Frühlingszeit ist Silvanerzeit, das gilt ganz besonders für Rheinhessen: Im größten Weinanbaugebiet Deutschlands hält der Silvaner eine ganz besondere Stellung. Fast die Hälfte des deutschen Silvaners wächst hier, mit rund 2.300 Hektar Rebflächen ist dies das größte Silvaner-Anbaugebiet der Welt. Vor 32 Jahren riefen die rheinhessischen Winzer dafür eine besondere Marke ins Leben: Den Rheinhessen Silvaner, genannt RS. Der frische, leichte und vor allem trockene Frühlingswein leitete eine Neudefinition der Rebsorte ein. Am Montagabend wurde der neue Jahrgang des RS vorgestellt, die Weine präsentieren sich gelbfruchtiger, kräftiger und weniger grün als in den Vorjahren. Damit passen sie vor allem zu einem Frühlingsgenuss besonders gut: RS ist DER Spargelwein schlechthin.

Das sind die letzten sechs RS-Helden (v.l.): Hubert Schreiber, Petra Escher, Roland Doll, Simone Schmitt-Rieth, Stefan Leber, Matthias Bungert. – Foto: Rheinhessenwein / Carsten Costard

Es war 1985, als die Rheinhessen völlig gegen den Trend eine trockene, feinfruchtige Silvaner-Linie ins Leben riefen. Der „RS“ wurde definiert als trockener, feinfruchtiger Silvaner, ein Herkunftswein, der den Stil der Rebsorte klar zum Ausdruck bringt und dem Verbraucher gleichzeitig die Wiedererkennung erlaubt. Heraus kamen zum großen Erstaunen der Verbraucher Silvaner mit frischen Citrusnoten, enormer Saftigkeit und viel moussierender Frische. Weine, die mit Apfelnoten und Kräuteraromen spielten, oft sogar an Gras und Heu erinnerten und das nicht selten mit weichen Butternoten kombinierten. Im Laufe der Jahre kam immer mehr Mineralik hinzu, das samtige Gefühl im Mund wurde ein Markenzeichen des rheinhessischen Silvaners.

„Wir haben die Rebsorte damals mitentwickelt“, sagt Thomas Schätzel, Vorsitzender der Gebietsweinwerbung Rheinhessenwein. Es war 1985, und die deutschen Weine waren nach dem Glykol-Skandal in der Bedeutung der Weintrinker ganz unten. Deutsche Weine, das stand für süßes Bonbonwasser, für Masse statt Klasse – und für alles andere als Qualität. „Wir wollten zeigen, dass Rheinhessen auch trocken und frisch kann“, erinnert sich Rheinhessenwein-Geschäftsführer Bernd Kern. Die Neu-Definition gelang: „Heute ist dieser Silvaner-Typ als Basis-Menüwein gar nicht mehr wegzudenken“, sagt Schätzel. Es sei ein Zeichen von Nachhaltigkeit, dass Rheinhessen am RS festhalte.

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Menüvielfalt mit Rheinhessen Silvaner: Ob Spargel, Ziegenkäse, Lachs oder Blutwurst – der RS passt einfach. – Foto: gik

Rund 30 Betriebe machten zu Hochzeiten einmal RS, spielten mit der Definition und verkauften zigtausende des leichten Frühlingsweins. Heute widmen sich nur noch sechs Weingüter der Produktion des RS, doch diese sechs haben es wirklich drauf. „Ich bleib‘ dabei“, sagt Hubert Schreiber und schüttelt energisch den Kopf. Der Winzer aus Gundheim im Süden von Rheinhessen macht auf seinen sieben Hektar Weinbergen rund 1.500 Flaschen RS, und er ist einer der Fans des frischen, mineralischen Silvaners. „Früher hatten wir nur milden Silvaner in der Literflasche“, sagt Schreiber. Heute liefert er einen süffigen, trockenen Silvaner mit leichter Kräuternote, einem Hauch von Butter und vor allem viel Schmelz ab. Zweimal war Schreiber mit seinem RS schon auf der Berlinale vertreten. „RS – das muss einfach“, sagt er.

„Es läuft einfach“, sagt auch Simone Schmitt-Rieth vom Christophorushof in Mainz-Hechtsheim zum RS. Fast 20 Jahre lang machen sie hier schon RS, „meine Kundschaft mag ihn“, sagt Schmitt-Rieth, „er hat sich richtig etabliert.“ Beim Weingut Escher beobachten sie gar eine steigende Tendenz des RS: „Er wird immer beliebter, wir legen seit sechs Jahren jedes Jahr um zehn Prozent zu“, berichtet Winzer Anton Escher. Das liege auch daran, dass der Kunde wisse, was er beim RS bekomme, auch die Gastronomie greife gerne zu der klaren Stilistik. „Auch wenn es den RS nicht mehr gäbe“, sagt Escher, „wir würden ihn weiter machen.“

Dreimal RS von noch sechs Erzeugern – insgesamt gibt’s rund 30.000 Flaschen RS im Jahrgang 2016. – Foto: gik

Rund 30.000 Flaschen RS wurden im Jahrgang 2016 noch produziert, das ist erneut weniger als in den vergangenen Jahren. Warum haben sich so viele Weingüter von der einstigen Erfolgslinie verabschiedet? „Viele Weingüter fahren heute ihre eigenen Silvaner-Linien“, sagt Schätzel, „das RS-Programm lebt im Grunde viel breiter weiter.“ Tatsächlich passt die RS-Linie oft nicht mehr in die eigenen Gutslinien, auch erlaubt die neue, vom VDP initiierte Qualitätspyramide mit ihrer rigiden Unterteilung in Gutswein, Ortswein und Lagenwein kaum noch andere Produktlinien. Dazu kommt: Der Rheinhessen Silvaner ist längst zur Spielwiese innovativer Winzer geworden, die aus der alten Rebsorte mal grasig-geradlinige, mal kräftig-gelbe Silvaner herauskitzeln.

Der RS 2016 präsentiert sich mit eher gelben Reifenoten, kräftige Silvaner mit Noten von reifen Äpfeln oder Birnen, Nussaromen oder einem Hauch Banane. Die sonst für den Rheinhessen Silvaner so typischen Kräuternoten oder gar Grasaromen treten in diesem Jahrgang allerdings zurück – Grund ist der intensiv-warme September, der den Trauben in letzter Minute wahre Quantensprünge in Sachen Frucht bescherte. So haben die RS 2016 denn auch etwas höhere Restzucker-Gehalte bis zu 8 Gramm, was sie hochgradig süffig macht und die Säure abpuffert.

Damit passt der Silvaner perfekt zu dem Frühlingsessen schlechthin: „Spargel“, sagt Posthof-Chef Roland Doll wie aus der Pistole geschossen. Mit 10.000 Flaschen machen sie in Stadecken-Elsheim den größten RS-Anteil. „Wir leben für den Silvaner“, sagt Doll, „bei uns ist das eine Traditionsrebsorte.“ Und sobald der erste Spargel da sei, stünden auch die ersten Kunden auf der Suche nach dem RS in der Tür. Tatsächlich sind Spargel und RS eine wahre Traumkombination, dabei ist der Silvaner ein Allrounder: Sahnige Parmesansuppe, Schweineschnitzel, Fisch, alles geht mit dem variantenreichen Wein.

Und gerade die beiden Hechtsheimer Weingüter zeigen auf, was beim Silvaner geht: Während der RS vom Christophorushof grüner und würziger und gleichzeitig mit weichem Schmelz daher kommt, serviert Stefan Leber einen gelberen und kräftigeren RS mit schmelzigen Butternoten – großartig. „Wir sind jedes Jahr im Herbst mit unserem RS ausverkauft“, sagt Leber, „der RS passt einfach zum Frühjahr.“

Info& auf Mainz&: In diesen sechs Weingütern gibt es den RS zu kaufen: Weingut Bungert-Maurer, Ockenheim: 6,- Euro. Christophorus-Hof, Mainz: 5,50 Euro. Weingut Escher, Gau Bischofsheim: 4,90 Euro. Weingut Stefan Leber, Mainz: 5,20 Euro. Weingut Posthof, Stadecken-Elsheim: 5,80 Euro. Weinhof Schreiber, Gundheim: 5,60 Euro. Alle Infos, alle Bezugsquellen hier im Internet.

 

 

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