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Monatsarchive: Juni 2018

Räumung der GFZ-Kaserne verschiebt sich bis 2022 – Ebling schreibt erboste Briefe an von der Leyen und Dreyer

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Rückschlag für die Stadt Mainz im Kampf um mehr Wohnraum: Die GFZ-Kaserne in der Mainzer Oberstadt wird doch nicht, wie vorgesehen, 2019 von der Bundeswehr geräumt. Die Räumung verschiebe sich wohl bis 2022, teilte die Stadt Mainz nun mit, das habe man selbst erst aus der Presse erfahren. Entsprechend wütend ist man bei der Stadt: Das neun Hektar große Gelände mitten am Eingang zur Mainzer Innenstadt spielt eine wichtige Rolle in den Plänen der Stadt zur Schaffung von Wohnraum in Mainz, die Verschiebung ist nun ein herber Rückschlag. Zumal es nicht die erste ist: Seit Jahren verzögert die Bundeswehr die Räumung des Geländes immer wieder, auch weil Bauarbeiten auf dem Gelände der Kurmainz-Kaserne am Eingang nach Hechtsheim nicht fertig werden. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) schrieb deshalb jetzt gleich zwei wütende Briefe – einen an Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und einen an Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

Das Gelände der GFZ-Kaserne in der Mainzer Oberstadt dümpelt bereits seit Jahren vor sich hin, hier Bilder von einer Besichtigung 2014. Auch damals standen die meisten Gebäude bereits leer. – Foto: gik

Seit Jahren schon schaut die Stadt Mainz mit begehrlichen Blicken auf das Gelände der Generalfeldzeugmeister-Kaserne in der Oberstadt, das weitläufige Areal wird seit geraumer Zeit von der Bundeswehr nur noch in sehr geringem Maße genutzt. Das 8,7 Hektar große Gelände zwischen St. Vinzenz-Krankenhaus und Pariser Straße dümpelt schon lange vor sich hin, viele Gebäude stehen schon seit Jahren leer. Pläne gab es bereits viele, das Hochhaus etwa hätte die Stadt gerne schon 2015 als Flüchtlingsunterkunft genutzt – es wurde nie etwas daraus. Anfang 2017 dann hieß es, jetzt endlich komme Bewegung in die Sache, die Bundeswehr werde das Gelände bis Ende 2019 räumen. Die Stadt würde hier gerne 500 Wohnungen entstehen lassen und dazu Gewerbe ansiedeln, nun stockt das Vorhaben erneut.

„Mit großer Verwunderung“ habe er einen neuen Zeitplan aus einer Berichterstattung im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags zur Kenntnis genommen, nachdem sich die Übergabe des GFZ-Geländes an die Stadt Mainz „bis in das Jahr 2022“ verzögern solle, schrieb Ebling am Dienstag in einem Brief an Ministerin von der Leyen. „Offenbar hielt es Ihr haus für nicht geboten, die Stadt Mainz über diese Überlegungen sofort und unmittelbar zu unterrichten“, schreibt Ebling deutlich verärgert weiter. Die Verzögerung habe aber „fatale Konsequenzen“ für die Landeshauptstadt Mainz und den Mainzer Wohnungsmarkt, auch die Entwicklung wertvoller Gewerbeflächen werde gehemmt – explizit nennt Ebling den Bereich der Biotechnologie-Branche. Es gelte, die Abwanderung hochflexibler Firmen zu verhindern, deren Personal sich aus international anerkannten fach- und Spitzenkräften rekrutiert.

Am Rande der GFZ-Kaserne hat sich in den vergangenen Jahren etwa die Firma BionTech angesiedelt, die im Bereich der Krebsbekämpfung führende Verfahren entwickelt – und die sich gerne weiter ausdehnen würde. Die Firma sei deshalb an die Stadt Mainz herangetreten, sagte Ebling – und offenbar hat man hier auch schon Zusagen gemacht: Die Stadt habe gemeinsam mit dem Unternehmen „auf den gesetzten Zeitplan“ mit der Räumung Ende 2019 vertraut, schreibt Ebling wütend weiter. Angesichts der Nöte seiner Stadt, aber vor allem auch der zeitlichen Abläufe des Freigabeprozesses der Kaserne sei er „mehr als enttäuscht“, schriebt Ebling weiter. Bereits Ende 2011 sei über die Aufgabe der GFZ-Kaserne grundsätzlich im Verteidigungsministerium entschieden worden. „Wenn der dann einsetzende Prozess sich über mehr als zwei Jahrzehnte erstreckt, ist dies nur noch schwer begreiflich und den Bürgern auch nicht mehr vermittelbar“, fügte der OB hinzu.

Der damalige Kasernenkommandant im Jahr 2014 vor Bürogebäuden in der GFZ-Kaserne. – Foto: gik

Bereits vor einem Jahr waren nämlich erneute Verzögerungen für die Freigabe bekannt geworden, damals kamen die Baumaßnahmen in der Kurmainz-Kaserne in Hechtsheim nicht voran – hier muss Platz für die Soldaten aus der GFZ-Kaserne geschaffen werden. Ursache vor einem Jahr war unter anderem Personalmangel im Landesbetrieb Bauen von Rheinland-Pfalz – und ganz ausgeräumt sind die Probleme offenbar auch noch nicht: „Ich bitte weiterhin auch das Land Rheinland-Pfalz, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Bautätigkeiten auf dem Gelände der Kurmainz-Kaserne im vorgesehene Zeitplan abzuschließen“, schrieb Ebling an Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Der Mahnbrief in die Staatskanzlei ist besonders denkwürdig, war Ebling doch selbst vor seiner Zeit als Oberbürgermeister Staatssekretär in der rheinland-pfälzischen Landesregierung.

Der Druck in Mainz ist jedenfalls hoch, in beiden Briefen – die Mainz& vorliegen – verweist Ebling auf den hochgradig angespannten Wohnungsmarkt in Mainz. „Trotz aller gemeinsamer Anstrengungen entspannt sich die Situation nicht so schnell wie gewünscht“, schreibt Ebling weiter, „selbst eine Stagnation ist an vielen Stellen leider nicht spürbar.“ So hätten sich die Bodenrichtwerte in der Stadt binnen weniger Jahre um rund 300 Prozent erhöht. Und Ebling erneuerte in beiden Briefen auch noch einmal sein Angebot zur Unterstützung: Die Stadt sei gerne bereit, jede Unterstützung für die Zusammenführung der beiden Bundeswehrstandorte zu leisten. „Ich bitte Sie“, fügte Ebling noch hinzu, „den verabredeten Zeitplan einzuhalten.“

Auch die Fraktionen der Ampel-Koalition im Mainzer Rathaus reagierten mit Unverständnis und Enttäuschung auf die Verschiebung: „Die Bundeswehr mit ihren Liegenschaften sollte sich hier ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden“, sagten die drei Fraktionschefs Alexandra Gill-Gers (SPD), Sylvia Köbler-Gross (Grüne) und Walter Koppius (FDP). Man erwarte nun von den Mainzer Bundestagsabgeordneten, sich für eine schnellstmögliche Freigabe der GFZ–Kaserne einzusetzen, „die ewige Hinhalterei des Bundes muss ein Ende finden.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Verzögerungen bei der Räumung der GFZ-Kaserne lest Ihr hier bei Mainz&, einen Bericht von einem Rundgang über das Gelände im Jahr 2014 könnt Ihr hier finden.

 

 

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„Schlupflöcher schließen“: Stadt Mainz fordert von Hessen Änderung des Planfeststellungsbeschlusses zu verspäteten Landungen in Frankfurt

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Angesichts des seit Wochen dröhnenden Fluglärms über Mainz und der schleichenden Aushöhlung des Nachtflugverbots, fordert die Stadt Mainz nun konkrete Änderungen vom Land Hessen: Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) und Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) fordern, den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens zu ändern, um den dauerhaften Verspätungslandungen nach 23.00 Uhr einen Riegel vorzuschieben. Der Planfeststellungsbeschluss erlaube eine gewisse Zahl von Landungen nach 23.00 Uhr bei nicht vorhersehbaren Gründen, derzeit würden aber die Ausnahmen fast schon zur Regel. Das müsse geändert, die bestehenden Schlupflöcher geschlossen werden, fordern die Mainzer Politiker. Ausnahmen müssten Ausnahmen bleiben und dürften nicht zur Regel werden.

Den Mainzer reicht es jetzt mit Dauer-Fluglärm und Verspätungslandungen: Die Stadtspitze fordert nun von Hessen Änderungen beim Planfeststellungsbeschluss in Frankfurt. – Foto: gik

Das Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen war eine der Hauptkompensationen für den Ausbau des Flughafens mit der dritten Landebahn, danach muss der Flugverkehr eigentlich zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens ruhen. Aus Sicherheitsgründen ließ der Gesetzgeber aber Ausnahmen zu: Verspätet sich ein Flieger aus Gründen, die die Airline nicht zu verantworten hat, darf er bis Mitternacht noch in Frankfurt landen – eine Einzelgenehmigung ist dafür nicht einmal nötig. Doch was eigentlich als Ausnahme gedacht war, wird inzwischen zur Regel: 185 Maschinen setzen allein im Mai in Frankfurt zwischen 23.00 Uhr und 24.00 Uhr noch auf, teilte das hessische Verkehrsministerium vor drei Tagen mit. 58 Fälle gingen auf das Konto der irischen Billigfluglinie Ryanair, 55 auf das Konto der Charterfluglinie Condor. Die Nachtflugbestimmung in Frankfurt würde in nie dagewesener Weise „auf die Probe gestellt“, räumte Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) ein.

„Die aktuelle Häufung der Verstöße zeigt, dass die bisherigen Instrumente keinen wirksamen Schutz für die Menschen bieten“, kritisierten nun Ebling und Eder am Dienstag in Mainz: „Nach wochenlangem Ostbetrieb in Kombination mit zahlreichen Verspätungen liegen bei vielen Menschen die Nerven blank.“ Es sei für die Bewohner der Region „nicht nachvollziehbar, dass das Nachtflugverbot fast jede Nacht ausgehöhlt wird“, schimpften die Mainzer Politiker, man könne bei mancher Fluglinie zudem „den Eindruck gewinnen, dass diese Verspätungen zugleich systematisch eingeplant sind – nicht die Ausnahme, sondern die Regel.“

Der Planfeststellungsbeschluss biete „Schlupflöcher, die offensichtlich gezielt ausgenutzt werden“, kritisierten Ebling und Eder weiter. Diese Graubereiche müssten „zwingend eliminiert werden, um jeglichen Missbrauch zu stoppen.“ Die Mainzer Politiker fordern das Land Hessen auf, „mit voller Härte“ gegen die systematischen Verspätungen bestimmter Airlines vorzugehen und begrüßten die Einleitung der Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Ryanair. Das reiche aber noch nicht aus, hieß es weiter: „Wir fordern das Land Hessen auf, mit einer gezielten Planänderung zum Planfeststellungsbeschluss diese offenkundigen Lücken zu schließen, so dass Ausnahmen auch Ausnahmen bleiben“, forderten Ebling und Eder.

Dem Mainzer Michel fliegt mal wieder viel zu viel um die Ohren. – Foto: gik

Die Mainzer berufen sich dabei auf zwei Ziffern im Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens – die Ziffern 4.1.3.1. und 4.1.3.2. – wonach eine gewissen Anzahl an Verspätungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Die Planfeststellungsbehörde habe sich jedoch vorbehalten, diese Regelung zu ändern, wenn der Durchschnitt eines Kalenderjahres den Wert von 7,5 täglichen Verspätungslandungen im Jahresdurchschnitt übersteige, betont man in Mainz.

Die 185 Verspätungen im Mai kommen dieser Grenze bereits sehr nahe, allerdings war dies auch ein Rekordhöchstwert. Im April 2018 gab es 72 verspätete Landungen, im März waren es 57, im Februar lediglich 26, davon allerdings die allermeisten während Ostbetriebs. Im Jahr 2017 gab es insgesamt mehr als 700 verspätete Landungen, dazu mehr als 400 verzögerte Starts. Höhepunkt war bislang der September 2017 mit allein 105 Verspätungen gewesen. Das hessische Verkehrsministerium versucht seit Monaten, das Problem in den Griff zu bekommen, bislang allerdings vergeblich.

Kritiker wie etwa die hessische Linke fordern, der Bruch der Nachtruhe müsse mit Flugverboten geahndet werden, Al-Wazir lasse sich gerade von den Billigfluglinien „auf der Nase herum tanzen“ und schaue „tatenlos zu“, wie etwa Ryanair das Nachtflugverbot systematisch unterlaufe, schimpfte Linken-Fraktionschefin Janine Wissler vor wenigen Tagen im Wiesbadener Landtag. Und selbst die hessische FDP mahnte, Spielregeln müssten für alle Airlines gleichermaßen gelten. Ryanair sei dabei, Vertrauen in den Flughafen und seine Regeln insgesamt zu beschädigen, das könne nicht hingenommen werden.

„Dem Schutz der Nacht wird seit jeher zu Recht ein besonderer gesetzlicher Schutzstatus eingeräumt“, betonen auch die Mainzer Politiker – dies sei das schlagende Argument des Bundesverwaltungsgerichtes für das Nachtflugverbot gewesen. Solche Regelungen müssten aber auch verlässlich sei, und genau diese Verlässlichkeit sei derzeit stark gefährdet.

Info& auf Mainz&: Das Thema Fluglärm wird uns in den kommenden Tagen noch weiter begleiten: Am kommenden Montag, den 11. Juni, findet im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens die 250. Montagsdemo gegen Fluglärm statt, mehr dazu hier bei Mainz&. Auf Bundesebene steht dazu derzeit die Novellierung des zehn Jahre alten Fluglärmschutzgesetzes an. Kommende Woche will die „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen“ dazu ihre Forderungen vorstellen, wir sind gespannt. Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm forderte bereits im April zum Tag des Lärms mehr Schutz vor Fluglärm, geschehen ist bislang wenig. Wir bleiben dran. Detaillierte Daten zu den verspäteten Starts und Landungen in Frankfurt könnt Ihr selbst hier beim hessischen Verkehrsministerium nachlesen. Mehr zu den Maßnahmen gegen die Verspätungen bei Ryanair lest Ihr hier.

 

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„Ruhe jetzt!“ – Bürgerinitiativen rufen zur 250. Montagsdemo am Frankfurter Flughafen am 11. Juni 2018 auf – Kampf gegen Fluglärm aktuell wie nie

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Es war der 14. November 2011, als erstmals Hunderte von Menschen das Terminal 1 des Frankfurter Flughafens bevölkerten, und lautstark gegen den Lärm am Himmel protestierten. Sechs Jahre und mehr als sechs Monate später sind sie immer noch da: Kommenden Montag, am 11. Juni 2018, laden die Fluglärmgegner zur 250. Montagsdemo an den Frankfurter Flughafen. Es ist ein beispielloser Protest: Die Kämpfer gegen den Fluglärm im Rhein-Main-Gebiet haben längst Demonstrationsgeschichte geschrieben. „Ruhe jetzt!“ lautet das Motto der 250. Kundgebung, die Forderung ist aktuell wie nie: Billigflieger sorgen für neue Belastungen, gerade in den Nachtstunden, im Mai verzeichnete das hessische Verkehrsministerium einen Negativrekord bei Verspätungslandungen. Das Nachtflugverbot ist unter Druck wie nie zuvor, und damit das wichtigste Bollwerk gegen Fluglärm.

Demonstrantenmenge bei der 100. Montagsdemo im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens. – Foto: gik

Es war die Einweihung der neuen Nordwestlandebahn am Frankfurter Flughafen am 21. Oktober 2011, die das Leben in der Region für immer veränderte – und das nicht nur in Hessen. Seither dröhnen Flugzeuge in doppelter Reihe bei Ostwind-Wetterlagen im Tiefflug über Mainz, ganze Stadtteile, die früher nie von Fluglärm betroffen waren, leiden seither unter dem dröhnenden Lärm von oben. Litten zuvor „nur“ die südlichen Stadteile von Mainz unter dem Landeanflug, tauchten nun landende Flieger auch über der Oberstadt und Bretzenheim, über der Neustadt und gar dem Mainzer Dom auf. Auch das rheinhessische Umland ist betroffen, die Südumfliegung brachte die Maschinen auch über rheinhessische Weindörfer, bis in die Naheregion reichen inzwischen die Anflugschleifen.

Und die Wut der Bürger ist bis heute nicht weniger geworden: Unverdrossen tragen bis heute Ärzte, Angestellte, Architekten, Lehrer, Hausfrauen und andere jeden Montag um 18.00 Uhr ihren Protest mitten in den Flugbetrieb des größten deutschen Airports. Mitten zwischen Reisenden und Koffern entfalten sich dann Transparente, ziehen Demonstranten mit Trillerpfeifen im Terminal an Geschäften, Restaurants und verblüfften ausländischen Reisenden vorbei – und kurz danach ist der Spuk schon wieder vorbei. „… und kein bisschen leise!“ lautete denn auch das Motto der 150. Montagsdemo im September 2015, im Januar 2017 kamen rund 1.500 Teilnehmer zur 200. Montagsdemo – gemeinsam mit reihenweise Prominenz aus der Politik.

„Wir wissen: Ihr Einsatz gegen Fluglärm und seine Folgen ist ein Einsatz für unsere Region. Für unsere Heimat“, würdigten gar die drei Oberbürgermeister von Frankfurt, Mainz und Offenbach zur 200. Montagsdemo die Protestierenden. „Wir erinnern Politik und Flughafenbetreiber Fraport jeden Montag daran, dass dieser Flughafen raumunverträglich und der Ausbau ein Fehler ist“, sagte der Sprecher des Bündnisses der Bürgerinitiativen, Thomas Scheffler, nicht ohne Stolz zum 200. Jubiläum. Mehr als 80 Initiativen gehören heute dem Bündnis an, es ist auch ihrer Arbeit zu verdanken, dass wissenschaftliche Studien und Gutachten in Auftrag gegeben wurden. An der Universität Mainz startete der Kardiologe Thomas Münzel gar eine komplette Lärmwirkungsforschung – aus Ärger über die Flieger, die seit Oktober 2011 die Mainzer Herzklinik in niedrigster Höhe überfliegen. Neustes Projekt: Forschungen über die Auswirkungen von Ultrafeinstaub, auch die Verschmutzung durch den Flugverkehr wird zunehmend ein Thema.

Der Protest reicht quer durch die Rhein-Main-Region und durch alle Schichten. – Foto: gik

Dass die Proteste nie verstummten, brachte die Politik gehörig unter Zugzwang: Der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) installierte deshalb die Lärmobergrenze und experimentierte mit Lärmpausen. Genutzt hat es wenig: „Ruhe jetzt!“ lautet die Forderung zur 250. Montagsdemonstration, und sie ist aktueller denn je: „Es ist beängstigend wie die Belastungen der Flughafenanrainer durch Lärm und Schadstoffe dramatisch zunehmen“, sagt Scheffler. Die erschreckenden Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung würden von den Verantwortlichen des Luftverkehrs und in der Politik nur mit mäßigem Interesse zur Kenntnis genommen, ernsthafte Konsequenzen blieben einfach aus.

„Die Interessen der Luftverkehrswirtschaft gewinnen durch viel Investition in Lobbyismus weiter die Oberhand“, klagt Scheffler. Der Flughafen werde „nur noch als Instrument zur Steigerung der Prosperität der Region gesehen – egal, ob die Grenzen der Wachstums längst überschritten sind.“ Geändert habe daran auch die Regierungsbeteiligung der Grünen nichts: Der Lärm werde lediglich umverteilt, die Lärmobergrenze erlaube sogar noch weiteres Wachstum.

Und das steht bereits vor der Tür: Mit der neuen Billigfliegerstrategie der Fraport soll das bislang weitgehend ausgebliebene Wachstum des Rhein-Main-Airports doch noch generiert werden. Tatsache ist: der Lärm in den Nachtrandstunden vor Einsetzen des Nachtflugverbots um 23.00 Uhr hat dadurch bereits zugenommen – und selbst die eigentlich eherne Grenze des Nachtflugverbots wird immer öfter gebrochen: Im Mai gab es 185 Verspätungslandungen nach 23.00 Uhr, das war ein neuer Negativrekord. 58 Fälle gingen dabei auf das Konto der irischen Billigfluglinie Ryanair, für 55 Verspätungen zeitigt Condor verantwortlich.

Aufruf zur 250. Montagsdemo am 11. Juni 2018. Foto: BBI

Eine derartige Häufung sei „nicht akzeptabel“, betonte Verkehrsminister Al-Wazir, und musste bekennen: „Die Nachtflugbestimmungen am Frankfurter Flughafen sind noch nie in dieser Form auf die Probe gestellt worden.“ Seit Monaten warnt, appelliert und schimpft der Minister, Abhilfe gebracht hat es bisher nicht. Die Opposition spottet vom „zahnlosen Tiger“ und fordert Flugverbote für Verspätungssünder, bislang vergeblich. Trotzdem betonte Al-Wazir nun erneut, man setze darauf, „dass unsere Maßnahmen genügend Druck aufbauen, damit sich die Situation im Juni bessert.“ Sollte das nicht der Fall sein, müsse „eine Anpassung der Vorschriften geprüft werden“, drohte er. Was genau er damit meinte, sagte der Minister nicht.

Die Montagsprotestler stünden denn auch „stellvertretend für all jene, die den Glauben an die Gerechtigkeit und das Verantwortungsbewusstsein der Politik bereits verloren und deshalb den sichtbaren Widerstand aufgegeben haben“, heißt es bei der Mainzer Initiative gegen Fluglärm. Die 250. Demo sei eine gute Gelegenheit, der Politik zu zeigen, dass man nicht aufgebe: „Die eigentlich ernüchternde Bilanz des sechseinhalbjährigen Protestes entmutigt uns nicht, wir setzen unseren Kampf unverdrossen fort“, betont Scheffler. Noch immer gelte, der Bau der Nordwestbahn müsse rückgängig gemacht, ein echtes Nachtflugverbot zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr installiert werden. Ende Oktober sind Landtagswahlen in Hessen, die Montagsprotestler werden mit Sicherheit bis dahin nicht aufgeben. „Der Mut und die Ausdauer der Demonstranten“, sagte Scheffler noch, „ist beeindruckend.“

Info& auf Mainz&: 250. Montagsdemo gegen Fluglärm am Montag, den 11. Juni 2018 ab 18.00 Uhr im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens. Die Kundgebung wird etwa 90 Minuten dauern, als Redner werden unter anderem Vertreter des BUND Hamburg und von Bürgerinitiativen zum Thema Fluglärmschutz in Hamburg erwartet. Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung vom Absinto Orkestra und Steve Collins. Mehr zur 250. Montagsdemo findet Ihr auch hier bei der Mainzer Initiative gegen Fluglärm. Zur hessischen Landtagswahl im Herbst 2018 hat das Bündnis der Bürgerinitiativen einen Politikbrief als Abrechnung und mit Forderungen erstellt, den Brief findet Ihr hier im Internet. Unseren Bericht von der 200. Montagsdemo findet Ihr hier, den von der 100. Montagsdemo könnt Ihr hier nachlesen.

 

 

 

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