Das Bistum Mainz hat zum ersten Mal eine vollständige Bilanz seiner Finanzen vorgelegt und erlaubt damit einen spannenden Einblick hinter seine Finanzkulissen. Und da sieht man: Auch das Bistum leidet unter den niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt sowie unter hohen Rückstellungen für Pensionen – 2016 schloss das Bistum mit einem satten Minus von 18,5 Millionen Euro ab. Ihre Einnahmen erzielt die Katholische Kirche dabei zum allergrößten Teil aus Kirchensteuern: Von rund 322 Millionen Euro an Einnahmen stammten 2016 rund 214 Millionen Euro aus den Abgaben der Gläubigen, weniger als erwartet. Der größte Anteil der Ausgaben (75 Millionen Euro) geht laut Finanzbericht des Bistums Mainz in die Kirchengemeinden, für Schulen und Kitas gab das Bistum 2016 rund 43,4 Millionen Euro aus, dazu kamen noch einmal rund 56 Millionen Euro für Jugendarbeit, Weiterbildung, Seelsorge und soziale Dienste sowie die rund 400 Einrichtungen der Caritas.

Der Mainzer Dom bei der Bischofsweihe von Pater Kohlgraf, gerade auf der Leinwand zu sehen. – Foto: gik

Es war 2013, als ein Skandal die Deutschen und vor allem die Katholische Kirche erschütterte: Franz-Peter Tebartz van Elst, der neue Bischof von Limburg, hatte sich eine wahre Prachtresidenz erbauen lassen, eine goldene Badewanne inklusive. Bis zu 40 Millionen Euro soll der Bau gekostet haben, in der Folge begannen Gläubige und Presse die Finanzlage der katholischen Kirche zu hinterfragen – und das nicht nur in Limburg. Bundesweit wurde nun die Frage gestellt: Wie finanziert sich eigentlich die Kirche – und was genau finanziert sie mit ihrem Geld? Tatsache ist: Das Gehalt der Bischöfe etwa zahlt der deutsche Staat, auch für christliche Kindergärten, Schulen und Wohlfahrtsverbände kommt zu rund 90 Prozent der Staat auf – die Kirchen übernehmen für ihn Aufgaben der Kinderbetreuung, der Alten- und Krankenpflege sowie der Seelsorge.

„Öffentlichkeit hat Recht zu erfahren, wie Kirche mit ihren Finanzmitteln umgeht“

Das Bistum Mainz war unter den ersten, die ihre Finanzen transparent offenlegten, nun präsentiert das Bistum gleich die erste vollständige Bilanz seiner Finanzen nach dem Handelsrecht. „Zu Recht hat die Öffentlichkeit ein wachsendes Interesse zu erfahren, wie Kirche mit ihren Finanzmitteln umgeht“, sagte dazu der neue Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, „die Glaubwürdigkeit der Kirche in unserer Gesellschaft heute bemisst sich nicht zuletzt daran.“ Das Bistum wolle sich daran messen lassen, ob es die Gelder seiner Gläubigen so verwende, wie es dem Auftrag der Kirche entspreche: „Patrimonium pauperum“, zugunsten der Armen. „Dieser hohe Anspruch, dass Kirche nicht um ihrer selbst willen über materielle Güter verfügt, hat nichts von seiner Aktualität verloren“, betonte Kohlgraf.

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Initiiert und erstellt wurde der Bericht noch von Domkapitular Prälat Dietmar Giebelmann, der während der Vakanz des Bischofsstuhls nach dem Ruhestandsbeginn des Mainzer Bischofs Karl Kardinal Lehmann ein Jahr lang das Bistum als Diözesanadministrator lenkte. Obwohl die Kirche kein privatwirtschaftliches Unternehmen sei, habe das Bistum Mainz seine Rechnungslegung nun vollständig auf die Anforderungen des Handelsgesetzbuches umgestellt, betonte Giebelmann im vorderen Bereich des Berichts, so gewähre man Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage für Dritte. „Wir informieren über die Herkunft und die Verwendung der Finanzmittel sowie über die wirtschaftliche Lage des Bistums“, sagte Giebelmann. „Es werden sowohl das Vermögen als auch die Verpflichtungen, die diesem Vermögen gegenüberstehen, offengelegt.“

70 Prozent der Einnahmen aus Kirchensteuer – mehr als 6.000 Kirchenaustritte

Die Zahl der Mitglieder im Bistum Mainz sinkt weiter – 2.000 weniger waren es 2016. – Foto: gik

Die Bilanz umfasst das Jahr 2016, sie erlaubt nun einen tiefen Einblick, wofür das Bistum Mainz seine Kirchensteuereinnahmen ausgibt. Denn 70 Prozent seiner Einnahmen erhält das Bistum aus eben jener Kirchensteuer: rund 214 Millionen Euro waren es 2016. Das allerdings war weniger als erwartet, hatte das Bistum hier doch mit Einnahmen von rund 227 Millionen Euro gerechnet. Die Gründe: Wegzug, Sterbefälle – und eine allerdings sinkende Zahl von Kirchenaustritten.

Rund 740.000 Katholiken in Hessen und Rheinland-Pfalz gehören zum Bistum Mainz, die Mitgliederzahl ging aber netto gerechnet um rund 2.000 zurück. Rund 7.300 Sterbefällen standen etwa 4.800 Taufen gegenüber, die Anzahl der Kirchenaustritte belief sich auf 6.149 – im Jahr zuvor waren es noch 6.981 gewesen. Damit stagnierten die Kirchensteuereinnahmen des Bistums, obwohl die Zahl der Beschäftigten und damit das Lohnsteueraufkommen in Deutschland stieg, um 3,2 Prozent in 2016. Die Kirchensteuer ist an die Lohnsteuer gekoppelt und wird vom Staat automatisch abgezogen und an die Kirchen abgeführt – das Bistum Mainz zahlte dem Staat dafür übrigens 2016 einen Pauschalbetrag von 5,3 Millionen Euro.

Niedrige Zinsen und höhere Pensionskosten führten zum Minus – Staat zahlt hohe Summen

Keine goldenen Wasserhähne: Der neue Mainzer Bischof Peter Kohlgraf vor seinem bescheidenen Bischofshaus. Der Kirche gehören auch erhebliche Mengen an Immobilien. – Foto: gik

Gleichzeitig musste das Bistum aber erheblich höhere Rückstellungen für Pensions- und Beihilfeverpflichtungen leisten, die Zinsänderungen hätten in der Summe zu einem Jahresfehlbetrag von 18,5 Millionen Euro geführt, heißt es in dem Finanzbericht. Ausgeglichen wurde das Minus aus eigens dafür gebildeten Rücklagen, so habe sich das Eigenkapital des Bistums durch den Jahresfehlbetrag von rund 590 Millionen Euro auf rund 571,7 Millionen Euro verringert. Die Eigenkapitalquote verminderte sich so von 52,5 Prozent auf 48,8 Prozent. Arm ist das Bistum also weiter nicht, zumal in dem Jahresbericht ein Grundbesitz in Höhe von 220 Millionen Euro für Kirchengebäude festgelegt wird: Schulen, Kindergärten, Bürogebäude und natürlich die Kirchen selbst.

Zudem kommen zur Kirchensteuer weitere Einnahmen hinzu: Erträge aus Wertpapieren und Finanzanlagevermögen machten 2016 rund 24 Millionen Euro aus, Umsatzerlöse aus dem Betrieb von Tagungs- und Bildungshäusern, Vermietungen und Verpachtungen 23 Millionen Euro. Rund 53,5 Millionen Euro zahlen die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen für Schulen in privater Trägerschaft des Bistums. Das Bistum verweist zudem darauf, dass die Zuschüsse des Staates für diese Aufgaben nicht kostendeckend sind, man müsse für die übernommenen Aufgaben eigene finanzielle Mittel einbringen. So gab das Bistum Mainz insgesamt knapp 154 Millionen Euro für Personalausgaben aus und rund 94 Millionen Euro für Aufwendungen aus Zuweisungen und Zuschüssen, dazu rund 44,6 Millionen Euro für Zinsen und ähnliche Aufwendungen sowie knapp 40 Millionen Euro für „sonstige Aufwendungen“ und rund 8 Millionen Euro für Abschreibungen.

Ausgaben für Jugendarbeit, Flüchtlinge, Caritas und Schulen

Spannend wird es zudem, wenn man sich genau ansieht, für welche Bereiche das Bistum sein Geld ausgab. 20 Dekanate und 303 Pfarreien gehören zum Bistum Mainz, allein 1.600 Chorleiter und Organisten sind hier aktiv, meist nebenamtlich. 75 Millionen Euro flossen direkt in die Pfarreien für ihre Arbeit sowie für die Arbeit in den insgesamt 208  Kindertagesstätten mit ihren 2.600 pädagogischen Mitarbeitern. Beim Bistum und seinen Institutionen und Verbänden sind insgesamt rund 6.800 Menschen beschäftigt, zur Diözese gehören 208 Kindertageseinrichtungen mit rund 16.000 betreuten Kindern, außerdem sieben Familien- und Erwachsenenbildungsstätten. Dazu kommen 27 katholische Schulen mit rund 13.000 Schülern, für ihre Arbeit sowie für Unterricht und Bildung an Hochschulen und den Religionsunterricht gab das Bistum 2016 insgesamt 23,8 Millionen Euro aus.

Weitere 8,5 Millionen Euro flossen in die Weiterbildung insbesondere im Erwachsenenbildungsbereich, dazu gehören auch Bildungsstätten wie der Erbacher Hof in Mainz. Für die Jugendarbeit und die Ministrantenarbeit in den Gemeinden gab das Bistum 2016 insgesamt rund 5,7 Millionen Euro aus, hinzu kommen 107 soziale Einrichtungen der Caritas – insgesamt gehören zum Bistum Mainz mehr als 400 soziale Einrichtungen. 19,5 Millionen Euro erhielten sie 2016 vom Bistum, die Caritas ist da bereits eingerechnet. Weitere 4,6 Millionen Euro investierte das Bistum in die Flüchtlingsarbeit, ein Schwerpunkt seit der Flüchtlingskrise 2015. Für besondere seelsorgerische Aufgaben in Krankenhäusern, Heimen, Gefängnissen oder auch am Arbeitsplatz standen 17,9 Millionen Euro zur Verfügung.

Spielende Kinder in einer Kita des Bistums Mainz in Offenbach, das Foto stammt aus dem Finanzbericht des Bistums für 2016. – Foto: Bistum Mainz

 

Bleibt noch die Finanzierung des Bistums selbst und seiner Verwaltung: Für die Leitung, zentrale Dienste und pastorale Gremien wurden 23,1 Millionen Euro ausgegeben, hierzu gehören auch Archiv, Bibliothek und Diözesan-Gericht, das Mainzer Institut für Kirchengeschichte und die neue Stabsstelle für die Organisation der Kitas. Weitere 8,4 Millionen Euro wurden für gesamtkirchliche Aufgaben ausgegeben – hier beteiligt sich das Bistum an den Ausgaben der katholischen Kirche für Entwicklungshilfe, Mission und Sozialarbeit in der Weltkirche. Darin nicht enthalten sind durch Kollekten oder Spendenaktionen gesammelte Gelder für eigene Projekte in der Welt, hier warb das Bistum 2016 zusätzlich rund 4,9 Millionen Euro ein, die aber nicht in den Finanzbericht einflossen.

Risiken für die Zukunft: Hohe Sanierungskosten für Gebäude – Bistum denkt langfristig über Schulschließungen nach

14,1 Millionen Euro musste das Bistum für Finanzen und Vorsorgeleistungen etwa die Ruhestandsgehälter von Geistlichen ausgeben, 2,4 Millionen Euro schließlich flossen in die Denkmalpflege, die Bauaufsicht sowie den Unterhalt des Diözesanmuseums. Und dieser letzte Bereich ist es, der dem Bistum besondere Sorgenfalten für die Zukunft beschert: Der Immobilienbestand des Bistums sei vor allem durch einen hohen Anteil alter Gebäude geprägt, für die in den kommenden Jahren in großem Umfang mit Sanierungsmaßnahmen zu rechnen sei, heißt es in der Risikobewertung des Finanzberichts. Man rechne vor allem mit erheblichen Kosten durch Schulsanierungen sowie die beiden Dome in Mainz und Worms. Durch künftige Reorganisationen von Kirchengemeinden werde man womöglich auch Gebäude aufgeben müssen.

Denn eines sagt der Finanzbericht auch ganz deutlich: das Bistum muss sparen. Auch 2017 werde mit einem negativen Jahresabschluss gerechnet, Grund seien die weiter stagnierenden Kirchensteuereinnahmen, die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt sowie zu erwartende Kostensteigerungen etwa durch höhere Tarifabschlüsse. Man rechne zudem mit weiter zurückgehenden Mitgliederzahlen, allein schon wegen hoher Sterberaten. Und so werde man „weitere Maßnahmen zur Konsolidierung vornehmen“ müssen, im Klartext: Das Bistum will Personalbestand, Zuschüsse und Zuweisungen, einzelne Aufgabenfelder sowie die Aufrechterhaltung größerer Einrichtungen auf den Prüfstand stellen, dazu gehört langfristig auch die Anzahl und Größe der kirchlichen Schulen. Immerhin: Die Risiken der kommenden Zeit seien „beherrschbar“, heißt es zum Abschluss. „Bestandsgefährdende Risiken sind zurzeit nicht erkennbar.“

Info& auf Mainz&: Den vollständigen Finanzbericht des Bistums Mainz könnt Ihr Euch hier auf der Internetseite des Bistums herunterladen. Eine gedruckte Version soll im Laufe des November erscheinen.

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