Mit einem Veranstaltungsmarathon aus Bibelturm-Slam, Radiodiskussion und einer großen Informationsveranstaltung heute Abend ziehen die Befürworter des  Bibelturms am Gutenberg-Museum in der Woche vor dem Bürgerentscheid am 15. April noch einmal alle Register für das Projekt. „Wir können einen wirklich großen Wurf schaffen“, warb Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) am Dienstagabend in einer Diskussion bei Radiosender SWR4: In dem Turm könnten die Gutenberg-Bibeln „endlich in einem Raum mit Aura“ ausgestellt werden, der Turm „zu einer neuen Kunst- und Wunderkammer werden, und das brauchen wir in Mainz.“

So könnte der geplante Bibelturm am Gutenberg-Museum aussehen. – Grafik: DFZ Architekten

Den Begriff der „Kunst- und Wunderkammer“ hatte Grosse von dem Mainzer Kunsthistorik-Professor Matthias Müller entlehnt, der ihn am Montagabend auf einem Bibelturm-Slam eingeführt hatte: „Ein Museum muss bereits von außen signalisieren, dass Sie ein Schatzhaus betreten, eine moderne Kunst- und Wunderkammer“, hatte Müller da in einem Vortrag gesagt. Der Bibelturm könne das Gutenberg-Museum „in eine solche Kunst- und Wunderkammer verwandeln, wir sollten diese Chance nutzen“, sagte Müller.

Der geplante Bibelturm, sagte Müller, könne dem Gutenberg-Museum jene Unverwechselbarkeit verschaffen, die heute im Wettbewerb der Städte benötigt werde. Die Form spiele mit dem Motiv des Hausgiebels, die bronzefarbene Außenhaut erzeuge „ein skulpturales Bild, das den Turm in ein Haus aus Schrift verwandelt.“ Damit gebe die Fassade dem national und international bedeutenden Museum „ein eigenständiges Gesicht, genau das vermag der Turm zu leisten“, sagte Müller weiter.

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Düster-dräuende Optik, grauer Himmel – so sahen die ersten Visualisierungen des Turms am Gutenberg-Museum aus, hier allerdings auch noch mit den ursprünglich vorgesehenen Türen. – Grafik: DFZ

Gleichzeitig mahnte der Kunsthistoriker aber auch, die bronzefarbene Außenhaut müsse unbedingt verwirklicht werden: „Da darf nicht gespart werden, darauf darf nicht verzichtet werden“, mahnte Müller. Kritiker des Turmprojekts sehen hier allerdings ein Problem: Eine Fassade aus echter Bronze sei mit dem zur Verfügung stehenden Budget von knapp vier Millionen Euro netto nicht zu realisieren.

Kritik übte Müller allerdings an der „unglückliche Visualisierung des Objekts“ durch seine Architekten: „Angesichts ihrer düster-dräuenden Bedrohung beschlich auch mich der Verdacht, ob der Römische Kaiser dem Konflikt mit dem Turm gewachsen ist“, sagt Müller: Die computergenerierte Simulation „mag ja gerade ‚In‘ sein, sie hat aber die Akzeptanz eher erschwert als begünstigt.“ Verständnis äußerte Müller außerdem für die Rekonstruktionen von Altstadtbauten in Frankfurt und Dresden, das sei „in Grenzen legitim“.

Auch Mainz sei durch den Zweiten Weltkrieg „fürchterlich getroffen worden“, sagte Müller, dennoch sei die Situation nicht vergleichbar – schließlich habe Mainz seine südliche Altstadt ja noch. „Deshalb vermittelt Mainz nach wie vor die Atmosphäre einer alten, geschichtsträchtigen Stadt“, sagte Müller, der Turm könne diese Atmosphäre nicht zerstören. Vielmehr verbinde der moderne Bau ein „Bekenntnis zur Gegenwart“ mit der „dringend notwendigen Aufgabe, dem Museum ein einzigartiges, wiedererkennbares Äußeres zu verleihen.“

Werber für den Bibelturm: Museumsdirektorin Annette Ludwig, Kabarettist Lars Reichow, OB Michael Ebling und Baudezernentin Marianne Grosse (beide SPD) sowie der Architekt Stefan Kausch. – Foto: gik

Eindringliche Plädoyers für den Bibelturm kamen auch von Grosse sowie von Museumsdirektorin Annette Ludwig. Ohne den Bibelturm drohe dem Gutenberg- Museum auf Jahre hinaus Stillstand, warnten beide. „Ich hoffe sehr, dass die Mainzer noch einmal in sich gehen und diese große Chance ergreifen“, sagte Grosse in der SWR-Diskussion mit Blick auf die Abstimmung am kommenden Sonntag. Sollte der Bibelturm abgelehnt werden, „wird der Plan B sein, dass wir dann anfangen werden, die Sanierung im Schellbau für die verbleibenden Millionen anzugehen“, sagte die Dezernentin weiter und fügte hinzu: „Aber dann wird es keinen großen Wurf geben.“

„Wir müssen weg von einem provinziellen Umgang mit seinem Erfinder und Schöpfer“, sagte Kabarettist Lars Reichow beim Bibelturm Slam zum Erbe Gutenbergs, Mainz brauche „ein weltweit Aufsehen erregendes Museum“, dem man von außen auch seine Bedeutung ansehe. „Das, was zur Abstimmung steht, ist das, was finanziell möglich ist“, betonte Reichow, „der Turm ist die bestmögliche Lösung.“ Ein Museum von Rang sei der Schlüssel für ein goldenes Mainz, warb der Kabarettist, der vor sechs Jahren maßgeblich die Debatte um die Sanierung des Gutenberg Museums angestoßen hatte. „Wir sitzen auf einem der größten Schätze der Neuzeit, aber im Umgang mit den Schätzen sind wir Kreisklasse“, sagte Reichow: „Mainz schläft auf seinen Schätzen…“

Info& auf Mainz&: Alle sachlichen Informationen zum Bibelturm findet Ihr ausführlichst in diesem Mainz&-Artikel, die Argumente auch der Initiative „Mainz pro Gutenberg“ noch einmal in diesem Mainz&-Artikel. Alle ausführlichen Darstellungen des Architektenwettbewerbs, der Entwicklung vom Bücherturm zum Bibelturm sowie über das Konzept für ein Gutenberg-Museum 2020 findet Ihr unter der Rubrik Gutenberg& – insgesamt mehr als ein Dutzend Artikel. Dort lest Ihr auch, was die Kritiker gegen das Projekt vorbringen. Am kommenden Sonntag, den 15. April, findet der Bürgerentscheid zum Bibelturm statt, mit Eurer Stimme könnt Ihr dann entscheiden, ob der Turm gebaut werden soll oder nicht – hingehen!

 

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