Er war leidenschaftlicher Demokrat und damit zu seiner Zeit ein Visionär und Revolutionär: Adam Lux, Sohn eines einfachen Bäckers aus Mainz-Kostheim, starb am 4. November 1793 in Paris unter der berühmten Guillotine für seine Ideale der Freiheit,  Gleichheit und Brüderlichkeit. An diesen ersten großen Freiheitskämpfer aus Mainzer Gefilden erinnert nun die Initiative Offenes Wohnzimmer in Mainz Kastel mit einem ganzen Monat voller Veranstaltungen. Den Auftakt macht an diesem Freitag eine ganz besondere Lesung: Niemand geringeres als der Schriftsteller Stefan Zweig widmete ein ganzes Drama dem Leben und Sterben des Adam Lux. Aus den „Zehn Bildern aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs“ wird am 4. November um 19.30 Uhr gelesen.

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Adam Lux in einem Portrait von François Bonneville 1767 – Foto: Bildarchiv Austria

Die Uraufführung des Stückes fand am 21. Januar 1989 im Mainzer Staatstheater statt und entriss damit – wie der Mainzer Germanist Erwin Rotermund schrieb – „einen Besiegten dem Vergessen.“ Denn vergessen ist Adam Lux im Bewusstsein der Mainzer wohl leider, befürchtet Marion Mück-Raab, Vorsitzende des Kultur- und Nachbarschaftsladens „Offenes Wohnzimmer“ in Mainz-Kostheim: Weder in Mainz noch in Kostheim erinnern Straßennamen, Schilder oder Gedenksteine an den „Freiheitsmärtyrer“, bedauert Mück-Raab. Das Offene Wohnzimmer will das ändern und widmet Lux im November gleich drei Veranstaltungen – ganz im Sinne des deutschen Dichters Jean Paul, der einmal über Lux schrieb: „Er starb rein und groß zugleich. Kein Deutscher vergesse ihn!“

Demokrat, Jakobiner, Idealist der Freiheit und Gleichheit

„Lux war ein außergewöhnlicher Mann, einer der ersten deutschen Demokraten und Mainzer Jakobiner“, erklärt Mück-Raab: „Er hat wirklich daran geglaubt, an Freiheit, an Recht, an die Werte von Gleichheit und Brüderlichkeit.“ Der Sohn eines Bäckers gehörte zu jenen Mainzern, die 1792, von den Franzosen inspiriert, zu leidenschaftlichen Verfechtern der Republik wurde. Lux trat der „Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit“ bei, dem Mainzer Jakobinerclub also, und gehörte zu jenen, die 1793 die Mainzer Republik ausriefen, er pflanzte den Freiheitsbaum mit, organisierte die Abstimmung zur neuen Republik.

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Ein Bericht aus dem Jahr 1792 beschreibt sein Wirken so: „Unser Freund Lux versammelte drei Tage hintereinander die Gemeinde aufm Rathaus (zu Kostheim), den ersten Tag zeigte er ihnen die Vortrefflichkeit der fränkischen Konstitution und lud sie ein, den andern Tag ihre Zweifel vorzubringen (…) sagte er den dritten Tag zur versammelten Gemeinde: also wollen wir nun morgen auch den Baum der Freiheit pflanzen, welches sie alle einstimmig annahmen. (…)

Den folgenden Tag, nämlich vorigen Sonntag, bekam nun jeder Bürger aus der Gemeindekasse 1 Bouteille Wein und 14 Kreuzer mit einem Zettel: dies Geschenk macht dir das Vaterland als ein Andenken des Tags der Freiheit. Als der Baum eingepflanzt wurde, hielt Lux eine zweckmäßige Rede, legte dann auch ein rotes und schwarzes Buch aufm Rathause, wo sich dann die ganze Gemeinde beinah im roten Buch unterschrieb; dieses Buch wird, da sich die meisten unterschrieben haben, von Lux im Namen der Gemeinde ans provisorische Departement übergeben.“

Doktor der Philosophie, Besitzer der Donnermühle, philosophischer Bauer

Landtag RLP bei Nacht beim RLP Open Air
Das Deutschhaus in Mainz, heute der Mainzer Landtag. Von hier aus wurde 1793 die Mainzer Republik ausgerufen – Foto: gik

Lux, der am 27. Dezember 1765 in Obernburg am Main geboren wurde, war 1786 nach Kostheim gekommen. Obwohl aus einfachen Verhältnissen und kinderreicher Familie schaffte es der junge Adam ein Studium zu beginnen. Mit siebzehn Jahren schrieb er sich an der Mainzer Universität ein, dort studierte er Medizin und Philosophie. Mit neunzehn promovierte er dann zum Doktor der Philosophie, sein Thema passenderweise „Enthusiasmus“. Danach arbeitete Lux als Hauslehrer bei der einflussreichen Mainzer Familie Dumont und lernte dort die Schwester der Hausherrin kennen und lieben: Sabine Reuter.

Die beiden heirateten und zogen im Mai 1786 nach Kostheim. „Lux‘ Frau Sabine war oft an der Mainmündung, besaß ein Haus in Kostheim“, weiß Mück-Raab aus ihren Nachforschungen: „Die beiden kauften die Donnermühle im Käsbachtal, dort führten sie ein beschauliches Leben, zwei Töchter wurden geboren.“ Lux selbst arbeitete als Landwirt und widmete sich nebenher seinen philosophischen Studien, begeistert vor allem von den Schriften Jean Jacques Rousseaus und den Idealen der Französischen Revolution. Der Einmarsch der Franzosen in Mainz 1792 wird zum Wendepunkt für den „philosophischen Bauern“: Lux wird aktiv.

Versammlung des Mainzer Jakobinerclubs im ehemaligen kurfürstlichen Schloss. Friedrich Georg Pape trug seine Thesen zum Verhältnis der französischen Verfassung zur katholischen Kirche dort am 25. November 1792 vor. Lavierte Federzeichnung Von Johann Jacob Hoch (1750-1829) - Landesmuseum Mainz http://www.mainz.de/WGAPublisher/online/html/default/mkuz-5t3hvj.de.html, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2999045
Versammlung des Mainzer Jakobinerclubs im ehemaligen kurfürstlichen Schloss am 25. November 1792. Federzeichnung aus dem Landesmuseum Mainz

Durch sein Werben und seine Reden stimmen 1793 beeindruckende 221 von 223 stimmberechtigten Männern in Kostheim für die Ziele der Revolution und den Anschluss an die Französische Republik. Gewaltlos passierte die Revolution, „es wurde richtig gefeiert“, berichtet Mück-Raab: Das Pflanzen des Freiheitsbaumes sei eine richtiggehende „politische Kerb“ geworden, die so großen Zuspruch fand, dass sogar die revolutionäre Verwaltung in Mainz sich über die Kosten aufregte.

Fassunglos vom Verrat der Revolution in Paris an ihren Idealen

Ein paar Monate später machte sich Adam Lux zusammen mit Georg Forster als Abgesandter der Mainzer Republik auf den Weg nach Paris. Dort wollten die Mainzer den Anschluss der Mainzer zur französischen Republik verkünden und dann zurückkehren. Was Lux nicht ahnt: Es ist ein Abschied für immer. Denn die Mainzer Republik wird nach nur vier Monaten von den Preußen gestürmt und am 23. Juli 1793 bereits wieder beendet. Und in Paris gerät der Mainzer Idealist mitten in die schwarzen Tage der Revolution, in die Hinrichtungen und Verfolgungen durch den radikalen Jakobiner Jean Paul Marat. Lux war fassungslos – und stellte sich ganz im Sinne seiner Ideale offen gegen die Herrschaft der Gewalt.

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Silhouette von Adam Lux im Schaufenster des Offenen Wohnzimmers in Mainz-Kostheim – Foto: Reinhold Schmelz

„Muss ich zusehen, wie die Freiheit, die Sicherheit, die Unverletzlichkeit mit Füßen getreten wird, soll ich, ein Schüler Rousseaus, still dabei stehen, wenn die Freiheit, die Tugend unterdrückt wird und das Verbrechen triumphiert?!  Nein! …“, schrieb er im Entwurf einer Rede, die er im Nationalkonvent halten wollte. Lux wollte sich dort vor aller Augen erstechen, als Protest gegen die Revolution, die ihre Kinder fraß – „seine Freunde konnten ihn gerade noch einmal davon abbringen“, berichtet Mück-Raab. Dann erstach am 13. Juli 1793 die Girondistin Charlotte Corday Marat in seinem Badezimmer, und Lux ergriff Partei für die junge Adlige.

Tod auf der Guillotine, weil er den Tyrannenmord an Marat verteidigte

„In einer öffentlichen Flugschrift verteidigte er Corday, eine Flugschrift, die er mit seinem echten Namen unterschrieb“, berichtet Mück-Raab: „Ihm muss klar gewesen sein, dass ihn das den Kopf kosten würde.“ Noch im Juli wurde Lux verhaftet, aus der Haft heraus bat er „um die Ehre des Schafotts“, sie wurde ihm gewährt: Am 4. November 1793 stirbt Adam Lux, der Kostheimer Revolutionär, in Paris unter der Guillotine. „Er hat seinen Tod als Fanal der Freiheit gesehen“, sagt Mück-Raab, Lux‘ Geschichte werfe auch die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Tyrannenmordes auf. Bei Lux‘ Geschichte geht es auch um Zivilcourage und Rückgrat, um Unterdrückung und das Eintreten für Werte, findet Mück-Raab: „Die freie Meinungsäußerung ist auf dieser Welt noch immer keine Selbstverständlichkeit.“

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Adam Lux, Illumination – Foto Reinhold Schmelz

Und so will das Offene Wohnzimmer im November des Revolutionärs gedenken und danach fragen: „Was war das für ein Mann? Was trieb ihn an? Und: Wird es nicht Zeit in Kostheim an ihn zu erinnern?“ Vor ein paar Jahren hätten schon einmal Künstler aus dem Kostheimer Kulturverein Klärwerk gefordert einen Baum zum Gedenken an Adam Lux zu pflanzen, sagt Mück-Raab. Daraus geworden sei nie etwas.Die Aufarbeitung der Geschichte des Adam Lux könne aber „ein wunderbares Projekt für die Heimatschule Wiesbaden sein, die ja die Identität Mainzer Bürger stärken will“, findet die Journalistin, die auch für den Arbeitskreis Umwelt und Frieden (AUF) im Kostheimer Ortsbeirat sitzt.

Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe im Offenen Wohnzimmer erstrahlt nun seit dieser Woche ein rot beleuchteter Scherenschnitt von Adam Lux im Schaufenster, eine Lichtinstallation von dem Mainzer Kulturschaffenden CaesART. An diesem Freitag, am Todestag von Lux,  lesen Mück-Raab und der Mainzer Improschauspieler Andreas Toschka  aus Stefan Zweigs Drama, dazu singt die Kostheimer Musikerin Britta Niklaus drei Lieder aus den Zeiten der Mainzer Republik, darunter auch die „Mainzer Marseillaise“ aus dem Jahre 1792.

Info& auf Mainz&: Freitag, 4. November 2016 um 19.30 Uhr: „Adam Lux – Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs“, Lesung aus dem Drama von Stefan Zweig. Offenes Wohnzimmer – Kostheimer Kultur- und Nachbarschaftsladen, Winterstraße 13, Mainz-Kostheim. Der Eintritt ist frei, die Veranstalter freuen sich aber über Spenden, mit denen der Stadtteiltreff seine laufenden Kosten bestreitet.

Am Samstag, den 19. November, folgt dann um 18.00 Uhr „Adam Lux – Enthusiast der Freiheit“, ein Gespräch mit Michael C. Recker über das Leben von Adam Lux. Recker war Mitinitiator des damaligen Kulturklärwerks auf der Maaraue bei Kostheim. Am Donnerstag, den 24. November, wird ab 15.00 Uhr unter dem Motto „Feiernd umwindet, Menschen, das Freiheitsmal!“ ein Freiheitsbaum zur Erinnerung an Adam Lux gesetzt, es ist eine Kunst-Installation der Künstlerinnen Martina Hammel und Annette Gut. Mehr zur Mainzer Republik von 1793 lest Ihr hier auf Mainz&: „Wohlan, die Wahl ist leicht – nur Freiheit oder Tod!“

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