Da haben die Wiesbadener ja was ausgelöst: Bis 2022 will die hessische Landeshauptstadt ihre Busflotte komplett auf E-Mobilität umrüsten und greift dafür massiv Fördergelder des Landes Hessen und des Bundes ab. Das hat offenbar auch in Mainz Begehrlichkeiten geweckt (oder Neid?): Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) hat sich nun in einem Schreiben an Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gewandt – und meldet darin Finanzwünsche an. Dreyer solle sich dafür einsetzen, dass Mittel aus dem kürzlich beschlossenen Bundesfonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ auch nach Mainz fließen. Das Ziel: E-Busse in Mainz. Die Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) könne eine Umrüstung der gesamten Flotte nicht alleine stemmen, sagte Ebling gegenüber Mainz&. Nun habe Dreyer für den 30. August stark betroffene Städte in die Staatskanzlei zum Gespräch geladen, verriet der OB Mainz&.

Werden die Busse in Mainz bald emissionsfrei? Die Stadt bastelt an Plänen zur E-Mobilität, erfuhr Mainz&. – Foto: Grimminger

Die Staatskanzlei bestätigte am Freitag gegenüber Mainz& den Termin: Die Ministerpräsidentin habe Kommunen, die besonders stark von der Diesel-Problematik betroffen sind, am 30. August in die Staatskanzlei eingeladen, ebenso auch Vertreter der Automobilindustrie, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Dabei sollen „die notwendigen Umwelt- und Mobilitätskonzepte beraten werden“, sagte Dreyer in einem Interview mit der Rhein-Zeitung. Die Autoindustrie sei auch in Rheinland-Pfalz „eine Schlüsselindustrie, auf die wir sehr stolz sind“, dazu sei man aber auch Pendlerland, viele Menschen seien sehr stark auf ihr Auto angewiesen.

Gleichzeitig wolle man die Kommunen unterstützen, intelligente Lösungen zum Diesel-Problem zu entwickeln – auch um die Gefahr von Fahrverboten zu bannen, sagte Dreyer weiter. Denn genau hier liegt das Problem: Seit die Deutsche Umwelthilfe Städte verklagt, in denen seit Jahren die Stickoxidwerte weit über den Grenzwerten liegen, kommt endlich Bewegung in das Thema Saubere Luft. Auch in Mainz werden seit Jahren die geltenden Grenzwerte deutlich gerissen, auch hier drohen Diesel-Fahrverbote. Gerade erst verfügte ein Stuttgarter Gericht für die baden-württembergische Landeshauptstadt, dass Fahrverbot eine geeignete Maßnahme zum Schutz der Bevölkerung sei – der Druck auf die Politik wächst.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Ebling will Geld aus Bundesfonds für Mobilität in Städten

Auf dem hektisch einberufenen Diesel-Gipfel von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gab es zwar keine Lösung für das Problem, vereinbart wurde lediglich ein Software-Update für Diesel-Autos, das nach einhelliger Einschätzung von Experten das Problem aber keineswegs lösen wird. Vereinbart wurde aber auch die Einrichtung eben jenes Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“, der von Seiten des Bundes und der Automobilindustrie mit 500 Millionen Euro ausgestattet werden soll. Damit sollen besonders betroffene Kommunen bei der „längerfristigen Gestaltung nachhaltiger und emissionsfreier Mobilität“ unterstützt werden, wie Ebling in seinem Brief an Dreyer weiter schreibt. Ziel sei, für jede der von der EU benannten 28 besonders belasteten Regionen einen individuellen Masterplan zu entwickeln und umzusetzen.

Anfang Juli wurde im Parkhaus Cityport eine neue Stromtankstelle der Mainzer Stadtwerke eingeweiht. – Foto: Mainzer Stadtwerke AG

„Die Landeshauptstadt Mainz hat größtes Interesse an einer Förderung durch den oben genannten Fonds“, schreibt Ebling weiter. Man wolle damit die bereits ergriffenen Maßnahmen – wie etwa den Bau der Mainzelbahn – „durch solche ergänzen, die bislang finanziell nicht darstellbar waren.“ Gemeint habe er damit Mittel zur Unterstützung für die Umrüstung der Mainzer Busflotte auf E-Busse, sagte Ebling im Gespräch mit Mainz&, Ziel sei „eine relativ rasche“ Umrüstung. „Es ist eine Risiko-Investition“, argumentiert der OB weiter, niemand wisse tatsächlich, ob E-Busse in zehn Jahren die vorherrschende Technik seien. Das Land müsse deshalb den Kommunen dabei helfen. „Bitte überweisen Sie bis zum …. steht da jetzt nicht drin“, merkte Ebling an – bislang gibt es kein Konzept in Mainz für eine Umrüstung.

Stadt: Aktionspläne zur E-Mobilität sollen bis Ende 2017 vorgestellt werden

Im Juli erklärte die Stadtverwaltung jedoch auf Anfrage der SPD-Stadtratsfraktion, es werde bereits an weiteren Aktionsplänen gearbeitet, die bis Ende des Jahres vorliegen sollen. Zurzeit seien fünf Aktionspläne in Arbeit, heißt es in der Antwort: Der Aktionsplan „E-Ladeinfrastruktur“ stehe kurz vor dem Abschluss, weitere drei Aktionspläne zu „E-Quartiere“, „E-Flotten“ und „E-Kommunikation“ würden bis Ende 2017 gemeinsam im Rahmen einer Förderung des Bundesverkehrsministeriums bearbeitet. Aktionsplan Nummer fünf zu „E-Mobilitäts-Privilegien nach dem Elektromobilitätsgesetz“ sei am weitesten: So seien E-Autos bereits von Parkgebühren an Parkscheinautomaten befreit, zudem sollten in den kommenden Wochen zwölf öffentliche Ladepunkte im Innenstadtbereich installiert werden. Auch die Parkhäuser der MVG sollen mit weiteren Ladestationen ausgestattet werden, im Cityport ist das inzwischen auch passiert. Bislang rollen in Mainz nach Angaben der Stadtspitze rund 200 E-Autos über die Straßen.

Tatsache ist aber auch: In Rheinland-Pfalz gibt es bislang keinen Fonds zur Förderung von E-Bussen von kommunalen Flotten – im schwarz-grün regierten Hessen hingegen stehen seit diesem Jahr fünf Millionen Euro pro Jahr für diesen Zweck zur Verfügung. In Rheinland-Pfalz gibt es hingegen Streit um die gemeinsame Linie der rot-gelb-grünen Ampel-Koalition: Während Malu Dreyer (SPD) betont, man wolle nicht den Diesel ausmustern, sondern sauber machen, äußern sich die Grünen entsetzt: Die neue grüne Landeschefin Jutta Paulus sprach gegenüber der Rhein-Zeitung vom Diesel als einer „todgeweihten Technologie“, man stehe keineswegs hinter dem Ziel Dreyers, den Diesel lediglich sauber zu machen.

Streit in der Ampel-Koalition des Landes über Diesel-Ausstieg

Die realen Diesel-Emissionen der Autos laut Umweltbundesamt.

Die Grünen fordern in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl das Ende des Verbrennungsmotors bis zum Jahr 2030 und machten gerade die Einführung einer Blauen Plakette zur Koalitionsbedingung – damit würden dreckige Diesel aus Städten ausgesperrt. Die Frage ist allerdings, was ein dreckiger Diesel überhaupt ist – gerade erst stellte das Umweltbundesamt eine noch viel höhere Stickoxidbelastung durch Diesel-Fahrzeuge fest, auch durch moderne.

Die FDP derweil kritisiert „plumpe Verbote“ wie bei den Grünen und fordert Pläne für digitale Mobilitätskonzepte und Infrastrukturfragen. Die „einseitige Fixierung“ auf die Elektromobilität sei problematisch, solange noch keine funktionierende Infrastruktur entwickelt worden sei, sagte der FDP-Spitzenkandidat in Rheinland-Pfalz, Manuel Höferlin, der Rhein-Zeitung. Die FDP stellt übrigens in Rheinland-Pfalz mit Volker Wissing den Verkehrsminister.

Die AfD lehnt unterdessen eine Landesförderung für E-Busse in Kommunen ab: Der öffentliche Personennahverkehr sei „nicht Aufgabe des Landes, sondern der Kommunen“, der Landesverkehrshaushalt sei „zu begrenzt für solche Vorzeigeprojekte“, sagte der AfD-Verkehrsexperte der Landtagsfraktion, Jens Ahnemüller. Man könne doch erst einmal abwarten, ob Fahrverbote überhaupt kämen und sich so eventuell die kurzfristige und teure Umrüstung sparen. Ebling wiederum hätte das Problem der veralteten Busflotte längst erkennen und Maßnahmen zur Umrüstung ergreifen müssen, sagte der AfD-Politiker.

Ein Brennstoffzellenbus kostet übrigens den Angaben zufolge in der Anschaffung derzeit rund 900.000 Euro, für einen Dieselbus werden bis zu 250.000 Euro fällig. Für die Anschaffung eines E-Busses rechnen sie in Wiesbaden derzeit mit rund 480.000 Euro. Die Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) setzte bislang übrigens auf die Brennstoffzellentechnologie: Man beteilige sich an einem europäisch geförderten Projekt im Rhein-Main-Gebiet, hieß es bislang bei der MVG – im Rahmen des Modellprojektes sollen zehn Brennstoffzellenbusse angeschafft werden – für das gesamte Rhein-Main-Gebiet. Die MVG besitzt allein 140 Busse.

Info& auf Mainz&: Mainz& hat die Wiesbadener Pläne zur Umrüstung auf E-Busse bereits ausführlich vorgestellt – Finanzierungsplan inklusive. Die viel gescholtene Deutsche Umwelthilfe forderte übrigens schon im Januar im Interview mit Mainz& Landesprogramme zur Unterstützung der Städte bei der Umstellung auf E-Busse – lest Ihr hier. Im selben Text erklärt die DUH auch ihre Klagestrategie – durchaus interessant.

 

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein