Seit Tagen dröhnt wieder einmal heftiger Fluglärm über Mainz, da kommt ein Jubiläum gerade Recht: Am kommenden Montag, dem 5. März, wird das Bündnis der Bürgerinitiativen (BBI) gegen Fluglärm rund um den Frankfurter Flughafen 20 Jahre alt. Seit 1998 kämpft das Bündnis gegen den Fluglärm aus Frankfurt, Anlass war der damals gestartete erneute Ausbau des Rhein Main-Airports. Seit der Eröffnung der Landebahn Nordwest organisiert das Bündnis die legendären Montagsdemos am Frankfurter Flughafen, am 5. März wird es die 240. Montagsdemo sein. Und die Aktualität ist weiter hoch: Gerade kündigte Ryanair einen weiteren Ausbau seiner Strecken in Frankfurt an. Die gute Nachricht: Die Billigfluglinie hat ihre Verspätungsflüge nach 23.00 Uhr deutlich reduziert.

Die 100. Montagsdemo am Frankfurter Flughafen im Jahr 2014, organisiert vom Bündnis der Bürgerinitiativen. – Foto: gik

Im November 1997 forderte die Lufthansa erstmals öffentlich den Bau einer weiteren Start- und Landebahn – die Bürger rund um den Flughafen waren alarmiert. Kein weiterer Ausbau des Airports im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet, das war das Versprechen der Politik nach dem Bau der Startbahn West gewesen. „Die Ausbaugegner aus der Zeit des Kampfs gegen den Bau der Startbahn West sowie weitere Initiativen, die sich zwischenzeitlich gegründet hatten, waren alarmiert“, erzählt Thomas Scheffler, Sprecher des BBI. Am 5. März 1998 traf sich in Frankfurt das Forum „Keine Flughafenerweiterung – für ein Nachtflugverbot von 22-06 Uhr“ – an diesem Abend wurde das Bündnis der Bürgerinitiativen (BBI) offiziell gegründet.

Was folgte waren die Planungen für einen weiteren Ausbau, flankiert von dem Mediationsverfahren zwischen 1998 bis Anfang 2000, initiiert vom damaligen hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel (SPD). Das BBI-Bündnis sparte nicht an Kritik: Der Ausbau sei doch längst beschlossen, die Mediation solle lediglich Akzeptanz schaffen. „Das Bündnis sollte leider recht behalten“, bilanziert Scheffler. Am 21. Oktober 2011 eröffnete am Frankfurter Flughafen die vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) gebaute neue Nordwestlandebahn, für Mainz und Rheinhessen die schlechteste aller Varianten: Die Nordwestlandebahn exportiert einen großen Teil des Lärms nach Rheinhessen, bei Ostwind wurden nun weite Teile des Mainzer Stadtgebiets mit Lärm überzogen.

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„Was das Bündnis geleistet hat, ist sicher einmalig“

Plakat des BBI gegen Fluglärm zur 150. Montagsdemo am Frankfurter Flughafen am 28.9.2015. – Foto: BBI

Auch in Mainz gründete sich daraufhin die Initiative gegen Fluglärm, die in den folgenden Jahren zu einem der wichtigsten Akteure der Montagsdemos am Frankfurter Flughafen wurden. Auch diese Montagsdemos waren eine direkte Folge der neuen Landebahn: Am 14. November 2011 trafen sich erstmals einige hundert Bürger der Region im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens, um gegen den horrend gewachsenen Fluglärm in der Region zu protestieren – und tun es seither an jedem  Montag außerhalb der Schulferien. Die 250. Montagsdemo am kommenden 5. März 2018 markiert eine beispiellose Protestgeschichte in der Bundesrepublik.

Mit den Montagsdemos habe „der Protest eine neue Dimension“ erreicht, sagt Scheffler, immer neue Initiativen gegen Fluglärm wurden gegründet und schlossen sich dem Bündnis an. Der Einzugsbereich reiche heute von Rheinhessen über Mainz und Frankfurt bis zum Bayerischen Untermain, von Darmstadt bis in den Taunus. Im November 2000 hatte es das Bündnis geschafft, die Bürgerinitiativen im Rhein-Main Gebiet zu vereinen. Ein wichtiger Grundsatz: Lärmverschiebungen zu Ungunsten anderer Kommunen werden strikt abgelehnt, das St.-Florians-Prinzip außer Kraft gesetzt – das Resultat war eine neue Einigkeit und Geschlossenheit, wie sie die Politik vorher nicht als Gegner kannte.

Stärken des BBI seien „seine Unabhängigkeit, sein Selbstbewusstsein und seine Toleranz“, sagt Scheffler. So sei es gelungen, dass sich Initiativen mit teilweise gegensätzlichen Interessen zusammen fanden und auf gemeinsame Ziele verständigten. Das Bündnis sei zudem überparteilich und werde allein von ehrenamtlicher Arbeit getragen, betont Scheffler: „Was das Bündnis der Bürgerinitiativen in den letzten Jahren geleistet hat, ist sicherlich einmalig.“

Bis heute meldet sich das Bündnis regelmäßig zu politischen Entwicklungen in Sachen Fluglärm zu Wort. Monatliche Delegiertenversammlungen bringen die Mitglieder auf den neuesten Stand,und gemeinsame Aktionen sowie Stellungnahmen werden dort verabredet. Das BBI ist Mitglied in der „Bundesvereinigung gegen Fluglärm e.V.“, der europaweiten „Uecna European Union against Aircraft Nuisances“ und dem „Berliner Manifest“, einem bundesweiten Zusammenschluss von Initiativen an Flughafenstandorten.

Rößner gratuliert Bündnis für „unermüdlichen Kampf“

Geheimnis des Erfolges: Gemeinsam kämpfen, nicht spalten lassen. Plakat des BBI zur 100. Montagsdemo im Jahr 2014. – Plakat: BBI

Auch in der Politik hat sich das BBI inzwischen hohe Respekt erworben, zur 200. Montagsdemo gaben sich gar Politikgrößen aus Stadt, Land und auch aus Rheinland-Pfalz am Flughafen die Ehre – und verneigte sich vor der Ausdauer der Protestanten. Die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rössner (Grüne) gratulierte und dankte im Vorfeld des Jubiläums allen beteiligten Initiativen und AktivistInnen „für das unerschöpfliche Durchhaltevermögen und den unermüdlichen Einsatz in den vergangenen 20 Jahren.“ Ohne die Anti-Fluglärm-Kämpfer „sähe es heute vermutlich noch viel düsterer aus“, sagte Rößner. Sie wünsche den Aktiven, „auch in Anbetracht der immer wieder herben Rückschläge, nicht ihren Mut und die Hoffnung auf die Wiedergewinnung der Lebensqualität in der Region zu verlieren.“

Trotz Jubiläums, so Rößner weiter, „dürfte den beteiligten Bürgerinitiativen und Fluglärmbetroffenen im Rhein-Main Gebiet wohl kaum zum Feiern zumute sein: Denn 20 Jahre später hat sich die Situation der Fluglärmbetroffenen im Großraum Frankfurt nicht verbessert.“ Die Lärmbelastung habe massiv zugenommen, mit dem Bau des neuen Terminals 3 und der Ausrichtung auf Billigflieger werde „ein weiterer erheblicher Zuwachs des Fluggastaufkommens und damit eine Steigerung des Lärmaufkommens erwartet.“

Ryanair verringert Verspätungsflüge nach 23.00 Uhr

Besonders der irischen Fluglinie Ryanair werfen Fluglärm-Gegner eine rücksichtslose Politik vor, hatte Ryanair doch in den ersten Monaten seines Betriebs in Frankfurt in erheblichem Ausmaß das Nachtflugverbot gebrochen: Bis zu 35 Landungen der Iren gingen im November und Dezember 2017 verspätet nach 23.00 Uhr ein. Rechtzeitig zum 20. Jubiläum des BBI meldete nun der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) Verbesserung: Die Zahl der verspäteten Landungen von Ryanair sei im Februar auf ganz neun gesunken, das sei ein Rückgang von über zwei Drittel. Der Druck der Politik wirke offenbar, sagte Al-Wazir: „Die Botschaft kam offenkundig an: Wer in Frankfurt starten und landen will, der hat sich an die geltenden Nachtflugregeln zu halten. Darauf werden wir auch weiterhin akribisch achten.“

Allerdings war Ryanair laut des hessischen Verkehrsministeriums immer noch für 35 Prozent der verspäteten Landungen in Frankfurt verantwortlich, im Januar waren es noch 70 Prozent gewesen. Ryanair baut unterdessen seine Basis am Frankfurter Airport immer weiter aus: Am 26. Februar startete eine neue Strecke nach Dublin und will zum 25. März weitere vier Strecken (Porto, Venedig Treviso, Valencia und Zadar) vom Hunsrück-Flughafen Hahn nach Frankfurt Rhein-Main verlegen.

Kreativer Protest gegen Fluglärm bei einer Montagsdemo. – Foto: gik

 

50 Abgeordnete gründen Parlamentskreis Fluglärm im Bundestag

In Berlin gründeten unterdessen drei Bundestagsabgeordnete aus der Region den „Parlamentskreis Fluglärm“: Rund 50 aus CDU, SPD, Grünen, Linken, FDP und AfD wollen darin zusammenarbeiten, um Bürger besser vor Fluglärm zu schützen. Initiiert wurde der Parlamentskreis von den Mainzer Abgeordneten Ursula Groden-Kranich (CDU) und Tabea Rössner (Grüne), sowie von der Frankfurterin Ulli Nissen (SPD). „Dass rund 50 Abgeordnete aus allen Parteien an unserem Parlamentskreis mitwirken möchten, zeigt, welch große Bedeutung das Thema Fluglärm hat“, betont Groden-Kranich.

Rößner sagte, sie sei „überwältigt“ von der großen Teilnahme: „Lärm nimmt zu und belastet immer mehr Menschen“, betonte sie. Der Kreis hoffe, Lösungen gemeinsam auf den Weg zu bringen und den Druck auf die Bundesregierung deutlich erhöhen zu können. Der Parlamentskreis will auch Ansprechpartner für Bürgerinitiativen sein, Hauptziel ist es, ein Eckpunktepapier zur Reduzierung des Fluglärms zu entwickeln.

Info& auf Mainz&: Am 5. März 2018 begeht das Bündnis der Bürgerinitiativen gegen Fluglärm rund um den Frankfurter Flughafen sein 20-jähriges Bestehen. Auf der 240. Montagsdemonstration ab 18.00 Uhr im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens soll Gründungsmitglied Martin Kessel sprechen. Die Bürgerinitiative gegen Fluglärm in Mainz-Lerchenberg weist übrigens aus aktuellem Anlass darauf hin: Gegen den Fluglärm kann man sich beschweren – und zwar auf der Internetseite http://www.dfld.de/, das ist der Deutsche Fluglärmdienst. „Unter „Messwerte im Raum Frankfurt/M.“ finden Sie unsere Fluglärmmessstation Mainz/ Lerchenberg***. Sie finden Hilfe unter: Wie erstelle ich eine Fluglärm-Beschwerde?“, informiert die BI. „Jede Beschwerde signalisiert den Verantwortlichen unsere Wahrnehmung der Belastung und unseren Unmut darüber.“ Das BBI gegen Fluglärm findet Ihr hier im Internet.

 

 

 

 

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