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Mainz
Start 2018 Oktober

Monatsarchive: Oktober 2018

Mainz& wünscht Happy Halloween! – Von keltischen Traditionen, Teufels Kneipe, der Nacht der Heiligen und den Toten auf dem Mainzer Hauptfriedhof

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Es ist die Nacht der Geister, aber auch das Fest, mit dem der Verstorbenen gedacht wird: Halloween ist auch bei uns längst angekommen. Und das finden wir bei Mainz& auch überhaupt nicht schlimm. Denn Halloween ist eigentlich ein Fest genau wie Allerheiligen: Wenn die langen, dunklen Nächte von der Schwelle des Herbstes zum Winter beginnen, gedenken die Menschen traditionell ihrer Lieben, die ihnen voraus gegangen sind in das Land des Todes. Und ob Ihr nun Halloween feiert oder an Allerheiligen der Toten gedenkt – immer ist es ein Fest der Jahreszeitenwende. Ein Fest mit den Schätzen der Ernte wie Kürbis, Kartoffeln, Nüssen, Wein – ein Fest, uns im Angesicht der Dunkelheit der schönen Dinge des Lebens zu erinnern. In diesem Sinne: Happy Halloween Euch allen da draußen!

Kürbis mit Katzen und Geister Rahmen
Kürbis, Hexe und Geister: So wird Halloween heute gefeiert

Die Halloween-Sitte ist zu uns ja aus den USA herübergeschwappt, Unsitte nennt sie mancher. Dabei ist Halloween ursprünglich ein zutiefst europäisches Fest: Eine Fest der Kelten, das mit irischen Einwanderern nach Amerika kam. Keltischen Ursprungs aber waren auch die Stämme hier am Rhein wie etwa die Chatten, und so dürfen wir mit Fug und Recht annehmen, dass auch Mainzer Vorfahren einst Halloween gefeiert haben. Samhain hieß bei den Kelten die Nacht am Wendepunkt zum Winter, in der der Toten gedacht wurde.

Denn in dieser Nacht an der Schwelle zum Winter steht, so erzählen es die Legenden, die Tür zwischen der Welt der Toten und der Lebenden weit offen. Die verstorbenen Seelen kehren dann noch einmal zurück, um mit den Lebenden zu speisen, sie noch einmal zu berühren, sie zu trösten. Und so war es bei den Kelten Brauch, den Toten Laternen anzuzünden, um ihnen den Weg zu weisen, Teller mit Essen für sie bereit zu halten. Dass die Geister der Unterwelt in den seltsamsten Gestalten zurückkehren, daran erinnern heute die Skelette und Geister, Hexen und Gruselfiguren, auch wenn Letzere natürlich eine Erfindung von Hollywood sind.

All Hallow’s Eve, die Nacht der Heiligen

Denn eigentlich kommt „Halloween“ von „All Hallow’s Eve“, und das bedeutet der Abend aller Heiligen, und nicht der Untoten. 😉 Das Faszinierende daran? Auch die heutigen Katholiken gedenken just an diesen Tagen ihrer Toten, doch sie tun es an Allerheiligen auf den Friedhöfen, an Gräbern – fern der Häuser und irgendwie auch fern des Lebens. Die Kelten aber gedachten ihrer Toten in ihren Häusern, an ihren Herden, ehrten sie mit Speis‘ und Trank – hießen sie in der Mitte der Lebenden willkommen. Eine wunderbare Form, der verstorbenen Lieben zu gedenken und sich gleichzeitig zu vergewissern, dass das Leben weiter geht. Happy Halloween Vector Grafik

Der ausgeschnittene Kürbis vor der Tür soll genau dazu den Weg weisen, die bösen Geistern fern halten, den guten Seelen aber heim leuchten. Wer Halloween als rauschende Party feiern will, sich dabei verkleidet als Hexe oder Gruselgestalt – warum nicht? Die schaurigen Masken waren einst das Zeichen dafür, dass die Finsternis eben keine Macht über uns hat.

Mainzer Hauptfriedhof mit App erkunden

Am 1. November dann gedenken traditionell die Katholiken auf den Friedhöfen ihrer Verstorbenen – der Mainzer Hauptfriedhof gehört übrigens zu den schönsten Deutschlands. Erkunden könnt Ihr ihn übrigens ganz modern mit einer Friedhofs-App auf dem Smartphone: Das 2014 entwickelte Projekt „Wo sie ruhen“ stellt auf 37 Friedhöfen in ganz Deutschland Gräber berühmter Persönlichkeiten vor.

Auf dem Mainzer Hauptfriedhof sind das etwa die Gräber von Jeanbon de Saint André, dem französischen Präfekten, der den Hauptfriedhof einst gründete, von Paul Haenlein, Peter Cornelius, Stadtbaumeister Eduard Kreyßig oder auch des langjährigen Mainzer OBs Jockel Fuchs. Sternengarten, Deutscher Ehrenhof und die Gruftenstraßen werden ebenfalls in dem audio-visuellen Führer vorgestellt, den Ihr hier im Internet herunterladen und ansehen könnt.

Reformationstag: 501 Jahre Kampf für Reformen und Freiheit

Martin Luther rollte auch als Motivwagen im Rosenmontagszug 2017 mit – der lebenshungrige Reformator war auch Essen und Woi sehr zugetan… – Foto: gik

Und dann ist da ja noch der Reformationstag, das wollen wir natürlich auch nicht vergessen: Heute vor 501 Jahren, schlug am 31. Oktober des Jahres 1517 der Münch Martin Luther 95 Thesen zum Zustand der katholischen Kirche an die Kirchentür zu Wittenberg. Aus Luthers Thesenanschlag wurde eine Revolution, die der christlichen Kirche allerhand Spaltungen bescherte und in die Gründung der protestantischen Glaubensrichtung mündete. Die Protestanten fanden viel Zuspruch gerade auch in Mainz und Rheinhessen, die Christuskirche auf der Kaiserstraße ist sichtbares Zeichen davon, dass in Mainz die evangelische Kirche beinahe gleichstark wurde wie die katholische.

2017 beging die evangelische Kirche groß das 500. Jubiläum der Reformation, auch in Mainz wurde große gefeiert, auch wenn Luther selbst wohl nie hier war. Doch es war auf dem Reichstag in Worms, als Luther sein legendäres „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ sprach – und damit einen Widerruf seiner Thesen ablehnte. „Menschen stark zu machen – stark dazu, Freiheit zu leben und Verantwortung zu übernehmen – für sich selbst, für andere und für diese Welt“, das sei auch heute noch Aufgabe des Glaubens und der evangelischen Kirche, sagte Volker Jung, Kirchenpräsident der evangelischen Kirche in Hessen-Nassau am Mittwochabend in Mainz.

In der Mainzer Christuskirche fand in diesem Jahr die zentrale Reformationsfeier der Region statt, und Redner aller Richtungen mahnten dabei die Bedeutung von Freiheit und selbstbestimmten Lebens an. „Freiheit ist ein großes Wort des Glaubens und Freiheit ist ein großes Wort in der Politik“, sagte Jung – und diese Freiheit sei heute so bedroht, wie lange nicht mehr. Jung rief dazu auf, sich für Meinungsfreiheit und Pressefreiheit einzusetzen und sich „an die Seite derer stellen, die wegen ihrer Religion oder ihren Meinungen bedroht und verfolgt werden.“ Und er wies angesichts der politischen Entwicklungen in der Welt darauf hin, wie leicht verführbar Menschen seien, ihre eigene Freiheit zugunsten egoistischer Interessen aufzugeben. Martin Luther habe dazu einmal gesagt: Neben den Kirchen, in denen die Freiheit durch Christus verkündigt werde, „baut der Teufel eine Kneipe, um die Menschen von der Freiheit wegzulocken.“

Da stürzen wir uns doch lieber in Hexen- und Teufels-Kostüme, um diese Geister des Unfriedens und der Unfreiheit zu vertreiben. Wir bei Mainz& feiern Halloween als Wendepunkt-Fest zur dunklen Jahreszeit und als Fest der Erinnerung an Mut, Glaubensstärke und die Kraft des Widerstandes. Wir feiern es fröhlich-farbenfroh und trotzdem nachdenklich, mit Kürbis, Wein und dem Bewusstsein, welchen Schatz an Genuss, Leben und Freiheit wir hier auf Erden haben, solange wir ihn haben. In diesem Sinne: Euch allen da draußen Happy Halloween!

Info& auf Mainz&: Mehr zum Reformationsjubiläum 2017 lest Ihr noch einmal hier bei Mainz&. Mehr zum Mainzer Hauptfriedhof und seinen prominenten Toten erzählen wir Euch hier bei Mainz&.

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Erlebnisbad im Mainzer Taubertsbergbad vor dem Aus – Schwimmbad soll Familienbad werden – Großer Sauna- und Wellnessbereich angedacht

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Das Erlebnisbad im Mainzer Taubertsbergbad steht vor dem Aus: Man habe die ursprünglich geplante 1:1-Erneuerung von Sportbad, Erlebnisbad und Sauna „auf den Prüfstand gestellt“, sagte Stadtwerke-Vorstand Daniel Gahr am Dienstag in Mainz. Der Grund: Die Schäden an der Bausubstanz des Bades sind offenbar so gravierend, dass eine Sanierung wirtschaftlich keinen Sinn mehr zu machen scheint. Nun steht das komplette Schwimmbad auf dem Prüfstand: Das Erlebnisbad steht vor dem Aus, die Mainzer Stadtwerke wollen sich auf ein kombiniertes Sport- und Familienbad konzentrieren. Dazu soll ein deutlich vergrößerter Sauna- und Wellness-Bereich entstehen – dem Taubertsbergbad steht praktisch ein kompletter Neubau bevor. Zu den Kosten wollten die Mainzer Stadtwerke derweil noch nichts sagen.

Das Mainzer Taubertsbergbad wird völlig neu geplant: Erlebnisbad und Sauna sind zu marode für eine Sanierung. – Foto: gik

2003 hatte die Stadt Mainz das Taubertsbergbad in die Hände des privaten Betreibers Uwe Deyle gegeben, der baute eine moderne Erlebnislandschaft und eine Sauna ein. Doch vor zwei Jahren, im Oktober 2016 meldete Deyle auf einmal Insolvenz ein – und hinterließ der Stadt einen wahren Scherbenhaufen: Immer neue gravierende Mängel tauchten auf, seit die Stadt zum 1. Januar 2018 den Betrieb des Schwimmbades wieder in städtische Regie übernahm. Auf 18 Millionen Euro schätzte Sportdezernent Günter Beck (Grüne) die Mängel – das war vor einem Jahr. Schon da war der gesamte Bereich des Sauna- und Erlebnisbades still gelegt, Technik und Duschen entpuppten sich als völlig marode, sämtliche Einrichtungen müssten vollständig herausgerissen und erneuert werden, hieß es damals.

Inzwischen ist klar: Es ist noch viel schlimmer. Es gelte „täglich neue Herausforderungen zu stemmen“, seufzte Schwimmbad-Managerin Kerstin Stumpf. Aktuell betreffe das den Sprungturm, der aus Sicherheitsgründen und neuer TÜV-Gutachten derzeit außer Betrieb sei, aber im November wiedereröffnet werden solle. Sanierungsbedarf gebe es aber auch beim Zustand und der Funktionalität der Duschen. Das wiederum seien aber „Arbeiten, die teilweise aktuell nicht gemacht werden können, da sie größere Sanierungsarbeiten erfordern und wir dann das Bad länger schließen müssten“, sagt Stumpf.

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Das Taubertsbergbad wird wohl zu einem Sport- und Familienbad mutieren, derzeit ist ohnehin nur der Sportbereich geöffnet. – Foto: gik

m Sommer wurden bereits die bis dahin laufenden Arbeiten zur Sanierung des Saunabereichs gestoppt. „Aufgrund der immer neu zu Tage getretenen massiven baulichen Mängel in der Gebäudesubstanz macht die Sanierung der Sauna in der ursprünglich geplanten Form aus unserer Sicht keinen Sinn“, sagte Gahr nun. Mehr noch: die Gebäudesubstanz selbst ist in so schlechtem Zustand, dass nun auch massiv an die Sanierung des Daches und der Außenhaut gegangen werden muss. „Aufgrund der engen Verzahnung aus Dach, Fassade und Innenausbau von Sauna und ehemaligem Erlebnisbad“ sei nun vorgesehen, die Restarbeiten am Saunabereich „in das Gesamtsanierungsprojekt zu integrieren“, sagte Gahr weiter. Im Klartext: Das Taubertsbergbad muss komplett neu gemacht werden.

Aus heutiger Sicht erscheine es „sinnvoller, das bisher dreigliedrige Konzept abzuwandeln und künftig nur noch auf zwei statt wie bisher auf drei Funktionsbereiche zu setzen“, heißt es von den Stadtwerke weiter: ein kombiniertes Sport- und Familienbad auf der einen Seite sowie einen großzügigeren Sauna- und Wellnessbereich auf der anderen Seite. „Diese Variante erscheint aus Sicht der Stadtwerke und der Gutachter auch betriebswirtschaftlich die interessanteste“, sagte Gahr weiter: Die beratenden Experten der Gesellschaft GMF sowie der Bad-Sachverständige Klaus Batz seien „überzeugt davon, dass Sauna und Erlebnisbad in ihrer ursprünglichen Größe und Ausstattung dauerhaft nicht wettbewerbsfähig sind – auch nicht nach einer Sanierung.“

Die schöne, heile Badewelt des Altbesitzers Uwe Deyle mit dem alten Erlebnisbad in Bildern von der alten Taubertsbergbad-Homepage. – Foto: gik

Und so präferieren die Stadtwerke derzeit eine Weiterführung des Sportbereiches kombiniert mit einem Saunabereich, der auf die Fläche des ehemaligen Erlebnisbades erweitert wird. Das Sportbad wiederum könnte um einen Familienbereich erweitert werden – das bedeutet eine grundlegend neue Planung des gesamten Tabuertsbergbades. Dazu sei aktuell eine europaweite Ausschreibung in Vorbereitung, teilten die Stadtwerke weiter mit. Man wolle im Zuge der Ausschreibung neue Ideen der Bewerber abwarten, sagte ein Stadtwerke-Sprecher Mainz&. Was Neuplanung und Neubau kosten könnten, dazu wollen die Stadtwerke derzeit nichts sagen: Erst wenn die neue Ausschreibung durch sei, „kann verlässlich etwas über Zeit- und Kostenrahmen dafür gesagt werden“, betonte das Unternehmen. Der Aufsichtsrat sei unterrichtet, ein eigener Stadtbad-Ausschuss eingerichtet, der fortlaufend und regelmäßig informiert werde.

Doch der Sanierungsbedarf macht an den innen liegenden Bäderbereichen nicht Halt: Auch das Freibad entpuppte sich als deutlich maroder als gedacht. So wurden Undichtigkeiten am Schwimmerbecken festgestellt, die für die Freibadsaison notdürftig repariert werden konnten, wie die Stadtwerke mitteilten, „genauso wie die Pumpe für die Rutsche.“ Dazu stellte man fest, „dass der so genannte Potentialausgleich um die Becken nicht gewährleistet ist.“ Das habe 2018 schon zu umfangreichen Tiefbauarbeiten geführt, um die Sicherheit für die Badegäste gewährleisten zu können.

Nun soll in den kommenden zwei Jahren auch das Freibad umfassend ertüchtigt werden: „In den nächsten zwei Jahren stehen größere Sanierungsarbeiten im Freibadbereich an“, sagte Stadtbad-Geschäftsführerin Kerstin Stumpf. Die seien auch deshalb „unumgänglich“, weil das Freibad künftig als Sportbadersatz dienen könnte: Weil das Dach des Taubertsbergbades ebenfalls marode ist, müsste im Zuge einer Sanierung auch der Sportbadbereich gesperrt werden. Währenddessen wollen die Stadtwerke nach Vorbild des Mombacher Schwimmbades eine Traglufthalle über dem Freibad-Schwimmbecken errichten, um Ersatz zu schaffen und das Taubertsbergbad vor allem für den Schulsport zu sichern.

Auch Schwimmerbecken und Kinderbereich im Freibadbereich sollen ertüchtigt werden. – Foto: gik

Die Stadtwerke wollen in den kommenden zwei Jahren dazu auch den Freibadbereich optimieren: Neben dem Austausch von Filtern und Pumpen sowie der Sanierung der Toiletten und Duschen, soll auch das 50-Meter-Becken selbst ertüchtigt werden: Das Schwimmerbecken soll zumindest teilweise eine geringere Tiefe bekommen. Damit sei es für die Besucher besser zu nutzen und spare gleichzeitig Wasser und Heizkosten, so die Stadtwerke. . Zusätzlich werde im Freibad zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit eine Entzerrung von Kinderbecken und Matschspielplatz geprüft. So könnte der bisherige Matschspielplatz zu einem Wasserspielplatz werden. „Einige dieser Arbeiten werden jetzt vorgezogen“, hieß es weiter. Die Sanierung des Schwimmerbeckens im Freibad könne aber frühestens nach dem Sommer 2019 erfolgen.

Die gute Nachricht in all dem: Die Mainzer haben ihr Taubertsbergbad unter städtischer Führung gut angenommen. Nach Angaben der Stadtwerke kamen bis Ende Oktober knapp 120.000 Besucher ins Sportbad, davon mehr als 28.000 aus Schulen und Vereinen. Auch das Freibad sei mit 93.000 Besuchern hervorragend besucht gewesen, in den Vorjahren seien dort nur 39.000 bis 76.000 Gäste verzeichnet gewesen. Auch die Resonanz auf die regelmäßigen Konzerte im Freibad in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Hof sei sehr positiv gewesen.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Insolvenz des Mainzer Taubertsbergbades unter dem Vorbesitzer Uwe Deyle lest Ihr hier bei Mainz&, eine erste Bilanz von Ende 2017 hier.

 

 

 

 

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Planunterlagen für Schiffsanleger werden neu ausgelegt – Klomann schreibt Brief an Bundesverkehrsminister Scheuer

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Der Protest gegen die Schiffsanlegestellen am Mainzer Rheinufer in Höhe des Zollhafens hat erste Konsequenzen: Die Anwohner erhalten eine längere Frist für ihre Einwände. Die Unterlagen im Planfeststellungsverfahren würden erneut ausgelegt, teilte die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes überraschend mit. Der Grund: Ein Formfehler in Mitteilungen der Stadt Mainz. Die neu formierte Bürgerinitiative Neustadt-Ufer wertet das als ersten Erfolg ihrer Arbeit: Man habe die WSV auf diesen Fehler aufmerksam gemacht, sagte BI-Sprecher Torsten Kirchmann. Unterdessen hat Neustadt-Ortsvorsteher Johannes Klomann (SPD) einen Brief an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) geschrieben – und fordert, das Planungsverfahren für die Schiffsanleger neu aufzurollen.

Noch liegen die Binnenschiffe bei Mainz vor der Nordmole des Zollhafens, doch hier soll ein Luxuswohngebiet samt Grünanlage entstehen, die Schiffe deshalb umziehen. – Foto: Kirchmann

Die WSV plant vier Schiffsanlegestellen für Binnenschiffer, unmittelbar vor den neuen Wohnhäusern im ehemaligen Mainzer Zollhafen. Ein Teil der Anlegestellen soll aber auch vor der Rheinpromenade der Mainzer Neustadt entstehen, das hatte zu heftigen Protesten von neuen wie alten Anwohnern geführt: Die Bewohner befürchten erhebliche Belastungen durch Lärm, aber auch durch Abgase der Dieselmotoren. Ruß, Feinstaub und Stickoxide, so die Befürchtung, könnten erheblich steigen. Die Schiffsanlegestellen sind bereits seit Jahren geplant und waren offenbar Teil einer Absprache zwischen Zollhafen GmbH, Stadt Mainz und Schifffahrtsverwaltung: Damit der Mainzer Zollhafen aufgelöst und die Industrieschifffahrt verlegt werden und das neue Wohngebiet Zollhafen gebaut werden konnte, einigte man sich, entlang des Rheinufers neue Schiffsliegeplätze zu errichten.

Die Schiffsliegeplätze werden von den Binnenschiffern dringend benötigt, um Landgänge wie Besorgungen, Arztbesuche, Personalwechsel oder einfach mal Essen gehen absolvieren zu können. Entstehen sollen entlang der Südmole des Zollhafen-Wohngebiets und vor der Rheinuferpromenade der Mainzer Neustadt Anlegestellen mit Landstrom für bis zu zwölf Binnenschiffe gleichzeitig, dazu ein Autoabsetzplatz direkt vor der Caponniere am Feldbergplatz.

Entlang des Neustadtufers sollen nach den Plänen der Schifffahrtsverwaltung neue Liegeplätze für Binnenschiffer entstehen. – Foto: gik

Im Herbst startete die WSV das dafür notwendige Planfeststellungsverfahren, und dabei kam es offenbar zu einem Formfehler bei der öffentlichen Auslage der Planunterlagen: Die Stadt Mainz hatte am 7. September mitgeteilt, die Einwendungsfrist zu den Plänen ende am 20. September, tatsächlich war es aber der 4. Oktober. Auch eine am 19. September verschickte Korrektur der Stadt habe den Fehler nicht restlos beseitigt, sagte eine Sprecherin der WSV auf Anfrage von Mainz&: „Um Irrtümer zu vermeiden, legen wir die Unterlagen jetzt noch einmal aus.“

Ein Formfehler bei der Auslage der Unterlagen sowie eine „falsche“ Einspruchsfrist würde das gesamte verfahren juristisch angreifbar machen und zum Kippen bringen, deshalb reagierte die WSV nun. Die Pläne werden deshalb vom 2. November bis zum 3. Dezember erneut im Mainzer Rathaus ausgelegt, bis zum 17. Dezember können Einwände eingereicht werden. Inhaltlich habe man an den Plänen nichts geändert, betonte die WSV, bereits erhobene Einwände seien weiter gültig.

Der Mainzer Zollhafen vor seiner Umwandlung in ein Wohngebiet. Auf dem Foto steht noch die große Konzertbühne auf der Nordmole. – Foto: gik

Die BI Neustadt-Ufer wertete die Neuauslage als ersten Erfolg: Man habe die WSV auf den Formfehler aufmerksam gemacht, sagte Kirchmann, Mitbegründer der BI, am Montag bei einem von der BI veranstalteten Bürgerabend. „Für uns ist es ein Beweis: die Pläne sind nicht fehlerfrei“, sagte Kirchmann, „und wo ein Fehler ist, sind meist weitere.“ Auch die Mainzer CDU sieht die Neuauslage als ersten Erfolg: Die WSV habe „alles dafür getan, das Verfahren so unauffällig wie möglich durchzuführen, das ist gründlich misslungen“, sagte CDU-Ortsbeirat Karsten Lange. Schon im Zuge der ersten Auslage seien mehr als 250 Einwendungen gegen die Schiffsliegeplätze eingegangen. Nun treibe die Behörde offenbar „die blanke Angst, mit ihrem Planfeststellungsverfahren Schiffbruch zu erleiden.“

Lange bekräftigte auf dem Bürgerabend erneut, der Ortsbeirat der Mainzer Neustadt habe von den vollständigen Plänen für die Schiffsanlegestellen nichts gewusst. „wir wurden mal informiert, dass es zwei, drei Liegeplätze geben solle“, sagte Lange, abgestimmt worden sei darüber aber nie. Die Information habe stets gelautet, der Mainzer Zollhafen werde als Industriehafen nicht mehr benötigt, Ersatz für die Schiffer werde im neuen Industriehafen geschaffen. Der Bebauungsplan für den Mainzer Zollhafen verweise indes nur darauf, dass ein Planfeststellungsverfahren für den Bau der Schiffsanleger durchgeführt werden solle – Teil des Bebauungsplans sei dieses Verfahren aber nicht, betonte Lange.

Der Bebauungsplan für den neuen Zollhafen sah die Schiffsanleger bereits vor – man sieht die kleine Schrift entlang der Südmole. – Foto: gik

„Über den Autoabsetzplatz ist nicht diskutiert und nicht abgestimmt worden“, unterstrich auch SPD-Ortsbeirat Erik Donner. Unterdessen bat der Ortsvorsteher der Mainzer Neustadt, Johannes Klomann (SPD), Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) um Hilfe: Er habe Scheuer in einem Brief auf die fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung sowie die nicht durchgeführte Prüfung von Alternativen hingewiesen, sagte Klomann, und er habe die unzureichende Bürgerbeteiligung kritisiert. Scheuer müsse als oberster Dienstherr der WSV „auf das Verfahren Einfluss nehmen“ und es im besten Fall sogar stoppen, forderte Klomann: Ziel sei, den Planungsprozess gänzlich neu aufzurollen.

Die Bürgerinitiative sieht unterdessen gute Chancen, im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Einfluss auf die Pläne zu nehmen: „Wir fordern ein Umweltgutachten“, sagte Kirchmann, eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Binnenschiffe mitten in einem Wohngebiet sei „doch wohl das Mindeste.“ Bislang heißt es in den Planunterlagen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig. Eine „Vorprüfung des Einzelfalls“ habe ergeben, „dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen entstehen“, teilte eine Sprecherin der WSV auf Mainz&-Anfrage mit. Es bestehe deshalb keine Verpflichtung besteht, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Die BI sieht das völlig anders und verweist unter anderem auf den wenige Meter entfernten Kinderspielplatz, die Rheinpromenade als Freizeiteinrichtung sowie den Feldbergplatz mit Schulen und Kindergärten. Gerade der Feldbergplatz sei in Teilen der offizielle Schulhof der dortigen Schule, sagte eine Anwohnerin.

Heute stehen auf der Südmole neue Wohnhäuser dicht an der Uferkante, wie hier das „Rheinblick 500“. Direkt vor dem Haus sollen die Schiffsanleger entstehen. – Foto: gik

„Sowohl bei Ost-Wind, als auch bei Nordwetterlagen würden die Emissionen direkt in die Neustadt gedrückt“, sagte Kris Kunst. Er wohnt seit 15 Jahren in der Taunusstraße, direkt am Rheinufer, „bei Ostwind pustet der Wind direkt ins Fenster“, sagte Kunst. Schon jetzt habe die Mainzer Neustadt bei Inversionswetterlagen erheblich Smog-Probleme, „die Schmutzglocke“ werde sich mit den Abgasen aus den Binnenschiffen noch verstärken, befürchtet er. „Wenn das zehn Meter neben einem Kinderspielplatz dieselt, ist das nicht gut, das kann mir keiner sagen“, ergänzte Kirchmann.

Kirchmann unterstrich erneut, der Protest der Anwohner richte sich nicht gegen die Binnenschiffer, deren Bedürfnisse sehe man vielmehr sehr klar. „Dies ist ein hochbesiedelter Flecken von Mainz“, betonte er, „wir sind gegen Politiker, die Entscheidungen treffen, ohne sich mit der Bevölkerung auseinander zu setzen, die da wohnt.“ Vertreter der BI bekräftigten, man wolle mit den Binnenschiffern gemeinsam Lösungen suchen und sei auch in Gesprächen mit Binnenschiffervereinigungen.

Ende Januar liefen die Verträge für die derzeitigen,. provisorischen Liegeplätze an der Nordmole des Zollhafens aus, „wo sollen die Schiffer denn dann anlegen“, sagte Ralf Weber. Die BI fordert eine gründliche Suche nach Alternativen für die Schiffer entlang des Rheinufers. Zudem stellt sie in Frage, ob der Stadtrat wirklich rechtmäßig die Schiffsanleger beschloss: „Viele Räte fühlen sich hinter die Fichte geführt“, sagte Weber: „die Dimensionen der Schiffsanleger wurden ihnen nicht mitgeteilt.“

Info& auf Mainz&: Informationen über die Pläne für neue Schiffsanlegestellen am Mainzer Zollhafen sowie die neue Offenlage der Pläne findet Ihr hier bei der WSV im Internet. Die Bürgerinitiative Neustadt-Ufer findet Ihr hier bei Facebook, allerdings ist dies eine geschlossene Gruppe. Unseren ausführlichen Bericht über die Pläne zu den Schiffsanlegestellen findet Ihr hier bei Mainz&.

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Dieselfahrverbot für Mainz: Ebling sieht Fahrverbot „in weite Ferne gerückt“ – CDU: Stadt hat zu langsam gehandelt

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Nach dem Urteil zu mögliche Fahrverboten für Diesel in Mainz ab September 2019 fielen die Reaktionen in der Stadt verhalten aus. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) reagierte geradezu erleichtert: Das Verwaltungsgericht habe „mitnichten ein sofortiges Fahrverbot verfügt“, betonte Ebling, die Stadt tue alles, die Stickoxidwerte 2019 unter den Grenzwert zu bekommen. Damit sei ein Dieselfahrverbot „in weite Ferne gerückt“. Oberbürgermeister Günter Beck (Grüne) hingegen sagte, es stehe jetzt 1:0 gegen Mainz, doch das sei nur die erste Halbzeit gewesen: „Für mich ist das mehr Ansporn als Resignation“, betonte er. Die CDU-Opposition warf der Stadtspitze dagegen vor, viel zu spät gehandelt zu haben und nun mit dem Verweis auf den Bund von eigenen Versäumnissen ablenken zu wollen. Tatsächlich forderten Ebling und Beck , um den Stickoxid-Grenzwert einhalten zu können, „brauchen wir nun dringend Unterstützung durch die Bundesregierung.“.

Ebling und Beck am Montag bei einer Presskonferenz vor dem Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz zur Einführung eines Dieselfahrverbots 2019. – Foto: gik

Das Verwaltungsgericht Mainz hatte am Mittwoch geurteilt, Mainz müsse die Einführung von Fahrverboten zum 1. September 2019 vorbereiten. Die Stadt müsse dafür einen neuen Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 vorlegen, der Konzepte für Fahrverbote enthalte. Sänken die Stickoxidwerte nicht bis zum Sommer 2019 unter den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, müssten Fahrverbote zum 1. September vorbereitet werden. Die Stadt geht in ihrem eigenen Konzept davon aus, den Grenzwert von 40 Mikrogramm erst Ende 2019 einhalten zu können. 2017 erreichte der Wert in der Parcusstraße aber noch 48 Mikrogramm, nach Prognosen des Landesumweltamtes könnte der Grenzwert 2018 aber nur um ein Mikrogramm gesunken sein. Andere Experten sagen sogar einen leichten Anstieg um 0,5 Mikrogramm voraus.

Trotzdem reagierte Ebling am Mittwoch unmittelbar nach dem Urteil erfreut: Das Gericht habe die Bemühungen der Stadt um saubere Luft gewürdigt und „mitnichten ein sofortiges Fahrverbot verhängt“, sagte Ebling. Die Stadt werde deshalb jetzt alles tun, den Grenzwert 2019 einzuhalten. Auch wenn dies erst zum Jahresende 2019 gelinge, sei „unter der Diktion der Verhältnismäßigkeit ein flächendeckendes Dieselfahrverbot in weite Ferne gerückt“, betonte Ebling, „darüber sind wir froh.“

Tatsächlich hatte das Gericht die Verhältnismäßigkeit betont, gleichzeitig aber glasklar unterstrichen, dass es eine weitere Verzögerung bei der Nichteinhaltung des Grenzwertes nicht weiter dulden wird: Die 40 Mikrogramm seien schnellstmöglich einzuhalten, das sei nicht Ende 2019 und schon gar nicht 2020. Gleichzeitig hatte das Gericht ausdrücklich unterstrichen, dass es auch die Umrüstung der Mainzer Dieselbusflotte nicht als ausreichend betrachtet, um den Grenzwert einzuhalten – das war zuletzt aber das Hauptargument der Stadt gewesen. Maßnahmen zur verbindlichen Einhaltung des Grenzwertes seien deshalb bis zum 1. September 2019 zu ergreifen.

Kommt 2019 ein Dieselfahrverbot für Mainz? Das Verwaltungsgericht Mainz sagt, nur wenn die Stickoxidwerte unter 40 Mikrogramm sinken, darf die Stadt darauf verzichten. – Foto: gik

Beck, der derzeit die sich im Mutterschutz befindliche Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) vertritt, kündigte an, die Stadt werde den neuen Luftreinhalteplan jetzt unverzüglich erarbeiten. Die Stadt habe Maßnahmen zur Luftverbesserung von mehr als 80 Millionen Euro auf den Weg gebracht, „da kann niemand sagen, dass wir nicht versuchen werden, Mitte des Jahres zu einem Ergebnis zu kommen“, sagte Beck. Könne die Stadt Ende Juni 2019 den Nachweis erbringen, „dass wir die Werte einhalten, haben wir eine andere Gesprächsbasis.“ Die Stadt sei jetzt „in der ersten Halbzeit etwas in den Rückstand geraten“, räumte Beck zugleich an, das sei aber eher „Ansporn, in der zweiten Hälfte das Spiel zu drehen.“

Die Option eines Fahrverbotes sei „eine niederschmetternde Nachricht für den Wirtschaftsstandort Mainz“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Rheinhessen, Günter Jertz, die Wirtschaft hatte bereits am Montag vor gravierenden Folgen für Pendler und Handwerker gewarnt. „Wir sind vorsichtig optimistisch, dass es positiv weiter geht“, sagte auch Anja Obermann von der Handwerkskammer Mainz, forderte aber gleich auch, Ausnahmeregelungen für Fahrverbote müssten bürokratiearm und kostengünstig für den Handwerker sein.

Die Opposition sah das alles nicht so rosig: Die CDU-Opposition äußerte sich enttäuscht und kritisierte, die Stadtspitze aber in den vergangenen Jahren zu viel Zeit ohne Aktivitäten und umgesetzte Maßnahmen verstreichen lassen. „Dies müssen sich die grüne Verkehrsdezernentin Katrin Eder und Oberbürgermeister Michael Ebling schon ankreiden lassen“, sagten CDU-Chefin Sabine Flegel und CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig. Die Stadtspitze zeige nur auf den Bund und die Automobilindustrie, das solle „offensichtlich von den eigenen Versäumnissen ablenken.“

Dass der vor einigen Wochen verabschiedete, „eher mit heißer Nadel gestrickte“ Masterplan M3 Green City offenkundig nicht ausreichte, um das Gericht zu überzeugen, komme leider nicht ganz überraschend, sagte CDU-Verkehrsexperte Thomas Gerster. Die Verwaltung müsse sich nämlich fragen lassen, warum Maßnahmen, wie zum Beispiel die Einführung von Grünen Wellen oder einer intelligenten Verkehrsleitung, die schon seit über zehn Jahren im Luftreinhalteplan enthalten seien, „in diesem Masterplan als Neuerungen aufgeführt wurden, obwohl sie schon längst hätten umgesetzt werden können“, betonte Gerster. Auch eine Umrüstung der Busflotte wäre „ohne Weiteres schon früher möglich gewesen.“

Mit mehr grünen Wellen und einem besseren Verkehrsleitsystem will die Stadt die Stickoxidwerte senken. – Foto: gik

Die Stadt müsse jetzt alles dafür tun, die Grenzwerte im ersten Halbjahr 2019 einzuhalten, um ein Fahrverbot zu verhindern, fordert die CDU. Gelinge dies nicht, müssten der räumliche und zeitliche Umfang der Sperrungen so gering wie möglich gehalten und weitreichende Ausnahmegenehmigungen vorgesehen werden. „Ein Weg könnte ein Fahrverbot für LKW in der Innenstadt sein, die nach den maßgeblichen Gutachten für über 50 Prozent des verkehrsverursachten Stickoxid-Anteils verantwortlich zeichnen“, schlug Gerster vor.

Tatsächlich kündigte die Stadt Mainz am Mittwoch vor Gericht an, man plane ein Lkw-Verbot auf der Rheinallee – bislang hatte Dezernentin Eder das stets als nicht durchsetzbar abgelehnt. Weiter hieß es, die Stadt wolle 25 Ampelanlagen auf den neusten Stand der Technik umrüsten, um diese intensiv und umweltrelevant steuern zu können. Die „Grüne Welle“ in der Innenstadt solle Anfang 2019 feinjustiert werden, ein Programm für moderne Verkehrsleitstruktur sei beim Bund beantragt.

Der Masterplan sei ein Gesamtkonzept, das eine nachhaltigere Lösung biete, als die Einzelmaßnahme Fahrverbote, sagten auch die beiden SPD-Stadträte Martin Kinzelbach und Marc Bleicher. Mainz müsse nun „alles daran setzen die nötigen Schritte umzusetzen, dass sich die Luftqualität weiter verbessert und ein mögliches Fahrverbot im September 2019 verhindert werden kann.“ Dabei werde sich auch zeigen, „inwieweit die politischen Kräfte in Mainz bereit sind, mutige Entscheidungen im Sinne der Gesundheit der Bürger zu treffen“, warnte die SPD. Trotzdem soll die Stadt auch eine Revision gegen das Urteil prüfen.

Nun denkt die Stadt offenbar auch über ein Lkw-Verbot auf der Rheinallee nach – Anwohner forderten das bereits vor Jahren mit einer Petition. – Foto: gik

Das forderte auch die FDP: Das Gericht habe eine Berufung ausdrücklich zugelassen, sagte FDP-Fraktionschef Walter Koppius. Und schließlich seien viele Menschen „auf den Diesel angewiesen und haben diesen im Vertrauen auf die angegebenen Standards gekauft.“ Fahrverbote wären „ein schwerer Schlag für Pendler, die Mainzer Wirtschaft und viele Bewohnerin, das wollen wir unbedingt verhindern“, betonte der FDP-Kreischef David Dietz.

Für die Dieselfahrer in Mainz werde es nun ernst, reagierten hingegen die Freien Wähler, Privatpersonen und Gewerbe müssten große Einschnitte befürchten. „Obwohl dieses Damoklesschwert schon lange über uns Mainzern schwingt, ist das Konzept der Stadt noch immer nicht rauchdicht“, kritisierte Stadtratsmitglied Claus Berndroth. „Mainz reagiert und repariert, anstatt endlich vorausschauend zu agieren“, kritisierte auch ÖDP-Chef Claudius Moseler: „Soviel hätte bereits in den vergangenen sieben Jahren, seit die Diskussion um den Diesel schwelt, umgesetzt werden können.“ Ideen und Anträge im Stadtrat dazu habe es genügend gegeben, vor allem auch von der ÖDP  – etwa die Forderung, die Frischluftschneisen in Mainz frei zu halten und durch intelligente Stadtentwicklung die Stadtluft zu verbessern.

Noch lehnt das Schild am Gericht, 2019 könnte es aber aktiv eingesetzt werden müssen. – Foto: gik

„Trauriges Fazit ist: Die Stadt hat nicht gehandelt, die Bundesregierung hat nicht gehandelt und die Autobauer drücken sich um den Austausch der „Hardware““, sagte Moseler. Oberbürgermeister Ebling bleibe derweil trotz der „klaren und vorhersehbaren Gerichtsentscheidung immer noch in seinen alten Mustern stecken“, kritisierte er. Ebling habe sich „bisher mit der Mantra-artigen Wiederholung seiner Fehleinschätzung begnügt und behauptet, dass es kein Dieselfahrverbot für Mainz geben wird.“ Nun verweigere er sich „trotzig dem Urteil einer Richterin“, die Stadtspitze habe „das eigentliche Problem offenbar immer noch nicht verstanden“, kritisierte Moseler: Nicht das Urteil bringe Mainz in Schwierigkeiten, „sondern die gescheiterte Umweltpolitik von Stadtvorstand und Ampelkoalition.“ Mainz solle das Urteil annehmen und als Chance verstehen, denn es zwinge die Politiker endlich dazu, sich ernsthaft mit den Umwelt- und Gesundheitsproblemen in unserer Stadt auseinanderzusetzen.

Die Mainzer Grünen meldeten sich in Sachen Fahrverbot nicht zu Wort, die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner sagte jedoch, Schuld an der Misere sei die Bundesregierung: „Sollten die Grenzwerte in Mainz bis Mitte 2019 nicht eingehalten werden und das Fahrverbot kommen, darf sich die Bundesregierung eine weitere Trophäe für ihre desaströse Verkehrs- und Umweltpolitik in die Vitrine stellen“, sagte Rößner. Die Stadt habe sehr viele Maßnahmen ergriffen, um zur „Green City“ zu werden, die ASutobauer rieben sich indes „Dank eines faulen Kompromisses mit der Bundesregierung die Hände“, schimpfte Rößner: „Die einzig richtige Gangart wäre hier, Hardware-Nachrüstung auf Kosten der Automobilindustrie durchzusetzen.“

Das forderte auch Ebling: „Wir brauchen dringend Unterstützung durch die Bundesregierung“, sagte der OB, sie müsse „der Automobilindustrie zwischen die Hörner kloppen“ und deutlich machen, dass an verpflichtenden Hardware-Nachrüstungen kein Weg vorbei führe. „Das könnte 3 bis 4 Mikrogramm für Mainz ausmachen“, rechnete Ebling vor, „das könnte unser Delta schließen.“ Ob die Stadt Berufung gegen das Urteil einlegen wird, ließ er offen: Man werde die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und diese intensiv prüfen.

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht vom Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz zu einem möglichen Fahrverbot lest Ihr hier bei Mainz&, wir haben da auch den Verlauf der Verhandlung dargestellt.

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Mainz muss 2019 Fahrverbot für Diesel-PKW einführen – wenn die Stickoxidwerte nicht sinken – Gericht ordnet Vorbereitung an

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Nun hat es auch Mainz erwischt: Auch die Stadt Mainz muss 2019 ein Fahrverbot in ihrer Innenstadt einführen – sofern die Stickoxidwerte nicht im ersten Halbjahr 2019 deutlich sinken. Allen Beteuerungen der Politik und allen Bemühungen der Stadt zum Trotz verhängte das Verwaltungsgericht Mainz am Mittwoch: Der aktuelle Luftreinhalteplan der Stadt Mainz ist nicht ausreichend, die Stadt muss ihn so fortschreiben, dass der Grenzwert für Stickoxide „schnellstmöglich“ eingehalten werden kann. Und dabei habe die Stadt „auch die Erforderlichkeiten von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge einbeziehen.“ In der Verhandlung am Mittwoch machte das Gericht nämlich auch klar: alle bisher getroffenen und gestarteten Maßnahmen reichen nicht aus, eine weitere Verschiebung der sinken Werte in die Zukunft ist zu vage und zu weit weg. Damit drohen Mainz sehr reale Fahrverbote ab dem 1. September 2019 – denn das die Stickoxidwerte bis Juni 2019 auf 40 Mikrogramm sinken, ist kaum zu schaffen.

Kämpfer für saubere Luft, für Dieselfahrverbote und Umrüstung der Dieselfahrzeuge mit Hardware: Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. – Foto: gik

Besonderen Wert legte die oberste Richterin Stefanie Lang am Mittwoch in der mündlichen Verhandlung nämlich auf ein besonderes Wort: „schnellstmöglich.“ „Die Beklagte überschreitet den Grenzwert zum Schutz der Gesundheit der Menschen bereits seit mehreren Jahren“, sagte Lang wörtlich, und eine Überschreitung des Grenzwertes sei auch 2018 zu erwarten. 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft schreibt das Gesetz als maximalen Wert für die als giftig und gesundheitsschädlich geltenden Stickoxide vor, in der Mainzer Parcusstraße wurden im Jahresmittelwert 2017 noch immer 48 Mikrogramm erreicht. Die Stadt Mainz argumentiert, die Werte seien seit Jahren im Sinken begriffen, das werde auch so weiter gehen – das Gericht war sichtbar skeptisch. „Es reicht nicht, dass ein Trend zur Reduzierung da ist, der Grenzwert muss eingehalten werden“, sagte Lang streng.

Dazu legte die Deutsche Umwelthilfe überraschend weitere Zahlen vor Gericht vor: Ganz kurzfristig habe man noch eine Studie des Autoexperten Dudenhöfer von der Universität Duisburg-Essen bekommen, der habe die Realwerte für 2018 ausgewertet, sagte DUH-Anwalt Remo Klinger. Und danach sänken die Stickoxidwerte in Mainz keinesfalls, „die Werte in der Parcusstraße steigen“, betonte Klinger: „Wir liegen bei 48,5 Mikrogramm.“ Dazu verwies die DUH auf sogenannte Passivsammler, die zusätzlich zu den festen Messstellen eingesetzt werden – und da lägen die Werte gar bei 59 Mikrogramm an der Binger Straße, bei 58 Mikrogramm an der Rheinallee und bei 53 Mikrogramm auf dem Neubrunnenplatz.

Könnten doch 2019 in Mainz aufgestellt werden: Schilder für ein Dieselfahrverbot in der Mainzer Innenstadt. – Foto: gik

„Der Grenzwert ist für das gesamte Stadtgebiet einzuhalten“, betonte Lang, genau das könne die Stadt aber derzeit nicht gewährleisten. Daraus folge die „zwingende Verpflichtung“, solche Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen, die die Werte bis zu einer Unterschreitung des Grenzwertes absinken ließen – und genau das müsse „kurzfristig“ geschehen. Lang stellte völlig klar: unter Kurzfristig sei binnen weniger Wochen zu verstehen, da reiche kein Ende des Jahres 2019, und erst recht kein 2020. Die Stadt hatte aber argumentiert, man werde durch die Umrüstung der Dieselbusflotte, durch den Ausbau des Radverkehrs sowie durch weitere Maßnahmen Ende 2019 den Grenzwert einhalten können – Lang blieb noch immer skeptisch: „Also erwarten Sie selbst, dass der Wert erst 2020 eingehalten werden kann“, sagte sie unverblümt in Richtung der städtischen Vertreter – das sei einfach zu spät. Der Grenzwert gelte dann seit zehn Jahren, das könne man nun wirklich nicht „so schnell wie möglich“ nennen. „Wir können nicht weiter vertrauen und warten“, fügte sie hinzu.

Auch hätten die bisherigen Maßnahmen ja offenbar nicht zu einer ausreichenden Reduzierung der Stickoxide geführt, sagte Lang weiter, der Luftreinhalteplan selbst gehe nicht von einer kurzfristigen Reduzierung aus. Mainz hatte im Sommer eigens noch einen „Masterplan Green City“ mit rund 70 Maßnahmen zur Verbesserung der Luftwerte in der Innenstadt vorgelegt, doch nicht einmal das reichte dem Gericht: Sämtliche Maßnahmen seien „nicht zur schnellstmöglichen Einhaltung“ des Grenzwerts ausreichend, betonte Lang. Das gelte sogar auch für die Umrüstung der Dieselbusse. Die Stadt hatte vor Gericht argumentiert, man werde bis Ende 2018 sämtliche Busse der MVG auf Euro 6-Norm umgerüstet haben, am Montag beginne der Einbau der SCA-Filter. Dazu seien bereits zwei E-Busse sowie zwei Wasserstoffbusse bestellt, die Anfang 2019 geliefert würden.

„Wir haben Bedenken, was die Busumrüstung angeht“, sagte Lang dazu, „da kann man schon ein Fragezeichen machen, ob das wirklich so umsetzbar ist.“ Die Realität sehe oft anders aus, auch bleibe die Frage, ob die prognostizierte Senkung um 4 bis 5 Mikrogramm dann auch wirklich eintrete. Zudem lägen die Stickoxidwerte dann immer noch über dem Grenzwert, betonte die Richterin. Zudem hingen Maßnahmen wie Radverkehr und ein Umstieg auf Busse und Bahnen „oft von der Mitwirkung Dritter ab“, das sei nicht kalkulierbar. Gerade beim Radverkehr habe Mainz ja schon kräftig agiert, das habe sich aber auf die Stickoxidwerte nicht entscheidend ausgewirkt, sagte Lang weiter – es sei zu fragen, ob da nicht schon „ein Scheitel erreicht“, ob die Attraktivität überhaupt weiter zu steigern sei. „Man kann da Zweifel mit Blick auf die Wirkung haben“, sagte Lang wörtlich.

Diesel-Fahrzeuge gelten in Mainz als Verursacher von rund 30 Prozent der Luftschadstoffe, jetzt muss die Stadt umgehend handeln, befand das Verwaltungsgericht. – Foto: gik

Die Deutsche Umwelthilfe warf an dieser Stelle dann auch noch ein, dieses Argument komme bei der Verteidigung häufig, doch in der Regel sagten die Gerichte dann, solche Effekte seien „nicht quantifizierbar – und deshalb nicht einzurechnen.“ Die Richterin folgte dieser Argumentation. „Ihr Plan ist auf Kante genäht“, sagte sie in Richtung der Stadt, die Frage sei: „Wie realistisch ist es, dass das auch eintritt?“ Die Vertreterin der Stadt räumte das sogar ein – und verwies dann auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Wenn die Einhaltung des Grenzwerts auf anderem Wege erreichbar sei, so das Bundesverwaltungsgericht, seien Fahrverbote unverhältnismäßig, argumentierte Susanne Schuck vom Rechtsamt der Stadt.

Das gelte nur, falls die Werte „unerwartet drastisch“ sänken, hakte hier DUH-Rechtsanwalt Klinger ein: „Ihre Darstellung ist nicht das Beispiel, was das Gericht im Kopf hatte.“ Das Gericht habe womöglich Hardware-Nachrüstungen der Diesel-PKW im Kopf gehabt, die eine plötzliche Änderung der Situation auslösen könnten. „Aber die Bundesregierung belässt es ja nur bei Bitten in Richtung Automobilindustrie“, fügte Klinger hinzu.

Das Gericht folgte am Ende zum Großteil der Argumentation der DUH: Die Stadt müsse bis zum 1. April 2019 einen neuen Luftreinhalteplan vorlegen, und der müsse entsprechende Konzepte für Fahrverbote einschließen. „Sie müssten sich über ein Fahrverbot Gedanken machen, wenn die anderen Maßnahmen nicht reichen“, sagte Lang in der Verhandlung, und diese Gedanken „müssen sie sich jetzt schon machen, um sie ohne Zeitverlust umsetzen zu können.“

Tabelle der Jahresmittelwerte von Stickoxiden in Mainz laut Landesumweltamt. Im Jahr 2017 lag der Wert in der Parcusstraße noch bei 48 Mikrogramm, in der Großen Langgasse bei 42 Mikrogramm. – Foto: gik

Gleichzeitig ließ das Gericht aber eine Tür offen: Sollte Mainz es schaffen, dass die Stickoxid-Werte im ersten Halbjahr 2019 unter den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sinken, müssen Fahrverbote nicht verhängt werden. Damit wolle man ausdrücklich die Bemühungen der Stadt zur Verbesserung der Luftqualität würdigen, sagte Lang. Fahrverbote seien eine „effektive und schnell wirkende Maßnahme“, sei eine Senkung der Werte nicht anders zu erreichen, müssten solche Verbote zum 1. September 2019 einbezogen werden. Das Gericht ließ eine Revision zu.

„Wir sind sehr zufrieden“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch nach dem Urteil, das Gericht habe eine „sehr kluge Entscheidung“ getroffen. „Wir glauben, dass die Luft in Mainz durch die Maßnahme sauberer wird“, betonte Resch, das sei ein guter Tag für die Menschen in Mainz. Zugleich unterstrich er, das sei auch ein „klares Urteil der achtjährigen Untätigkeit“, das müsse jetzt „für Politiker der Weckruf“ sein. „Was wir jetzt brauchen ist ein Durchgreifen der Bundesregierung in Richtung Autoindustrie“, betonte Resch. Der Bund müsse die Hersteller jetzt endlich zu Hardware-Nachrüstungen verpflichten, und zwar durch einen amtlichen Rückruf. Die Behauptung der Autoindustrie, eine Nachrüstung dauere Jahre, sei falsch, „wir haben nachgewiesen, dass das kurzfristig geht“, sagte Resch. Die Teile seien zugelassen und entwickelt, die Software-Updates hingegen wirkungslos.

„Es kann nicht weiter gehen, dass die Autoindustrie geschützt wird“, betonte Resch, die Fahrzeughalter müssten endlich entschädigt werden und saubere Autos bekommen. „Wir wollen doch nicht Messsensoren glücklich machen, sondern Menschen in der Stadt“, sagte Resch, „ich verstehe nicht, warum man den Herstellern nicht auferlegt, den Betrug zu beseitigen.“ Sollte die Bundesregierung diesen Weckruf von Mainz „erneut missverstehen“ – nun, man habe noch sechs weitere Klagen anstehen, sagte Resch. Die DUH habe bisher keine einzige Klage wegen Dieselfahrverboten verloren – Mainz sei die Nummer 13 gewesen.

Und selbstverständlich könne man die Autoindustrie zur Nachrüstung auf ihre Kosten zwingen, sagte Resch auf Mainz&-Nachfrage noch: Der Terminus dafür laute „in normal Use“, also „im normalen Gebrauch“, und das gelte ja auch bei Sicherheitsgurten oder Bremsen, erklärt Resch, und fügte hinzu: „Bei Bremsen würde man sich ja auch nie darauf einlassen, dass die nur im Labor funktionieren.“

Info& auf Mainz&: Wie die Stadt Mainz und die politischen Parteien in Mainz auf das Urteil reagieren, das lest Ihr hier auf Mainz&. Mehr zur Argumentation der Stadt in Sachen masterplan Green City und Busumrüstungen lest Ihr hier in diesem Mainz&-Artikel.

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Weinforum Rheinhessen widmet sich den fantastischen Rotweinen der Region – Drei Tage 200 Weine probieren – Wein-Walks mit Weinkönigin

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Es ist DIE Leistungsschau der rheinhessischen Weine und ein Highlight im Mainzer Weinkalender: Vom 26. bis 28. Oktober 2018 findet zum 32. Mal das Weinforum Rheinhessen statt. Rund 200 der besten Weine aus dem gesamten Anbaugebiet Rheinhessen stehen ab Freitagnachmittag in der Mainzer Rheingoldhalle für die Besucher zur Verkostung bereit, 3.000 Besucher werden zu dem Wein-Festival erwartet. Im Fokus stehen in diesem Jahr natürlich die Weißweine des Jahrgangs 2017, der als herausragend gilt. Rund 200 Weine und Sekte suchte dafür eine Jury aus, sie alle wurden bei der Landesweinprämierung mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Im Fokus zudem: Rotweine, Winzersekte und die besonderen „Orange“ Weine, dazu Sonderverkostungen und Wine-Walks mit den Weinmajestäten – hingehen!

Probieren, sich austauschen, Spaß haben – das Weinforum Rheinhessen in der Mainzer Rheingoldhalle. – Foto: gik

Schon lange wissen Kenner ja, dass die Rotweine aus Rheinhessen mit den französischen Nachbarn durchaus mithalten können: Der Anbau der roten Sorten hat sich in den vergangenen 25 Jahren in Rheinhessen mehr als verdoppelt. Auf etwa ein Drittel der Anbaufläche wachsen inzwischen Spätburgunder und Dornfelder, aber auch St. Laurent, Syrah und Merlot. Und ja, die kann man durchaus trinken: Gerade haben wir einen samtigen Merlot mit runder Fülle und viel Kirsch- und dunklen Beeren-Aromen im Glas, gewachsen im Umfeld von Mainz. Und es gibt Rotweine von knackig-frisch bis gediegen-rund, rustikale Dornfelder oder elegante Spätburgunder.

Der Ausbau im kleinen Barriquefass ist längst Standard, rheinhessische Rotweine heimsen schon lange hohe Auszeichnungen bei Weinwettbewerben ein. Auf dem Weinforum Rheinhessen gibt es deshalb in diesem Jahr eigene Workshops: Zweimal am Tag stellt die ehemalige Deutsche Weinkönigin Simone Renth-Queins „Rotwein-Highlights aus Rheinhessen“ vor, Weine, die bei der Prämierung für besondere Aufmerksamkeit gesorgt haben.

Großer Bahnhof für die rheinhessischen Weine: das Weinforum Rheinhessen in der Rheingoldhalle. – Foto: gik

Im Übrigen können sich die Besucher ihren eigenen Verkostungs-Parcours zusammenstellen: Quer durchs Foyer der Rheingoldhalle warten verschiedene Wein-Themen an den Tischen, von Kellereiweinen über den Rheinhessen Silvaner bis hin zu Burgunderrebsorten, edelsüßen Weinen oder auch Winzersekten. Auch die Spitzenlinie Selection Rheinhessen ist wieder mit einer eigenen Verkostungszone vertreten. Dort trefft Ihr auch viele Winzer persönlich. Eine Sonderpräsentation widmet sich in diesem Jahr auch den „Orange-Weinen“: Weißweinen, die nach alten Methoden mit der Schale vergoren und auch mal in der Amphore ausgebaut werden – heraus kommen oft spannende Weinexperimente, die die Geschmacksnerven herausfordern und Rebsorten völlig neu definieren.

Wer sich nicht entscheiden kann: Die Rheinhessischen Weinmajestäten um Weinkönigin Anna Göhring nehmen die Besucher mit auf kurzweilige Wein-Walks über das Weinforum und stellen dabei ihre Favoriten vor. Und wie überlebt man 200 Weine auf einen Schlag? Die Antwort ist einfach: spucken, spucken, spucken. Das mag auf den ersten Blick komisch klingen, ist aber ein echtes Erfolgsrezept und wird ausgiebig genutzt. Dabei bleibt der Geschmack im Mund, aber der Alkohol geht zum Großteil in die Tonne – geniert Euch bloß nicht! Wen zwischen all den Weinen der Hunger plagt, ist im Popup-Restaurant von Thomas Hofmann richtig, hier gibt es Roastbeef und Pilzrahmsuppe, Salate, Räucherlachs-Pfannkuchen oder auch Entenbraten à la Orange.

Info& auf Mainz&: Los geht es mit dem 32. Weinforum Rheinhessen am Freitag, den 26. Oktober, um 15.00 Uhr, bis 21.00 Uhr ist dann Zeit fürs Verkosten. Am Samstag, 27. Oktober 2018 ist von 14.00 Uhr bis 21.00 Uhr geöffnet, am Sonntag, den 28. Oktober 2018, von 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Die Rheingoldhalle in Mainz ist hervorragend mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, also kommt doch bitte mit Bus und Bahn! Der Eintritt zum Weinevent kostet 28,- Euro, darin ist die ÖPNV-Karte bereits erhalten. Alle Informationen, Vorverkaufsstellen sowie die Weine findet man hier im Internet.

 

 

 

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Mainz zittert vor Fahrverbot für alte Diesel – Verwaltungsgericht entscheidet am Mittwoch – Ebling: Können Grenzwert ab Ende 2019 einhalten

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High Noon in Sachen Fahrverbote für alte Diesel: Am Mittwoch will das Verwaltungsgericht Mainz die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte in Mainz entscheiden. Stickoxide seien giftig und gesundheitsgefährdend, die dauerhaften Überschreitungen des offiziellen Grenzwertes von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft verstießen gegen den im Grundgesetz festgelegten Schutz der Bürger, argumentiert die DUH – Mainz habe in den vergangenen Jahren nicht genug getan. Die Stadt widerspricht und verweist auf ihren just im Sommer vorlegten „Masterplan M3“: Von den dort vorgesehenen 70 Vorhaben seien 23 bereits in der Umsetzung, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Montag in Mainz, und verspricht: „Wir können Ende 2019 die Grenzwerte einhalten.“ Ob das alles dem Gericht reicht, ist indes völlig offen – Mainz zittert vor dem Fahrverbot.

Stau, Abgase, Umweltbelastung, Gesundheitsgefährdung: die DUH zieht gegen dicke Luft in Mainz vor Gericht, am Mittwoch ist Entscheidung vor dem Verwaltungsgericth Mainz. – Foto: gik

„Da schwebt eine dicke dunkle Wolke über uns, die uns bedroht“, klagt Anja Obermann, Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Rheinhessen. Käme ein solches Verbot, 80 bis 90 Prozent der Fahrzeuge im Handwerk wären betroffen, rechnete Obermann am Montag in Mainz vor, und besonders kleine und mittlere Unternehmen und Handwerker stünden vor großen Problemen. „Das wäre ein Schlag ins Gesicht der Wirtschaft“, warnt auch Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rheinhessen. Die Folgen wären gravierend: Transportunternehmen könnten ihre Güter nicht mehr anliefern, Taxis keine Fahrgäste mehr transportieren, Pendler müssten draußen bleiben. In Mainz könnte noch gerade ein Bestatter den Zentralfriedhof ansteuern, sagt Obermann – alle anderen wären vom Fahrverbot betroffen.

Vor zwei Jahren, im November 2016 schaltete die Deutsche Umwelthilfe ihre Klage gegen den Luftreinhalteplan der Stadt Mainz wieder scharf. Man akzeptiere nicht länger, „dass Mainz auf Zeit spielt und die freie Fahrt für Dieselstinker höher bewertet als die Gesundheit seiner Bürger“, schimpfte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch damals. Mainz verweigere seit Jahren seinen Bürgern das Recht auf ‚Saubere Luft‘ und verstoße damit gegen Artikel 2 des Grundgesetzes, dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Drei Jahre lang habe die DUH versucht, mit der Stadt Vereinbarungen zu „außergerichtlichen Maßnahmen“ zur Verbesserung der Luftqualität zu erreichen, das müsse man nun „als gescheitert ansehen“.

Tatsächlich läuft der Streit zwischen der DUH und der Stadt Mainz bereits seit 2011, 2013 ließ der Umweltverband seine Klage vorerst ruhen – und nahm sie Ende 2016 wieder auf. Am Mittwoch trifft man sich nun vor dem Verwaltungsgericht in Mainz, und in der Landeshauptstadt ist die Nervosität groß. Bislang hat die DUH sämtliche Verfahren vor Gerichten gewonnen, in Stuttgart, Düsseldorf und Berlin ordneten Gerichte bereits Fahrverbote an. Besonders hart trifft die Rhein-Main-Region das jüngst für Frankfurt angeordnete Fahrverbot: Bereits ab Februar 2019 sollen Diesel der Euro-Norm 4 großflächig ausgesperrt werden, ab September 2019 auch Euro 5-Diesel, so ordnete es das Gericht an, und befand: Auch die kurz vor der Verhandlung noch vorgelegten Maßnahmenpläne könnten daran nichts ändern.

Stemmen sich gegen das drohende Fahrverbot für Mainz (vion Links): Bürgermeister Günter Beck (Grüne, Anja Obermann von der Handwerkskammer Rheinhessen, OB Michael Ebling (SPD) und IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz. – Foto: gik

Das Land Hessen hat nun gegen das Urteil des Wiesbadener Verwaltungsgerichts Berufung eingelegt, doch der schwarz-grünen Landesregierung verhagelte es endgültig den Landtagswahlkampf, als der Bund in seinem Dieselkompromiss ausgerechnet Frankfurt nicht unter die 14 besonders betroffenen Städte aufnahm. Auch Mainz ist nicht unter den besonders betroffenen Regionen, doch nur in diesen sollen Dieselbesitzer Anspruch auf möglicherweise kommende Umrüstungen und Umtauschprogramme der Autohersteller haben.

Ebling kritisierte das am Montag noch einmal als „völlig unverständliche“ Regelung: „Hier werden Verbraucherrechte in zwei Klassen geteilt, das ist kein Ansatz, die Probleme zu lösen“, schimpfte der OB. Mit Fahrverboten könne ein Nerv getroffen werden, der eine Stadt tief zu verletzen drohe. Das Problem der Stadtspitze: „Unsere Sorge ist, dass nicht ausgeschlossen ist, dass es zu Dieselfahrverbote kommen kann“, räumte Ebling ein. Dabei lösten Fahrverbote das Problem auch nicht, wie etwa Städte wie Hamburg zeigten: „Es wird nicht ein Auto weniger fahren, sie werden nur anders fahren“, sagte der Stadtchef mit Blick auf Hamburg. Die Stadt lehne Fahrverbote ab, weil sie zu einer massiven Einschränkung der Mobilität der Mainzer führen würden, man tue alles, dies noch abzuwenden.

„Wir nehmen die Luftbelastung in unserer Stadt sehr wichtig“, betonte Ebling weiter, Mainz habe bereits eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, die Luftqualität zu verbessern. Mit der Mainzelbahn sei viel für die Elektrifizierung getan, 162 Busfahrten pro Tag würden dadurch ersetzt, rechnete Bürgermeister Günter Beck (Grüne), der derzeit die sich in Mutterschutz befindende Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) vertritt, vor. Im Juli legte die Stadt zudem ihren „Masterplan M3“ vor, die rund 70 Maßnahmen setzen auf die Elektrifizierung des Verkehrs, den Ausbau des Radverkehrs, digitale Ampelschaltungen und Umrüstung des städtischen Fuhrparks. Allein in den kommenden Jahren seien Maßnahmen für 83 Millionen Euro geplant, sagte Ebling, 28 habe man dem Gericht vorgelegt, weil sie bereits in der Umsetzung seien.

Käme ein Fahrverbot, Handwerker, Unternehmer, aber auch der städtische Fuhrpark bekämen große Probleme. – Foto: gik

Schnelle Abhilfe soll vor allem die Umrüstung der Dieselbusflotte bringen: Einhundert Busse sollen bereits Ende des Jahres mit Katalysatoren ausgestattet sein, das senke den Stickoxid-Ausstoß um 90 Prozent. Dazu schaffe man vier Brennstoffzellenbusse und vier elektrische an. Im Unterschied zu anderen Kommunen seien das keine Vorhaben, sondern bereits erfolgte Bestellungen, betonte Ebling: „Unsere Busse werden bis Ende des Jahres tatsächlich alle umgerüstet sein.“ Und man könne schon viel weiter sein, wenn denn die Autoindustrie schadstofffreie Busse liefern könne, doch genau da hake es. Mit den Maßnahmen werde Mainz aber schon Ende 2019 den Grenzwert von 40 Mikrogramm einhalten können betont Ebling, man rechne mit einer Senkung von 6 bis 7 Mikrogramm in der Parcusstraße.

Vier Messstellen gibt es zurzeit noch in Mainz, nur an der offiziellen Messstelle des Landesumweltamtes in der Parcusstraße werde der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft noch überschritten. „Die Stickoxidbelastung in unserer Stadt sinkt, das ist gewollt“, betonte Ebling, „und wir können das auch konkret mit Zahlen belegen.“ 2010 seien in Mainz noch 61 Mikrogramm Stickoxide pro Kubikmeter Luft gemessen worden, 2017 seien es noch 48 Mikrogramm gewesen. Die Deutsche Umwelthilfe sieht das jedoch anders: Die 48 Mikrogramm in der Parcusstraße seien noch immer eine „deutliche Überschreitung“ des erlaubten Jahresmittelwerts, betonte Resch am Montag. Dazu gebe es zahlreiche weitere amtliche Messungen mit hohen Überschreitungen, etwa an der Binger Straße mit 59 Mikrogramm, an der Rheinallee mit 58 Mikrogramm sowie auf dem Neubrunnenplatz mit 53 Mikrogramm.

Die Stadt Mainz setzt vor allem auf die Umrüstung der Dieselbusse bis Jahresende für schnelle Effekte. – Foto: gik

Pikant ist in dem Zusammenhang auch, dass die Stadt eine Messstelle mitten in der viel befahrenen Innenstadtstraße Große Langgasse nach der Neugestaltung der Straße nicht wieder aufstellen will. „Wir brauchen die Messstation nicht“, sagte Beck: „Wir gehen davon aus, dass es da künftig Unterschreitungen des Grenzwertes gibt.“ Die Stadt hat in der Straße einen neuen, Luftschadstoffe schluckenden Asphalt aufgebracht, natürlich werde man mit Passivsammlern die weitere Entwicklung kontrollieren, sagt Beck.

Bei der ÖDP hält man das für „fahrlässig und unüberlegt“: „Die Station hat bis zuletzt Grenzwertüberschreitungen verzeichnet“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der ÖDP, Wilhelm Schild. Nun einfach zu behaupten, dass die Messungen überflüssig seien, weil die Grenzwerte nach dem Umbau der Straße nicht mehr überschritten würden, „ist aus unserer Sicht unverantwortlich.“ Es brauche einen Nachweis, dass die Maßnahmen in der Großen Langgasse tatsächlich das hielten, was sich die Stadt von ihnen verspreche, ohne werde das „Messstation zur Kaffeesatzleserei“, warnte Schild. Die Stadt vertue damit die Chance eines echten Monitorings, auf dessen Grundlage sich die Wirksamkeit weiterer Maßnahmen besser einkalkulieren lasse.

Besonders an der Messstation in der Mainzer Parcusstraße wird der Grenzwert für Stickoxide von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft noch deutlich überschritten. – Foto: gik

Ob das dem Gericht das alles am Ende reicht, ist völlig offen. In Wiesbaden bescheinigte das Verwaltungsgericht dem Land Hessen vor wenigen Wochen, seine eilig nachgereichten Maßnahmenkataloge seien eben auch nicht ausreichend – und verfügte ein Fahrverbot für Frankfurt. Am Wochenende kündigte Bundeskanzlerin Angelka Merkel (CDU) dann offenbar unter dem Druck der hessischen Wahl an, Fahrverbote per Gesetz als unverhältnismäßig zu erklären. In Mainz stieß das auf Kopfschütteln: „Ich finde den Vorschlag nicht lösungsorientiert“, sagte Ebling, und Beck grollte, das sei doch „ein Taschenspielertrick der Kanzlerin“, der dem Wahlkampf in Hessen geschuldet sei. Die Grenzwerte seien zum Schutz der Gesundheit da, wer damit spiele, spiele „mit dem Schutz der Menschen“, kritisierte Beck: „Die Politik wird völlig unglaubwürdig, das hätte fatale Folgen.“

Bei der DUH hieß es, Merkels Vorschlag sei eine „durch Panik vor einem Wahldebakel gesteuerte Pseudo-Politik, die weder Hand noch Fuß hat.“ Merkel versuche „erneut, die betrügerischen Dieselkonzerne zu schonen“, kritisierte Resch. Die 800.000 jährlichen Neuerkrankungen, die ihr vom Umweltbundesamt vorgerechnet wurden, spielten bei der Kanzlerin „offensichtlich keinerlei Rolle.“ Ein Hochsetzen des NO2-Jahresmittelgrenzwerts sei zudem rechtswidrig, sollte er dennoch beschlossen werden, sei „dieser Bruch des Europarechts von nationalen Gerichten nicht anzuwenden.“

Info& auf Mainz&: Mainz& ist natürlich am Mittwoch vor Gericht live dabei, wir sind schon sehr gespannt auf den Ausgang. Was die Deutsche Umwelthilfe mit ihren Klagen vor Fahrverbote wirklich erreichen will – nämlich die flächendeckende Nachrüstung der Betrugs-Diesel, lest Ihr hier bei Mainz& in einem Interview mit Jürgen Resch. Und bevor wieder das Totschlag-Argument der undurchsichtigen Finanzierung der DUH mit Hilfe des Autobauers Toyota kommt: Die DUH geht sehr offen und transparent mit ihren Finanzen um und legt alles offen – man muss sie halt nur fragen. Die Spenden von Toyota gibt es, sie machen aber lediglich einen kleinen Bruchteil der DUH-Finanzen aus. Mehr zum Frankfurter Dieselfahrverbot und der Begründung des Gerichts lest Ihr hier.

 

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Narrenschau 2018: Furiose Hofsänger-Parodie und ein großes kleines Multitalent – GCV lädt zum zweiten Mal zur großen Narren-Nachwuchs-Show

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Entdeckung des Abends: Oskar Betzler. - Foto: gik

Es ist die Gretchenfrage der Mainzer Fastnacht: Wie finde ich guten Narren-Nachwuchs? Die Riege der berühmten Redner bei „Mainz bleibt Mainz“ ist in die Jahre gekommen, vor zwei Jahren trat auch noch Hans Peter Betz als Guddi Gutenberg von der Bühne ab – was kommt danach? Von Nachwuchsmangel in der Fastnacht ist gerne die Rede – doch das ist eine Mär: Der Nachwuchs steht geradezu Schlange. Das zumindest zeigt die „Narrenschau“ von Gonsenheimer Carnevals-Verein (GCV) und Füsiliergarde überdeutlich. Zum zweiten Mal luden die Gonsenheimer Narren vergangenen Samstag zur großen Narren-Nachwuchs-Show ins Otto-Schott-Gymnasium, und wieder einmal zeigte sich: Ein großer Narr entsteht nicht über Nacht.

Die Brüder Adrian und Rainer Werum wärmen den Saal für die Narrenschau 2018 auf. – Foto: gik

Es ist 19.11 Uhr, und der Saal ziert sich. Draußen verglühen die letzten goldenen Oktoberstrahlen, man erzählt vom Sitzen im Garten und den warmen Temperaturen – und dann stimmt der Moderator allen Ernstes ein „Helau“ an. Noch vor dem 11.11. hatte der GCV in diesem Jahr seine „Narrenschau“ angesetzt, da klang der Narrenruf noch reichlich rostig. Doch es hilft ja nichts: Was ein richtiger Fastnachtsstar werden will, muss früh anfangen, und wenn die Kampagne einmal läuft, bleibt meist wenig Zeit fürs Nachwuchs-Coaching. Und so legte der GCV eben einen Frühstart hin und gewährte einen beinahe schon exklusiven Blick in die Narren-Zukunft.

Und die sieht alles andere als düster aus: 23 Nachwuchs-Narren präsentierten sich am Samstagabend auf der Bühne der Schulmensa im Otto-Schott-Gymnasium rund 300 Zuschauern. Die Idee des GCV dabei: Leuten, die gerne Erfahrungen in der Fastnacht sammeln wollen, die schon immer mal davon träumten, auf einer Fastnachtsbühne zu stehen, genau diese Chance zu geben. Ungefähr 30 Interessierte bewarben sich dafür in diesem Jahr, 23 wurden am, Ende ausgewählt, alle bekamen einen der erfahrenen GCV-Narren als Pate zur Seite, der mit Rat und Tat im Vorfeld half. 2017 klappte das bereits bei einigen Neu-Narren so gut, dass sie prompt auf der großen GCV-Bühne landeten – allen voran Felix Kettenring mit seinen Oliver Mager-Songs.

Tolle Entdeckung des Abends: Oskar Betzler mit einem witzig-pfiffigen Vortrag über sein irres Elternhaus. – Foto: gik

Ihren Einstand auf der großen Bühne gaben auch Rainer und Adrian Werum, und die brachten bei der Narrenschau 2018 gleich mal den Saal in Schwung. Die zwei Herren am Klavier sind schon richtig gute Akteure, ihre gesungenen Hommages an Mainzer Kreppel, Handkäs und natürlich Weck, Worscht und Woi feine gesungene Moritaten. „Das Leben ist ein Fastnachtslied, es spielt mal Dur, mal Moll“, singen die Werums, „mal ist es wunderbar zu Dir, mal ist es nicht so doll.“ Wie gut, dass bald wieder Fastnacht ist.

Und die packt gleich mal einen fetten Dur-Akkord aus: Ganze 12 Jahre jung ist Oskar Betzler, doch der Schüler verzieht in der Bütt keine Miene. „Bei mir, da kommt’s knüppeldick“, seufzt der Jungspund, und berichtet haarklein von seiner „Vollpension im (heimischen) Irrenhaus.“ Seine Leiden mit seinen Eltern sind urkomisch, kommen auch noch gereimt daher und glossieren Jugendalltag von Handynutzung bis zur Spülmaschine ohne in platte Allgemeinheiten abzugleiten. Vor allem aber serviert Betzler das Ganze mit hochprofessioneller Lässigkeit – ein Bombenauftritt. „Das war der Anfang, aber sicher nicht das Ende Deiner Fastnachtskarriere“, sagt Moderator Christophe Hinz danach, beeindruckt wie der ganze Saal. Hinz führt wieder gemeinsam mit Sabrina Korn durch den Abend, eine tolle Entdeckung als Moderatorin, die sichtlich Spaß am Bühnenleben hat.

Sensation des Abends: Luca Lautenschläger mit einer furiosen Solo-Fastnachtsnummer. – Foto: gik

Überhaupt ist es die Nacht der jungen Talente: mit toller Stimme besingt Angelina Alexandrow den schrecklichen Montagmorgen, die Schülerin meistert bravourös das ziemlich sperrige Lied. Und Angelina ist beileibe nicht die einzige weibliche Akteurin des Abends, bei der „Narrenschau“ ist die Frauendichte enorm. Sängerin Kira Resch aus Dieburg ist zum zweiten Mal dabei und legt wieder einen forschen Nahezu-Profi-Auftritt auf die Bühne, der allerdings stark Schlager-lastig und Diskomäßig daher kommt. Das Publikum im Saal bleibt denn auch verhalten, es will Fastnacht und das am besten pur. Das kommt in seiner klassischsten Form von Lea Arnold: Die gerade 15 Jahre alte Schülerin nimmt das Auditorium mit in den wahrhaft närrischen Hollandurlaub mit den Eltern, ein klassischer, gereimter Fastnachtsvortrag der alten Schule.

Es sind genau solche Vorträge, die zeigen, wie schwierig es am Ende ist, auf der großen Fastnachtsbühne zu bestehen. Das Gonsenheimer Publikum ist hoch anspruchsvoll, und was im kleinen Rahmen hervorragend klappt, muss auf der großen Bühne nicht genauso funktionieren. Da ist eine besondere Art von Ausstrahlung gefragt, die berühmte Rampensau sozusagen, dazu spielerische Leistungen gemeinsam mit einem guten Text – an einem Abend wie diesen merkt der Zuschauer, welch hohe Kunst das ist.

Klebte noch zu sehr am Text, gab aber einen feinen Einstand als Fastnachtsredner: Axel Efferth. – Foto: gik

So serviert Jürgen Meißner als „Engel Moguntia“ zwar eigentlich ein textlich hervorragendes Protokoll, doch die Pointen zu setzen wie die großen Redner, das Publikum bei der Stange zu halten – das ist alles andere als einfach. Auch Joshua Vogelsang mit seiner Standup-Comedy hat Mühe: der junge Mann bewegt sich gewandt auf der Bühne, spielt gekonnt mit Miene und Stimme, doch dem Poetryslammer aus Bad Kreuznach fehlt am Ende der zündende Abschluss. Den B’Town Sisters aus Bischofsheim wiederum fehlt trotz toller Kostüme als Putzfrauen und mit Glitzerfracks, doch noch sehr die Dynamik bei den Tanzeinlagen, dazu kommt das Ballett wenig synchron daher. Da merkt der Besucher, welch großen Sport die Fastnachtsballetts der großen Vereine so in der Kampagne auf die Bühne bringen.

Zeit und Raum, der richtige Vortrag zur rechten Zeit, all das spielt in der Fastnacht ebenfalls eine wichtige Rolle. Tobias Mayer kommt als Holländer „Frederik van der Sonne“ blendend an im Saal, doch seine kleinkunst-mäßige Akkordeonnummer verpufft dann eher. Ulrike Sersch als perfekte Meenzer Babbelschnut wiederum nimmt die zugereiste Hautevolee auf die Schippe, doch recht zünden wollen Thema und Vortrag nicht im Saal – womöglich lag’s auch an der Überlänge der Narrenschau, die ohne Pause vier Stunden lang närrische Kost servierte. Darunter litten gleich mehrere späte Redner: Christophe Hinz lieferte in diesem Jahr als Götterbote Hermes sein gesungenes Protokoll ab, aber das kommt einfach zu spät. Dabei hat Hinz mit der Metoo-Debatte, mit Özil-Affäre und vor allem mit seinem Lied zum Klimawandel die goldrichtigen Themen, verpackt in klasse Liedpersiflagen, doch der Saal ist da schon jenseits der Narren-Sperrzeit.

Große Narrenkunst: die Herpes House Band als Meenzer Hofsänger. – Foto: gik

Und schließlich ist mancher auch noch damit beschäftigt, über die Entdeckungen des Abends zu staunen. Da rockt der 14 Jahre als Luca Lautenschläger im Alleingang den Saal, springt in die Bütt und dann wieder zurück auf die Bühne, singt ein „traditionelles Selbstbeweihräucherungslied“ und parodiert Größen wie Heininger & Schier, als stünden die persönlich auf der Rostra. Völlig respektlos, pfiffig und zum Schreien komisch – der 14-Jährige ist die Sensation des Abends. Eine Entdeckung ist auch Axel Efferth, der als „Baulöwe für Kassenpatienten“ herrlich-närrisch Pfahlbauten in der Kläranlage baut, weil sonst in Mainz ja kein Baugrund mehr zu finden ist. Efferth persifliert mit seinem Vortrag das derzeit wohl aktuellste Mainzer Thema originell und mit viel Witz, dass dem Newcomer noch Bühnenerfahrung fehlt – nun, genau dafür ist die Narrenschau ja da.

Aus der Kneipenfastnacht kommen die Meenzer Zibbelkappe, das Musiktrio hat liebevolle Lokalhymnen als Gitarrenballaden zum Mitsingen im Gepäck, das gefällt dem Saal ausgesprochen gut. Den Vogel aber schießen vier junge Sänger ab: Die Herpes House Band nimmt so völlig repektlos und gleichzeitig gekonnt die Mainzer Hofsänger auf die Schippe, dass sich der Saal vor Lachen biegt. Im Gegensatz zum berühmten Fastnachtschor versteht man bei den Jungs sogar die Texte – und das ist gut so: Ihre Lieder über die Hässlichkeit und die Sprühregen über den Wolken sind große Narretei und weder etwas für schwache Mägen, noch für schwache Lachmuskeln. Und wenn wir die Zeichen richtig deuten, dann werden wir die Jungs in der Kampagne auf einer großen Bühne wiedersehen…

Info& auf Mainz&: Keine Angst, bis zum 11.11. bleibt Ihr jetzt von Fastnacht auf Mainz& auch gleich wieder verschont – wer aber noch mal nachlesen will, was sich der GCV bei seiner Narrenschau so gedacht hat – bitte hier entlang, da gibt’s unser Interview vom vergangenen Jahr. Und wenn Ihr noch mal über die Entdeckung von 2017 staunen wollt, über Gesangstalent Felix, dann könnt Ihr das hier in unserem Mainz&-Youtube-Kanal tun. Und natürlich darf eines nicht fehlen: Unsere Fotogalerie. Viel Spaß!

 

 

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„5 nach 12“ – Fluglärmgegner rufen für 21. Oktober zur Großdemo am Flughafen auf – Abrechnung mit grüner Politik

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Sie wollen ihrer Wut Luft machen und die Flughafen-Ausbau-Parteien zur Rechenschaft ziehen, und Dachziegel regnen lassen: Am Sonntag jährt sich die Einweihung der Nordwestlandebahn am Frankfurter Flughafen zum siebten Mal. Für die Bürgerinitiativen, die seither gegen Fluglärm kämpfen, ist es ein bitteres Jubiläum: Von Fluglärm-Entlastung keine Spur, im vergangenen Jahr stieg der Fluglärm rund um den Flughafen vor allem in den Nachtstunden massiv an – ausgerechnet unter einem grünen Verkehrsminister. Das Bündnis der Bürgerinitiativen ruft deshalb für Sonntag, den 21. Oktober, ab 12.05 Uhr unter dem Titel „5 nach 12“ zu einer großen Protestdemonstration am Frankfurter Flughafen auf.

Demoaufruf des Bündnisses der Bürgerinitiativen für den 21. Oktober 2018.

„5 nach 12“ lautet das Motto, Umsteuern bei der Luftverkehrspolitik die Forderung. Der Luftverkehr entwickele sich mit einem Anteil von 22 Prozent zum weltweiten Klimakiller Nummer 1, der Luftverkehr als einer der Haupt­ver­ursacher müsse ein­geschränkt werden, heißt es im Demonstrationsaufruf. Die Auswirkungen wie die gesundheitlichen Folgen des Lärms dürften nicht länger verharmlost werden. „Es ist fünf nach Zwölf – für unsere Gesundheit und das Klima“, betont die Mainzer Initiative gegen Fluglärm. Seit der Einweihung der Nordwestlandebahn lägen weite Teile des Rhein-Main-Gebiets „unter einem Lärm und Schadstoffteppich, der schwere Gesundheitsschäden bei den Flughafenanwohnern verursacht.“ Und es kämen immer mehr Risikofaktoren des Luftverkehrs – wie Ultrafeinstaub und die Folgen des Klimawandels – ans Licht.

Die Mainzer Initiative gegen Fluglärm will am Sonntag auch Dachziegel im Terminal regnen lassen, zur Erinnerung an die immer noch ungelöste Problematik der Wirbelschleppen. Noch immer funktioniere das Programm zum Klammern von Dächern nicht, es drohe weiter ein tödlicher Unfall, betont die Mainzer BI.

„Wir alle merken: es ist fünf nach zwölf, entschlossenes Handeln ist jetzt geboten“, sagte BBI-Sprecher Thomas Scheffler im Vorfeld: „Es darf keine Zeit mehr verloren werden, andernfalls hinterlassen wir den nachfolgenden Generationen eine Katastrophe.“ Und so wollen die Fluglärmgegner auch mit der Politik abrechnen. „Die Flughafenausbau- und Regierungsparteien in Hessen werden nicht ungeschoren davonkommen“, warnt Scheffler: „Wir erinnern uns an ihre Versprechen und messen sie an ihren Taten.“

Die Wut der Fluglärmgegner richtet sich izwischen auch gegen den hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir von den Grünen. – Foto: gik

CDU, SPD und FDP stünden für eine jahrzehntelange „Scheuklappenpolitik“, die davon ausgehe, dass alles was für den Flughafen gut sei auch für die Region und ihre Menschen gut sei, klagen die Fluglärmgegner. Und dem hätten sich nun auch die Grünen angeschlossen. Viele sind von den Grünen tief enttäuscht, weil Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) die Ansiedlung von Billigfliegern ermöglichte und das Terminal 3 nicht verhinderte. Die Grünen hätten „nichts aus ihrer ungeheuren Machtfülle für die Flughafenanwohner gemacht“, kritisieren die Fluglärmgegner: „Sie hören nix, sie sehen nix, sie wollen aber wiedergewählt werden.“

Am Freitag beschloss der Bundesrat auf Initiative der hessischen Landesregierung, dass künftig auch Fluglinien für die nächtlichen Verspätungslandungen belangt werden können sollen, und nicht mehr allein die Piloten. Mit dem Gesetz will Al-Wazir eine bessere Handhabe gegen nächtliche Verspätungslandungen bekommen, die Mainzer Initiative gegen Fluglärm wirft dem Minister dagegen Versagen vor: Durch sein Ja zur Ansiedlung von Billigfliegern in Farnkfurt habe Al-Wazir dafür gesorgt, dass „das mühsam erkämpfte und dennoch viel zu kurze ‚Nachtflugverbot‘ sogar faktisch auf 5 Stunden verkürzt wird“. Damit habe sich unter grüner Regierungsbeteiligung die Belastung der Menschen mit Fluglärm sogar noch erhöht.

Dabei hätten alle Parteien nach Eröffnung der Landebahn Nordwest und vor der Landtagswahl 2013 erklärt, dass der Fluglärm und die Belastung der Flughafenanwohner reduziert werden müsse, betont die BI. Diese Aussagen hätten sich inzwischen „als wahltaktische Lügen erwiesen.“ Wer gewählt werden wolle, solle sich „für die betroffene Menschen einsetzen und helfen, Fraport zu stoppen.“ Denn das ungebremste Wachstum von Fraport „gefährdet die Gesundheit der Menschen mit Fluglärm, Ultrafeinstaub, Dachziegeln und mehr.“ Das hessische Gesetz muss nun noch durch den Bundestag – eine Verschärfung des Nachtflugverbots, wie es sich die Bürgerinitiativen wünschen, sieht es nicht vor.

Auch Mainzer Stadtspittze ruft unterdessen zur Sonntagsdemo am 21. Oktober auf: Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) und Bürgermeister Günter Beck (Grüne) sprachen von einem „bitteren Geburtstag für die Region“. Die Einladugn für die Billigflieger sei „die künstliche Schaffung von Flugverbindungen“ gewesen, „für die es zuvor keinerlei Nachfrage in Frankfurt gab – mit all ihren Begleiterscheinungen und massiven Belastungen.“ Mit den Flügen habe Fraport „die klaffende Lücke der Prognose zur Realität“, also zwischen Vor-Ausbau-Proggnosen und dem dann nicht eingetretenen Boom füllen wollen, sagten Ebling und Beck.

Nun habe die Region einen Sommer der Flugausfälle und zahllosen Verspätungen mit vielen Flügen bis tief in die Nachtstunden hinein erlebt. „Fraport hat sich die Region durch dieses Verhalten nicht zum Freund gemacht“, kritisierten die beiden Mainzer, das Unternehmen handele nach dem Motto: „Nach uns der Sinkflug. Vor Ort werden enorme Gewinne eingefahren, der Schaden wird an die Region weitergereicht: Gesundheitsschäden, Luftbelastungen und Schlafstörungen sind die Folge.“ Fraport müsse „die Schraube zurückdrehen“, heißt es weiter: „Es kann kein stetes Höher-Schneller-Weiter mehr geben.“

Info& auf Mainz&: Die Demonstration „5 nach 12 – Demo für Gesundheit und das Klima und gegen den Fluglärm“, findet am Sonntag, 21. Oktober, ab 12.05 Uhr im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens statt. Informationen unter www.flughafen-bi.de

 

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„Stillstand auf der ganzen Linie“ – BI „Mainz für Gutenberg“ beklagt „Wegducken und Aussitzen“ und fordert erweiterte Trägerschaft für Gutenberg-Museum

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Am 15. Oktober war der Bürgerentscheid zum Bibelturm am Gutenberg-Museum genau ein halbes Jahr her, und zu dem Anlass meldete sich die Bürgerinitiative „Mainz für Gutenberg“ zu Wort – mit einer ernüchterten Wortmeldung: „Stillstand auf der ganzen Linie und keine Anzeichen für eine Besserung“, sagten die beiden BI-Sprecher Johannes Kohl und Johannes Strugalla. Sechs Monate seien seit dem Bürgerentscheid zur Erweiterung des Gutenberg-Museums vergangen, heute sei klar: Die Befürchtungen vom Stillstand bestätigten sich. Die Verantwortung sieht die BI, die für den Bibelturm stritt, bei der Stadtspitze: Sie müsse für eine erweiterte Trägerschaft für das Museum und seine Finanzierung sorgen. Dafür übergab die BI einen Offenen Brief bei der Eröffnung der neuen Ausstellung „Ohne Zweifel Gutenberg.“

Der Nachbau der Buchdruckerpresse von Johannes Gutenberg im Gutenberg-Museum. – Foto: gik

Am 15. April hatten die Mainzer mit überwältigender Mehrheit bei einem Bürgerentschied dem Erweiterungsbau auf dem Liebfrauenplatz in Form eines Bibelturms eine Absage erteilt. Dem war ein harter Wahlkampf vorangegangen, in dem die Bürgerinitiativer Gutenberg-Museum Verbesserungen für das Museum forderte, aber den Bibelturm wegen unklarer Finanzierung und wegen des Standorts auf einem der letzten grünen Plätze von Mainz ablehnte. Die BI „Mainz für Gutenberg“ dagegen sah den Bibelturm als dringend notwendigen Aufbruch für das Museum und warnte bei einem Nein der Bürger vor Stillstand und Rückschritt.

Nun, ein halbes Jahr nach dem Bürgerentscheid, sehen sich die Turm-Befürworter bestätigt: „Heute ist klar: Die Befürchtungen bestätigen sich“, klagten Strugalla und Kohl. „Eine außenliegende Fluchttreppe aus Metall, leer zu räumende Museumsbereiche und keine Aussicht auf die dringend nötige Sanierung und Erweiterung“ – so stelle sich aktuell die Situation des Museums dar. „Alle Befürchtungen bewahrheiten sich – leider“, kritisiert die BI, „was fehlt, sind Perspektiven.“

Die Verantwortung dafür sieht die BI indes bei der Mainzer Stadtspitze um Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD): „Der Ball liegt bei der Stadtspitze. Sie muss für eine erweiterte Trägerschaft und damit für den nötigen Finanzrahmen sorgen“, betonten Strugalla und Kohl. Ohne solide Finanzierung habe das Gutenberg-Museum als „Weltmuseum der Druckkunst“ keine Zukunft, dafür müssten Land, Bund und EU gewonnen werden.

Rekonstruktion einer koreanischen Druckwerkstatt, derzeit das Highlight der neuen Sonderausstellung „Ohne Zweifel Gutenberg?“ – Foto Gutenberg-Museum

Am 20. September übergab die BI dazu auch einen Offenen Brief an Ebling, den rheinland-pfälzischen Kulturminister Konrad Wolf (SPD) sowie an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). „Um seinem Anspruch als Weltmuseum der Druckkunst gerecht zu werden, sind eine inhaltliche Erneuerung und eine bauliche Modernisierung und Erweiterung dringend erforderlich“, heißt es darin. Nur damit könne das Museum angemessen sammeln, bewahren, präsentieren und forschen. Bei einer Aufgabe dieser Dimension brauche die Stadt Mainz Unterstützung in Form einer erweiterten Trägerschaft. „Wir wünschen uns Ihre persönliche Unterstützung für dieses Anliegen“, appelliert der Brief.

Tatsächlich ist in Sachen Gutenberg-Museum seit dem  15. April wenig bis nichts geschehen. Anfang Oktober begann die Stadt mit der Errichtung des Not-Treppenhauses an der hinteren Fassade des Gutenberg-Museums. Die BI Gutenberg-Museum stellte Konzepte für Fundraising sowie dafür, Gutenberg zu einer Mainz-Marke zu machen vor, auf Resonanz stieß sie nicht. Mitte Juni tagte zudem ein Runder Tisch, zu dem die BI Gutenberg-Museum die Stadtspitze geladen hatte. Auch die Arbeitswerkstatt der Stadt soll bereits mindestens zwei Mal getagt haben – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Arbeitswerkstatt sollte die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer Modernisierung und Erneuerung des Museums ausloten, Ergebnisse wurden bisher nicht bekannt.

Die BI „Mainz für Gutenberg“ erklärte, die Arbeitswerkstatt sei „als offener Informationsprozess gut, ihre Ergebnisse ohne neu geregelte Trägerschaft für das Museum aber nur ein Trostpflaster.“ Dabei dürfe es aber nicht bleiben: „Wir lassen nicht zu, dass das Gutenberg-Museum und seine dringend nötige Ertüchtigung in Vergessenheit geraten“, betonten Strugalla und Koch: „Wegducken und Aussitzen sind für uns keine Option.“

Info& auf Mainz&: Im Gutenberg-Museum wurde Anfang Oktober eine große Ausstellung zum Jubiläumsjahr 550 Jahre Gutenberg eröffnet. „Ohne Zweifel Gutenberg“ kombiniert die Erfindung des Mainzer Buchdruckers mit dem koreanischen Buchdruck-Erfinder Bi Sheng aus dem 11. Jahrhundert und stellt die Frage: Was genau wurde da eigentlich wann und wo erfunden? Erstmals wird dabei mit experimenteller Archäologie die Rekonstruktion einer alten koreanischen Druckwertsatt gezeigt. Die Ausstellung sei „eine nachhaltige Verbesserung der Dauerausstellung des Gutenberg-Museums, schwärmte die Gutenberg-Stiftung – mehr zur Ausstellung und den Baumaßnahmen im Gutenberg-Museum findet Ihr hier. Die Ausstellung ist noch bis zum 28. April 2019 zu sehen, Infos dazu hier.

 

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