Mainz ist geschockt: Unter den Toten des Selbstmordanschlags von Istanbul ist auch ein Ehepaar aus Mainz. „Der Innenminister hatte mich heute Nacht telefonisch über die Herkunft der Opfer in Istanbul informiert“, sagte der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Mittwochmittag: „Seither ist es traurige Gewissheit, dass wir in Mainz ein Ehepaar aus Mainz-Bretzenheim als Opfer zu beklagen haben.“ Es handelte sich um einen 61 Jahre alten Mann und seine 59 Jahre alte Ehefrau, sie waren mit einem Berliner Reiseunternehmen in Istanbul unterwegs. Auch ein 73 Jahre alter Mann aus Bad Kreuznach ist unter den Toten, seine Ehefrau wird schwer verletzt in einer Klinik in Istanbul behandelt.

Trauer um Opfer von Paris am Institut Francais - kleiner
Mainz trauert – heute um ein Ehepaar aus Mainz-Bretzenheim, das in Istanbul ums Leben kam – Foto: gik

„Der brutale und rücksichtslose Terroranschlag stellt einen bitteren Moment dar, der die gesamte Stadt bestürzt, betroffen und auch wütend macht“, sagte Ebling weiter. „Unsere Gedanken sind bei der Familie, den Verwandten, Freunden und Nachbarn der Opfer.“ Dies sei „ein sehr tragisches Ende einer Reise, die auf das Kennenlernen fremder Kulturen und Regionen auslegt war.“ Ebling sprach den Betroffen „mein tief empfundenes Mitgefühl“ aus und bot an: „Wenn wir als Verwaltung helfen können, tun wir dies gerne.“

In Bretzenheim hatte sich die Nachricht am Mittwochmittag noch nicht sehr verbreitet, viele wussten nur, dass es sich um ein Ehepaar aus Mainz handelte. „Schrecklich, das ist sehr beängstigend“, hieß es in einer Bäckerei. Dass sich Menschen „nur wegen einer Religion“ in die Luft sprengen, „ich kann das nicht verstehen“, sagte eine Verkäuferin Mainz&: „Mit welchem Recht tun die das?“

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Sprachlos mache so etwas, „ich finde da keine Worte.“ Jetzt aber sich die Fastnacht verbieten zu lassen, nicht auf den Rosenmontagszug zu gehen – das komme nicht infrage. „Dann kann man ja nirgends mehr hingehen“, sagte die Verkäuferin.

Genau diesem Eindruck wollten heute Land und Polizei entgegen wirken: In Mainz stellten sie am Mittag vor, wie die Sicherheitskonzepte für Fastnacht und speziell den Rosenmontag in Mainz angepasst werden sollen. Die Kurzform: Mehr Polizei und vor allem mehr mobile Einsatztruppen sollen die Sicherheit der Menschen auf der Straße erhöhen. Dazu soll die Videoüberwachung ausgedehnt werden und auch am Hauptbahnhof und am Fort Malakoff ausgedehnt werden. Und die Polizei wird ein besonderes Auge auf Gruppen junger Männer haben, versicherte Zahn zudem – das betreffe sowohl Schlägertruppen aus Deutschland, als auch junge Ausländer.

Innenminister Roger Lewentz (SPD) betonte, das Land werde in den Erstaufnahmeeinrichtungen Flüchtlinge über Karneval und Fastnacht aufklären. Zudem will die Polizei bereits auffällige Gruppen auf der Anreise nach Mainz identifizieren und ansprechen, notfalls auch mit Platzverweisen belegen. Und: Es soll Sicherheitsräume für Frauen geben – wie genau, das ist aber noch unklar.

Wow - der Blick vom Höfchen Richtung Schillerplatz - Foto: gik
Die Sicherheit an Fastnacht steht nun im Fokus der Sicherheitsbehörden – Foto: gik

„Wir sind tief erschüttert und sehr traurig über diese schlimme Nachricht“, reagierte die Bretzenheimer Ortsvorsteherin Claudia Siebner (CDU). „Dass Menschen im Urlaub aus dem Leben gerissen werden, nur weil sie ihre Freiheit leben, das erschüttert mich wirklich zutiefst“, sagte sie Mainz&. Natürlich sei die Betroffenheit bei allen Anschlägen wie Paris schon groß gewesen, „aber jetzt ist es vor der Haustür.“

„Wir sind alle total entsetzt, wir trauern um die Todesopfer“, sagte auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Mittwoch in Mainz. Eine „eigentlich schön geplante Urlaubsreise geht schrecklich zuende mit einem grauenhaften Attentat, wir nehmen mit großem Mitgefühl Anteil.“

Es war eine 33-köpfige Reisegruppe des Berliner Veranstalters Lebenslust Touristik, die auf einer Drei-Länder-Erlebnisreise unterwegs war. Am Dienstag war die Gruppe in der Innenstadt von Istanbul unterwegs, als sich mitten unter ihnen, ganz in der Nähe der berühmten Blauen Moschee, ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengte. Der Mann soll der Terrororganisation „Islamischer Staat“ angehört haben.

Zehn Menschen starben bei dem Attentat außer dem Attentäter, alle waren Deutsche, sie kamen aus dem ganzen Bundesgebiet. Neben dem Ehepaar aus Mainz, starb ein Mann aus Bad Kreuznach sowie ein 67 Jahre alter Mann aus dem mittelhessischen Stadtallendorf.

Die Anschläge, sagt Siebner, werfen Fragen auf, existenzielle Fragen, gesellschaftliche Fragen. Fragen über die Freiheit unserer westlichen Demokratie etwa. „Es zeigt bei aller Freiheit ein Stück weit auch die Ohnmacht – wir können gegen die Terroristen nicht an“, sagt Siebner, „das jagt mir schon einen Schauer über den Rücken.“  Doch es zeige auch: die Freiheit sei „ein hohes Gut“, das in vielen Jahrhunderten erstritten worden sei. „Generationen vor uns haben für genau diese Freiheit gekämpft“, sagt die Ortspolitikerin, „das dürfen wir auf keinen Fall aufgeben.“

In einer Erklärung aller Politiker aus dem Ortsbeirat Bretzenheim heißt es deshalb: „Wir werden uns von Mord und Gewalt nicht einschüchtern lassen und an den Grundwerten unseres gemeinsamen Zusammenlebens in Frieden und gegenseitigem Respekt unverrückbar festhalten. Dies schließt ausdrücklich die Hilfe für Bedürftige, egal welcher Religion, Hautfarbe oder Nationalität mit ein.“

Info& auf Mainz&: In der Ortsverwaltung Mainz-Bretzenheim liegt ein Kondolenzbuch aus, in dem Trauer und Mitgefühl mit den Angehörigen des getöteten Mainzer Ehepaars ausgedrückt werden kann.

 

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