Es waren ja hochgradig erschreckende Ergebnisse, die die Fluglärmstudie Norah da vergangenes Jahr im Oktober zu den Auswirkungen von Fluglärm auf Grundschulkinder und Kita-Kinder ergeben hatte. Ein um 20 Dezibel höherer Dauerschallpegel führt demnach zu einem Rückstand beim Lesenlernen von rund zwei Monaten, so ein Ergebnisse. Am Mittwochabend um 19.00 Uhr informiert nun die Mainzer Initiative gegen Fluglärm abends im Rathaus über die Studie. Und die Initiative protestiert gegen ein Konzert: Ausgerechnet im Fraport-Forum wolle das Symphonieorchester des Willigis-Gymnasium ein Konzert geben.

Flieger neben Dom
Sie attackieren schon den Dom, die Flieger über Mainz… – Foto: gik

Die Anti-Fluglärm-Initiative forderte am Montagabend Willigis-Schulleiter Roman Riedel auf, „die Schüler des Willigis-Gymnasiums nicht an Fraport-Veranstaltungen oder sonstigen Veranstaltungen, die von Fraport gesponsert werden, im Rahmen einer Schulveranstaltung teilnehmen zu lassen.“ Mit der Teilnahme des Schulorchesters an einer Fraport Veranstaltung lasse sich das Williges-Gymnasium „vor den Karren der Fraport AG spannen und fällt der Stadt Mainz, dem Land Rheinland-Pfalz und den von Fluglärm schwer betroffenen rheinhessischen Schulen in den Rücken.“

Nun ja. Die Fluglärm-Gegner haben vielleicht überlesen, dass das Symphonieorchester des Gymnasiums am Wettbewerb des Deutschen Jugendorchesterpreises teilnimmt und in diesem Rahmen am Dienstagabend ein Konzert gibt. Das Orchester ist übrigens das einzige rheinland-pfälzische Orchester, das es in die Endrunde schaffte. Das Konzert am 30. Juni findet allerdings tatsächlich im Fraport-Forum am Frankfurter Flughafen statt, warum auch immer.

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Flugzeuge! Treiben den Michel in den Wahnsinn - Foto: gik
Flugzeuge! Treiben den Michel in den Wahnsinn – Foto: gik
Fluglärm, kritisieren aber die Fluglärm-Gegner, sei verantwortlich für die Gefährdung der Gesundheit vieler Schüler im Rhein-Main-Gebiet, das gehe eindeutig aus der Norah-Studie hervor. Und eben diesem wird Mittwochabend im Rathaus vorgestellt, und zwar von der Leiterin, Professorin Maria Klatte von der Universität Kaiserslautern höchstselbst.

Die Studie sollte die Auswirkungen von Fluglärm auf Grundschulkinder im Rhein-Main-Gebiet untersuchen. Im Frühjahr 2012 fanden deshalb Leistungserhebungen in 85 Schulklassen aus 29 unterschiedlich fluglärmbelasteten Grundschulen statt, dazu wurden Kinder, Eltern und Lehrkräfte befragt. Die Fragen der Kinder und die Fragebögen der Eltern bezogen sich auf das schulische, körperliche und psychische Wohlbefinden sowie auf schulbezogene und wohnortbezogene Belästigung durch Lärm.

Nicht-fluglärmbezogene Einflussfaktoren, insbesondere Sozialstatus, Migrationshintergrund und Deutschkenntnisse der Kinder sowie die Belastung durch andere Lärmquellen wie Straßen- und Schienenverkehr sowie die Raumakustik der Klassenräume wurden sorgfältig kontrolliert.

Die Kinder befanden sich zum Zeitpunkt der Erhebung am Ende der zweiten Klassenstufe, in die Analysen gingen Datensätze von 1.243 Kindern ein. Die Dauerschallpegel an den Schulvormittagen lagen im Mittel bei 49,5 Dezibel, mit einem Median von 50,6 und einer Reichweite zwischen 39 und 59 Dezibel.

Messgerät 84 Dezibel und Flugzeug
Fluglärm messen – Foto: gik

Die Ergebnisse: erschreckend. Denn die Forscher stellten einen linearen Zusammenhang zwischen Fluglärm und Leseverständnis fest. 10 Dezibel mehr an Fluglärmbelastung bedeutete eine schlechtere Leseleistung und einen Rückstand beim Leselernen um einen Monat. Es könne davon ausgegangen werden, „dass die Fluglärmbelastung im Rhein-Main-Gebiet tatsächlich einen kausalen Störfaktor bei der Leseentwicklung der Kinder darstellt“, bilanzierten die Macher der Studie. Unglaublich.

Schlimmer noch: Manch Leseforscher geht offenbar sogar davon aus, dass „unter ungünstigen Umständen schon relativ geringe Rückstände in dieser Phase persistierende Beeinträchtigungen im weiteren Leseerwerb nach sich ziehen können.“ Im Klartext: Wird der Leseerwerb in der frühen Phase gestört, kann das langfristige Auswirkungen beim Kind haben.

Inwiefern das alles auch auf Grundschulkinder in Mainz zutrifft, das wird sicher eine der spannenden Fragen an die Studienleiterin am Mittwochabend sein. Nach dem Fachvortrag Klattes gibt es eine Podiumsdiskussion „mit Experten unterschiedlicher Fachrichtungen mit anschließender Fragerunde“, heißt es in der Ankündigung weiter. Eingeladen sind Eltern, Lehrer, Mitarbeiter von Kindergärten und Kitas sowie politische Mandatsträger aus Mainz und Rheinhessen – und Ihr sicher auch 😉 Die BI gegen Fluglärm forderte im Übrigen auch Willigis-Schulleiter Riedel auf, an der Podiumsdiskussion teilzunehmen.

Info& auf Mainz&: Vortrag und Podiumsdiskussion zur Norah-Kinderstudie mit Professorin Maria Klatte am Mittwoch, den 1. Juli 2015 um 19.00 Uhr im Ratssaal des Mainzer Rathauses. Mehr zur NORAH-Fluglärmstudie findet Ihr auf deren Internetseite, genau hier. Eine Zusammenfassung des Kindermoduls sowie den ganzen Bericht der Kinderstudie findet Ihr unter Publikationen. Das heißt dann „Wissenschaftlicher Endbericht des Moduls Entwicklung“.

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