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Start 2018 Juni

Monatsarchive: Juni 2018

50 Jahre Mainzer Johannisnacht: Stadtfest zu Ehren Gutenbergs feiert Jubiläum – Vereine ziehen an die LU – Geschichten gesucht

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Vergangenes Jahr feierte Mainz ja seine 50. Johannisnacht, nun kann die Stadt schon wieder feiern: 50 Jahre Johannisnacht heißt das Jubiläum in diesem Jahr, das 1968 ins Leben gerufene Stadtfest darf in diesem Jahr den echten runden Geburtstag feiern. Viele Neuerungen gibt es nicht: die Johannisnacht ist auch so schon eine runde Sache. Ein paar Neuerungen gibt es aber trotzdem: Die Vereine ziehen von dem zugigen Rathausplateau an einen neuen Standort auf der Ludwigsstraße um, auf dem Rathausplateau bespielt nun KUZunterwegs die Bühne – und die Stadt hat harten Rock und Metal weitgehend von der Hauptbühne verbannt. Man wolle Familienfreundlicher werden und den Anwohnern entgegen kommen, hieß es.

Buchdrucker-Gautschen und Feiermeile bei der Johannisnacht in Mainz. – Foto: gik

Die Mainzer Johannisnacht wurde 1968 vom damaligen Bürgermeister Karl Delorme (SPD) erfunden, ins Leben gerufen im 500. Todesjahr von Johannes Gutenberg. Der Buchdruckerfinder und berühmteste Sohn der Stadt sollte damit geehrt werden – das ist gelungen: Die Mainzer Johannisnacht ist nicht nur eines der größten Volksfeste am Rhein, sie schafft es auch, mit ihrer ungeheuren Vielfalt an Elementen Feiern und Kultur, Genuss, Lachen und Philosophisch-Kritisches ist geradezu einmaliger Weise zu verbinden.

77 Musik- und Kleinkunst-Acts, 24 mal Hommage an Gutenberg

Im Jahr des 550. Todestags von Johannes Gutenberg wolle man die Verbindung zu Kunst und Kultur noch einmal mehr betonen, sagte Festdezernentin Marianne Grosse (SPD) am Montag in Mainz: „Wir feiern eine besondere Johannisnacht.“ Allein 77 Musik- und Kleinkunst-Acts auf acht Bühnen gibt es in diesem Jahr, 24 Aktionen finden als Hommage an Gutenberg statt. Zum Jubiläum leistet sich die Stadt noch einmal Straßenkünstler, sechs Gruppen sollen durch die Stadt ziehen und für Überraschen und Staunen der Besucher sorgen – erwartet werden an den vier Festtagen mehr als 500.000 Besucher in Mainz.

Eine der schönsten Ecken der Mainzer Johannisnacht: das Weindorf der Mainzer Winzer zu Füßen des Doms auf dem Leichhof. – Foto: gik

„Wir feiern viel, aber wir wollen auch Gutenberg hochleben lassen“, betonte Grosse. Da ist etwa der Büchermarkt, der größte antiquarische der Republik rund um den Mainzer Ballplatz, da sind Veranstaltungen wie das Preisquadräteln sowie Veranstaltungen und Führungen im Gutenberg Museum selbst. Auch die aktuelle Mainzer Stadtschreiberin Anna Katharina Hahn wird mit der traditionellen Lesung auf der Johannisnacht dabei sein, am Sonntagvormittag um 11.00 Uhr auf dem Ballplatz.

Und da ist natürlich das Buchdruckergautschen, die große Taufe von Medienschaffenden am Ende ihrer Lehrzeit. Ursprünglich wurden natürlich Buchdruckerlehrlinge am Ende ihrer Lehrzeit von der Druckerschwärzer reingewaschen, heute sind die Gegautschten junge Mediendesigner oder andere Ausgelernte der Medienzunft. Auf der Bühne am Liebfrauenplatz landen sie alle in einem riesigen Zuber mit eiskaltem Wasser, hinterher gibt es ein Glas Wein und natürlich den Gautschbrief. Auch den einen oder anderen Promi erwischt es jedes Jahr sehr zur Gaudi der Besucher – das Gautschen ist eines der Highlights der Johannisnacht. Wer in diesem Jahr im Bottich landet wird natürlich noch nicht verraten – vergangenes Jahr waren es die Kult-Wirtin Helga Nass und Ver.di-Chef Frank Bsirske.

Mainzer Vereine ziehen auf die LU um – KUZunterwegs bespielt Rathausplateau

Ansonsten bleibt vieles beim Altgewohnten und Geliebten: Die Weindörfer der Mainzer Winzer rund um den Dom, die Festmeile vom Schillerplatz über die Ludwigsstraße bis hinunter an den Rhein, die zahlreichen Essens- und Trinkstände, das Festvergnügen in der gesamten Innenstadt. Ein neues Konzept gibt es hingegen für den Jockel-Fuchs-Platz vor dem Rathaus: Auf dem zugigen Plateau tummelten sich bislang die Mainzer Vereine – und klagten vielfach über schlechte Aufenthaltsqualität auf dem sehr offenen Platz.

In diesem Jahr wird nun das KUZ den Platz bespielen, die KUZunterwegs-Bühne soll vornehmlich jüngeres Publikum anziehen. Das Programm spannt einen weiten Bogen von einem Singer-Songwriter-Slam am Freitagabend (19.00 Uhr) über ein Elektrokonzert mit TripAdLip (Freitag, 22.00 Uhr) bis hin zu einer 2000er PARTY mit DJ bÄrt & Christine am Samstag (22.00 Uhr) und dem Ed Sheeran-Tribute Urban Fox (Montag, 18.00 Uhr) sowie den Swing-Helden „Whiskydenker“ am Montagabend um 21.00 Uhr.

Viel los auf der Festmeile, der LU, bei der Johannisnacht, das wird auch in diesem Jahr wieder so sein. – Foto: gik

Die Vereine wiederum ziehen um auf die Ludwigsstraße: Neben der Deutschen Bank werde „eine Oase des Austauschs und des Zusammenkommens organisiert“, sagte Grosse, am Abend sollen dort vornehmlich Singer-Songwriter M’N’M (Sonntag, 17.00 Uhr) spielen. Hier treten auch Pretty Lies Light (Freitag, 20.00 Uhr) mit Hits der Beatles, Simon & Garfunkel und Dire Straits, Two and a Box (Samstag, 17.30 Uhr) oder Funkysteve and Friends (Samstag, 21.00 Uhr und Montag, 19.00 Uhr) auf. „Ich könnte mir vorstellen, dass das ein neuer Lieblingsplatz werden kann“, sagte Grosse.

Bühne auf dem Schillerplatz abgespeckt – auch weniger harte Töne

Auch sonst reicht das Bühnenprogramm wieder von Rock bis Oldies, auf der SWR1-Bühne auf dem Bischofsplatz spielen unter anderem Jammin‘ Cool (Montag, 19.30 Uhr), bei SWR4 auf dem Liebfrauenplatz gibt es Sonntagabend eine Helene Fischer Tribute-Show (20.00 Uhr). Echte Topacts wie im vergangenen Jahr, als Torfrock und Guildo Horn die Johannisnacht beehrten, sind aber in diesem Jahr nicht dabei. So wird auch die große Hauptbühne am Schillerplatz abgespeckt, eine kleinere Bühne und mehr lokale Bands aus der Region sollen hier für eine mehr familiäre Atmosphäre sorgen. „Wir haben ein bisschen die Härte aus der Musik herausgenommen“, sagte Oliver Valentin, der zum ersten Mal als Organisator für die gesamte Johannisnacht zuständig ist.

Heiße Party auf dem Schillerplatz mit harten Tönen 2016 – in diesem Jahr soll es eine Nummer kleiner werden. – Foto: gik

2017 hatte „Mr. Johannisnacht“ Rüdiger Tasch nach 28 Jahren seine letzte Johannisnacht organisiert, der Mann mit dem langen Pferdeschwanz stand auch für Metal-Bands und harten Rock. Nun sagte Valentin, man habe mal „etwas Neues ausprobieren“ wollen: „Es gab die Kritik, das Programm wäre zu Heavy Metal lastig gewesen.“ So spielen auf dem Schillerplatz nun am Samstagabend Flo & Chris mit Live Acoustik Entertainment, am Sonntagabend heißt es Hanne Kah trifft Bender & Schillinger (21.00 Uhr). Wer die rockigen Töne liebt, sollte sich den Freitagabend vormerken: Dann präsentieren „Pfund“ kraftvolle Klänge von den Red Hot Chilli Peppers über Oasis bis hin zu Nirwana. Montagabend trifft sich halb Mainz hier natürlich zum Kultevent, wenn Se Bummtschaks (21.00 Uhr) zum Abschluss der Johannisnacht noch einmal einheizen.

Neu ist auch der Endpunkt der Musik: Am Sonntag ist erstmals um 23.00 Uhr Schluss und nicht erst zum 24.00 Uhr. „Es gab Beschwerden der Anwohner, das wollten wir ernst nehmen und ein Zeichen setzen“, sagte Valentin. Zudem sei es am Sonntagabend ohnehin meist vor Mitternacht deutlich leerer geworden. Das Kabarettprogramm auf dem Ballplatz ist in diesem Jahr mit Tina Teubner und Martina Brandl fest in Frauenhand, zudem spielen hier Lara Maria Gräfen (Sonntag, 20.30 Uhr), Jay Schreiber (Montag 16.00 Uhr) und die Pop-Band Karl die Große (Montag, 18.30 Uhr) sowie Sideways (Montag, 21.30 Uhr). Nicxht fehlen darf hier natürlich ein ganz wichtiger Lokalmatador: Fastnachter und Comedian Christian Schier rockt am Freitagabend (21.30 Uhr) den Ballplatz.

Mit dem Riesenrad in den Mainzer Nachthimmel am Rheinufer schweben – eines der Highlights der Mainzer Johannisnacht. – Foto: gik

Neu geordnet und gestaltet wurde ja im vergangenen Jahr der Künstlermarkt, nach dem Umzug von 2016 und viel sich daran anschließender Kritik über leere Gassen am Rheinufer besserten die Macher 2017 nach: mit Erfolg. Das kleine Dorf mit französischen Ess-Ständen am Rheinufer vor dem Rathaus wird es deshalb wieder geben, an der Ausgestaltung der Gassen soll weiter gearbeitet werden. Rund 250 Künstlerstände erwarten die Macher derzeit, das wären etwas weniger als im vergangenen Jahr. Um den Fischtorplatz herum sollen wieder besonders ansprechende Stände die Besucher von der Festmeile auf den Künstlermarkt locken, das Flair war 2017 wirklich hier besonders gut gelungen – ein tolles Entrée für den Markt, der sich am Rhein entlang bis zur Theodor-Heuss-Brücke zieht.

Rheinvergnügen mit Riesenrad und Free Fall Tower – Geschichten gesucht

Dahinter beginnt nun im dritten Jahr der Rummel auf der Promenade vor dem Schloss. Seit dem Umzug 2016 hat das „Rheinvergnügen“ mehr Platz, in diesem Jahr werden sich dort insgesamt 250 Stände und Fahrgeschäfte tummeln. Mit dabei sind natürlich Autoscooter und Breakdancer, Riesenrad und Chaos Airport, dazu sechs Kinder-Attraktionen wie Karussells. Die besondere Attraktion in diesem Jahr wird der Free Fall Tower mit einer Höhe von 65 Metern sein – ein Höherer ist außerhalb von Freizeitparks kaum zu finden. Auf dem Fischtorplatz wartet zudem ein besonderes historisches Highlight: Ein historisches, weit über 100 Jahre altes Karussell, das aus der Schweiz kommt und handgetrieben ist. „Immer wenn es sich dreht, machen zwei Personen in der Mitte Livemusik“, versprach Valentin, wir sind gespannt.

Fest steht: Die Mainzer Johannisnacht hat in fünf Jahrzehnten auch viele, viele Geschichten hervorgebracht, Freundschaften entstehen lassen und sogar Ehen gestiftet. Und genau solche Geschichten möchte die Stadt Mainz von Euch nun erfahren: „Wir sind neugierig und wollen dieses Jahr zum Jubiläum mehr wissen: An welches Ereignis müssen Sie denken, wenn das Stichwort Johannisnacht fällt?“, sagte Grosse: „Wir würden Ihre kleine Anekdote hinter der ‚Johanniswelt‘ gerne in Erfahrung bringen und einige dieser Geschichten während der Johannisnacht auf unseren städtischen Bühnen präsentieren!“

Spanische „Falla“ aus Valencia geht in Flammen auf – WM-Spiel auf den großen Bühnen

Das große Abschlussfeuerwerk zur Mainzer Johannisnacht – jedes Jahr ein absolutes Highlight. – Foto: gik

Die Mainzer Johannisnacht geht dann auch in ihrem 50. Jahr mit dem traditionellen großen Feuerwerk am Rheinufer am Montagabend ab 22.30 Uhr zuende. In diesem Jahr solltet Ihr allerdings mal gut 45 Minuten früher da sein. Auf einem Leichter im Rhein wird es dann nämlich ein besonderes Schauspiel geben: eine acht Meter hohe „Falla“, eine Papierfigur aus der spanischen Partnerstadt Valencia. Mit der feiert die Stadt Mainz in diesem Jahr 40 Jahre Partnerschaft, deshalb spendet Valencis eine „Falla“ fürs Fest, die während der Johannisnachttage am Rheinufer ausgestellt wird. Am Montagabend dann wird die Figur auf einem Schiff auf dem Rhein ab 21.45 Uhr mit Pyrotechnik in Flammen aufgehen, bevor das große Abschlussfeuerwerk startet.

Im Übrigen ist mal wieder Fußball-Weltmeisterschaft just während der Johannisnacht, in diesem Jahr „erwischt“ es den Samstagabend, dann spielt Deutschland gegen Schweden. Nach Hause gehen oder das Fest verlassen, muss deshalb aber niemand: an zahlreichen Ständen werden Fernseher für den Blick in die Fußballwelt sorgen. Mehr noch: auch auf den großen Bühnen am Schillerplatz, auf dem Liebfrauenplatz und auf der KUZ-Bühne auf dem Rathausplateau wird das Spiel auf Leinwände übertragen.

Info& auf Mainz&: 50 Jahre Mainzer Johannisnacht vom 22. bis 25. Juni 2018 in der gesamten Mainzer Innenstadt. Das Programm findet Ihr auch zum Download auf der neu gestalteten Internetseite der Stadt Mainz zum großen Mainzer Stadtfest. Wer Mainz und der Festwelt seine Geschichte oder auch Fotos zur Johannisnacht gerne mitteilen möchte, kann dies noch bis zum 27. Mai tun und unter dem Betreff „50 Jahre Mainzer Johannisnacht – meine schönste Erinnerung“ an mainz.online@stadt.mainz.de senden. Einige ausgewählte Fotos und Geschichten werden dann auf der Johannisnacht präsentiert.

 

 

 

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Stadt bestreitet Information über verschobene Freigabe der GFZ-Kaserne – CDU: OB vergiftet Verhandlungsklima – Land setzt Projektsteuerer ein

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Der Streit um die verschobene Freigabe der GFZ-Kaserne in der Mainzer Oberstadt geht mit voller Härte weiter. Die Stadt wies nun die Darstellung zurück, das Bundesverteidigungsministerium habe Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) von der Verschiebung bereits im März informiert. Die Rede sei lediglich davon gewesen, dass eine Verzögerung drohe, sollten die Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne – Voraussetzung für den Umzug der Bundeswehr – nicht rechtzeitig fertig werden. Die CDU zeigte sich nicht überzeugt: die Verwaltung habe ja ganz offensichtlich frühzeitig von den drohenden Problemen gewusst. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) habe aber „überrascht getan“ und schade mit seinem „unseriösen Vorgehen“ schade er den Verhandlungen mit dem Bund.

Der damalige Kasernenkommandant, Oberstleutnant Herbert Schmid bei einem Rundgang in der GFZ-Kaserne im Jahr 2014. – Foto: gik

Der Bund hatte Ende Mai überraschend bekannt gegeben, die GFZ-Kaserne nicht Ende 2019, wie zugesagt, sondern erst 2022 freigeben zu wollen. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) beschwerte sich daraufhin in einem Brief an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Stadt sei darüber nicht unterrichtet worden, sondern habe von der Verzögerung erst aus der Presse erfahren. Das Bundesverteidigungsministerium widersprach daraufhin energisch: Schuld an der Verzögerung seien anhaltende Personalengpässe im Landesbetrieb Liegenschaften und Baubetreuung (LBB) des Landes Rheinland-Pfalz, dieser sei „nicht in der Lage“, die notwendigen Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne rechtzeitig fertigzustellen. Darüber habe man Sitte in einem Telefonat am 14. März informiert.

Stadt: Verzögerte Freigabe der GFZ-Kaserne „nicht kommuniziert worden“

Die Stadt widerspricht: Es habe zwar Kontakt zwischen dem Bundesverteidigungsministerium und dem Wirtschaftsdezernenten gegeben, ihm sei aber nur mitgeteilt worden, „dass mögliche Verzögerungen bei der Räumung der GFZ-Kaserne drohen, sollte es Verzögerungen bei den Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne in Mainz-Hechtsheim geben“, teilte die Stadt auf Anfrage mit. Sitte habe daraufhin den Kontakt zum Land Rheinland-Pfalz aufgenommen und auf die Zwänge und auf Nöte der Stadt Mainz, die im Zusammenhang mit dem rund neun Hektar großen Areal stehen, aufmerksam gemacht. Dass die Freigabe der GFZ-Kaserne tatsächlich verschoben werde sei aber „nicht kommuniziert“ worden, betonte die Stadt weiter. Oberbürgermeister Ebling halte deshalb seine Kritik am Bund aufrecht.

Renovierte 50er-Jahre-Bauten auf dem Gelände der GFZ-Kaserne, viele Gebäude stehen aber auch leer. – Foto: gik

In einem Brief an Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte Ebling von „fatalen Konsequenzen“ durch die Verschiebung für den Wohnungsmarkt in Mainz sowie für Gewerbeflächen gesprochen. Die Stadt will auf dem Gelände 500 Wohneinheiten erreichten und zudem dem benachbarten Unternehmen Biontech Expansionsflächen für die weitere Entwicklung zur Verfügung stellen. Man habe „im Vertrauen auf die bisher getätigten Zusagen“ im vergangenen Jahr die städtebauliche Rahmenplanung aktualisiert und inzwischen einen „städtebaulicher Wettbewerb zur Ausgestaltung der Details“ wie die Erschließung, die Gebäudestruktur sowie die Gestaltung der Grünflächen gestartet, teilte die Stadt nun auf Mainz&-Anfrage weiter mit. Nach dem Kauf der Liegenschaft sollte das Bebauungsplanverfahren starten.

Sitte bot Ausweich-Büros für Bundeswehr an – CDU: „abenteuerlicher Vorschlag“

Sitte habe zudem in seinem Telefonat mit dem Bundesverteidigungsministerium angeboten, die derzeit auf der GFZ Kaserne untergebrachten Mitarbeiter der Bundeswehr interimsweise in extra anzumietenden Büroflächen unterzubringen. Die Stadt könne hier gerne behilflich sein, wenn bekannt ist, welche Vorgaben und Flächen benötigt werden, so die städtische Pressestelle weiter.

Die CDU-Opposition nannte den Vorschlag „abenteuerlich und weit von der Realität entfernt.“ Ebling habe sich offenbar nie mit den Örtlichkeiten der GFZ-Kaserne auseinander gesetzt, sonst wüsste er, dass dort neben dem Landeskommando Rheinland-Pfalz auch die Feldjäger-Kompanie und das Feldjäger-Dienstkommando untergebracht seien, sagten CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig und der baupolitische Sprecher der CDU, Gerd Eckhardt. „Wo in Mainz hat denn der Oberbürgermeister eine passende freie Immobilie, die ein Sanitätszentrum mit Zahnarzteinheit, eine Waffenkammer mit entsprechendem Sicherheitstrakt, Hundezwinger, Gefängniszelle und so weiter vorweist?“, kritisierten die CDU-Politiker: „Mit 20 Büros ist es eben nicht getan.“ Mit solchen unqualifizierten Aussagen „blamiert der OB unsere Stadt beim Bund bis auf die Knochen“, schimpften die Christdemokraten. Die CDU befürchte, dass dieses Verhalten das Verhandlungsklima zwischen der Stadt und dem Bund weiter vergifte.

CDU: OB verbreitet falsche Tatsachen und schadet Verhandlungsklima mit dem Bund

Bürohaus der Firmen Ganymed und Biontech im Jahr 2014 am Rande des GFZ-Areals, hierfür gab die Bundeswehr damals bereits Kasernengelände frei. – Foto: gik

Dabei habe die Verwaltung ein großes Interesse an einem verbilligten Erwerb des GFZ-Areals und der Housing Area in Gonsenheim, um dort preiswertes Wohnen für jeden Geldbeutel zu ermöglichen. Die Attacken Eblings, aber auch der Ampel-Koalition im Stadtrat aus SPD, Grünen und FDP in Richtung Bund seien „völlig unangebracht“ und dazu grundlos, „falsche Tatsachen zu verbreiten und Fakten zu verdrehen“, sei aber „ganz schlechter Stil“, fügten Schönig und Eckhardt hinzu. Notwendig sei nun, andere Maßnahmen zur Wohnraumbeschaffung auf den Tisch zu bringen – und da verwies die CDU erneut auf ihren Vorschlag, einen neuen Stadtteil für Mainz zu schaffen. Vor einem Jahr habe man diese Idee bereits vorgestellt, SPD und die Ampel-Fraktionen müssten dazu ihre Blockadehaltung aufgeben. „Mit einem neuen Stadtteil könnte Wohnraum für alle geschaffen werden, betonten Schönig und Eckhardt“, „nicht umsonst schlagen Wiesbaden und Frankfurt genau diesen Weg ein.“

Für den Stadtrat am Mittwoch hat die CDU nun zudem einen umfangreichen Fragenkatalog zu dem Vorgang eingereicht und will darin auch wissen, wer sich im April 2017 angeblich bindend verpflichtet habe, das GFZ-Areal Ende 2019 frei zu geben und der Stadt Mainz zur Verfügung zu stellen – und fordert, den Wortlaut des Schreibens offen zu legen. Auch will man wissen, wann die städtische Grundstücksverwaltungsgesellschaft GVG vom Bund eine Teilfläche der GFZ-Kaserne erworben hat und wie damit verfahren wurde – und ob tatsächlich eine Verzögerung den Standort des Biotechunternehmens Biontech gefährden könne. Zudem fragt die CDU, was denn Sitte aus dem Finanzministerium erfahren hat, und warum die Informationen über sein Gespräch mit dem Bund offenbar nicht innerhalb des Stadtvorstands weiter gegeben wurden.

Resolution Mainzer SPD: Bund soll Kaserne 2019 freigeben

Viel Platz in der GFZ-Kaserne für ein neues Wohngebiet… – Foto: gik

Die Mainzer SPD forderte unterdessen vergangenen Samstag auf ihrem Parteitag in einer Resolution das Bundesverteidigungsministerium und die Bundeswehr auf, sich ihrer „gesellschaftspolitischen Verantwortung“ zu stellen. Aus dieser Verschiebung leiteten sich „erhebliche negative Auswirkungen für Mainz ab“, heißt es in der Resolution: „Da erkennbar keine nachvollziehbaren Gründe für die Verschiebung des Zeitplans vorliegen, fordert die SPD den erst im letzten Jahr genannten Zeitpunkt der Aufgabe der GFZ-Kaserne Ende 2019 beizubehalten.“ Für den Stadtrat hat unterdessen aus Reihen der SPD-Fraktion allein Stadträtin Myriam Lauzi eine Anfrage zur Zukunft der GFZ-Kaserne gestellt – als persönliche Anfrage.

Finanzministerium will nun Projektsteuerer einschalten

Im rheinland-pfälzischen Finanzministerium heißt es derweil, man arbeite eng mit den zuständigen Stellen des Bundes zusammen und habe schon 2017 die Planungen für die einzelnen Baumaßnahmen „ordnungsgemäß vorgelegt“ und abgestimmt. Die LBB-Niederlassung in Mainz sei zudem wie angekündigt in 2017 personell verstärkt worden, dazu seien freiberuflich tätige Architektur- und Ingenieurbüros mit einem Auftragsvolumen von bisher über 3,6 Millionen Euro eingeschaltet worden. Insgesamt stehen in der Kurmainz-Kaserne Bauarbeiten mit einem Volumen von rund 48 Millionen Euro an, 13 Bauvorhaben mit einem Volumen von rund 26,5 Millionen Euro sind dabei relevant als Vorbereitung für den Umzug der Bundeswehr aus der GFZ-Kaserne. Von diesen sind nach Angaben der Mainzer CDU-Bundestagsabgeordneten Ursula Groden-Kranich bisher lediglich 6.000 Euro abgerufen worden.

Das Finanzministerium sagte dazu nun auf Mainz&-Anfrage, es stehe „aktuell zusätzlich die Einschaltung eines Projektsteuerers kurz bevor.“ Die Koordination zwischen den einzelnen, parallel durchzuführenden Baumaßnahmen übernehme ein externer Baustellenlogistikplaner in enger Abstimmung mit allen Projektbeteiligten. „Damit ist die Bauverwaltung des Landes kapazitativ so aufgestellt, dass es zu keinem Bauverzug aufgrund fehlenden Personals kommt“, fügte die Sprecherin hinzu.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Verzögerungen bei den Bauarbeiten in den Bundeswehr-Kasernen lest Ihr in diesem Mainz&-Artikel, und in diesem Artikel findet Ihr auch die Schreiben von OB Ebling an den Bund und das Land. Mehr zum Vorschlag der CDU für einen neuen Stadtteil in Mainz lest Ihr in dem Mainz-Artikel zum Stadtteil Rheinhöhe, wie die Ampel-Koalition darauf reagierte lest Ihr hier.

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Nächtliche Verspätungsflüge: Jühe fordert Höchstgrenze pro Nacht – SPD-Abgeordneter Oster: Landegebühren ab 22.00 Uhr drastisch hochfahren

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Angesichts der hohen Zahl an verspäteten Landungen nach 23.00 Uhr am Frankfurter Flughafen fordert der Raunheimer Bürgermeister Thomas Jühe (SPD) jetzt ein deutlich schärferes Vorgehen der Politik. „Wir brauchen eine Höchstgrenze pro Nacht, und die muss deutlich unter dem liegen, was wir jetzt haben“, sagte Jühe am Dienstag in Raunheim. Natürlich gehe Sicherheit vor, Flugzeuge mit besonderen Schwierigkeiten müssten deshalb weiter landen dürfen. „Das können aber nicht mehr als zwei oder drei pro Stunde sein“, sagte Jühe, der auch Vorsitzender der Fluglärmkommission am Frankfurter Flughafen ist. Derweil hat das Thema auch den Mainzer Landtag erreicht: Im Verkehrsausschuss forderte die SPD-Fraktion am Dienstag die SPD-geführte Landesregierung auf, deutlich gegen die Verspätungslandungen in der Nacht bei der hessischen Landesregierung zu intervenieren.

Flieger über Haus in Raunheim, Einflugschneise des Frankfurter Flughafens. – Foto: gik

Nach 23.00 Uhr dürfen Flugzeuge in Frankfurt eigentlich nur noch in Ausnahmefällen landen, im Mai kam es mit 185 Verspätungslandungen dennoch zu einem neuen Höchststand. Das Thema treibt besonders die Menschen westlich des Flughafens derzeit stark um, in Mainz herrscht seit Wochen verschärfter Fluglärm. „Es ist dramatisch, was sich im Moment abspielt“, sagte auch der Raunheimer Stadtchef Jühe: „Das ist die längste Ostwetterperiode, die ich seit dem Jahr 2000 erlebt habe.“ Dazu kämen am Frankfurter Flughafen Bauarbeiten an der Südbahn, wodurch mehr Verkehr auf die Centerbahn umgeleitet werde.

Doch vor allem die „unfassbare hohe Zahl an verspäteten Flügen“ zwischen 23.00 Uhr und Mitternacht regen die Anwohner auf: „Das ist nicht mehr die Mediation, die eine Nachtruhe von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr in Aussicht gestellt hat“, schimpfte Jühe, das Mediationsergebnis werde „derzeit mit den Füßen getreten.“ Die Mediation mit ihrem Kern, dem Nachtflugverbot zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens, war der Kompromiss zwischen Wirtschaftsinteressen des Flughafens beim Bau der neuen Landesbahn 2011 und dem Ruhebedürfnis der Region, Jühe sieht diesen Kompromiss durch die derzeitige Lage grundlegend in Frage gestellt:  Wenn die Mediation weiter als der große Kompromiss zum Flughafenausbau in der Region wirken solle, „dann haben alle Akteure die Verantwortung, das schützend in der Hand zu halten“, warnte Jühe. Flughafenbetreiber Fraport stehe in der Verpflichtung, für die Einhaltung der Nachtruhe ab 23.00 Uhr zu sorgen.

Nächtliche Verspätungslandungen nach 23.00 Uhr treiben gerade die Menschen in der Region auf die Barrikaden. – Foto: gik

Jühe forderte am Dienstag deshalb eine Höchstgrenze für die Nacht von nicht mehr als zwei oder drei Fliegern pro Stunde. Die Fluglärmkommission wird deshalb kommende Woche Änderungen in der Betriebsgenehmigung oder im Planfeststellungsbeschluss in Sachen Verspätungslandungen fordern. „Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben und nicht der erweiterte Bereich für den Tag werden“, sagte Jühe. Wenn fehlende Luftraumkapazitäten eine Rolle spielten, müsse die Deutsche Flugsicherung (DFS) eben die Zahl der abzuwickelnden Flugbewegungen begrenzen: „Dann müssen die eben mal sagen, das ist nicht mehr zu schaffen.“

Die Stadt Mainz hatte vergangene Woche bereits gefordert, den Passus im Planfeststellungsbeschluss zu ändern, nach dem im Jahresschnitt 7,5 Verspätungslandungen pro Tag erlaubt sind. Derzeit gebe es „zu viele Schlupflöcher, die offensichtlich gezielt ausgenutzt werden“, kritisierte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). Das Thema der Verspätungslandungen griff nun auch die SPD im rheinland-pfälzischen Landtag auf: „Wir können das auch als Rheinland-Pfälzer nicht weiter tolerieren“, sagte der SPD-Abgeordnete Benedikt Oster am Dienstag nach dem Verkehrsausschuss im Mainzer Landtag gegenüber Mainz&: „Die Zahlen müssen runtergehen, wir haben Angst, dass das ausufert.“

Auch Oster fordert von der SPD-geführten Landesregierung, „den Finger mehr in die Wunde zu legen“. Die Regierung müsse jetzt „explizit wegen der zu spät kommenden Flieger mit Hessen ins Gespräch gehen und das monieren“, betonte er. Ein Druckmittel könne zudem sein, die Landegebühren zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr „dramatisch hochzufahren, so dass es für Fluglinien unattraktiv wird, dann zu landen“, sagte Oster: „Damit schafft man einen wirtschaftlichen Anreiz für die Unternehmen, sich an die Grenze von 23.00 Uhr zu halten.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu dem Ärger über die nächtlichen Verspätungslandungen und die Ursachen dafür lest Ihr hier bei Mainz&.

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Stilles Gedenken an Susanna – 200 Mainzer gedenken der getöteten Schülerin – 20 Rechte treffen auf 100 Gegendemonstranten

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Es war ein stilles Gedenken bei horrend schlechtem Wetter: Rund 200 Personen haben am späten Montagnachmittag auf dem Gutenbergplatz in Mainz der getöteten 14-jährigen Schülerin Susanna gedacht. Trotz strömenden Regens versammelten sich zahlreiche Prominente aber auch viele „normale“ Bürger am Gutenberg-Denkmal und stellten Kerzen auf. Gleichzeitig versammelten sich 20 rechte Protestierer des Bündnisses „Kandel ist überall“ auf dem Marktplatz. Nach Mainz&-Recherchen war darunter kein einziger Mainzer. Die Kundgebung war weiträumig von der Polizei abgesperrt und wurde von rund einhundert Gegendemonstranten aus dem linken Spektrum mit Pfiffen und „Haut ab“-Rufen begleitet. Die Polizei sprach von einem störungsfreien Ablauf.

150 bis 200 Mainzer versammelten sich am Montag, um der getöteten Susanna zu gedenken. – Foto: gik

Kurz vor 18.00 Uhr ging eine wahre Sintflut in Mainz nieder, eine Gewitterfront schüttete heftige Regenfälle über der Mainzer Innenstadt aus. Es war, als würde der Himmel selbst weinen über den gewaltsamen Tod der 14-jährigen Susanna. Die Schülerin vom Mainzer Lerchenberg war in der Nacht vom 22. auf den 23. Mai gewaltsam in Wiesbaden-Erbenheim getötet worden, der mutmaßliche Täter, der Iraker Ali Bashar, sitzt inzwischen in Frankfurt in Haft. Für Montag, 18.00 Uhr hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu einem stillen Gedenken auf dem Gutenbergplatz aufgerufen. „Heute ist ein Tag der Trauer“, sagte DGB-Landeschef Dietmar Muscheid gegenüber Mainz&: „Es geht darum, dieser schrecklichen Tat und des Schicksals des Mädchens zu gedenken.“

Zugleich warnte Muscheid davor, die Tat zu instrumentalisieren für Hass und Hetze gegen Ausländer und Flüchtlinge. In Deutschland gebe es viele schreckliche Taten, rechte Hetzer aber interessierten sich nur für solche, die von Ausländern begangen würden, kritisierte er. Die Strafverfolgungsbehörden müssten nun ihren Job machen, betonte Muscheid: „Mord ist Mord, das ist keine Frage der Nationalität.“

„Wir sind hier, um uns an Mord nicht zu gewöhnen“, sagte der evangelische Dekan Andreas Klodt im Gespräch mit Mainz&. Das Geschehen sei „so traurig und so schrecklich, da fehlen einem die Worte“, sagte Klodt: „Und es gibt Situationen, da dürfen sie auch fehlen.“ Es brauche Raum für Trauer, „wir wollen aber auch bewusst als Stadt gemeinsam zusammenstehen.“ Es gelte zu zeigen, „dass unsere freiheitliche Demokratie und unsere Zivilgesellschaft die Kraft hat, so einem schrecklichen Sterben etwas entgegen zu setzen“, fügte Klodt hinzu.

Gedachten Susannas, zündeten Kerzen an und riefen zu Zusammenhalt auf: Astrid Claus (DGB), die Oberbürgermeister Sven Gerich und Michael Ebling (beide SPD) und DGB-Landescherf Dietmar Muscheid. – Foto: gik

„Auch schwere Zeiten können uns nicht auseinander dividieren“

Unter Regenschirmen versammelte sich schließlich eine kleine Menge rund um das Gutenberg-Denkmal. Die Polizei sprach am Abend von rund 150 Menschen, der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) von rund 200 Personen. „Wir sind traurig, sehr traurig“, sagte Ebling, eine junge Mainzerin sei „auf brutalste Weise aus dem Leben gerissen worden, das erfüllt uns mit Schmerz.“ Die Trauerkundgebung sei „ein Zeichen der Mitmenschlichkeit“ und ein Zeichen „dass uns auch schwere Zeiten uns nicht auseinander dividieren können.“ Man denke an die Familie und an die Freunde, die mitlitten. „Wir vergessen auch nicht, dass die Umstände der Tat noch viele Fragen aufwerfen, die auch unser Rechtsstaat beantworten muss“, betonte Ebling weiter. Die Tat sei „so brutal und unmenschlich, dass uns der Atem stockt“, es gelte nun aber, nicht „der Versuchung zu erliegen, mit vordergründiger Argumentation gegen die Offenheit unserer Gesellschaft zu argumentieren, den Rechtsstaat in Frage zu stellen oder das zum Anlass nehmen, unsere demokratischen Strukturen erschüttern zu wollen.“

Gekommen war auch der Wiesbadener Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD). „Der schreckliche Mord hat uns in Wiesbaden schwer getroffen, nicht nur mich persönlich, sondern viele Teile der Stadtgesellschaft“, sagte Gerich Mainz&. Mainz und Wiesbaden feierten gemeinsam, und man trauere auch gemeinsam. In Wiesbaden seien viele Menschen geschockt, „es gibt Verstörung und auch Fragen, die gestellt werden, völlig zu Recht gestellt werden“, betonte auch Gerich. Er sei aber überzeugt, dass die Teile der Stadtgesellschaft stärker seien, „die weiter für eine tolerante offene Gesellschaft eintreten und weiter bereit sind, den Menschen, die hierhin gekommen sind, eine echte Chance zu geben.“ Dabei vergesse man nicht auch zu sagen „dass die Menschen, die unsere Werte und Grundordnung ablehnen und auch noch kriminell werden, keinen Platz in unserer Gesellschaft haben“, fügte er hinzu.

Stilles Gedenken mit Kerzen an die getötete Susanna. – Foto: gik

„Mir begegnet keine Wut, nur Trauer und Anteilnahme“, sagte die Lerchenberger Ortsvorsteherin Sissi Westrich Mainz&. Viele hätten Susanna aus der Grundschule oder vom Einkaufszentrum gekannt, viele folgten nun dem Aufruf des Hotels Lerchenberger Hof und spendeten für Trauerfeier und Begräbnis. „Lerchenberg trauert“, sagte Westrich. „Die Mainzer sind total geschockt und traurig“, sagte auch der Grünen-Politiker Daniel Köbler, es gelte auch den Angehörigen von Susanna zu zeigen, „dass sie nicht alleine sind in dieser schrecklichen Stunde.“ Dass die rechten Demonstrationen nur wenige Teilnehmer hatten, überrasche ihn nicht, sagte Köbler weiter: „Die Mainzer sind nicht bereit, sich von den rechten Rattenfängern instrumentalisieren zu lassen“, sagte Köbler.

Rechtes Bündnis „Kandel ist überall“ nur mit 20 Personen vertreten

Tatsächlich standen nur wenige Meter weiter, mitten auf dem Markt, gerade einmal 20 Menschen rund um das Transparent „Kandel ist überall“. Die rechte Gruppierung hatte zu der Demonstration aufgerufen, unter den Teilnehmern war jedoch nach Mainz&-Recherchen kein einziger Mainzer. „Wir sind hier, weil es Parallelen gibt zwischen den beiden Fällen Susanna und Mia, und weil wir wollen, dass die Menschen das zur Kenntnis nehmen“, sagte Mit-Initiatorin Christiane Christen. Die Schülerin Mia war Ende 2017 von einem jungen afghanischen Asylbewerber, ihrem Ex-Freund, ermordet worden, der Fall erregte bundesweite Aufmerksamkeit. „Wir können doch nicht zuschauen, wie Frauen und Mädchen Opfer werden“, sagte Christen.

Das rechte Bündnis „Kandel ist überall“ brachte nur 20 Personen auf dem Markt zusammen, keiner davon aus Mainz. – Foto: gik

Seit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seit die Kanzlerin die Grenze geöffnet habe, kämen „Hunderttausende hier rein, von denen wir nicht wissen, wer sie sind“, sagte Christen weiter. Das führe dazu, „dass eine bestimmte Anzahl Kriminellen unter den Flüchtlingen dieses Land betreten“, sagte sie. Die Grenzen müssten geschlossen werden, alle Illegale sofort das Land verlassen – und illegal seien praktisch alle Flüchtlinge. Alternativ müssten die Flüchtlinge „in kulturverwandte Schutzzonen“ gebracht werden, „dann hätten wir mögliche Gefährder nicht in unserer Nachbarschaft.“

Übertönt wurde die Kundgebung des rechten Bündnisses allerdings durch lautstarke Pfiffe und Sprechchöre von rund 120 Demonstranten aus dem linken Spektrum. „Wir wollen nicht, weil wir nicht wollen, dass die Rechten den Tod des Mädchens für ihre Hetze missbrauchen“, sagte eine Teilnehmerin von der Linken Jugend. Man wolle auch den wachsenden Versuchen dieser rechten Gruppen, sich mit sogenannten Montags-Demonstrationen in weiteren Städten zu etablieren, etwas entgegen setzen, fügte eine zweite Teilnehmerin hinzu – derweil sangen weitere Teilnehmer lautstark die „Internationale“.

Resolution der Mainzer SPD: Lassen Mainz nicht von Rassisten vereinnahmen

Die rechte Kundgebung fand nicht viel Zulauf. – Foto: gik

„Wir lassen es nicht zu, dass Mainz von Rechtsextremen jeglicher Couleur und Rassisten vereinnahmt wird, die versuchen den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu zerstören“, heißt es zudem in einer Resolution, die die Mainzer SPD am Samstag auf ihrem Parteitag verabschiedet. Das Motiv der rechten Demonstranten sei, „das Ende des demokratischen Rechtsstaates“ und fordern und sich „gegen jede Form einer vielfältigen und offenen Gesellschaft“ zu wenden. Das werde man nicht zulassen: „Wir wehren uns gegen jedwede Form von Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung und Gewalt. Unsere Stadt steht in der Bundesrepublik für einen toleranten und respektvollen Umgang miteinander. Das friedliche Zusammenleben in unserer wundervollen Stadt liegt uns am Herzen. Dabei lassen wir uns weder durch Bedrohungen, noch durch Gewalt einschüchtern.“

„Es sind Menschen, nicht Flüchtlinge, die Menschen töten“, hieß es zudem am Montag in einer von den Flüchtlingsräten von Hessen und Rheinland-Pfalz gemeinsam mit den Flüchtlingsräten von Mainz und Wiesbaden veröffentlichten Erklärung: „Wir alle, die wir uns für Menschen einsetzen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, verurteilen das grausame Verbrechen, dem Susanna zum Opfer gefallen ist. Das Leid, das ihr zugefügt wurde und den Schmerz ihrer Familie und Freunde können wir nur erahnen. Wir fühlen mit!“ Man hoffe und vertraue darauf, dass sich der Mensch, der Susanna so brutal das Leben genommen habe, vor Gericht verantworten müsse und bestraft werde, das hoffe man „auch im Namen der geflüchteten Menschen, die wir beraten, begleiten und unterstützen.“

Den Rechten stellten sich rund 120 Gegendemonstranten entgegen. – Foto: gik

Bashar gesteht Tötung, nicht aber Vergewaltigung

Susanna hatte sich am 22. Mai den bisherigen Ermittlungen zufolge mit Ali Bashar getroffen, der Iraker lebte zusammen mit seiner insgesamt achtköpfigen Familie in einem Flüchtlingsheim in Wiesbaden-Erbenheim. Bashar war im Zuge der großen Flüchtlingszustroms Ende 2015 nach Deutschland gekommen, sein Asylantrag war Ende 2016 abgelehnt worden. Bashar hatte dagegen geklagt, das Verfahren war noch nicht abgeschlossen – der gebürtige Iraker hielt sich demnach legal in Deutschland auf. Gemeinsam mit seinem Bruder bestand offenbar schon länger Kontakt zu Susanna, an dem fraglichen Abend sollen Ali und Susanna gemeinsam Alkohol und möglicherweise auch Drogen konsumiert haben. Es sei zum Streit gekommen in dessen Verlauf Susanna gedroht habe, sie werde Bashar bei der Polizei anzeigen. Aus Angst davor soll er sie dann erwürgt haben.

Bashar war am Freitagfrüh in seiner Heimatstadt im Norden des Irak von kurdischen Peschmerga-Einheiten festgenommen und bereits am Samstagabend nach Frankfurt ausgeflogen worden. In Wiesbaden wurde er noch am gleichen Abend über Stunden hinweg verhört. Bashar habe dabei gestanden, Susanna getötet zu haben, eine Vergewaltigung aber bestritten, teilte die Wiesbadener Polizei mit: Als Motiv habe er angegeben, Susanna habe Verletzungen im Gesicht gehabt, die durch einen Sturz entstanden seien, deshalb habe er befürchtet, dass das Mädchen die Polizei informieren werde. Eine Amtsrichterin ordnete daraufhin am Sonntag Untersuchungshaft an, Bashar wurde am Sonntagabend mit einem Polizeihubschrauber nach Frankfurt geflogen und dort in eine Justizvollzugsanstalt eingeliefert. Die Wiesbadener Polizei hatte in einer Pressekonferenz vergangene Woche mitgeteilt, sie gehe von einer Vergewaltigung sowie von Tod durch Strangulation aus.

Info& auf Mainz&: Mehr zu dem Fall Susanna und der Festnahme von Ali Bashar findet Ihr hier bei Mainz&, Details aus der Pressekonferenz der Wiesbadener Polizei vergangenen Donnerstag in diesem Mainz&-Artikel. Die Zahl der rechten Demonstranten haben wir persönlich gezählt – es waren ja nicht so viele.

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Geysir in der Mainzer Innenstadt – Wasserrohrbruch sorgt am Graben für hohe Wasserfontäne

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Ein Geysir in Mainz! Ein Wasserrohrbruch führte am Sonntagabend am Graben zu einer haushohen Wasserfontäne – leider nur für kurze Zeit. – Foto: Polizei Mainz

Mainz hatte am Sonntagabend kurzfristig eine neue Attraktion: einen Geysir! Mitten in der Innenstadt, auf der Kreuzung am Graben am Ende der Augustinerstraße, sprang auf einmal eine rund zwanzig Meter hohe Wasserfontäne aus dem Boden. Die Spitze des Schwalls reichte bis zum vierten Stock der benachbarten Häuser. Ursache: ein Wasserrohrbruch.  Ein bereits am Vortag gebrochenes Wasserrohr im Bereich der Straße Am Graben sei am Abend aufgrund eines Defektes erneut aufgebrochen, teilte die Polizei mit. Gegen 22.30 Uhr sei der Graben so zur Erfrischungsmeile geworden – die benachbarte Eisdiele verlängerte gar eigens ihre Öffnungszeiten.

Bei heißen Sommertemperaturen kam die Wasserfontäne offenbar gerade Recht: Zur „Spitzenzeit“ hätten sich etwa 40 Schaulustige an der Baustelle eingefunden, um die kühle Erfrischung zu genießen, heißt es im Polizeibericht weiter. Die entspannte Stimmung kam wohl auch zustande, weil die Fontäne mitten auf der Straße entstand und keine Fahrzeuge oder weitere Gegenstände bedrohte. Das Happening inspirierte die benachbarte Eisdiele dazu, ihre Öffnungszeiten zu verlängern – es war Erfrischungsabend in Mainz. „Wir dachten ja, dass es einen Geysir nur in Andernach gebe“, kommentierte die Polizei das Phänomen am Montag entspannt auf Twitter – in Andernach schießt der weltgrößte Kaltwasser-Geysir auf einer Insel am Rhein aus der Erde, dessen Fontäne wird allerdings bis zu 60 Meter hoch.

In Mainz schoben die Stadtwerke dem Schauspiel ganz schnöde den Riegel vor: Die Stadtwerke hätten den Schieber der Leitung geschlossen, teilte die Polizei weiter mit, „was leider zu großer Enttäuschung der Besucherinnen und Besucher dieses in Mainz doch seltenen Naturphänomens führte.“ Wäre doch mal eine Anregung für den Tourismussektor in Mainz 😉

 

 

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Erfolg im Mordfall Susanna: Ali Bashar im Irak durch Kurden festgenommen und ausgeliefert – Update: Täter gestand Tötung

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Erfolg im Mordfall Susanna: Keine 24 Stunden nach der Pressekonferenz in Wiesbaden ist ihr mutmaßlicher Mörder, der Iraker Ali Bashar, am frühen Freitagmorgen im Nordirak festgenommen worden. Bashar sei Freitagfrüh um 2.00 Uhr durch kurdische Sicherheitsbehörden im Nordirak auf Bitten der Bundespolizei festgenommen worden, teilte das Bundesinnenministerium am Freitag auf Twitter mit. Medienberichten zufolge hat Ali Bashar die Tat zudem bereits gestanden: Er habe nach einem Streit mit Susanna diese vergewaltigt und sie getötet, als sie drohte, die Polizei zu rufen. Update: Das sagte der kurdische Polizeipräsident in Fernsehinterviews. Inzwischen heißt es von der Wiesbadener Polizei, Bashar habe zwar die Tötung Susannas gestanden, nicht aber die Vergewaltigung. Bashar wurde bereits am Samstagabend nach Frankfurt geflogen und in Wiesbaden vernommen.

Der mutmaßliche Mörder von Susanna, der 20 Jahre alte Iraker Ali Bashar, wurde nun von Kurden im Nordirak festgenommen. Er soll die Tat gestanden haben. – Foto: gik

Nach Mainz&-Informationen sowie nach Berichten der BILD-Zeitung waren es die kurdischen Peschmerga-Kämpfer sowie die kurdische Autonomieregierung im Norden des Irak, die Ali Bashar in beispiellos kurzer Zeit ausfindig machten und festnahmen. Der 20 Jahre alte Iraker soll die 14-jährige Mainzer Schülerin Susanna in der Nacht vom 22. auf den 23. Mai in einem Feld bei Wiesbaden-Erbenheim erst vergewaltigt und dann durch Erwürgen getötet haben. Am 1. Juni war Bashar mit seiner gesamten, insgesamt achtköpfigen Familie, völlig überhastet aus dem Flüchtlingsheim, wo sie wohnten, abgereist und am 3. Juni per Flugzeug in die Türkei gereist. Von dort soll die Familie Medienberichten zufolge über die Grenze in den Nordirak geflohen sein. Die Gegend des Nordirak ist ein autonom von Kurden verwaltetes Gebiet, zu den Peschmerga-Einheiten der Kurden bestehen enge Beziehungen von deutscher Seite aus.

Nach einem Bericht der BILD-Zeitung war Bashar mit seiner Familie in seinen Heimatort Zakho geflohen, dort sei er in der Nacht zu Freitag von der Elite-Einheit „Zeravani“ festgenommen worden, die Teil der kurdischen Peschmerga-Kämpfer sei. Der kurdische General Tarek Ahmed, Chef der Polizei in Dohuk, sagte in einem TV-Interview, Bashar habe die Vergewaltigung und dem Mord an Susanna gestanden, wie mehrere Medien am Samstag berichten. Bashar sei am Samstagnachmittag zum Flughafen gefahren worden und werde am Samstagabend in Frankfurt eintreffen, er werde begleitet vom Chef der Bundespolizei persönlich, schrieb die BILD-Zeitung weiter.

„Der Erfolg ist das Ergebnis der guten Zusammenarbeit zwischen den kurdischen Sicherheitsbehörden im Irak und der deutschen Bundespolizei“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), und dankte ausdrücklich den kurdischen Sicherheitskräften. Mit ihrem schnellen Handeln und der problemlosen Auslieferung straften die Kurden alle Unkenrufen in Deutschland Lügen, die behauptet hatten, Ali Bashar werde nie mehr gefasst werden können. Tatsächlich existiert kein Auslieferungsabkommen zwischen der Bundesrepublik und dem Irak. Die deutsche Regierung unterstützt im Bürgerkrieg im Irak aber schon lange die kurdischen Peschmerga mit Ausbildung und Ausrüstung, das zahlte sich nun offenbar aus. „Wir müssen uns bei den Kurden und der kurdischen Regierung bedanken“, schrieb der Journalist Tobias Huch auf Twitter, ein genauer Kenner der Region und der dortigen politischen Verhältnisse: „Niemand sonst hätte so schnell durchgegriffen.“

Der Fall Ali Bashar wirft unterdessen weiter Fragen auf, vor allem die Umstände seiner Ausreise: Wie kam die Familie an Passierscheine, die sogenannten „Laissez Passez“, die von der irakischen Botschaft ausgestellt wurden – und zwar für eine Familie, die ihren Angaben zufolge aus dem Irak geflohen waren und dort verfolgt wurden? Dazu wurde am Düsseldorfer Flughafen bei der Ausreise nicht überprüft, ob die Namen auf den Bordscheinen dieselben waren wie die in den Papieren der Familie – die Tickets waren auf andere Namen ausgestellt. Obwohl Susanna bereits seit dem 23. Mai als vermisst gemeldet war und ihre Beziehungen zu der Familie Bashar allgemein bekannt war, konnte die Familie völlig ungehindert am 2. Juni ausreisen.

Nach einem Bericht des Spiegel soll Ali Bashar zudem in Wiesbaden vielfach mit Drogen gehandelt und so erhebliche Mengen Geldes eingenommen haben. Die Polizei Wiesbaden sagte dazu in ihrer Presskonferenz nichts, sie muss nun die Frage beantworten, ob sie davon nichts wusste oder ob sie diese Informationen nicht weiter gab. Bashar war bereits mehrfach durch Gewalttaten aufgefallen, gegen ihn laufen Verfahren wegen Angriff auf eine Polizistin sowie wegen schweren Raubes. Der Mord an Susanna hat in Mainz große Anteilnahme und Bestürzung ausgelöst, in Mainz sollten am Samstag mehrere Kundgebungen dazu stattfinden – sowohl von der rechtsgerichteten AfD, als auch von linken Gruppierungen.

An mehreren Stellen in Mainz und Wiesbaden stellen Menschen derzeit Kerzen im Gedenken an die getötete 14-jöhrige Susanna aus, diese Kerzen standen nach den Attacken in Paris am Institut Francais in Mainz. – Foto: gik

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat zudem für den 11. Juni um 18.00 Uhr zu einem stillen Gedenken auf dem Gutenbergplatz in Mainz vor dem Theater aufgerufen. „Wir erwarten von den Strafverfolgungsbehörden eine rasche und umfassende Erklärung“, heißt es in dem Aufruf, der Täter müsse im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zur Verantwortung gezogen werden. „Trotz aller Bestürzung und vielleicht auch Wut, darf ein solches Ereignis nicht dazu herhalten, das offene Miteinander in unserer Stadt, in unserer Gesellschaft zu zerstören“, betont DGB-Geschäftsführerin Astrid Clauss zugleich: „Unsere Stadt hat eine lange Tradition als weltoffene und tolerante Stadt, in der alle Menschen unabhängig von Herkunft, Religion oder sexueller Ausrichtung gut und friedlich zusammen leben. Diese Tradition wollen wir fortsetzen.“ Der DGB will deshalb am Montag „gemeinsam mit möglichst vielen Menschen ein Licht anzünden, um unserer Trauer Ausdruck zu geben, aber auch, um ein Signal der Hoffnung zu senden.“

Auch der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) rief zur Teilnahme an der Trauerkundgebung am Montag auf. „Wir brauchen Raum für die Trauer und die Anteilnahme“,  Susannas Tod „schmerzt uns sehr, und die Umstände der schrecklichen Tat machen uns wütend“, sagte Ebling am Freitag in einem schriftlich verbreiteten Statement: „Im Namen aller Mainzerinnen und Mainzer und ganz persönlich möchte ich den Angehörigen und Freundinnen und Freunden meine tiefempfundene Anteilnahme ausdrücken. Unser ganzes Mitgefühl gilt der betroffenen Familie.“

Er wünsche sich, dass der oder die Täter „mit der vollen Strenge des Gesetzes zu Rechenschaft gezogen werden können und für dieses abscheuliche Verbrechen büßen“, sagte Ebling weiter. Susanna habe ihr ganzes Leben noch vor sich gehabt, die Tat gegen sie sei „durch kein Motiv der Welt zu rechtfertigen. Unsere Stadt und der Stadtteil Lerchenberg sind aufgewühlt.“ Der brutale Mord fordere auch den demokratischen Rechtsstaat, der sich hinterfragen müsse, ob die Tat hätte verhindert werden können. Ebling kritisierte zugleich jene, die nun versuchten, „eine Situation der Trauer und der Anteilnahme auszunutzen, um politische Weltbilder zu skandieren, die gegen den demokratischen Rechtsstaat stehen.“ Es gelte zu vermeiden, dass Susanna zum Gegenstand Demokratie feindlicher Parolen gemacht werde.

Info& auf Mainz&: Der DGB ruft zu einem stillen Gedenken zur Ermordung der 14-jährigen Susanna am Montag, 11. Juni, um 18.00 Uhr auf dem Gutenbergplatz in Mainz auf. Mehr zum Mord an der Mainzer Schülerin lest Ihr hier bei Mainz&. Hintergründe über die autonome Kurdenregion im Norden Syriens und des Iraks haben wir in diesem Mainz&-Artikel beschrieben. Anmerkung der Redaktion: Da die Polizei Wiesbaden die Fotos des mutmaßlichen Mörders Ali Bashar sowie seinen vollen Namen mehrfach zu Fahndungszwecken herausgegeben und explizit um Berichterstattung mit Foto gebeten hat, verwenden wir die Fotos und den vollen Namen auch weiterhin. Wir halten es für unsinnig, nun Fotos im nachhinein zu verpixeln oder den Nachnamen abzukürzen.

 

 

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Freundeskreis für Gutenberg Museum gegründet – Neuer Kreis strebt erweiterte Trägerschaft mit Bund und Land an

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Das Gutenberg-Museum hat nun auch einen eigenen Freundeskreis: Am 28. Mai gründeten Mitglieder der Gutenberg-Stiftung in Mainz einen eigenen Unterstützerkreis für das Weltmuseum der Druckkunst. „Die Zeit ist reif“, sagte der Vorsitzende Andreas Barner, gleichzeitig Vorsitzender der Gutenberg-Stiftung. Man wolle den in Mainz entstandenen Schwung nach dem Bürgergehren zum Bibelturm zugunsten des Museums nutzen. Der Bürgerentscheid habe gezeigt, „es sind alle für das Museum“, da werde der Freundeskreis „sicher auf Zustimmung stoßen“, sagte Barner.

Liebesaffäre mit Gutenberg: Die Gründer des neuen Freundeskreises des Gutenberg-Museums (v.l. nach rechts): Andreas Barner, Annette Müller und Museumsdirektorin Annette Ludwig. – Foto: gik

Damit vollzieht das Gutenberg Museum einen Schritt, den andere Museen weltweit schon lange gegangen sind: Der Freundeskreis soll das Museum positiv begleiten und das Erbe des berühmten Buchdruck-Erfinders Johannes Gutenberg bewahren helfen. Die Freunde des Kreises würden „als Teil des Gutenberg-Netzwerkes laufend über unsere Arbeit und aktuelle Entwicklungen informiert“, heißt es weiter. Dazu wolle man Informationsveranstaltungen, Ausstellungspreviews, Exkursionen und vieles mehr veranstalten. Auch bei der Spendensammlung soll der Freundeskreis helfen.

„Die letzten Monate haben gezeigt, dass die Zeit reif ist für eine neue, von einer breiten Bevölkerung getragene Bewegung für das Gutenberg-Museum“, betonte Bahner: „Wir haben erleben dürfen, wie unglaublich hoch der Einsatz vieler Mainzerinnen und Mainzer für ihr Museum ist, und dass sie Großes zu leisten bereit sind.“ Diese Kräfte, die man unter Befürwortern wie Gegnern des Bibelturms gleichermaßen habe beobachten können, wolle man nun im Freundeskreis Gutenberg bündeln und für das Museum nutzbar machen. Auch mit der BI Gutenberg-Museum, die gegen den Bibelturm gekämpft hatte, wolle man sich ausdrücklich im Freundeskreis gemeinsam wiederfinden, betonte Barner. Wichtig sei aber auch, auch über Mainz hinaus ein Netzwerk zu bilden von Menschen, die sich dazu bekennen.

„Wir sind überzeugt davon, dass diese gemeinsamen Aktivitäten die Unterstützer des Gutenberg-Museums noch näher zusammenbringen können“, betonte Barner. Der Freundeskreis dürfe das Tun des Museums durchaus auch kritisch kommentieren, wolle das Wirken aber vor allem konstruktiv begleiten. Auf diese Weise könne „eine positive unterstützende Stimme“ entstehen. „Netzwerk, Interesse und Engagement, sind Faktoren, die wir uns vom Freundeskreis erhoffen“, fügte er hinzu.

Das Gutenberg Museum in Mainz braucht viele Freunde, insbesondere für den anstehenden Neuanfang. – Foto: gik

Auch bei der Gutenberg-Stiftung stehen damit nach dem aggressiven Wahlkampf rund um den Bibelturm die Zeichen auf Versöhnung und Ausgleich. Das Gutenberg-Museum sei „vielleicht ein wunderbares Beispiel, Bürgerbeteiligung in Mainz einzuüben“, sagte Barner, es gebe gerade im Internet „breite Möglichkeiten zur Partizipation“ von Bürgern. Auch Museumsdirektorin Annette Ludwig betonte, aus dem Prozess um den Bibelturm seien „ganz viele positive Dinge entstanden“, den Wenigsten sei es in der Debatte „nur um Schwarz oder Weiß“ gegangen.

Die neuen Töne sind überraschend, hatten doch gerade die Bibelturm-Befürworter die Gegner des Projektes im Wahlkampf häufig als Kulturbanausen und rückständige Modernisierungsverweigerer bezeichnet, Ludwigs selbst hatte wiederholt gewarnt, werde der Bibelturm abgelehnt, drohe dem Gutenberg-Museum schwerer Schaden. Die Mainzer hatten dennoch am 15. April das umstrittene Turmprojekt mit 77,3 Prozent deutlich abgelehnt. Nun sagte Ludwig, aus dem Prozess „der vermeintlichen Niederlage, die ich gar nicht so bezeichnen möchte“, seien „ganz viele positive Dinge entstanden.“ Es gebe eine spürbare Aufbruchstimmung zugunsten des Museums.

Die Gründung des Freundeskreises sei „ein guter Tag für das Gutenberg-Museum“, betonte Ludwig. Mit der Stiftung habe das Museum bislang einen wissenschaftlichen Unterstützerkreis gehabt, „was fehlte, war aber ein Freundeskreis, wo jeder mitmachen kann“, sagte Ludwig. Der Kreis solle auch positive Lobbyarbeit für das Museum betreiben, Netzwerke knüpfen und die Bedeutung in breite Kreise ventilieren. Die Idee habe es schon länger gegeben, bisher sei das aber „gar nicht gewünscht gewesen“, fügte Ludwig hinzu.

Der neue Freundeskreis strebt auch eine erweiterte Trägerschaft für das Gutenberg-Museum an. – Foto: gik

Nicht erwünscht gewesen sei bislang auch eine Diskussion über die Trägerschaft des Museums, Barner betonte nun ausdrücklich, der Freundeskreis setze sich auch für eine Erweiterung in Richtung Bund und Land ein: Da sich ein grundlegend erneuertes Museum „nur mit einer Beteiligung von Land und Bund realisieren lasse, ist auch eine erweiterte Trägerschaft des Museums Ziel des Freundeskreises“, sagte Barner. Voraussetzung für eine neue Trägerschaft sei aber die Entwicklung eines Konzeptes, fügte er hinzu.

Auch Ludwig betonte, sie setze sich dafür ein: „Ich kämpfe seit Jahren für eine Erweiterung der Trägerschaft“, betonte sie, die Stadt Mainz werde „auf absehbarer Zeit“ nicht in der Lage sein, die Ausstattung des Museums adäquat zu leisten. Nun gebe es bei der Frage der Trägerschaft Fortschritt, sagte Ludwig weiter: „Wir hätten das Potenzial, ein Nationalmuseum zu werden.“

Der Freundeskreis soll denn auch dazu beitragen, Spenden für ein neues, künftiges Museum zu sammeln. Das Frankfurter Städel sei „ein wunderbares Beispiel“, dass ein Freundeskreis eine wichtige Säule der Spendengewinnung sein könne, sagte Barner. „Freunde“ unterstützen das Museum mit einer jährlichen Spende in Höhe von 60,- Euro als Privatperson, ermäßigt 30,- Euro. Firmen und Verbände sollen mit jeweils 600,- Euro dabei sein. „Es darf in jedem Fall auch immer etwas mehr sein“, fügte Barner hinzu.

Info& auf Mainz&: Anträge für den neuen Freundeskreis des Gutenberg-Museums findet Ihr auf der Internetseite der Gutenberg-Stiftung, genau hier.

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Mord an 14-Jähriger erschüttert Mainz – Susanna fiel einem Sexualverbrechen zum Opfer – Tatverdächtiger Iraker setzte sich mit Familie ab

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Mainz ist geschockt: Eine 14 Jahre alte Schülerin aus Mainz ist Opfer eines brutalen Sexualverbrechens geworden. Die Polizei Wiesbaden gab am Donnerstag offiziell den Fund ihrer Leiche bekannt. Die 14 Jahre alte Susanna F. war seit 22. Mai als vermisst gemeldet und zuletzt in Wiesbaden gesehen worden. Dringend tatverdächtigt ist ein 20 Jahre alter Flüchtling aus dem Irak, der sich inzwischen mit seiner gesamten achtköpfigen Familie in den Irak abgesetzt haben soll. Ali Bashar soll Susanna in einem Feld bei Wiesbaden-Erbenheim vergewaltigt und anschließend getötet haben. Die Polizei gab inzwischen eine internationale Fahndung nach dem Mann heraus und bittet weiter um Hinweise aus der Bevölkerung. Dringend tatverdächtigt war zunächst auch ein 35 Jahre alter Türke, der Mittwochabend festgenommen, am Donnerstagabend aber überraschend wieder frei gelassen wurde. Der Fall wirft erneut erhebliche Fragen bei der Überprüfung von Asylsuchenden in Deutschland auf und stößt mitten in den Skandal um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Die Polizei Wiesbaden sucht diesen Mann, den 20 Jahre alten Ali Bashar aus dem Irak, als dringend Tatverdächtigen im Fall der ermordeten Susanna aus Mainz. Jegliche Hinweise zu ihm seit dem 20. Mai sind willkommen. – Foto: Polizei Wiesbaden

Die 14 Jahre alte Susanna aus Mainz-Lerchenberg war zuletzt am 22. Mai in der Wiesbadener Innenstadt gesehen worden, am Abend aber nicht wie verabredet nach Hause gekommen. Am 23. Mai meldete ihre Mutter sie als vermisst, bei der Mainzer Polizei. Am Mittwoch fand die Wiesbadener Polizei eine Leiche an der Bahnlinie in Wiesbaden-Erbenheim, am Donnerstag gab sie auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden bekannt: DNA-Untersuchungen hätten zweifelsfrei ergeben, dass es sich um die Leiche von Susanna F. handele. Dringend tatverdächtigt ist nun Ali Bashar, ein 20 Jahre alter irakischer Staatsangehöriger, der seit Oktober 2015 als Flüchtling in Deutschland lebte. Den Hinweis auf den Täter gab ein 13 Jahre alter Junge, der gemeinsam mit Bashar in einem Flüchtlingsheim in Wiesbaden lebte.

Der Junge sei am Sonntagabend zur Polizei gekommen und habe berichtet, Bashar habe ihm selbst von der Vergewaltigung und auch von der Tötung erzählt, berichtete  der Wiesbadener Polizeipräsident Stefan Müller. Von Montag bis Mittwoch suchte die Polizei mit Hubschrauber, Hunden und rund 300 Beamten intensiv nach der Leiche, die schließlich an der Bahnstrecke bei Wiesbaden Erbenheim in der Gemarkung „Kalkofen“ gefunden wurde. Der Körper sei mit Gräsern und Holz bedeckt gewesen, sagte Müller.

Susanna habe offenbar den Bruder des verdächtigten Irakers gekannt und sich mit ihm „eine Beziehung vorstellen“ können, sagte der Polizeipräsident weiter. Der Mann habe aber eine Beziehung abgelehnt. Auf diese Weise, so die Rekonstruktion der Polizei weiter, sei aber der Kontakt zu dem 20-jährigen Ali Bashar zustande gekommen. Schon am Abend des 22. Mai soll dann die grausame Tat geschehen sein: Bashar habe Susanna in einem Feld bei Erbenheim vergewaltigt und anschließend getötet, um die Tat zu vertuschen. Gestorben sei die 14-Jährige „durch Gewalteinwirkungen am Hals“, hieß es weiter. Danach sei die Leiche an den späteren Fundort gebracht worden. Müller sprach von einer „besonders abscheulichen“ Tat.

Der Fall kommt ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhebliche Mängel und Versäumnisse bei der Bearbeitung von Asylfällen bekannt werden. Brisant ist deshalb auch, dass der verdächtigte Iraker nach bisherigen Erkenntnissen im Oktober 2015 als Flüchtling aus dem Irak einreiste und hier Asyl beantragte, das aber Ende 2016 abgelehnt wurde. Der Mann klagte gegen die Entscheidung und hatte deshalb ein offizielles Aufenthaltsrecht. Bashar habe angegeben, von kurden im Irak mit Verfolgung und Folter bedroht zu werden, sagte die Polizei weiter.

Vergangenen Donnerstagabend, so die Polizei weiter, sei Bashar überhastet aus der Wiesbadener Unterkunft abgereist und am Samstagabend von Düsseldorf aus in die Türkei geflogen – und zwar gemeinsam mit seiner kompletten, achtköpfigen Familie. Die Tickets für eine Maschine um 19.10 Uhr seien bar bezahlt worden und hätten für die gesamte Familie andere Namen ausgewiesen „als die uns bekannten“. Ein Abgleich mit den Namen in den Pässen sei am Flughafen nicht erfolgt, es seien lediglich die Passbilder abgeglichen worden. Die Gruppe habe zudem zwei sogenannte Laissez-Passez-Dokumente, also Passierscheine, in arabischer Sprache dabei gehabt, die vermutlich von der irakischen Botschaft ausgestellt worden seien – also von dem Land, aus dem sie wegen angeblicher Verfolgung geflohen waren. Der Flug sei von Düsseldorf nach Istanbul gegangen, von dort sei die Familie weiter nach Erbil im Irak gereist, einer Hochburg der Kurden.

Der 35 Jahre alte Türke wiederum soll als Angehöriger der kurdischen Minderheit aus der Türkei in Deutschland Asyl beantragt haben. Der Türke wurde Mittwochabend unter dringendem Tatverdacht festgenommen und ein Haftbefehl gegen ihn beantragt. Am Donnerstagabend teilte die Polizei dann überraschend mit, es hätten sich „im Laufe des Nachmittags neue Ermittlungsergebnisse ergeben“. Demnach sei der dringende Tatverdacht gegen den 35-Jährigen zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zu begründen, der Haftbefehlsantrag sein deshalb zurückgenommen und der Beschuldigte entlassen worden.

Der Fall dürfte wegen seiner vielen Ungereimtheiten noch zu weiteren Diskussionen und politischen Debatten führen. So hatte die Mutter des Mädchens bereits am 23. Mai Vermisstenanzeige bei der Polizei in Mainz erstattet, die Polizei in Wiesbaden wurde allerdings erst am 30. Mai eingeschaltet. Grund dafür war ein erneuter Hinweis der Mutter vom 29. Mai: Ihr sei gesagt worden, ihre Tochter sei tot und liege begraben neben den Bahngleisen in Wiesbaden-Erbenheim, gab sie bei der Polizei an. Bereits zu diesem Zeitpunkt also kursierten sehr genaue Hinweise zu Susannas Verbleib. Trotzdem dauerte es bis zum Mittwoch, bis die Polizei die Leiche fand.

Dazu war Ali Bashar bereits zuvor mehrfach im Zusammenhang mit Gewaltdelikten aufgefallen. So habe Bashar im März 2018 eine Polizistin in Wiesbaden angegriffen, gegen ihn liege eine Anzeige wegen unerlaubten Besitzes eines Einhandmessers vor, sagte Müller weiter. Am 27. April beging Bashar nachweislich gemeinsam mit einem zweiten Mann einen Raubüberfall in Wiesbaden, bei dem ein Mann mit einem Messer bedroht, in ein Gebüsch gezerrt und ausgeraubt wurde. Trotzdem sagte Müller, es habe bisher keinen Grund für einen Haftbefehl gegeben, der 20-Jährige sei 2017 „weitgehend unauffällig geblieben.“ Allerdings behauptete wohl im März ein elfjähriges Mädchen, das ebenfalls in der Flüchtlingsunterkunft lebte, von „einem Ali“ vergewaltigt worden zu sein. Die Polizei habe aber erst im Mai davon erfahren, der Verdacht gegen Ali Bashar habe sich bislang zudem nicht erhärten lassen, betonte Müller.

Der Landesausländerbeirat in Hessen warnte denn auch am Abend vor vorschnellen Urteilen. Der heimtückische Mord sei „eine widerwärtige, abscheuliche Tat, die durch nichts zu rechtfertigen ist“, sagte der Vorsitzende Enis Gülegen: „Unsere Gedanken sind bei der Familie von Susanna. Wir wissen, dass ihre Qualen der letzten Tage und Wochen unvorstellbar sind. Kein Trost wird sie über den unerträglichen Schmerz hinwegtrösten.“ Gleichzeitig warnte Gülegen davor, die tragische Tat politisch auszunutzen: „Migranten und auch Geflüchtete sind weder die schlechteren noch die besseren Menschen“, betonte er. Der Täter „einer solchen widerwärtigen Tat verdient die volle Härte des Gesetzes“, auch Migranten und Geflüchtete bauten auf den Rechtsstaat.

Derweil kündigte die AfD in Mainz für den kommenden Samstag eine Mahnwache um 15.00 Uhr vor der Mainzer Staatskanzlei unter dem Motto „Es reicht“ an und forderte „endlich“, Konsequenzen zu ziehen – welche genau, sagte die AfD nicht. Auch die rechte Initiative „Beweg was“ will am kommenden Sonntag um 15.00 Uhr auf dem Helmut-Kohl-Platz in Mainz in Sachen Susanna demonstrieren. Die rechtsgerichtete Gruppierung hatte erstmals im März unter dem Motto „Merkel muss weg“ zu Demonstrationen gegen die Einwanderungspolitik der Bundesregierung aufgerufen, die aber eher geringen Zulauf verzeichneten. Die Gruppe war auch den rechten Aufmärschen im pfälzischen Kandel nach dem Mord an der Schülerin Mia beteiligt.

Unterdessen reagierte der Wiesbadener Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD) „mit großer Betroffenheit und Trauer“ auf die Nachricht über den Mord an Susanna. „Meine Gedanken und mein tiefes Mitgefühl sind bei den Angehörigen und Freunden des getöteten Mädchens“, sagte Gerich, es falle schwer, Worte für das Leid und den Schmerz zu finden. Die Familie solle aber „wissen, dass ich und die Menschen in unserer Stadt mit ihnen trauern und ihnen Trost und Kraft in dieser schweren Zeit wünschen.“ Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) äußerte sich erschüttert: „Meine Gedanken und mein tief empfundenes Beileid sind bei der Familie, ihren Freundinnen und Freunden“, sagte Dreyer: „Wir können Ihr unfassbares Leid nur erahnen und denken voll Mitgefühl an alle, die Trauern.“

Info& auf Mainz&: Die Polizei Wiesbaden bittet weiter um Hinweise im Fall Susanna. Vor allem wolle man wissen, wo sich Ali Bashar, vielleicht auch in Begleitung von Susanna, seit dem 22. Mai 2018, oder auch wenige Tage zuvor, aufgehalten hat. Die Polizei hofft auf Hinweise von Hundebesitzern, Spaziergängern und Radfahrern in Wiesbaden und den Erbenheimer Feldern, auch was die Abreise der Familie angeht. Zur Hinweisaufnahme wurde ein Callcenter mit mehreren Polizeibeamten eingerichtet, das unter der Rufnummer  (0611) 345-5555 erreichbar ist.  Anmerkung der Redaktion: Wir zeigen das Foto des dringend Tatverdächtigen, weil die Polizei es selbst verbreitet und explizit um Mithilfe bittet. Auch unser tiefes Mitgefühl gilt der Familie und den Angehörigen von Susanna. Wir berichten diesen Fall ausnahmsweise, weil er weitere auch politische Diskussionen und Demonstrationen in Mainz nach sich ziehen wird. Wir haben unsere Informationen sehr bewusst ausgewählt und nicht alles verwendet, was wir wissen. Wir haben uns zudem bewusst dagegen entschieden, eine Foto von Susanna zu zeigen.

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Ultrafeinstaub: Frankfurter Flughafen maßgebliche Quelle – Hessen räumt hohe Werte ein, sieht aber vor allem Bodenbetrieb als Ursache

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Der Frankfurter Flughafen ist eine maßgebliche Quelle für hohe Belastungen der Luft durch gesundheitsgefährdende Ultrafeinstäube. Das bestätigt nun auch das Hessische Landesamt für Umwelt (HLNUG) in einem Zwischenbericht. Messungen in der Umgebung des Flughafens hätten gezeigt, dass die Konzentration von Ultrafeinstaub ab 5.00 Uhr morgens stark ansteige, sich bis 6.00 Uhr verdoppelte und bis 12.00 Uhr „mehr als viermal so hoch wie in der Nacht“ liege, heißt es in dem Bericht, der Mainz& vorliegt. Nach 23.00 Uhr, also nach Ende des regulären Flughafenbetriebs, fielen die Konzentrationen „schnell auf ihren nächtlichen Wert zurück.“ Damit räumt das Land Hessen erstmals offiziell die hohen Konzentrationen rund um den Flughafen ein und auch, dass der Flughafen selbst die Ursache sein könnte. Allerdings sieht man nicht die Flugzeuge, sondern den Betrieb am Boden als Verursacher, die Linke in Hessen nennt das „absurd“. Und auch Fluglärm-Initiativen in München messen hohe Ultrafeinstaubwerte direkt unter landenden Maschinen.

Startender Airbus am Frankfurter Flughafen. – Foto: gik

Seit September 2017 führt das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) eigene Messungen zu ultrafeinen Partikeln an zwei Messstationen in Frankfurt Raunheim und Frankfurt-Schwanheim durch. An beiden Stationen lägen „tagsüber sehr hohe Anzahlkonzentrationen insbesondere von sehr kleinen Partikeln vor“, heißt es nun in dem Zwischenbericht, den das Hessische Landesumweltamt am Mittwoch veröffentlichte. Als Ursache sieht man hier allerdings nicht in erster Linie den Flugverkehr: Die hohen Partikelkonzentrationen träten auf, „sobald der Wind aus Richtung des Flughafens weht“, heißt es wörtlich, das Gelände sei „eine bedeutsame Quelle für ultrafeine Partikel.“ Nach derzeitigen Erkenntnissen sei das Aufkommen der Ultrafeinen Partikel vor allem durch bodennahe Transporte geprägt, also durch Emissionen, die am Boden beim Flughafenbetrieb entstünden. Ob „Überflüge unterhalb einer bestimmten Höhe als relevante Quelle für UFP am Boden in Betracht kommen, lässt sich aus den bisherigen Auswertungen nicht ableiten“, heißt es weiter.

Damit drückt man sich beim hessischen Landesumweltamt sehr vorsichtig aus: In Raunheim, in der Einflugschneise südlich des Flughafens, werden seit Ende 2015 bereits regelmäßig zwischen 20.000 und 100.000 Partikel Ultrafeinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen, Spitzenwerte reichen sogar bis zu 450.000 Partikel. Übliche Silvesterwerte nach dem Feuerwerk zu Jahresbeginn liegen um die 46.000 Partikel. Die Mainzer Initiative gegen Fluglärm wertete kürzlich die Messwerte aus dem gesamten Jahr 2017 aus, die in Raunheim im Sekundentakt erfasst werden. Ihre Schlussfolgerung: Die Konzentrationen von ultrafeinen Partikeln gehen unmittelbar nach Überflug einer Maschine hoch und sinken nach Weiterflug wieder.

Joachim Alt (links) und Wolfgang Schwämmlein mit ihren Auswertungen zu den Messungen der hessischen Umweltamtes zu Ultrafeinstaub in Raunheim. – Foto: gik

„Der Flugbetrieb hat einen dominierenden Einfluss“, sagt Joachim Alt, der Nachrichtentechniker maß bereits 2015 gemeinsam mit seinem Forschungspartner Wolfgang Schwämmlein denselben Effekt in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens. Auch in Mainz, also in mehr als 15 Kilometer Entfernung vom Flughafen, sei der Effekt nachweisbar, sagt Alt: Minuten nach dem Überflug eine Maschinen stiegen die Feinstaubwerte regelmäßig an. Das Argument des Landes Hessen, der Ultrafeinstaub wehe vom Flughafen herüber, kann er nur zum Teil nachvollziehen: Der Wind trage zwar zu einer Erhöhung der Messwerte bei, er erkläre aber nicht, „warum die Werte mit dem ersten Flieger pünktlich um 5.00 Uhr hochgehen.“

Ultrafeine Partikel sind winzige Rußteilchen, die in der Folge von Verbrennungsprozessen etwa bei Motoren, in der Industrie und auch in Heizanlagen entstehen. Neueste wissenschaftliche Studien rechnen den winzigen Rußpartikeln, die rund 1.000 mal kleiner als der gut erforschte Feinstaub sind, ein hohes Gesundheitsrisiko für Atemwegserkrankungen und Herzinfarkte zu. Grenzwerte gibt es bislang aber nur für Feinstaub, für Ultrafeinstäube hingegen nicht. Nach Angaben des hessischen Umweltamtes treten in Raunheim Konzentrationen von 5.000 bis 6.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft auf, in Stoßzeiten von 10.000 Partikel pro Kubikzentimeter allerdings sind dies Tagesmittelwerte.

Die ersten Zwischenergebnisse seien „auffallend“, aber „kein Grund zur Panik“, sagte die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Mittwoch. Welche Auswirkungen und gesundheitliche Folgen Ultrafeinstaubpartikel auf den menschlichen Körper hätten, sei „bislang noch nicht hinreichend wissenschaftlich erforscht.“ Es gebe bislang „keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse noch Grenzwerte“ noch verpflichtende Messungen, die Zusammenhänge müssten weiter untersucht werden.

Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir im Mai 2014 auf der Montagsdemo am Frankfurter Flughafen. – Foto: gik

Allerdings hatte bereits 2003 die Weltgesundheitsorganisation WHO in einer Studie gewarnt, es gebe „überzeugende Belege“, dass besonders kleinere Feinpartikel gesundheitlich problematisch seien und sich in wissenschaftlichen Studien hinsichtlich Herz-Kreislauf und Atemwegserkrankungen als „besonders risikoreich“ erwiesen hätten. Mehrere Studien in Düsseldorf sowie am Münchner Helmholtz-Institut wiesen nach, dass schon eine geringe Konzentration ultrafeiner Partikel schwerwiegende Auswirkungen haben können: „Erhöhte Konzentrationen von ultrafeinen Partikeln, etwa im dichten Straßenverkehr, führten bereits nach fünf Minuten bei den Probanden zu einer veränderten Herzvariabilität“, schreibt etwa Annette Peters, Leiterin des Forschungsbereichs Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum in München in einer Studie im Jahr 2015.

Peters Studien legen einen direkten Zusammenhang mit Herzinfarkten nahe, die Partikel veränderten die autonome Regulation der Herzfunktion, schreibt Peters. Im Gegensatz zu gröberem Feinstaub gelangten ultrafeine Partikel direkt in die Blutbahn, sowohl eine kurzfristig erhöhte Konzentration als auch eine Langzeitexposition erhöhten das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzversagen. Andere Forscher vermuten Zusammenhänge mit Diabetes, Krebserkrankungen und denen des vegetativen Nervensystems. „Ultrafeinstaub ist extrem gefährlich“, sagte auch der Mainzer Herzspezialist Thomas Münzel. Neue Daten zeigten, dass die ultrafeinen Partikel über die Lunge sofort in die Blutbahn und in die Gefäße hinein gelangten und dort unmittelbar zu Entzündungen führten. „Es gibt Untersuchungen mit Goldpartikeln bei Patienten mit koronaler Herzerkrankung, die gezeigt haben, dass je kleiner die Partikel sind, umso schneller werden sie aufgenommen“, sagte Münzel.

Ultrafeinstaubbelastung in Raunheim im Januar 2017, Auswertung durch Mainzer Initiative gegen Fluglärm. – Grafik: Alt/Schwämmlein

Und auch eine Studie des Duisburger Instituts für Energie- und Umwelttechnik (IUTA) bestätigt dies: „Ultrafeine Partikel (UFP) mit Partikeldurchmessern kleiner als 100 Nanometer haben sich in toxikologischen Studien als potentiell besonders gesundheitsgefährdend erwiesen“, heißt es in einem Bericht, der im Auftrag des Hessischen Landesamtes erstellt wurde und dem Amt im Januar 2018 zuging. In dem IUTA-Bericht gehen die Experten zudem von einem klaren Zusammenhang zwischen Flugverkehr und Ultrafeinstaubaufkommen aus: Studien aus den USA und den Niederlanden hätten „gezeigt, dass durch den Betrieb von Großflughäfen deutliche Emissionen von UFP erzeugt werden“, heißt es in dem Bericht, den Ihr hier selbst einsehen könnt.

Die Experten, die für eine Vergleichsmessung beauftragt wurden, stellten außerdem fest: An der Messstation Raunheim sei die vorherrschende Windrichtung nicht diejenige aus Richtung des Flughafens, es ergebe sich „eine Häufigkeit für Wind aus diesem Windsektor von 1,9 Prozent. Anders bei der Messstation in Frankfurt-Schwanheim: Diese wurde nach Angaben des Landes Hessen bewusst in eine verkehrsferne Umgebung zwischen Bäumen gewählt, die Station liegt nordöstlich des Flughafens. Zu 60 Prozent komme hier der Wind aus Richtung des Flughafens, stellte das IUTA fest.

Lage der beiden offiziellen Messstationen für Ultrafeinstaub des HLNUG in Raunheim und Schwanheim. – Foto: HLNUG

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Betrieb auf dem Flughafengelände einen Beitrag zu UFP-Belastungen leistet“, sagte Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne): „Belege, dass auch Überflüge unterhalb einer bestimmten Höhe als relevante Quelle in Betracht kommen, lassen sich aus den bisherigen Auswertungen nicht ableiten.“ Denn Raunheim werde zwar direkt überflogen, Schwanheim aber nicht. Zudem stiegen die Werte immer dann an, „sobald der Wind aus Richtung des Flughafens weht.“ Das IUTA nennt zudem als maßgebliche Quelle für die Partikelspitzen am Morgen und am Abend den Berufsverkehr auf den Autobahnen.

Experten von Fluglärminitiativen sehen das skeptisch: Das erkläre alles nicht, warum pünktlich um 5.00 Uhr, also mit den ersten Maschinen, die Werte starteten, sagte Alt. Tatsächlich stieg etwa am 15. Mai 2018 die Konzentration von ultrafeinen Partikeln an der Messstation in Raunheim pünktlich um 5.00 Uhr auf rund 33.000 Partikel und sank bis 6.00 Uhr wieder auf knapp 20.000 Partikel. Der Berufsverkehr in Frankfurt beginnt dann erst richtig, die ersten Maschinen hingegen fliegen pünktlich um 5.00 Uhr den Frankfurter Flughafen an.

Die Mainzer Initiative für Fluglärm sieht einen direkten Zusammenhang zwischen hohen UFP-Partikelkonzentrationen und Flugbewegungen. – Grafik: Alt/Schwämmlein

Auch das Argument des bodennahen Verkehrs sieht Alt skeptisch: „Viele Studien haben gezeigt, dass der Einfluss von Autobahnen bereits nach 100 Metern nicht mehr eindeutig erkennbar ist“, sagt er. Bekannt seien hingegen in der Forschung „exorbitant hohe“ Emissionen aus Flugzeugtriebwerken gerade auch von ultrafeinen Partikeln, die durch Wirbelschleppen der Flugzeuge über größerer Entfernungen verteilt würden. „Alle internationalen Studien aus Schiphol, Los Angeles, Boston oder Santa Monica bestätigen eine großflächige Belastung“, betont Alt. „Der Transport durch Wind bräuchte vom Flughafen mindestens zwanzig bis vierzig Minuten bis Raunheim“, sagt auch Alts Kollege Wolfgang Schwämmlein, „die Messwerte an den Geräten steigen und sinken aber im Minutenabstand.“

Das bestätigt auch Gerhard Müller-Starck vom Bürgerverein Freising, einer Anti-Fluglärm-Initiative im Umfeld des Münchner Flughafens: „Wir haben bei inzwischen 100 Messfahrten rund um den Flughafen umfangreiches Datenmaterial gesammelt“, sagte Müller-Starck im Interview mit Mainz&: „Unsere Messungen haben Werte bis 116.000 Partikel pro Kubikzentimeter Luft am Flughafen selbst und bis zu 1,3 Millionen bei direktem Überflug einer Maschine am Flughafenzaun ergeben.“ Die Werte seien „ganz eindeutig den Flugzeugen zuzuordnen“, betont der Professor für Forstwissenschaft. Messungen an einer Brücke über die Autobahn hätten gezeigt: „Die Werte sind nach 150 Metern stark gesunken“, sagt Müller-Starck. Flugzeuge hätten hingegen wegen der größeren Höhe eine erheblich größere Streuung: Besonders der Ultrafeinstaub werde je nach Wetterlage „kilometerweit verfrachtet.“

Al-Wazir und Hinz betonten, das Land wolle nun seine Messreihen weiter fortführen, um genauere Erkenntnisse über die Quellen des Ultrafeinstaubs zu bekommen. Mit einem weiteren, mobilen Messgerät solle nun an verschiedenen Stellen und in der Nähe verschiedener Quellen gemessen werden. Die Ergebnisse sollten für wissenschaftliche Grundlagenforschung zur Verfügung gestellt werden. Zudem habe er das Forum Flughafen und Region gebeten, sich intensiv mit der Frage zu befassen, wie UFP-Belastungen vermindert werden könnten, betonte Al-Wazir.

Das Land Hessen betont hingegen, die UFP-Partikel wehten vom Frankfurter Flughafen zu den Messstationen. – Grafiken: HLNUG

Die Linke im Hessischen Landtag sprach dagegen von einem „gefährlichen Spiel auf Zeit“: „Die Ergebnisse sind schon lange ausreichend, um über weitere Forschungen hinaus auch an der Reduzierung der Belastung durch Ultrafeinstäube zu arbeiten“, betonte Linksfraktionschefin Janine Wissler. Es sei „absurd“, den Flughafen als große Quelle für den gefährlichen Ultrafeinstaub zu bestätigen, dies aber für Flugzeuge im direkten Überflug von Siedlungen in Frage zu stellen.

Und auch bei Mainzer Grünen ist man skeptisch: „Im Rhein-Main-Gebiet leiden die Menschen nicht nur unter Fluglärm, sondern wohl auch unter einer sehr hohen Ultrafeinstaubkonzentration in der Luft – und der Flugverkehr scheint maßgeblich dafür verantwortlich zu sein“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner. Die Werte in Raunheim seien „erschreckend hoch“, darauf wiesen die Menschen in der Region allerdings auch schon „seit Jahren“ hin. „Die Gesundheit der Menschen muss Priorität haben und deshalb gehören Untersuchungen zu Ultrafeinstaub ganz oben auf die Agenda“, betonte Rössner. Die Bundesregierung sei „in der Pflicht, die Notwendigkeit von Grenzwerten zu prüfen und sich dann auch dafür einzusetzen, Grenzwerte im EU-Recht geltend zu machen.“

Dazu brauche es eine gezielten Forschungsförderung zu den Auswirkungen von Ultrafeinstaub auf die Gesundheit, der Bund zeige aber „keinerlei Ambitionen, hier für die notwendige Aufklärung und Gewissheit zu sorgen.“ Das sei „nicht nur kurzsichtig, sondern unverantwortlich“, kritisierte Rössner. Die Korrelationen von Ultrafeinstaub und Flugverkehr müssten dringend näher erforscht werden, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen, den Ultrafeinstaubausstoß im Flugverkehr zu verringern. Den Einsatz einer weiteren mobilen Messstation in Hessen „begrüße ich, das reicht aber nicht“, sagte Rössner weiter. Um genügend Daten zu sammeln, die für eine solide Forschung zwingend notwendig seien, „braucht es schlicht mehr Messstationen.“

Die Mainzer Initiative für Fluglärm geht noch weiter: „Ja, es muss mehr gemessen werden, aber man muss auch die Bevölkerung warnen“, sagte Alt. Vorstellbar sei etwa ein Warnsystem analog von Ozonwarnungen: „Man müsste die Bevölkerung warnen, wenn die Werte hoch sind, etwa keinen Marathon zu laufen“, sagte Alt Mainz&. Es brauche verbindliche Grenzwerte für Ultrafeinstaub, aber bis es die gebe, „wäre es wichtig, Warnwerte oder Signalwerte zu haben, um sich dem zu nähern.“

Info& auf Mainz&: Über die Auswertungen der Messwerte in Raunheim für Ultrafeinstaubpartikel hat Mainz& bereits im April 2018 berichtet, den Artikel findet Ihr hier. Unseren Bericht über Messungen Ende 2015 zum Thema Ultrafeinstaub auch in Mainz lest Ihr hier. Die Messwerte in Raunheim könnt Ihr Euch selbst auf der Seite des Hessischen Umweltamtes ansehen, allerdings sind die Messungen für ultrafeine Partikel seit 17. Mai 2018 ausgesetzt. Die Werte davor sind aber einsehbar. Den Zwischenbericht des HLNUG sowie den Bericht des Duisburger IUTA-Büros könnt Ihr Euch hier herunterladen. Informationen zu dem Ultrafeinstaubmessungen der Initiative in Freising gibt es hier im Internet.

 

 

 

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Freigabe GFZ-Kaserne: Landesbetrieb Bauen für Verzögerung verantwortlich – Dezernent Sitte wurde bereits im März informiert

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Die verzögerte Freigabe der GFZ-Kaserne an die Stadt Mainz schlägt hohe Wellen, nun sagt das Bundesverteidigungsministerium: Schuld sei der Landesbetrieb Bauen (LBB). Dort komme man nach wie vor durch Kapazitätsengpässe mit den notwendigen Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne nicht voran. Von eigentlich zum Verbauen vorgesehenen 26,5 Millionen Euro seien 2017 gerade einmal 6.000 Euro umgesetzt worden. Das teilte die Mainzer CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich am Mittwoch mit und kritisierte: Es sei „eine echte Unverschämtheit der Mainzer Stadtspitze, wenn man der Bundeswehr hier den schwarzen Peter zuschieben will.“ Nach Informationen von Mainz& informierte das Bundesverteidigungsministerium zudem bereits im März Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) über die Verzögerungen.

Das Gelände der GFZ-Kaserne in der Mainzer Oberstadt: Viel Raum für Neubauten. – Foto: gik

Vergangene Woche hatte das Bundesverteidigungsministerium bekannt gegeben, dass das Gelände der KFZ-Kaserne nicht wie vorgesehen Ende 2019 freigegeben wird, sondern erst 2022. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) beschwerte sich daraufhin in einem Brief an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Stadt sei darüber nicht unterrichtet worden, sondern habe von der Verzögerung erst aus der Presse erfahren. „Offenbar hielt es Ihr Haus für nicht geboten, die Stadt Mainz über diese Überlegungen sofort und unmittelbar zu unterrichten“, schrieb Ebling in einem Brief, der Mainz& vorliegt.

Doch das Bundesverteidigungsministerium widerspricht: Die Verzögerung und ihre Umstände seien am 14. März 2018 dem Wirtschaftsdezernat telefonisch mitgeteilt worden, heißt es in einer Email, die Mainz& vorliegt. Der Wirtschaftsdezernent habe daraufhin Kontakt mit dem Finanzministerium Rheinland-Pfalz aufnehmen wollen, das für die Bauverwaltung im Land zuständig ist. Ob dies geschehen sei und mit welchem Erfolg, sei dem Bundesverteidigungsministerium nicht bekannt.

Auch die Umstände der Verzögerung haben es in sich: Grund seien nämlich weiter Kapazitätsengpässe in der Landesbauverwaltung des LBB. Der Landesbetrieb „war und ist aus personellen Kapazitätsgründen nicht in der Lage“, die mit den Baumaßnahmen verbundenen Planungen und Arbeiten in den Bundeswehrliegenschaften „zeitgerecht in der ursprünglichen Zeitplanung abzuarbeiten“, heißt es aus dem Verteidigungsministerium aus der Hausspitze. Darauf habe man bereits 2017 schriftlich das Land Rheinland-Pfalz hingewiesen. „Auch durch den schriftlichen Kontakt von Frau Ministerin von der Leyen mit der Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz konnte die Personalnot des LBB bisher nicht spürbar gelindert werden“, heißt es weiter.

Die Bundeswehr wollte das Geländer der GFZ-Kaserne eigentlich bis Ende 2019 räumen, das verzögert sich nun bis 2022. – Foto: gik

Bereits im März 2017 hatte Mainz& von den Verzögerungen durch fehlendes Personal im LBB berichtet. Damals bestätigte das Mainzer Finanzministerium, es sei zu Verzögerungen bei den Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne gekommen. Die LBB-Niederlassung Mainz habe sich aber inzwischen personell verstärkt, man wolle die Bauarbeiten in der Kurmainz-Kaserne „schnellstmöglich voranbringen“, hieß es vor einem Jahr. Der Schwerpunkt der Bautätigkeiten werde in den Jahren 2018 und 2019 liegen, es sei nach wie vor mit einem Beginn des Umzugs der Bundeswehr bis Ende 2019 zu rechnen.

Die Umbaumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne am Ortseingang von Mainz-Hechtsheim sind die Voraussetzung für den Umzug und die Freigabe der noch in der GFZ-Kaserne stationierten Einheiten der Bundeswehr. Nach Mainz&-Informationen sind in der Mainzer Oberstadt vor allem noch eine Feldjäger-Kompagnie samt Dienstkommando, das Mainzer Sanitätszentrum sowie das Landeskommando Rheinland-Pfalz der Bundeswehr untergebracht. In der Kurmainz-Kaserne sind derzeit 13 Bauvorhaben geplant, neun davon stehen in direktem Zusammenhang mit dem Umzug aus der GFZ-Kaserne.

So sollen in der Kurmainz-Kaserne ein neues Sanitätsversorgungszentrum für knapp 4 Millionen Euro, eine Hunderzwingeranlage für die Feldjäger für 827.000 Euro sowie 91 Unterkünfte für rund 7,2 Millionen Euro gebaut werden. Ferner steht ein Umbau für ein neues Feldjägerdienstkommando für rund 3,4 Millionen Euro und Umbauten für das Landeskommando sowie von Bürogebäuden in Höhe von 7,3 Millionen Euro an. 26,2 Millionen Euro sollten für vorbereitende Baumaßnahmen im Zuge des GFZ-Umzugs eigentlich in der Kurmainz-Kaserne verbaut werden, betonte die Mainzer CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich am Mittwoch, umgesetzt worden seien gerade einmal Baumaßnahmen in Höhe von 6.000 Euro.

„Das zeigt einmal mehr, wie wenig die SPD-geführte Landesregierung ihre Landesämter mit den notwendigen Kapazitäten ausstattet“, kritisierte Groden-Kranich. Es stelle sich die Frage, ob Ebling seine guten Beziehungen in die Landesregierung nicht nutze, und warum „sich nichts tut“. Es sei eine „echte Unverschämtheit der Mainzer Stadtspitze, wenn man der Bundeswehr hier den schwarzen Peter zuschieben will, nur um über die Fehler der eigenen Parteikameraden in der Landesregierung hinwegzutäuschen“, schimpfte sie weiter. Wenn die Landesregierung nicht in der Lage sei, den LBB personell so auszustatten, dass er die Bauarbeiten in den vorgegebenen Fristen auch abschließen könne, müsse gegebenenfalls darüber nachgedacht werden, die Gesetze so zu ändern, dass der Bund dann Baumaßnahmen in seinen Liegenschaften selbst ausführen könne. Derzeit werden Baumaßnahmen der Bundeswehr verpflichtend durch die jeweiligen Landesbauverwaltungen umgesetzt.

Tatsächlich gehen aus einer Aufstellung aus dem Bundesverteidigungsministerium, die Mainz& vorliegt, erhebliche zeitliche Verzögerungen bei den Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne hervor. So wurden etwa die Planungen für die Arbeiten zum Feldjägerdienstkommando bereits 2011 begonnen, mit denen für das Sanitätszentrum 2013, ebenso für Umstellungen im Küchenbetrieb. Baubeginn für das Feldjägerkommando sollte im Oktober 2017 sein, dieser wurde nun aber auf August 2018 verschoben, auch der Baustart für das Sanitätszentrum – geplant für Dezember 2017 – soll im August 2018 sein. Die Bauarbeiten für das Landeskommando werden gar mit November 2015 als Starttermin angegeben, sie sollen nun im September 2018 beginnen. Das Gros der Bauarbeiten soll so erst im Herbst 2020 fertig gestellt sein, die 91 Unterkünfte sollen gar erst im Mai 2021 fertig werden.

Die Mainzer CDU äußert sich deshalb über die Schuldzuweisungen des Oberbürgermeisters in Richtung CDU-Bundesministerin empört. „Ich bin sehr verwundert, dass ein Wirtschaftsdezernent entsprechende Informationen hat, und gleichzeitig der OB solche Verlautbarungen macht“, sagte die Mainzer CDU-Chefin Sabine Flegel auf Anfrage von Mainz&: „Da stelle ich mir schon die Frage: Reden die nicht miteinander?“ Es räche sich nun, dass Ebling bei seinen Versprechungen, Wohnraum in Mainz zu schaffen, „allein auf Zufälle und Insolvenzen“ verlasse, kritisierte Flegel: Alle neuen Wohnareale entstünden bisher entweder auf Konversionsflächen oder beruhten auf der Insolvenz einer Firma auf dem Heilig-Kreuz-Areal. „Eigene Ideen entwickelt die Stadt nicht“, kritisierte Flegel, „im Gegenteil: unser Vorschlag, einen eigenen neuen Stadtteil zu entwickeln, wurde in Basta-Manier abgelehnt.“

Die CDU hatte 2017 vorgeschlagen, Planungen für einen komplett neuen Stadtteil zur Entspannung des Wohnungsmarktes zu entwickeln und dafür ein Gelände auf der Anhöhe über Laubenheim ins Gespräch gebracht. Stadtspitze sowie Ampel-Koalition hatten den Vorschlag eines Stadtteils Rheinhöhe als unsinnig zurückgewiesen, die SPD von einer „Schnapsidee“ gesprochen. Ebling hatte nun in seinem Brief an Ministerin von der Leyen geklagt, die Lage auf dem Mainzer Wohnungsmarkt entspanne sich nicht so schnell wie gewünscht, die Verzögerungen bei der Freigabe der GFZ-Kaserne habe für Mainz „fatale Konsequenzen.“

Groden-Kranich verwies unterdessen am Mittwoch noch einmal ausdrücklich darauf, dass der Bund in Sachen GFZ-Kaserne keinen Rückzug gemacht habe: Die Freigabe des Geländes sei nicht zurückgenommen, sondern „nur“ um drei Jahre auf 2022 verschoben worden.

Info& auf Mainz&: Wir haben natürlich die Stadt Mainz sowie das Mainzer Finanzministerium – zuständig für den LBB – um Stellungnahme gebeten, wir hoffen auf baldige Rückmeldung und werden Euch dann natürlich umgehend informieren. Mehr zu den Briefen Eblings und die Verschiebung der Freigabe der GFZ-Kaserne lest Ihr hier bei Mainz&.

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