Das dicke Ende kam zum Schluss: Ende Oktober verfügte das Mainzer Verwaltungsgericht, die Stadt Mainz müsse Dieselfahrverbote für 2019 vorbereiten. Mit Busumrüstungen, Radausbau und E-Mobilitätsoffensive kämpft die Stadt gegen die drohende Aussperrung von Dieselfahrzeugen aus der Innenstadt – es war eines der beherrschenden Themen des Jahres 2018. Erneut trieb die Mainzer das Thema Verkehr auf die Barrikaden: Großbaustellen in der Innenstadt und auf dem Mainzer Ring, der stockende Ausbau der A643, dazu ein völlig marodes Taubertsbergbad, Ärger um Binnenschifffahrtsplätze und immer wieder Fluglärm – 2019 war wieder einmal ein Jahr voller Baustellen. Gleichzeitig wollen die Mietpreise einfach nicht sinken – und am Jahresende erschütterte auch noch ein überraschender Dezernentenabgang die Ampel-Koalition im Rathaus. Unser großer  Mainz&-Jahresrückblick Teil 2.

Baustelle Große Langgasse: Noch zwei Jahre bleibt den Mainzer die Einbahnstraße der wichtigen Ringtangente erhalten. – Foto: gik

Eigentlich wollte die Stadtspitze die Zahl der Baustellen 2018 deutlich begrenzen, es gelang allenfalls halb. Entlang Saarstraße und Pariser Straße sorgten Bauarbeiten für lange Staus, direkt nach Fastnacht verwandelte sich auch noch die Große Langgasse in eine Grubenzone: Nach dem Umbau der Bahnhofstraße legt nun ein weiterer Großumbau eine wichtige Verkehrsroute in der Innenstadt beinahe lahm. Drei Jahre lang wird die Große Langgasse zur Einbahnstraße, Händler und Passanten klagen inzwischen über schlecht erreichbare Geschäfte und die lange Dauer, die Stadt verteidigt die überfällige Stadtreparatur.

Große Langgasse, Rheinhessenstraße und Mainzer Ring – Baustellen 2018

Die Stadt nutzte die Gunst der Stunde und baute überraschend Gehwegplatten in der Großen Langgasse ein, die Schadstoffe aus der Luft aufnehmen sollen – ein Baustein in Sachen Luftreinhaltung. Gegen das Verkehrschaos half das nicht, bis Ende 2019 soll nun ein dynamisches Baustellenmanagement die rund 4.000 Baustellen im Stadtgebiet deutlich besser miteinander koordinieren helfen. „Katrin, mach mir en‘ Baustell'“, sangen die Bockius Brüder in der Fastnacht, es wurde einer der Hits des Jahres.

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Im Juli machte die Rheinhessenstraße gleich für mehrere Wochen dicht für eine Runderneuerung. Das eigentliche Problem löste man dadurch nicht: Ein Ausbau der überlasteten Zufahrtsroute aus dem Rheinhessischen wird weiter von Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) abgelehnt. Der Landesbetrieb Mobilität will nun die Kreuzungen entlang der Rheinhessenstraße ausbauen, die Pendlerströme wird das nicht verringern – im Rheinhessischen entstehen weiter neue Baugebiete in Serie. SPD und Grüne planen derweil eine weiteren Ausbau des Straßenbahnnetzes – eine Strecke nach Mainz-Ebersheim entlang der Rheinhessenstraße steht ganz oben auf der Liste.

Große Probleme im Straßenbahnnetz

Im April entgleiste eine Straßenbahn an einer Weiche in Mainz-Zahlbach, es war nicht der einzige Straßenbahnunfall des Jahres. – Foto: gik

Derweil feierte die Mainzelbahn – die Strecke auf den Lerchenberg – am Jahresende heimlich still und leise ihren zweiten Geburtstag. Die Mainzer Mobilität spricht von einem Erfolgsprojekt, Ende August begrüßte man bereits den Zehnmillionsten Fahrgast, im Dezember gab es den Deutschen Schienenverkehrspreis des Deutschen Bahnkundenverbandes. Doch die vor einem Jahr im Busnetz zugunsten der Mainzelbahn gerissenen Lücken sind bislang noch immer nicht geschlossen, und die Anwohner in Bretzenheim müssen weiter mit rumpelnden Bahnen und wackelnden Betten leben – die Probleme wurden bis heute nicht beseitigt.

Derweil brechen entlang des Alt-Schienennetzes immer neue Probleme auf: Im Dezember legte ein Gleisbruch am Pariser Tor das gesamte Straßenbahnnetz lahm, es war nur eine von mehreren Materialermüdungsproblemen im Schienennetz. Im April entgleiste gar an einer defekten Weiche in Mainz-Zahlbach eine Straßenbahn, 29 Passagiere wurden verletzt, zum Glück zumeist nur leicht. Auch sorgten die neuen Gleisquerungen im Stadtgebiet für eine erhebliche Zahl an Unfällen: In den ersten anderthalb Mainzelbahn-Jahren gab es entlang der neuen Strecke hinauf zum Lerchenberg 23 Unfälle mit Straßenbahnen, elf Menschen wurden dabei verletzt, ein Fußgänger starb sogar.

Wie man wachsenden Verkehr in einer wachsenden Stadt organisiert – es blieb das meistdiskutierte Streitthema des Jahres 2018. Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) setzt weiter auf den Radverkehr, doch neue Radwege wurden praktisch nicht gebaut, das Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof steht noch immer nicht. Stattdessen setzte die Dezernentin auf Radpiktogramme auf der Straße, auch entlang der Goldgrube – sehr zum Ärger von Anwohnern. Die CDU stellte eine andere Lösung vor, einen Radweg parallel zur viel befahrenen Straße – Eder blieb bei ihrem Plan, die Radfahrer auf der Straße fahren zu lassen.

A643, Schiffsanleger am Zollhafen und Kampf um billigere Wohnungen

Kathedrale aus Stahl und Beton: die neue Schiersteiner Brücke von innen. Derweil bereitet die alte Schiersteiner weiter Stauprobleme. – Foto: gik

Einen Masterplan Verkehr, wie ihn die ÖDP zum  wiederholten Male fordere, gibt es weiter nicht, Mainz steckte auch 2018 im Baustellen-und Verkehrsstau fest. Denn zwei Großbaustellen auf dem Mainzer Ring sorgen weiter für Umfahrungsverkehr und Staus: Die Erneuerung des Autobahnkreuzes Mainz-Süd nervt Pendler Richtung Hessen gewaltig, dazu ist auch an der Schiersteiner Brücke kein Ende in Sicht. Zwar wurde die erste Brückenhälfte Ende 2017 fertig, doch nun laufen die Arbeiten an der zweiten Brückenhälfte, die 2021 fertig sein soll. Der Betrieb Hessen Mobil präsentierte stolz das Herz der neuen Brücke von innen und ermöglichte Journalisten einen ganz besonderen Spaziergang durch eine Kathedrale aus Stahl und Beton.

Die Baustelle indes samt Engstück bleibt noch lange erhalten: Erst im November 2018 reichte das Land Rheinland-Pfalz die Planfeststellungsunterlagen für den sechsspurigen Ausbau der anschließenden A643 ein, der Baubeschluss wird nicht vor 2021 erwartet – eine Fertigstellung wird es kaum vor 2030 geben. Auch ein anderes Planfeststellungsverfahren sorgte für erheblichen Unmut: Im Oktober stellten Anwohner des neuen Zollhafens sowie der Mainzer Neustadt um den Gartenfeldplatz erstaunt fest, dass entlang der Südmole des ehemaligen Zollhafens Schiffsanleger für Binnenschiffe samt einer Autoabsetzanlage entstehen sollen – gewusst hatte das niemand.

Hier, an der Südmole, sollen Schiffsanlegeplätze entstehen, Anwohner befürchten Dreck, Lärm und Umweltprobleme. – Foto: gik

Eine schnell gegründete Bürgerinitiative wehrt sich nun gegen die Anleger und fordert die Suche nach Alternativplätzen, die Stadt forderte nach erheblichem Druck nun eine Umweltverträglichkeitsprüfung – das Thema dürfte im Kommunalwahlkampf 2019 noch eine Rolle spielen.

Im ehemaligen Zollhafen selbst wurden derweil diverse neue Wohnkomplexe fertig gestellt – praktisch ausschließlich Luxuswohnungen -, dazu die neue Marina und erste Supermärkte. Die Mainzer blicken weiter mit erheblicher Skepsis auf das Quartier, denn bezahlbare Wohnungen sind weiter Mangelware in Mainz – und die Rheinallee wurde durch die Neubauten am Zollhafen zur dunklen Straßenschlucht. Der Kampf um Grün und Luft in der Innenstadt wird schärfer, der Stadtrat lehnte dennoch im September Anträge für Hitzeaktionspläne und Klimaanpassungsstrategien der Opposition ab – man brauche so etwas nicht.

Schiffbruch bei GFZ-Kaserne, Zoff im Stadtvorstand

Dabei ist der Klimawandel längst auch in Mainz angekommen – Jahrhundertsommer und Rheintiefststand machten das überdeutlich klar. Die Nachverdichtung in Mainz heizt die Stadt immer weiter auf, und es wird weiter mit Hochdruck gebaut: Auf dem Heilig-Geist-Areal entsteht ein neues Stadtquartier, auf der Frankenhöhe und am Hartenbergpark entstehen weitere Wohnareale. Schiffbruch erlitt die Stadtverwaltung indes bei einem anderen Großprojekt: Die Freigabe der GFZ-Kaserne in der Oberstadt durch die Bundeswehr verzögert sich weiter bis mindestens 2002, Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) beklagte sich erbost im Bundesverteidigungsministerium über mangelhafte Informationen – und musste sich belehren lassen, dass sein eigener Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) bereits im März informiert war.

Im Taubertsbergbad fanden die städtische Wiedereigentümer millionenschwere Baumängel aus dem jahrelangen Sanierungsstau. – Foto: gik

Es war nicht die einzige Non-Kommunikation im Stadtvorstand, auch zwischen Eder und Ebling herrschte nicht gerade Harmonie, und Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) war nicht erbaut über das Abtauchen des OB kurz vor der Bibelturm-Entscheidung. Die Krone setzte dem aber Sitte im November auf: Zwei Tage vor seiner geplanten Wiederwahl als Wirtschaftsdezernent gab Sitte völlig überraschend seinen Verzicht bekannt – und bescherte so dem Stadtvorstand im Dezember die CDU-Kandidatin Manuela Matz als seine Nachfolgerin.

Taubertsbergbad, Schlossumbau, Dieselfahrverbote, Fluglärm – Baustellen für 2019 bleiben

Und so steuert die Stadt auf ein durchaus spannendes Jahr 2019 zu: Die Kommunalwahl könnte die bisherige Machtarithmetik im Rat durcheinander wirbeln, denn die FDP ist erheblich geschwächt, die CDU hingegen voller Tatendrang und Ideen für die Stadt. Dazu bleiben zahlreiche Baustellen: die Sanierung der Rheingoldhalle startete, das Kurfürstliche Schloss ist mitten im Umbau – was aus dem Gelände davor wird, ist weiter unklar und soll 2019 entschieden werden. Und da ist ja noch der Kampf gegen den Unbtergang des Taubertsbergbades: Nach der Pleite des Vorbesitzers Uwe Deyle entdeckte die Stadt 2018 so gravierende Schäden, dass sie im Oktober das Aus für das Erlebnisbad verkündete – die notwendige millionenschwere Sanierung soll ein Familien- und Sportbad ermöglichen.

2019 drohen Dieselfahrverbote für die Mainzer Innenstadt – wenn es nicht gelingt, die Stickoxidwerte erheblich zu senken. – Foto: gik

Das Topthema 2019 aber wird sein: Schafft Mainz es, den Dieselfahrverboten zu entgehen? Der neue Luftreinhalteplan sieht schon einnmal Verbotszonen für die Innenstadt vor, die Stadt will mit ihrem Masterplan Green City die Fahrverbote noch auf den letzten Metern verhindern – sicher ist das indes keineswegs. Sinken die Stickoxidwerte nicht bis Ende Juni auf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, müssen alte Dieselfahrzeuge ab September draußen bleiben. Und noch ist völlig unklar, ob in der Parcusstraße die 48 Mikrogramm gesenkt werden können. 2019 soll es deshalb ein Lkw-Fahrverbot auf der Rheinachse geben, die Busumrüstungen wurden forciert – es wird ein Millimeterrennen.

In den Wahnsinn aber trieb die Mainzer 2018 der Fluglärm: Vor allem Billigairlines brachen 2018 das Nachtflugverbot wie nie zuvor. Weder Lärmpausen noch Lärmobergrenze senkten den Lärmpegel über Mainz, und so sind die Mainzer weiter die eifrigsten Teilnehmer der Fluglärmdemos am Frankfurter Flughafen – im Juni gab es bereits die 250. Montagsdemo. Unglaublich. Die Überschreitungen sinken derweil nur langsam, zu den Strafverfahren, die das Land Hessen gegen die Fluglinien einleitete, liegen weiter kein einziges Ergebnis vor.

Und die nächsten Probleme sind schon in Sicht: Experten warnen vor erheblichen Gefahren durch hohe Ultrafeinstaubbelastung aus Flugzeugtriebwerken, derweil die Politik die erschreckenden Ergebnisse der Ultrafeinstaubmessungen herunterzuspielen versucht – wie schon bei den Lärmmessungen wird auch hier mit gemittelten Werten gearbeitet. Nützen wird es nichts: Die Debatte um Luftqualität und Gesundheitsgefahren wird an Dynamik im kommenden Jahr noch zulegen, zu groß sind inzwischen die Auswirkungen – und die Wissenschaft entdeckt immer neue Wirkungszusammenhänge über die Schädlichkeit von Lärm und Schadstoffen. Wie gut, dass Ende 2018 wenigstens das KUZ 2.0 wieder eröffnete – wer feiert, hört weniger Lärm von oben….

Info& auf Mainz&: Den Mainz&-Jahresrückblick Teil 1 2018 lest Ihr hier.

 

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