Nach dem jüngsten Zwischenbericht zu Ultrafeinstaubkonzentrationen rund um den Frankfurter Flughafen fordert die Mainzer Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) nun auch Messungen für Mainz. „Wir müssen wissen, inwieweit die Landeshauptstadt betroffen ist“, sagte Eder gegenüber Mainz&: „Ich will als Mainzer Umweltdezernentin wissen: was kommt nach Rheinland-Pfalz?“ Im rheinland-pfälzischen Umweltministerium hieß es derweil, man wolle noch die Ergebnisse eines Projektes des Umweltbundesamtes abwarten. Derweil kündigte das Land Hessen an, seine Messungen zum Ultrafeinstaub ausweiten zu wollen, Eder sieht das als einen Erfolg der Mainzer Initiative gegen Fluglärm.

Luftmessstation des Landes Hessen in Raunheim mit Maschine im Landeanflug auf Frankfurt. - Foto: gik
Luftmessstation des Landes Hessen in Raunheim mit Maschine im Landeanflug auf Frankfurt. – Foto: gik

Am Dienstag hatte das hessische Landesamt für Umwelt (HLNUG) erstmals in seinem neuen Zwischenbericht eingeräumt, die hohen Ultrafeinstaubkonzentrationen am Frankfurter Flughafen seien den Flugzeugen selbst zuzuordnen: Ursache seien die Triebwerke der Maschinen. „Wir messen eine diffuse Wolke, die sowohl vom Landeanflug, als auch vom Flughafen ausgeht“, sagte HLNUG-Präsident Thomas Schmid am Donnerstag auf einer Expertenanhörung zum Thema Ultrafeinstaub in Frankfurt: Die Messungen deuteten darauf hin, dass ultrafeine Partikel im Süden des Frankfurter Stadtgebiets ankämen, betroffen sei zudem – je nach Windrichtung – auch der Kreis Groß-Gerau.

Ultrafeinstaub entsteht bei Verbrennungsvorgängen in den Motoren, die winzigen Rußteilchen im Nanobereich gelten als hochgradig gesundheitsgefährdend. Schmid kündigte an, das HLNUG wolle nun seine Messungen ausweiten: An fünf Standorten werde derzeit Ultrafeinstaub im Umfeld des Flughafens gemessen, vor drei Wochen sei die Station in Frankfurt Oberrad hinzugekommen. Auch unter Startbahnen solle nun gemessen werden, eine zusätzliche Station in Raunheim, im Gebiet Mönchskopf, installiert werden.

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Eine systematische Untersuchung in der Fläche „drängt sich geradezu auf“, sagte auch der Vorsitzende der Fluglärmkommission, der Raunheimer Bürgermeister Thomas Jühe (SPD): „Es muss mit schädlichen Wirkungen gerechnet werden.“ Gebe es „unvertretbare Belastungen“, müsse man „zu Handlungsvorgaben kommen.“

In welchem Umkreis um den Frankfurter Flughafen gibt es hohe Konzentrationen von Ultrafeinstaub? - Grafik: HLNUG
In welchem Umkreis um den Frankfurter Flughafen gibt es hohe Konzentrationen von Ultrafeinstaub? Das Land Hessen will das jetzt herausfinden. – Grafik: HLNUG

„Ich sehe einen klaren Auftrag an die Politik, die Arbeiten fortsetzen und die Messkampagnen zu erweitern“, sagte auch der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) auf der Tagung. „Viele Anwohner machen sich Sorgen um ihre Gesundheit“, betonte der Minister, dazu gehe es auch um den Arbeitsschutz am Flughafen selbst – am Flughafengelände fallen offenbar hohe Konzentrationen von ultrafeinen Partikeln an. Es müsse nun umgehend erforscht werden, wie sich An- und Abflüge auf die Bodenkonzentration der Partikel auswirkten, bis zu welcher Entfernung die Partikel streuten und welche Gemeinden betroffen seien, betonte Al-Wazir: „Wie weit reicht die Wolke vom Flughafen aus in die Umgebung?“

Bislang sieht das HLNUG nur eine Ausbreitung von etwa acht Kilometern Entfernung rund um den Frankfurter Flughafen. Bei Studien an anderen Flughäfen wurden aber hohe UFP-Konzentrationen auch in einer Entfernung von 16 Kilometern von Flughäfen entfernt gemessen. Die Experten der Mainzer Initiative gegen Fluglärm, Joachim Alt und Wolfgang Schwämmlein, maßen zudem bereits 2015 hohe UFP-Konzentration von 16.000 Partikeln auch im Mainzer Stadtgebiet – das Vierfache der normalen Konzentration. „Die Abgasfahnen der Flugzeuge“, sagte Alt damals gegenüber Mainz&, „kommen in den Wohngebieten an.“

Joachim Alt (links) und Wolfgang Schwämmlein mit Ergebnissen von Ultrafeinstaub-Messungen in Mainz im Jahr 2015. - Foto: gik
Joachim Alt (links) und Wolfgang Schwämmlein mit Ergebnissen von Ultrafeinstaub-Messungen in Mainz im Jahr 2015. – Foto: gik

Trotzdem hieß es am Mittwoch im rheinland-pfälzischen Umweltministerium, man werde eigene Messungen prüfen, sobald die Ergebnisse der Ufoplan-Studie des Umweltbundesamtes vorlägen. Die Studie sei „ein wichtiger Schritt zur wissenschaftlichen Klärung“ offener Fragen, ihre Ergebnisse „essentiell, damit die Bundesländer die Messverfahren und Messkonzepte etablieren und umsetzen können“, teilte Höfkens Ministerium auf Anfrage von Mainz&- mit. Ziel müsse sein, „schnellstmöglich zu gesicherten Bewertungskriterien und damit zur Ableitung von EU-weit gültigen Grenzwerten zu kommen.“

Das 2016 gestartete Projekt Ufoplan – mitinitiiert vom Land Hessen – sollte eigentlich die Herkunft und Verbreitung von Ultrafeinstaub im Umfeld eines Flughafens erforschen, konkret am Beispiel des Frankfurter Flughafens. Bei einer Tagung in Bonn im April 2018 wurde allerdings deutlich: Das Projekt beruht vorwiegend auf Rechenmodellen, die im Nachhinein mit Messergebnissen aus Hessen abgeglichen wurden. Eigentlich hatten die Ergebnisse von Ufoplan bereits Ende 2018 vorliegen sollen, der Abschluss wurde aber verschoben, nun soll der endgültige Bericht dieses Jahr vorgelegt werden.

Karte des Deutschen Ultrafein-Aresolnetzwerkes, aufgebaut in Leipzig. - Foto: gik
Karte des Deutschen Ultrafein-Aresolnetzwerkes, aufgebaut in Leipzig. – Foto: gik

Am Donnerstag räumten die Verfasser der Studie indes ein, das Ausbreitungsmodell habe noch erhebliche Unsicherheiten und passe mit den realen Messungen nicht richtig zusammen. Die Modellzeitreihen könnten die reale Dynamik nicht wiedergeben, sagte Helmut Lorentz vom ausführenden Ingenieurbüro Lohmeyer, auch habe man es bislang nicht geschafft, „die Tagesvariationen im Modell abzubilden“ oder die Auswirkungen von Wirbelschleppen physikalisch abzubilden. „Wenn wir jetzt noch mal von vorne anfangen würden, hätten wir bessere Erkenntnisse“, sagte Lorentz. Die Moderatorin der Tagung bilanzierte daraufhin: „Das Modell ist noch relativ unsicher und muss verbessert werden.“

Der renommierte Leipziger Messtechnik-Experte Professor Alfred Wiedensohler vom Institut für Troposphärenforschung widersprach zudem der Darstellung, es gebe bislang keine standardisierten Messtechniken. „Wir haben Erfahrung aus zehn Jahren, es gibt etablierte Messtechnik und ein großes Messnetzwerk“, betonte Wiedensohler, „ich lade das Landesamt ein, da mitzumachen.“ Rheinland-Pfalz fehle in dem Netzwerk bislang völlig, sagte Eder, solche Erkenntnisse seien aber auch für die Umgebung der Flughäfen von Spangdahlen und Ramstein wichtig.

Welche Emissionen kommen in Mainz von den Fliegern im Landeanflug auf Frankfurt an? - Foto: gik
Welche Emissionen kommen in Mainz von den Fliegern im Landeanflug auf Frankfurt an? Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) fordert eigene Messungen in Mainz. – Foto: gik

In der Schweiz habe man bereits seit 2008 valide Messverfahren zu UFP entwickelt, in den vergangenen drei Jahren sogar erste Grenzwerte für Triebwerke, berichtete Theo Rindlisbacher vom Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt. „Wir wissen, dass die überfliegenden Flugzeuge etwas emittieren, aber wir müssen wissen, wie weit das runterkommt“, sagte Eder, sie werde deshalb das Ministerium „darum bitten, dass auch bei uns gemessen wird.“

Es sei „absolut zu begrüßen“, dass das Thema jetzt in Hessen so eine Dynamik bekomme, betonte Eder – zu Verdanken sei das „ein Stück weit der Hartnäckigkeit der Mainzer Bürgerinitiative“ und der Arbeit von Alt und Schwämmlein: „Sie haben mit sehr viel Sachlichkeit geschafft, dass das Thema in den Aktivitäten des Landes Hessen eine andere Dynamik bekommt“, unterstrich Eder: „Ich wünsche mir, dass diese Dynamik auch über die Landesgrenzen schwappt.“

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Artikel über den zweiten Zwischenbericht des Landes Hessen zu Ultrafeinstaub am Frankfurter Flughafen lest Ihr hier bei Mainz&. Die Forschungen von Alt und Schwämmlein aus 2015 findet Ihr hier bei Mainz&, eine jüngste Auswertung von Messdaten aus dem April 2019 in diesem Mainz&-Artikel.

 

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