Es ist nach dem Dom DAS Wahrzeichen von Mainz, das mainzerischste aller Mainzer Denkmäler, ein Sinnbild der Lebensfreude: der Mainzer Fastnachtsbrunnen. An diesem Freitag wird das einmalige Denkmal auf dem Schillerplatz genau 55 Jahre alt, ein wahrhaft fastnachtliches Jubiläum. Pünktlich um 11.11 Uhr lädt der Mainzer Carneval -Verein zur kleinen närrischen Geburtstagsfeier am Brunnen auf dem Schillerplatz – mehr ist unter Corona-Bedingungen nicht drin. Fast neun Meter hoch ist der Brunnen, auf dem sich Moguntia und Vater Rhein, Bajazz und Till Eulenspiegel, Narr, Possenreiter, aber auch Mönch, St. Martin und Pegasus tummeln – die 200 Figuren des bronzenen Denkmals spiegeln Mainz, die Fastnacht und die Geschichte von Moguntiacum. Mainz& verneigt sich vor dem wahrlich närrischsten aller Brunnen mit einem Porträt, das erstmals 2017 erschien.

Fastnachtsbrunnen ganz
Der Mainzer Fastnachtsbrunnen auf dem Schillerplatz vor dem Osteiner Hof – Foto: gik

Es war am 14. Januar 1967, als sich 5.000 Menschen auf dem Schillerplatz versammelten. Garden marschierten im Fackelzug zum Platz, Reden wurden gehalten, das Polizeimusikkorps spielte, und abends traf man sich in edler Garderobe zum Tanz – großer Bahnhof für das neue Denkmal. Die Idee für einen Brunnen auf dem Schillerplatz gab es schon länger, auch einen Fastnachtsbrunnen brachte der eine oder andere schon mal ins Gespräch.

Doch es war der Unternehmer Ludwig Eckes, der 1962 rund 769.000 D-Mark für einen Brunnen stiftete, die Familie Eckes wollte damit ihre Verbundenheit gegenüber Mainz zum Ausdruck bringen. Aus 234 Entwürfen, die für den ausgeschriebenen Wettbewerb eingingen, kürte die Jury schließlich einen Sieger: den Narrenturm des Münchner Künstlers Blasius Spreng.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Und der schuf innerhalb von drei Jahren ein wahrhaft außergewöhnliches Denkmal: Auf einem Gerüst sind 200 bronzene Figuren übereinander, nebeneinander, scheinbar durcheinander angeordnet. Stundenlang kann man davor stehen und immer neue Facetten erkennen und sich doch nie satt sehen. Natürlich gibt es da die zahlreichen Figuren der Mainzer Fastnacht: Den Narr in allen Variationen, den Bajazz mit der Laterne, den Till mit dem Spiegel, den er den Narren vorhält. Da ist aber auch der Gardeoffizier und die Tänzerin, der vom Feiern müde Narr, der Musiker, die Schwellköpp und die Possenreiter. Sogar ein ganzes Komitee hat Spreng verewigt.

Fastnachtsbrunnen Detail Eulenspiegel Ritt auf Esel
Gardeoffizier und Eulenspiegel, Uffstumber und Paragraphenreiter auf dem Esel – Figuren im Mainzer Fastnachtsbrunnen – Foto: gik

Doch dazwischen und darüber tummeln sich auch Katzen und Füchse, Götter und Allegorien: Da räkelt sich Vater Rhein mit güldener Krone auf den Fluten, tanzen Nixen und schaut Stadtgöttin Moguntia auf ihr Volk hernieder. Ein Mädchen reitet auf einem Einhorn, ein Steinbock mit Narrenkappe schaut auf’s Volk, und der Pegasus am Narrenhimmel, Symbol der Dichtkunst, „schwingt seine Flügel zum Gebimmel, das mitten aus dem Turm erschallt“ – so reimte es einst Rudi Henkel, früherer Präsident des Mainzer Carnevals-Vereins (MCV): „Wenn Dichter mit dem Worte ringen, wenn unerbittlich Fastnacht naht, steht Pegasus mit seinen Schwingen, mit Geistesblitzen stets parat.“

Ja, der Fastnachtsbrunnen spiegelt auch ein gutes Stück Stadtgeschichte: Römer und Bacchanten und der Capricorn, also der Steinbock, das Wahrzeichen der einstigen römischen Hauslegion, der 22., sind im Brunnen vertreten. Ganz besonders gilt das für die Kirche: Da teilt ein St. Martin von seinem Pferde aus den Mantel, und mitten im Zentrum sitzt ein lachender Mönch auf einem Schemel, seine rechte Hand auf eine Tafel mit „WWW“ gestützt. Natürlich stand das im Jahr 1967 noch nicht für das World Wide Web des Internet, sondern schlicht für das Mainzer Nationalgericht: Weck, Worscht und Woi.

Fastnachtsbrunnen Figuren nah Brett vorm Kopf
Brett vor dem Kopf und Ritt auf dem Einhorn – der obere Teil des Mainzer Fastnachtsbrunnens – Foto: gik

„Der Mönch ist ein Narr Gottes“, schrieb dazu einst der Mainzer Weihbischof Werner Guballa in dem Buch „Sprudelnde Mainzer Lebensfreude – der Mainzer Fastnachtsbrunnen“: Der Mönch lebe „in der Tat in einer verrückten Welt“, vollziehe sich doch sein Alltag im Wechsel von Gebet und Arbeit, angesiedelt in der entrückten Welt des Klosters.

Mönch und Narr gehörten daher zusammen, „sie verbindet die Aufmerksamkeit und die Freude am gegenwärtigen Augenblick“, schreibt Guballa – weise Worte. Aber noch in einer anderen Weise hängen Fastnachtsbrunnen und Mainzer Dom ganz eng zusammen: Der Brunnen ist gestaltet wie ein Becher – und wie die auf den Kopf gestellte Turmspitze.

In drei Zonen gliederte Spreng selbst den Brunnen: Ganz unten ist die Zone der gewöhnlichen Narren, die handgreifliche Zone, in der Mitte sah er das Sinnbild einer geistigen Atmosphäre – hier finden sich Mönch und Eulenspiegel. Ganz oben aber siedelte der Künstler die transzendente Zone an, und hier finden sich die meisten Fabelgestalten: Da reitet ein Mädchen auf dem Einhorn, finden sich Mond und Sterne, schlägt sich ein Mann ein Brett vor den Kopf und fällt eine Närrin aus dem Rahmen. So stellt der Brunnen ganz bewusst die Ordnung auf den Kopf und hebt die Realität in die Sterne.

Geldbeutelwäscher Fastnachtsbrunnen
Der Geldbeutelwäscher am Fuße des Fastnachtsbrunnens – Foto: gik

Ganz unten aber sitzt eine der Lieblingsfiguren der Mainzer: Am Fuße des Brunnens, mitten im Wasser, wäscht ein kleines Männchen seinen Geldbeutel. Es ist der Geldbeutelwäscher, der an Aschermittwoch nach alter Tradition den leeren Beutel im Rhein auswäscht – das Ende der Fastnacht. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die Mainzer ihren Fastnachtsbrunnen bis heute ins Herz geschlossen haben – Oberbürgermeister Jockel Fuchs (SPD) nannte ihn nicht umsonst schon bei der Einweihung „das Mainzer Denkmal schlechthin.“

2010 wurde der Brunnen runderneuert, Grünspan und Rost hatten das Denkmal unansehnlich gemacht. „Wir jedenfalls erstrahlen ganz/ nach unsrer Kur in neuem Glanz“, reimte dazu Friedrich Hofmann, der auf der Narrenbühne bis vor einem Jahr den Till gab, als Till des Fastnachtsbrunnens: „Und sind wie ehedem auch heute, ein Bild sprudelnder Lebensfreude.“

Info& auf Mainz&: In seinem Jubiläums ist dem Mainzer Fastnachtsbrunnen auch das offizielle Mainzer Fastnachtsmotto gewidmet: „Des Fastnachtsbrunnens bunte Pracht, strahlt wie ganz Mainz, wenn’s singt und lacht“ – mehr zur Mottokür lest Ihr hier auf Mainz&. Infos beim MCV zum Zuuchplakettche gibt’s hier im Internet. Und vielleicht geht Ihr selbst heute mal am Brunnen vorbei und sagt den 200 Figuren leise: Happy Birthday. Das Buch „Sprudelnde Mainzer Lebensfreude – Der Fastnachtsbrunnen“, aus dem wir hier zitiert haben, könnt Ihr im Mainzer Buchhandel erwerben.

Und hier noch ein paar Detailbilder von den Figuren des Mainzer Fastnachtsbrunnens für Euch. Viel Spaß beim Entdecken!

14

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein