Es war im Jahr 1767, als die Mainzer genau so ein Inferno erlebten, wie am Montagabend die Stadt Paris: Ein Blitzeinschlag versetzte das Dach des Mainzer Doms in Brand, Dachstuhl und Dach brannten komplett nieder, ein großer, spitzer Holzturm stürzte ein und setzte noch Teile der Stadt in Brand. Als der Mainzer Domdekan Heinz Heckwolf am Montagabend die Nachricht bekam, in Paris brenne die Kathedrale Notre Dame, ging ihm denn auch sofort durch den Kopf: „Wenn das bei uns passiert wäre im Mainzer Dom, wären wir gerüstet?“ Vor ein paar Jahren wäre genau das beinahe passiert – am Dienstagmittag gedachte das Bistum Mainz mit einem Glockenläuten und einer kleinen Andacht der schrecklichen Brandkatastrophe von Paris.

Auch der Mainzer Dom trägt derzeit ein Gerüst auf dem Dach, am Dienstag gedachte man hier des schrecklichen Brandes in Notre Dame. – Foto: gik

Am Montagabend war in der französischen Hauptstadt um, 18.50 Uhr ein verheerendes Feuer im Dachstuhl von Notre Dame, dem Wahrzeichen der Stadt, ausgebrochen. Das Feuer griff rasend schnell auf das gesamte Dach der Kirche über, sechs Stunden lang wüteten die Flammen, lange war unklar, wieviel der stolzen Kathedrale und ihrer immensen Kunstschätze überleben würden. „Die schrecklichen Bilder lassen niemanden kalt“, sagte Heckwolf am Dienstag im Mainzer Dom, das gelte erst Recht „für den, der selbst mit einer Kathedrale beschäftigt ist.“

Heckwolf ist der Zuständige im Bistum Mainz für den Dom St. Martin, den Horror der Pariser Kollegen von Montagnacht konnte er gut nachvollziehen – in Mainz gab es vor ein paar Jahren einen ähnlichen Fall: „Jemand brüllte ins Telefon: der Dom brennt, da bin ich losgerannt“, erinnerte sich Heckwolf am Dienstag vor Journalisten. Es war 2003, die Situation ganz ähnlich, wie nun in Paris: Am Dom St. Martin waren Dachdeckerarbeiten zugange, dabei wurde eine Decke auf dem Dach zurückgelassen – und die fing durch einen heißen Scheinwerfer Feuer. „Eine aufmerksame Dame aus der Nachbarschaft sah den Rauch, schlug Alarm und verhinderte Schlimmeres“, erinnerte sich Heckwolf. Die blitzschnell angerückte Feuerwehr habe den Brand löschen können, bevor größerer Schaden entstand.

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Das Kirchenschiff des Mainzer Doms ist zum Großteil von einem steinernen Gewölbe überspannt, ein guter Feuerschutz. – Foto: gik

Auch an diesem Dienstag war einer der Türme des Doms von einem großen Gerüst umgeben, das Feuer in Notre Dame soll seine Ursache in Bauarbeiten am Dach der Kirche gehabt haben, so die bisherigen Ermittlungen. Das Mainzer Gerüst sei statisch geprüft, versicherte Heckwolf: „Da kann nichts passieren.“ Dazu gebe es im Mainzer Dom mit der Feuerwehr vereinbarte Pläne, die auch die Feuerwehr auf ihren Computern habe, so könnte Einsatzkräfte schon bei der Anfahrt dirigiert werden. Ein Feuer im Mainzer Dom wäre auch deshalb fatal., weil die große Bischofskirche nicht frei steht, sondern von Bebauung umgeben ist.

Drei Steigrohre aus Kupfer führen an verschiedenen Ecken des Gebäudes in die Höhe, hier kann die Mainzer Feuerwehr im Notfall Löschwasser einspeisen. „Wir haben auch schon mit anderen Löschmaterialien wie Schaum experimentiert“, berichtete Heckwolf. Und schließlich gebe es einen mit der Mainzer Feuerwehr vereinbarten Ort – und dort liege ein Schlüssel zum Dom für die Feuerwehr bereit. „Falls wir mal nicht da sind“, sagte Heckwolf.

Die Kathedrale von Notre Dame war am Montagabend vin einem verheerenden Feuer verwüstet worden. – Foto: Tagesschau, Screenshot: gik

Die beste Absicherung für den Mainzer Dom ist allerdings eine ganz andere: „Unser Westchor besteht auf Tuffstein, das ist Lavagestein, dem macht das Feuer nichts“, berichtete Heckwolf. Es war die Konsequenz aus dem Inferno von 1767, als das Dach des Mainzer Doms nach einem Blitzeinschlag komplett abbrannte. Ein großer, spitzer Holzturm stürzte ein und setzte noch Teile der Stadt in Brand – eine verheerende Brandkatastrophe. Danach bekam der Baumeister Franz Ignaz Neumann den Auftrag, den Westchor samt der Türme neu zu errichten – aus feuerfestem Stein. In nur vier Jahren, von 1170 bis 1774, erstand der Mainzer Dom neu.

Es war nicht der erste Brand des Mainzer Wahrzeichens: Gleich nach seiner Fertigstellung im Jahr 1009 brannte der Bau des Erzbischofs Willigis noch in der Nacht vor seiner Weihe bis auf die Grundmauern nieder. 1036 wurde der neu erstandene Dom dann sendgültig eingeweiht und als Kirche in Betrieb genommen. Bei der Belagerung der Stadt Mainz durch die Preußen 1793 wurde beim Kanonenbeschuss der Stadt auch der Mainzer Dom schwer beschädigt und brannte erneut. Der zerstörte Dom blieb trotz Abrissplänen erhalten, Dank des damaligen Bischofs Joseph Colmar, der 1802 den Wiederaufbau in Gang setzte.

Eine Schwachstelle hat der Mainzer Dom seither noch: Der Dachstuhl des Langhauses ist wie in Paris komplett aus Holz. „Wir hoffen immer“, sagte Heckwolf noch, „dass bei einem Brand die Gewölbe im Langhaus halten – so wie es im Zweiten Weltkrieg der Fall war.“ Im Inferno von Mainz am 27. Februar 1945 brannte fast die komplette Mainzer Innenstadt nieder – nur der Mainzer Dom blieb wie durch ein Wunder stehen.

Bei dem kleinen Gedenkgebet im Mainzer Dom am Dienstagmittag läuteten zehn Minuten lang die Glocken des Doms – ein Video davon findet Ihr hier auf unserer Facebook-Seite. Musikalisch gestaltet wurde das Gebet durch den Mainzer Domorganisten Daniel Beckmann – er spielte zwei Kompositionen von Louis Vierne, der 37 Jahre lang in der Zeit um die Jahrhundertwende Organist in Notre Dame gewesen war

Info& auf Mainz&: Mehr zur Brandkatastrophe in Notre Dame lest Ihr hier bei Mainz&. Mehr zur Geschichte des 1000-jährigen Mainzer Doms lest Ihr hier im Internet. Einen Dombaumeister hat Mainz übrigens zur Zeit nicht: Der Posten ist vakant, die Ausschreibung der Stelle läuft derzeit.

 

 

 

 

 

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