbst und bis zu 1,3 Millionen bei direktem Überflug einer Maschine am Flughafenzaun ergeben.“ Die Werte seien „ganz eindeutig den Flugzeugen zuzuordnen“, betont der Professor für Forstwissenschaft. Messungen an einer Brücke über die Autobahn hätten gezeigt: „Die Werte sind nach 150 Metern stark gesunken“, sagt Müller-Starck. Flugzeuge hätten hingegen wegen der größeren Höhe eine erheblich größere Streuung: Besonders der Ultrafeinstaub werde je nach Wetterlage „kilometerweit verfrachtet.“

Al-Wazir und Hinz betonten, das Land wolle nun seine Messreihen weiter fortführen, um genauere Erkenntnisse über die Quellen des Ultrafeinstaubs zu bekommen. Mit einem weiteren, mobilen Messgerät solle nun an verschiedenen Stellen und in der Nähe verschiedener Quellen gemessen werden. Die Ergebnisse sollten für wissenschaftliche Grundlagenforschung zur Verfügung gestellt werden. Zudem habe er das Forum Flughafen und Region gebeten, sich intensiv mit der Frage zu befassen, wie UFP-Belastungen vermindert werden könnten, betonte Al-Wazir.

Das Land Hessen betont hingegen, die UFP-Partikel wehten vom Frankfurter Flughafen zu den Messstationen. – Grafiken: HLNUG

Die Linke im Hessischen Landtag sprach dagegen von einem „gefährlichen Spiel auf Zeit“: „Die Ergebnisse sind schon lange ausreichend, um über weitere Forschungen hinaus auch an der Reduzierung der Belastung durch Ultrafeinstäube zu arbeiten“, betonte Linksfraktionschefin Janine Wissler. Es sei „absurd“, den Flughafen als große Quelle für den gefährlichen Ultrafeinstaub zu bestätigen, dies aber für Flugzeuge im direkten Überflug von Siedlungen in Frage zu stellen.

Und auch bei Mainzer Grünen ist man skeptisch: „Im Rhein-Main-Gebiet leiden die Menschen nicht nur unter Fluglärm, sondern wohl auch unter einer sehr hohen Ultrafeinstaubkonzentration in der Luft – und der Flugverkehr scheint maßgeblich dafür verantwortlich zu sein“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner. Die Werte in Raunheim seien „erschreckend hoch“, darauf wiesen die Menschen in der Region allerdings auch schon „seit Jahren“ hin. „Die Gesundheit der Menschen muss Priorität haben und deshalb gehören Untersuchungen zu Ultrafeinstaub ganz oben auf die Agenda“, betonte Rössner. Die Bundesregierung sei „in der Pflicht, die Notwendigkeit von Grenzwerten zu prüfen und sich dann auch dafür einzusetzen, Grenzwerte im EU-Recht geltend zu machen.“

Dazu brauche es eine gezielten Forschungsförderung zu den Auswirkungen von Ultrafeinstaub auf die Gesundheit, der Bund zeige aber „keinerlei Ambitionen, hier für die notwendige Aufklärung und Gewissheit zu sorgen.“ Das sei „nicht nur kurzsichtig, sondern unverantwortlich“, kritisierte Rössner. Die Korrelationen von Ultrafeinstaub und Flugverkehr müssten dringend näher erforscht werden, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen, den Ultrafeinstaubausstoß im Flugverkehr zu verringern. Den Einsatz einer weiteren mobilen Messstation in Hessen „begrüße ich, das reicht aber nicht“, sagte Rössner weiter. Um genügend Daten zu sammeln, die für eine solide Forschung zwingend notwendig seien, „braucht es schlicht mehr Messstationen.“

Die Mainzer Initiative für Fluglärm geht noch weiter: „Ja, es muss mehr gemessen werden, aber man muss auch die Bevölkerung warnen“, sagte Alt. Vorstellbar sei etwa ein Warnsystem analog von Ozonwarnungen: „Man müsste die Bevölkerung warnen, wenn die Werte hoch sind, etwa keinen Marathon zu laufen“, sagte Alt Mainz&. Es brauche verbindliche Grenzwerte für Ultrafeinstaub, aber bis es die gebe, „wäre es wichtig, Warnwerte oder Signalwerte zu haben, um sich dem zu nähern.“

Info& auf Mainz&: Über die Auswertungen der Messwerte in Raunheim für Ultrafeinstaubpartikel hat Mainz& bereits im April 2018 berichtet, den Artikel findet Ihr hier. Unseren Bericht über Messungen Ende 2015 zum Thema Ultrafeinstaub auch in Mainz lest Ihr hier. Die Messwerte in Raunheim könnt Ihr Euch selbst auf der Seite des Hessischen Umweltamtes ansehen, allerdings sind die Messungen für ultrafeine Partikel seit 17. Mai 2018 ausgesetzt. Die Werte davor sind aber einsehbar. Den Zwischenbericht des HLNUG sowie den Bericht des Duisburger IUTA-Büros könnt Ihr Euch hier herunterladen. Informationen zu dem Ultrafeinstaubmessungen der Initiative in Freising gibt es hier im Internet.

 

 

 

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Freigabe GFZ-Kaserne: Landesbetrieb Bauen für Verzögerung verantwortlich – Dezernent Sitte wurde bereits im März informiert

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Die verzögerte Freigabe der GFZ-Kaserne an die Stadt Mainz schlägt hohe Wellen, nun sagt das Bundesverteidigungsministerium: Schuld sei der Landesbetrieb Bauen (LBB). Dort komme man nach wie vor durch Kapazitätsengpässe mit den notwendigen Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne nicht voran. Von eigentlich zum Verbauen vorgesehenen 26,5 Millionen Euro seien 2017 gerade einmal 6.000 Euro umgesetzt worden. Das teilte die Mainzer CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich am Mittwoch mit und kritisierte: Es sei „eine echte Unverschämtheit der Mainzer Stadtspitze, wenn man der Bundeswehr hier den schwarzen Peter zuschieben will.“ Nach Informationen von Mainz& informierte das Bundesverteidigungsministerium zudem bereits im März Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) über die Verzögerungen.

Das Gelände der GFZ-Kaserne in der Mainzer Oberstadt: Viel Raum für Neubauten. – Foto: gik

Vergangene Woche hatte das Bundesverteidigungsministerium bekannt gegeben, dass das Gelände der KFZ-Kaserne nicht wie vorgesehen Ende 2019 freigegeben wird, sondern erst 2022. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) beschwerte sich daraufhin in einem Brief an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Stadt sei darüber nicht unterrichtet worden, sondern habe von der Verzögerung erst aus der Presse erfahren. „Offenbar hielt es Ihr Haus für nicht geboten, die Stadt Mainz über diese Überlegungen sofort und unmittelbar zu unterrichten“, schrieb Ebling in einem Brief, der Mainz& vorliegt.

Doch das Bundesverteidigungsministerium widerspricht: Die Verzögerung und ihre Umstände seien am 14. März 2018 dem Wirtschaftsdezernat telefonisch mitgeteilt worden, heißt es in einer Email, die Mainz& vorliegt. Der Wirtschaftsdezernent habe daraufhin Kontakt mit dem Finanzministerium Rheinland-Pfalz aufnehmen wollen, das für die Bauverwaltung im Land zuständig ist. Ob dies geschehen sei und mit welchem Erfolg, sei dem Bundesverteidigungsministerium nicht bekannt.

Auch die Umstände der Verzögerung haben es in sich: Grund seien nämlich weiter Kapazitätsengpässe in der Landesbauverwaltung des LBB. Der Landesbetrieb „war und ist aus personellen Kapazitätsgründen nicht in der Lage“, die mit den Baumaßnahmen verbundenen Planungen und Arbeiten in den Bundeswehrliegenschaften „zeitgerecht in der ursprünglichen Zeitplanung abzuarbeiten“, heißt es aus dem Verteidigungsministerium aus der Hausspitze. Darauf habe man bereits 2017 schriftlich das Land Rheinland-Pfalz hingewiesen. „Auch durch den schriftlichen Kontakt von Frau Ministerin von der Leyen mit der Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz konnte die Personalnot des LBB bisher nicht spürbar gelindert werden“, heißt es weiter.

Die Bundeswehr wollte das Geländer der GFZ-Kaserne eigentlich bis Ende 2019 räumen, das verzögert sich nun bis 2022. – Foto: gik

Bereits im März 2017 hatte Mainz& von den Verzögerungen durch fehlendes Personal im LBB berichtet. Damals bestätigte das Mainzer Finanzministerium, es sei zu Verzögerungen bei den Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne gekommen. Die LBB-Niederlassung Mainz habe sich aber inzwischen personell verstärkt, man wolle die Bauarbeiten in der Kurmainz-Kaserne „schnellstmöglich voranbringen“, hieß es vor einem Jahr. Der Schwerpunkt der Bautätigkeiten werde in den Jahren 2018 und 2019 liegen, es sei nach wie vor mit einem Beginn des Umzugs der Bundeswehr bis Ende 2019 zu rechnen.

Die Umbaumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne am Ortseingang von Mainz-Hechtsheim sind die Voraussetzung für den Umzug und die Freigabe der noch in der GFZ-Kaserne stationierten Einheiten der Bundeswehr. Nach Mainz&-Informationen sind in der Mainzer Oberstadt vor allem noch eine Feldjäger-Kompagnie samt Dienstkommando, das Mainzer Sanitätszentrum sowie das Landeskommando Rheinland-Pfalz der Bundeswehr untergebracht. In der Kurmainz-Kaserne sind derzeit 13 Bauvorhaben geplant, neun davon stehen in direktem Zusammenhang mit dem Umzug aus der GFZ-Kaserne.

So sollen in der Kurmainz-Kaserne ein neues Sanitätsversorgungszentrum für knapp 4 Millionen Euro, eine Hunderzwingeranlage für die Feldjäger für 827.000 Euro sowie 91 Unterkünfte für rund 7,2 Millionen Euro gebaut werden. Ferner steht ein Umbau für ein neues Feldjägerdienstkommando für rund 3,4 Millionen Euro und Umbauten für das Landeskommando sowie von Bürogebäuden in Höhe von 7,3 Millionen Euro an. 26,2 Millionen Euro sollten für vorbereitende Baumaßnahmen im Zuge des GFZ-Umzugs eigentlich in der Kurmainz-Kaserne verbaut werden, betonte die Mainzer CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich am Mittwoch, umgesetzt worden seien gerade einmal Baumaßnahmen in Höhe von 6.000 Euro.

„Das zeigt einmal mehr, wie wenig die SPD-geführte Landesregierung ihre Landesämter mit den notwendigen Kapazitäten ausstattet“, kritisierte Groden-Kranich. Es stelle sich die Frage, ob Ebling seine guten Beziehungen in die Landesregierung nicht nutze, und warum „sich nichts tut“. Es sei eine „echte Unverschämtheit der Mainzer Stadtspitze, wenn man der Bundeswehr hier den schwarzen Peter zuschieben will, nur um über die Fehler der eigenen Parteikameraden in der Landesregierung hinwegzutäuschen“, schimpfte sie weiter. Wenn die Landesregierung nicht in der Lage sei, den LBB personell so auszustatten, dass er die Bauarbeiten in den vorgegebenen Fristen auch abschließen könne, müsse gegebenenfalls darüber nachgedacht werden, die Gesetze so zu ändern, dass der Bund dann Baumaßnahmen in seinen Liegenschaften selbst ausführen könne. Derzeit werden Baumaßnahmen der Bundeswehr verpflichtend durch die jeweiligen Landesbauverwaltungen umgesetzt.

Tatsächlich gehen aus einer Aufstellung aus dem Bundesverteidigungsministerium, die Mainz& vorliegt, erhebliche zeitliche Verzögerungen bei den Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne hervor. So wurden etwa die Planungen für die Arbeiten zum Feldjägerdienstkommando bereits 2011 begonnen, mit denen für das Sanitätszentrum 2013, ebenso für Umstellungen im Küchenbetrieb. Baubeginn für das Feldjägerkommando sollte im Oktober 2017 sein, dieser wurde nun aber auf August 2018 verschoben, auch der Baustart für das Sanitätszentrum – geplant für Dezember 2017 – soll im August 2018 sein. Die Bauarbeiten für das Landeskommando werden gar mit November 2015 als Starttermin angegeben, sie sollen nun im September 2018 beginnen. Das Gros der Bauarbeiten soll so erst im Herbst 2020 fertig gestellt sein, die 91 Unterkünfte sollen gar erst im Mai 2021 fertig werden.

Die Mainzer CDU äußert sich deshalb über die Schuldzuweisungen des Oberbürgermeisters in Richtung CDU-Bundesministerin empört. „Ich bin sehr verwundert, dass ein Wirtschaftsdezernent entsprechende Informationen hat, und gleichzeitig der OB solche Verlautbarungen macht“, sagte die Mainzer CDU-Chefin Sabine Flegel auf Anfrage von Mainz&: „Da stelle ich mir schon die Frage: Reden die nicht miteinander?“ Es räche sich nun, dass Ebling bei seinen Versprechungen, Wohnraum in Mainz zu schaffen, „allein auf Zufälle und Insolvenzen“ verlasse, kritisierte Flegel: Alle neuen Wohnareale entstünden bisher entweder auf Konversionsflächen oder beruhten auf der Insolvenz einer Firma auf dem Heilig-Kreuz-Areal. „Eigene Ideen entwickelt die Stadt nicht“, kritisierte Flegel, „im Gegenteil: unser Vorschlag, einen eigenen neuen Stadtteil zu entwickeln, wurde in Basta-Manier abgelehnt.“

Die CDU hatte 2017 vorgeschlagen, Planungen für einen komplett neuen Stadtteil zur Entspannung des Wohnungsmarktes zu entwickeln und dafür ein Gelände auf der Anhöhe über Laubenheim ins Gespräch gebracht. Stadtspitze sowie Ampel-Koalition hatten den Vorschlag eines Stadtteils Rheinhöhe als unsinnig zurückgewiesen, die SPD von einer „Schnapsidee“ gesprochen. Ebling hatte nun in seinem Brief an Ministerin von der Leyen geklagt, die Lage auf dem Mainzer Wohnungsmarkt entspanne sich nicht so schnell wie gewünscht, die Verzögerungen bei der Freigabe der GFZ-Kaserne habe für Mainz „fatale Konsequenzen.“

Groden-Kranich verwies unterdessen am Mittwoch noch einmal ausdrücklich darauf, dass der Bund in Sachen GFZ-Kaserne keinen Rückzug gemacht habe: Die Freigabe des Geländes sei nicht zurückgenommen, sondern „nur“ um drei Jahre auf 2022 verschoben worden.

Info& auf Mainz&: Wir haben natürlich die Stadt Mainz sowie das Mainzer Finanzministerium – zuständig für den LBB – um Stellungnahme gebeten, wir hoffen auf baldige Rückmeldung und werden Euch dann natürlich umgehend informieren. Mehr zu den Briefen Eblings und die Verschiebung der Freigabe der GFZ-Kaserne lest Ihr hier bei Mainz&.

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