Am Dienstag lädt die Stadt Mainz nun endlich zu einer ersten öffentlichen Bürgerinformationsversammlung in Sachen Gutenberg-Museum: Im Vortragssaal des Weltmuseums für Druckkunst will Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) über den aktuellen Stand der Planungen für den Erweiterungsbau informieren. Ausgerechnet die Vor-Fastnachtswoche hat sich die Stadt dafür ausgesucht. Hintergrund: Am 8. Februar verabschiedete der Stadtrat die Vorplanungen für den ersten Bauabschnitt, die Realisierung des sogenannten Bücher- oder Bibelturms. Spatenstich für den Bau soll Ende 2017 sein. Der bronzefarbene Turm mit einer durchbrochenen Metalloberfläche ist weiter unter den Mainzern heftig umstritten.

Bücherturm Gutenberg-Museum bei Tag
So soll nach den neuesten Plänen der „Bibelturm“ am Gutenberg-Museum aussehen. Im Gegensatz zum ersten Entwurf sind Fenster und Türen im Erdgeschoss verschwunden…. – Grafik DFZ Architekten

Vor einem Jahr hatte die Stadt die Ergebnisse eines Architekturwettbewerbs vorgestellt, die Wahl des ersten Platzes – eben jenes Bücherturms – hatte zu einem Proteststurm geführt. Von „menschenfeindlicher Architektur“, die überhaupt nicht in das Umfeld des Platzes mit seinen historischen Gebäuden und dem Dom passe, war in der Kritik die Rede, von „potthässlicher Verschandelung“. Eine Bürgerinitiative forderte eine Befragung der Mainzer – vergeblich. Grosse spricht von einem „Meilenstein“ und neuem touristischen Highlight für Mainz, Museumsdirektorin Ludwig von einem „Leuchtturm der Kultur“.

Kritiker: Turm schafft nicht genügend Raum für Ausstellungen

Tatsache ist: Das Gutenberg-Museum braucht dringend eine Erweiterung und moderne Räume für eine zeitgemäße Präsentation seiner Schätze, darunter der ersten Original-Bibel des Buchdruck-Erfinders Johannes Gutenberg. Dieser Bibelschatz soll nun künftig im Keller des Bücherturms in einem eigenen Raum präsentiert werden. Der Erweiterungsbau soll nun 10 mal 12 Meter groß werden und so auch genügend Platz für die Grünanlage auf dem Liebfrauenplatz lassen, die neu gestaltet wird.

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Kritiker wie die ÖDP befürchten, dass der neue Turm gar nicht genügend Raum für neue Ausstellungsflächen schafft – und mit den zur Verfügung stehenden 3,4 Millionen Euro brutto gar nicht realisiert werden kann. Der Betrag ist allerdings gedeckelt – mehr Geld steht der Stadt nicht zur Verfügung. Die CDU beantragte im Stadtrat das Vorlegen einer Kostenplanung für den Bau und knüpfte ihre Zustimmung zum Projekt an die Vorlage desselben. Die Stadt werde „jetzt in eine Kostenschätzung eintreten“, sagte Grosse Ende Januar im Werksausschuss.

BI: Turm wird fast reiner „Treppenturm“

Querschnitt Bücherturm Gutenberg-Museum
Planung für das Innere des Bücher- oder Bibelturms des Gutenberg-Museums – Grafik: DFZ Architekten

Die Erweiterung und Modernisierung des Gutenberg-Museums sei dringend notwendig , das „Korsett für die reinen Baukosten aber mit nur 2,85 Millionen Euro vor Steuern sehr eng“, sagte der CDU-Bauexperte im Stadtrat, Gerd Eckhardt, auf Anfrage von Mainz&. Um die Realisierung abzusichern, wolle die CDU ein straffes Kostenmanagement, bei einer drohenden Überschreitung des Budgets müsse unverzüglich eine Entscheidung des Stadtrats eingeholt werden. Die Linke kritisiert hingegen, mit dem „Leuchtturm“ würden lediglich etwa 400 Quadratmeter Fläche hinzugewonnen, da hätten andere Wettbewerbsentwürfe wesentlich mehr Raum geboten.

„Die notwendige vertikale Erschließung mit zwei Treppenhäusern, Fluren und Aufzug nimmt zwischen 33 Prozent im Erdgeschoss bis 90 Prozent im obersten Geschoss der möglichen Flächen in Anspruch“, rechnet derweil die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum vor, die dem Bau wegen seiner hochmodernen Form kritisch gegenübersteht. Es handele sich also „im Wesentlichen um einen Treppenturm mit einigen wenigen Räumen“, sagte Architekt Christian Kleebach von der BI. Damit werde die eigentlich so dringend gewünschte Vergrößerung der Ausstellungsfläche durch den Bibelturm „nur bedingt geschaffen“, warnt der Sprecher der BI, Thomas Mann. Für die Zukunft fordert die BI von der Stadt Mainz die Erarbeitung von Leitlinien für mehr mitgestaltende Bürgerbeteiligung bei künftigen kommunalen Großprojekten.

Denkmalpfleger: Mangelhafte Einfügung in Umfeld verstößt gegen Bauordnungen

Grafik neue Platzgestaltung Gutenberg Museum näher
Plan für die neue Platzgestaltung des Liebfrauenplatzes neben dem Gutenberg-Museum – Grafik: DFZ Architekten

Auch gibt es bislang noch keine Einigung mit der Denkmalpflege über den Bau. Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz um den früheren Stadt-Denkmalpfleger Hartmut Fischer kritisierte in einem offenen Brief Ende Januar erneut, der Turm füge sich eben nicht in die von hochrangigen Kulturdenkmälern beherrschte Nachbarschaft ein: „Da der Turm die Funktion eines ‚eyecatchers‘ (vulgo Blickfangs) erfüllen soll, war das planende Architekturbüro wohl der Meinung, dass dies zwingend nach einem asymmetrischen Baukörper verlangt“, schreibt Fischer in dem offenen Brief. Tatsächlich werde der Turm damit aber „zu einem extrem auffälligen Unikat, das den bisher platzbildbeherrschenden Nachbarn im wahrsten Sinne des Wortes „die Schau stiehlt‘.“

Das aber widerspreche der Intention des Gesetzgebers, der in der Landesbauordnung die Forderung verankert habe, dass Neubauten auf Kulturdenkmäler „besondere Rücksicht“ zu nehmen hätten. Zudem werde im Denkmalschutzgesetz die Umgebung von Kulturdenkmälern als schützenswerter Raum definiert, der von den historischen Bauzeugnissen und eben nicht von den Neubauten dominiert werde solle. Der Verein fordert deshalb, den Turm der Umgebung anzupassen und insbesondere die Höhe am historischen Nachbarbau Römischer Kaiser zu orientieren und die Baukontur des Bücherturms „dem symmetrischen Duktus der Umgebungsbebauung“ anzupassen. Auch in anderen Städten gelinge schließlich die Realisierung von „selbstbewussten Baukörpern in der Nachbarschaft von Kulturdenkmälern.“

Genügend Stoff für Fragen also für die erste Bürgerinformationsversammlung zur Erweiterung des Gutenberg-Museums. Dabei wird der Architekt des Turms, Stephen Kausch, Planungsarchitekt des Hamburger Büros DFZ, die Pläne persönlich erläutern. Für Erläuterungen und Fragen stehen außerdem zur Verfügung: Baudezernentin Grosse selbst, Museumsdirektorin Ludwig sowie Gilbert Korte, Werkleiter der Gebäudewirtschaft Mainz. Also: Hingehen, selbst ein Bild machen, Fragen stellen!

Info& auf Mainz&: Bürgerinformation „Museum der Zukunft“ zum Erweiterungsbau Gutenberg-Museum am Dienstag, 21. Februar 2017, um 18.00 Uhr im Vortragssaal des Gutenberg-Museums, Liebfrauenplatz 5. Ausführliche Infos zur Vorplanung samt Bildern und Link zu den exakten Planungsunterlagen findet Ihr hier bei Mainz&.

 

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