Das Kultevent Mainzer Marktfrühstück droht an seinem Erfolg zu ersticken: Seit Start der Saison am 4. März wird der traditionelle Weintreff am Ende des Liebfrauenplatzes von Besuchern geradezu überrannt. Besonders an den ersten warmen Tagen im März kamen Hunderte Besucher, der untere Markt war so voll, dass kein Durchkommen mehr war. Besucher bringen Picknickdecken mit, der Weinstand der Mainzer Winzer schafft schon lange nicht mehr, alle zu bedienen. Nun versuchen Stadt und Winzer mit Maßnahmen gegenzusteuern – und sie richten einen Appell an die Besucher: Durchgänge nicht verstopfen, Müll selbst entsorgen! Eigene Tische und Sitzgelegenheiten sollen künftig entfernt werden.

Menschenmassen beim Mainzer Markfrühstück, das Kultevent droht, an seinem Erfolg zu ersticken. – Foto: gik

Man konnte den Eindruck haben, es sei schon wieder Fastnacht: Dicht gedrängt standen die Menschenmassen auf dem Liebfrauenplatz, zwischen dem Weinstand hinterm Dom, den Marktständen und dem Blumenbeet war kein Durchkommen mehr. „Das ist mir echt zu viel“, stöhnte da manch ein alteingesessener Mainzer. „Fakt ist, das Marktfrühstück macht so keinen Spaß mehr, es wird mehr und mehr zu einem unsortierten und aggressiven Gelage“, klagt Mainz&-Leser und Marktfrühstücksfan Andreas Toschka. Tatsächlich haben die Besuchermengen für das Treffen enorm zugenommen: Da kommen Gäste von außerhalb angereist, feiern Schüler ihr Abitur, werden ganze Picknickdecken auf dem Boden ausgebreitet. Auffällig: Viele junge Leute scheinen den Weinausschank der Mainzer Winzer am Samstagnachmittag für sich entdeckt zu haben. Was einst 1999 als lauschiges Frühstück am Rande des Wochenmarktes begann, ist zu einem Riesenevent geworden.

„Es ist ein echter In-Place geworden, wo sich mittlerweile auch viele junge Weinfreunde treffen“, sagt Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) und räumt ein: „Der Zustrom bringt leider einige Probleme mit sich.“ Da sind etwa überbordende Müllberge und liegen gelassene Weinflaschen – und das, obwohl am Stand der Mainzer Winzer schon immer Pfand für Flaschen und Gläser gilt. „Bei den Abifeten ist extrem viel mitgebracht worden“, sagte die Vorsitzende der Mainzer Winzer Sigrid Lemb-Becker und klagt im Gespräch mit Mainz&: „Wenn wenigstens die Besucher ihren Müll wieder mitnehmen würden…“

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Lkw mitten im Gedränge rund ums Mainzer Marktfrühstück: nicht ungefährlich. – Foto: gik

Es war genau am 27. April 1999, als das erste Mainzer Marktfrühstück stattfand, ins Leben gerufen von zwei Mainzer Winzern. „Es ist damals langsam angelaufen“, sagt Horst Hünerkopf, rheinhessische Weine hatten bei weitem nicht den Stellenwert wie heute. „Am Anfang war es ein schwieriger Kampf gegen den Bierstand“, erinnert sich Mitinitiator Hans Willi Fleischer schmunzelnd, „aber der Durchbruch kam sehr schnell.“ Die Besucherzahlen stiegen, Mainz entdeckte den Genuss im Schatten des Doms – und als Mainz zur Weinhauptstadt wurde, ging es rund. Knapp 30 Winzer wechseln sich ab, jeden Samstag bestückt ein Mainzer Weingut den Weinausschank am Ende des Marktes.

„Der Zulauf ist richtig explodiert“, sagt Lemb-Becker, „da ist eine richtige Eigendynamik entstanden.“ Es finde ein Generationswechsel statt, das sei so, aber die Stimmung vor Ort sei noch immer gut und keineswegs aggressiv, betont sie. Die Winzer hätten jetzt mehr Müllbehälter aufgestellt und mit den Nachbarständen vereinbart, dass alle für ihre Weinflaschen Pfand nehmen. „Die anderen Standbetreiber und die Gastronomen rund um das Frühstück profitieren ja auch“, sagt Lemb-Becker, es gebe inzwischen eine ganze Reihe Marktbeschicker, die ebenfalls gekühlten Wein verkauften, weil der Weinstand der Winzer den Ansturm alleine gar nicht mehr bewältigen könne.

Anfang April lud Dezernent Sitte sogar zu einem Krisentreffen ins Rathaus, dort vereinbarte man, dass etwa die Zu- und Abfahrt der Marktwagen bei Marktbeginn und -ende optimiert werden soll. Die Wagen quetschen sich nach Marktende um 14.00 Uhr durch die dichte Menge, das Ergebnis war manch hochgefährliche Situation. Nun sollen Eskorten die Fahrzeuge durch die Besucher leiten und dabei deutlicher sichtbar gemacht werden. „Wir brauchen die Mithilfe von allen, damit das Marktfrühstück weiterhin seinen Charme behält und es bei einem guten und reibungslosen Miteinander zwischen Marktleuten, Kunden und Weinfreunden bleibt“, appellieren Stadt und Winzer nun an die Besucher und bitten, folgende Regeln zu beachten:

•     Nicht die Durchgänge verstopfen! Die Marktbeschicker seien oft seit 4.00 Uhr auf den Beinen und wollten daher das Marktgelände gerne zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr verlassen. „Sie müssen ordnungsgemäß und gefahrlos vom Marktgelände zu- und abfahren können“, mahnt die Stadt – bitte achtet auf die Anweisungen der Ordner!
•     Damit Rettungsfahrzeuge durchkommen können müssen die Bereiche in Richtung Fischtorstraße, Gutenberg-Museum und die Blumenbeete von größeren Menschenansammlungen freigehalten werden.
•      Eigene Tische und Sitzgelegenheiten könnt Ihr nicht mitbringen, sie werden künftig abgeräumt.
•      Bitte die Weinflaschen und Gläser am Weinstand gegen das Pfandgeld zurückgeben!
•       Der Müll gehört in die dafür vorgesehenen Behälter – oder Ihr nehmt ihn einfach mit heim.
•       Wenn der Wein wieder raus will, es gibt hier auch Toiletten! Schauen Sie bitte nach den Hinweisschildern am Weinstand.

Entspannt bei einem Gläschen Wein auf dem Markt sitzen und klönen – so war das gedacht mit dem Mainzer Marktfrühstück. – Foto: Mainzer Winzer

Was Letzteres angeht: Das mit den Hinweisschildern gestaltet sich oft schwierig, weil die im dichten Gedränge schnell untergehen,. Doch es gibt tatsächlich offizielle Toiletten für das Mainzer Marktfrühstück: Das sind die öffentliche Toilette in der Heugasse, die öffentlichen (aber kostenpflichtigen) Toiletten am Dom – und die Toiletten im Cuvée, der Vinothek im Gutenberg-Museum. Mit der gebe es eine offizielle Kooperation eigens in Sachen Marktfrühstück, erklärt Lemb-Becker. Nur bitte: Verschont das Gutenberg-Museum!

Den oben genannten Appell wird das Ordnungsamt ab diesem Samstag an die Gäste des Marktfrühstücks austeilen, die Mainzer Winzer die Regeln gut sichtbar am Weinausschank und auf den Tischen auslegen. „Wenn erst die ganzen anderen Außenfeste in Mainz beginnen, dann entspannt sich die Situation, so war bisher unsere Erfahrung“, hofft Lemb-Becker: „Wir Winzer geben dafür unser Bestes – und Werbung machen wir fürs Marktfrühstück schon lange nicht mehr.“ Denn eines dürfe auf keinen Fall passieren, warnt sie: „Wenn das Marktfrühstück eingestellt würde, das wäre der Obergau“, sagt die Winzerin, „das wäre keine Werbung für Mainz.“

Info& auf Mainz&: Mainzer Marktfrühstück jeden Samstag von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr auf dem Liebfrauenplatz hinter dem Dom. Wann welcher Winzer hier ausschenkt, lest Ihr auf der Internetseite der Mainzer Winzer, unsere Hommage ans 500. Mainzer Marktfrühstück lest Ihr hier. Bitte beachtet den Appell von Stadt und Winzern und haltet Euch an die Regeln – sonst ist das Marktfrühstück demnächst tot!

 

 

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