Sechs Wochen vor der Kommunalwahl am 26. Mai zieht die Mainzer FDP ein zufriedenes Fazit ihrer Regierungszeit mit der Ampel-Koalition im Mainzer Rathaus. „Wir haben zwei Perioden lang eine recht gute Arbeit geleistet“, sagte FDP-Fraktionschef Walter Koppius am Montag in Mainz: „Wir haben gezeigt, dass die FDP Erfolge erzielen konnte.“ In Mainz sei viel entstanden, der ausgeglichene Haushalt auch eine Errungenschaft der FDP. „Wir haben zehn Jahre sehr erfolgreich diese Stadt mitprägen dürfen und viel auf den Weg gebracht“, sagte FDP-Kreischef David Dietz: „Das Gesicht der Stadt hat sich sehr geändert, sie ist dynamischer geworden, frischer, jünger, der Mehltau ist nicht mehr so da.“

Der Mainzer FDP-Chef David Dietz vor einigen Wochen bei der Forderung, die Mainzer Luftmessanlagen zu überprüfen. – Foto: gik

Das positive Fazit kommt ein wenig überraschend, war der FDP doch im vergangenen November überraschend und sehr plötzlich ihr eigener Wirtschaftsdezernent abhanden gekommen: Christopher Sitte (FDP) gab zwei Tage vor seiner geplanten Wiederwahl völlig überraschend den Posten auf und verabschiedete sich in Richtung Wirtschaft. Über die Hintergründe wird bis heute spekuliert, Sitte galt als kein besonders erfolgreicher Wirtschaftsdezernent, der mit Aktionen wie der versuchten Neuordnung des Weihnachtsmarktes oder dem starren Festhalten am Zentrenkonzept immer wieder für Streit und Widerstand sorgte. Auch atmosphärisch soll es im Stadtvorstand alles andere als harmonisch zugegangen sein, Sittes plötzlicher Abgang wurde vielfach als Rachefeldzug gewertet.

„Das war nicht schön, keine Frage, aber das ist gegessen“, sagte Dietz dazu am Montag auf Nachfrage – immerhin sei die FDP seit 1949 im Stadtvorstand vertreten gewesen. Durch den Abgang ihres Dezernenten hat die FDP nun keinen Vertreter mehr in der Stadtspitze, der Posten wurde mit der CDU-Kandidatin Manuela Matz besetzt. Man habe es geschafft, die Koalition mit SPD und Grünen „bis zur letzten Sitzung intakt zu halten“, sagte Dietz stolz. Nach der Kommunalwahl werde die FDP deshalb auch selbstverständlich das Gespräch wieder mit SPD und Grünen suchen, kündigte Dietz an: „Wir haben vertrauensvoll zusammengearbeitet.“ Koppius betonte indes, mit einer Koalitionsaussage gehe die FDP nicht in die Wahl am 26. Mai. Im neuen Stadtrat könnten bis zu zwölf Parteien vertreten sein, eine Koalition allein aus zwei Parteien sei da unwahrscheinlich.

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Inhaltlich präsentierte die FDP am Montag, kurz vor der letzten Stadtratssitzung, drei Themen: „Wir wollen die Straßenausbaubeiträge abschaffen, und das in jeder Form“, sagte Dietz. Nach einer Umfrage des Bundes der Steuerzahler habe Mainz 2017 insgesamt rund 85.000 Euro an Ausbaukosten gehabt, die Verwaltungskosten abgezogen, es sei nicht mehr zeitgemäß, dass auf die Bürger umzulegen. Das Land müsse die Kosten übernehmen.

Auch die Mainzer FDP macht nun für die Kommunalwahl am 26. Mai mobil. - Foto: gik
Auch die Mainzer FDP macht nun für die Kommunalwahl am 26. Mai mobil. – Foto: gik

Zuvor hatte allerdings schon die CDU-Opposition das Thema auf Platz 1 der Tagesordnung für den Stadtrat gesetzt. In einer Resolution fordert die CDU die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. „Wir wollen, dass die Anteile der Anlieger in Zukunft durch Landesmittel ersetzt werden“, sagte CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig. Immer wieder gebe es Streit über die Höhe der Beiträge, über die Berechnung der Umlage sowie darüber, wer davon überhaupt profitiere. „Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist längst überfällig“, betonte Schönig, „eine gute infrastrukturelle Anbindung und der Zugang zu intakten Straßen müssen für jedermann gewährleistet sein.“

Auf Landesebene läuft bereits seit Monaten eine heftige Debatte über die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Die CDU fordert das vehement, auch die Landes-FDP stellte sich im Herbst 2018 gegen die Beiträge in jedweder Form – obwohl sie gemeinsam mit Grünen und SPD regiert. Die wollen an den Straßenausbaubeiträgen festhalten, insbesondere die SPD sperrt sich gegen die Abschaffung – obwohl einzelne SPD-Kreisverbände die Beiträge lieber heute als morgen kippen würden. Oft gibt es gerade in ländlichen Regionen Probleme, wenn plötzlich Hausbesitzer – womöglich auch noch Senioren – für einen Ausbau mit mehreren zehntausend Euro zur Kasse gebeten werden.

Der Ausbau der Boppstraße steht vor der Tür, welche Belastungen dabei auf die Anwohner zukommen, ist noch immer unklar. – Foto: gik

Auch in Mainz-Mombach verursachte vergangenes Jahr die Sanierung der Hauptstraße heftige Debatten, weil auch hier die Anwohner mit Straßenausbaubeiträgen beteiligt werden – auf die Anwohner der Boppstraße kommt in Bälde ähnliches zu. Gegner der Beiträge sagen, es sei nicht einzusehen, warum nur direkte Anwohner für eine Verschönerung zahlen sollten, von der ein ganzer Stadtteil oder sogar eine ganze Stadt profitiere. Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler würde eine Abschaffung in ganz Rheinland-Pfalz das Land rund 50 Millionen Euro kosten.

Weiter erteilte die Mainzer FDP einer Preissteigerung bei der Grundsteuer B eine deutliche Absage. Das Thema ist hochaktuell, die Bundesregierung muss noch in diesem Jahr das bisherige Modell der Grundsteuer reformieren – für die Hausbesitzer könnte das höhere Steuern bedeuten. Auch für Mieter ist das eine schlechte Nachricht, weil die Grundsteuer auf die Mieter umgelegt werden darf. „Mit uns wird es keine Erhöhung der Grundsteuer geben“, betonte Dietz nun, „wir machen auch keine Tricks mit.“

Die Reform der Grundsteuer könnte allerdings dazu führen, dass die derzeitigen Hebesätze eine deutliche höhere Steuer nach sich ziehen würde – Experten sprechen von den zwei- bis dreifachen. Wollte die Stadt Mainz das vermeiden, müsste der Stadtrat die Hebesätze per Beschluss senken. Je nach Modell des Bundes „muss die Konsequenz sein, dass die Basispunkte gesenkt werden, damit es eben keine Erhöhung gibt“, sagte Dietz. Auch Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) hatte sich im Mainz&-Interview dafür ausgesprochen, die Grundsteuerreform dürfe nicht zu einer Anhebung der Kosten für die Bürger führen,

Führt die Grundsteuer-Reform zu einem weiteren Anstieg der Mieten in Mainz? Experten befürchten genau das. – Foto: gik

Allerdings hatte die Mainzer Koalition vor ein paar Jahren eine saftige Erhöhung der Grundsteuer B beschlossen, als Mainz zum Schuldenabbau unter den kommunalen Schutzschirm schlüpfte. Die FDP habe diese Entscheidung damals „aus guten gründen mitgemacht“, sagte Dietz, das werde man jetzt nicht mehr tun.

Beim Thema Wohnen will die FDP die aktuellen Bauvorschriften nach Erleichterungsmöglichkeiten durchforsten. „Es kann nicht sein, dass wir als Bauträger immer weiter die Vorschriften in die Höhe schrauben“, sagte Dietz. Als Beispiel nannte er Vorschriften für den Bau von Mülltonnen-Carports, auch könne die Stadt den Ausbau von Dachböden oder das Aufstocken von Häusern erleichtern. Auch sei Mainz „klug beraten“, enger mit dem Umland zusammenzuarbeiten, sagte Dietz: In der Schweiz schaffe man gemeinsam mit dem Umland Wohnraum, lenke den Verkehr und Schülerströme gemeinsam.

„Wir reden immer viel über gemeinsame Zusammenarbeit, aber es bleibt doch viel beim Kirchturmdenken hängen“, kritisierte er. Mainz sei „eine wachsende Stadt in einer wachsenden Region“, die Zusammenarbeit mit dem Umland müssen „so weit intensiviert werden, dass wir an die Fragen gehen, die man sich bisher nicht getraut hat.“ So könne er sich etwa Zusammenarbeit mit Gemeinden wie Nackenheim vorstellen, in denen neue Wohngebiete entstehen könnten.

Auch die Frage, ob sich die FDP denn auch einen neuen Stadtteil auf Mainzer Gemarkung vorstellen könne – die CDU hatte dies bereits 2017 vorgeschlagen – sagte Dietz: „Wir sind gerne dabei, wenn es um neue Planungen geht.“ Auch Koppius sagte, es gebe „garantiert Möglichkeiten für Standorte“, etwa in Richtung Ebersheim. „Wir brauchen mehr Wohnraum“, sagte Koppius, ein neuer Stadtteil müsse aber an einer sinnvollen Achse liegen und mit öffentlichem Nahverkehr, Nahversorgung sowie Schulen und Kindergärten angebunden werden können.

Dietz sagte dazu, er finde den Layenhof „hoch spannend als Stadtteil“. Das Areal zwischen Finthen und Wackernheim sei „lange Zeit stiefmütterlich behandelt“ worden, es sei aber „sehr lohnenswert, dieses Areal noch einmal ins Auge zu fassen und intensiver anzugehen.“ Ebling hatte hingegen in dem Mainz&-Interview betont, der Layenhof sei ausgereizt, dort gehe wegen Naturschutzrichtlinien nichts mehr. „Es geht natürlich nicht, wenn man es nicht geprüft hat und nicht will“, sagte Koppius trocken, nach der Wahl könne dort „vielleicht doch was gehen.“

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