Seit Mittwochfrüh ist es so weit: In Mainz gibt es nun nur noch das neue DVB-T2 HD Fernsehen, das alte Signal DVB-T, das bisher über die Zimmerantenne kam, wurde abgeschaltet. Wer bisher kein passendes Empfangsgerät zuhause hat, sieht deshalb nur noch ein schwarzes Bild. Wieviele Mainzer von der Umstellung betroffen sind, lässt sich nur schätzen, Tatsache ist aber: Nicht jeder hat Kabel oder Satellit, auch werden noch immer viele Zweitfernseher über Zimmerantenne betrieben. Die brauchen nun einen zusätzlichen Empfänger oder einen DVB-T2-fähigen Fernseher, dann gibt es die meisten Programme in Full-HD-Auflösung. Aber Achtung: Privatsender sind nur die ersten drei Monate kostenlos, danach werden 69,- Euro im Jahr fällig. Nutzer von Satelliten- oder Kabel-TV sowie Internet Protocol Television sind nicht betroffen.

Schwarzer Bildschirm? Ohne Zusatz-Receiver passierte genau das Millionen von Haushalten in Deutschland am 29. März – Foto: Screenshot des offiziellen Erklärfilms der Initiative DVB-T2

In Deutschland gab es 2015 einer Statistik von Statista zufolge rund 1,9 Millionen Haushalte, deren TV-Empfang hauptsächlich über DVB-T lief. Heute müssen es noch mehr sein – allein in NRW sollen es 1,1 Millionen Haushalte sein, schreibt die Zeitung „Der Westen“. Das Fernsehen über Zimmerantenne galt bisher als kostenfreie Alternative zu den Angeboten von Kabel- und Satelliten-Fernsehen. Jedoch boten diese Anbieter wiederum schon lange die Sender in HD- beziehungsweise Full-HD Auflösung an, also in „High Definition“. Seit der Umstellung in der Nacht zum Mittwoch hier in Mainz auf Digital Video Broadcasting – Terrestrial 2 (DVB-T2, deutsch etwa: digitale Videoübertragung – erdgebunden) ist dies jetzt auch für Antennennutzer möglich. Eine zusätzliche Verbreitung der HD-Programme in Standardauflösung (SD) findet jedoch nicht mehr statt.

Die neuen Programme empfangt Ihr, nachdem Ihr einen Senderdurchlauf durchgeführt habt. In Ballungsgebieten soll es demnächst um die 40 Programme geben – mehr als bisher, wie es auf dem offiziellen Informationsportal der Initiative DVB-T2 HD heißt. Dabei sei das Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern ungefähr 50:50. Gründe für die Umstellung waren der Initiative zufolge die Reduktion der bisherigen Übertragungsfrequenzen und der zunehmende Zuschauerwunsch nach HD-Inhalten.

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So sehen die neuen Zusatzgeräte, die Receiver fürs DVB-T2 aus, dazu gibt’s bei teureren Geräten einen Zugangscode zur Registrierung für die privaten Sender, die künftig Geld kosten. Foto: gik

Über 10 Jahre lang gab es die digitale Ausstrahlung der Fernsehprogramme über DVB-T Funkfrequenzen. Jedoch sind diese Frequenzen sehr begehrt, da der mobile Datentransfer in den letzten Jahren stark zugenommen hat. DVB-T2 bietet eine effizientere Übertragung und ermöglicht damit ein größeres Angebot – eben auch für HD-Sender. Der genutzte High Efficiency Video Codec (HEVC), auch als H.265 bezeichnet, komprimiert dabei die Bildsignale.

Das Problem dabei: Die bisherigen DVB-T Empfangsgeräte seien nicht für DVB-T2 geeignet, informiert Michael Gundall, Fernsehexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Sowohl Röhrenfernseher als auch ältere Flachbildfernseher müssen mit einem externen DVB-T2 Receiver nachgerüstet werden.“ Eure Fernseher brauchen die moderne Kodiertechnik HEVC, um die neuen Signale empfangen zu können. Besitzen sie diesen nicht, gibt es verschiedene Receiver im Handel zu kaufen, die preislich zwischen etwa 40,- Euro und 160,- Euro liegen.

Die einen besitzen nur das grüne Logo DVB-T2 HD. Damit könnt ihr alle öffentlich-rechtlichen Sender weiter kostenlos empfangen, die Kosten werden mit dem Rundfunkbeitrag von 17,50 Euro pro Haushalt gedeckt. Receiver mit dem DVB-T2 HD und Freenet TV-Logo besitzen zusätzlich bereits ein Decodermodul, um die zukünftig verschlüsselten Privatsender zu empfangen. Ist Euer Fernseher von vornherein DVB-T2-fähig, braucht Ihr nur dieses Decodermodul einzeln zu kaufen.

Das Modul ist ein Freenet TV „CI+ Modul“, das eine kleine Metallkarte darstellt und rund 80,- Euro kostet. Damit können bis zu 20 Privatprogramme empfangen werden, die sonst verschlüsselt sind. Das Modul gibt es online oder bei Elektrofachmärkten zu kaufen. Um die kleine Karte danach nutzen zu können, ist eine Registrierung telefonisch oder online bei Freenet TV nötig, bei der als Identifikation der Freenet-TV-Geräte-ID oder der Freenet-TV-PIN auf dem Decodermodul angegeben werden muss. Jedoch bleibt es zukünftig nicht nur bei den Anschaffungskosten, sondern im Jahr werden 69,- Euro für die Priavatsender wie RTL, Sat.1 und ProSieben fällig – pro Gerät!

Karte mit den Verbreitungsgebieten des neuen DVB-T2 Fernsehens seit dem 29. März 2017. – Quelle: Initiative DVB-T2

Das sind im Monat 5,75 Euro und wurde von der Plattform Freenet TV mit ihrem Sendenetzbetreiber Media Broadcast festgelgt. Die Zahlung erfolgt entweder online mit einem der gängigen Bezahlverfahren wie Lastschrift, PayPal oder Kreditkarte oder über eine Gutscheinkarte aus dem Handel. Etwas Gutes gibt es noch: die ersten drei Monate nach Inbetriebnahme des Moduls sind als Testphase gratis.

Bleibt die Frage, warum die privaten Sender plötzlich überhaupt kostenpflichtig werden. Die meisten Privatsender senden über das DVB-T2 Signal gar nicht mehr in SD, weshalb den Nutzern nur die neue Variante zur Verfügung steht, wenn sie weiter über Antenne schauen wollen. „Grundsätzlich kann es eine Zukunft für die Terrestrik für uns nur mit einer ökonomisch tragfähigen Plattform im neuen Standard DVB-T2 geben“, sagte ein RTL-Sprecher dazu der Zeitung „Im Westen“. Einer repräsentativen YouGov-Umfrage der letzten Tage zufolge finden es 23 Prozent der Befragten schlecht, dass künftig laufende Kosten von 69,- Euro für die Privatsender anfallen, 41 Prozent sogar sehr schlecht.

Schlecht dürften es die Verbraucher auch finden, dass sie gezwungen sind, ihre alten Decoder-Boxen gegen neue auszutauschen – hier entstehen nicht nur Kosten, sondern auch Müll. „Die ausgemusterten Receiver dürfen nicht in den Hausmüll. Sie müssen in einem Wertstoff- oder Recyclinghof oder im Einzelhandel entsorgt werden“, betont Gundall. Bestimmte Händler seien verpflichtet, die alten Geräte kostenlos zurückzunehmen, wenn ein neues Gerät gekauft wird. Dies gelte sowohl für Ladengeschäfte als auch für den Online-Handel, wenn dort Elektroartikel auf einer Fläche von mindestens 400 Quadratmetern Verkaufs- beziehungsweise Lagerfläche angeboten werden. Kleine Geräte mit einer Kantenlänge von maximal 25 Zentimetern müssen diese Händler auch dann zurücknehmen, wenn kein neues Gerät gekauft wird.

Info& auf Mainz&: Weitere Informationen zum neuen DVB-T2 Signal findet Ihr auf der Homepage der Initiative DVB-T2 HD. Mehr rund um Freenet TV findet Ihr auf deren Internetseite. Außerdem hat die deutsche TV-Plattform eine Liste mit Geräten entwickelt, die für den Empfang geeignet sind. Wenn Ihr ein kleines Gerät an eine Recyclingstation schicken wollte, bietet die Deutsche Post dafür eine kostenlose Variante an. Wie wir das alles finden? Lest Ihr in diesem Mainz&-Kommentar „Geldmacherei auf Kosten der Verbraucher“  – und seht Ihr nachher in unserer neuesten Mainz&-Karikatur „Biancas Blick auf Mainz“. Schaut vorbei!

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