Das Mainzer Mietradelsystem wird voraussichtlich im September eine enorme Erweiterung erfahren: Seit Mitte Juli rollt „meinRad“ auch in der hessischen Nachbarstadt Wiesbaden. Noch stecken die Kollegen in Wiesbaden in der Einführungsphase, doch auch rechts des Rheins wird das System mit den Leihrädern gut angenommen. Die Hessen hatten sich bewusst entschieden, sich dem erfolgreichen Mainzer System anzuschließen, setzen dabei aber auf modernere Technik: das Wiesbadener Leihsystem funktioniert mit einer modernen App, die Räder sollen so auch neben den Stationen abgestellt werden können. Noch können allerdings die Mainzer und Wiesbadener Fahrräder nicht gegenseitig ausgetauscht werden, doch das soll sich ändern: Im Laufe des Septembers sollen beide Systeme kompatibel werden, Fahrräder dann in Mainz ausgeliehen und in Wiesbaden abgegeben werden können – und umgekehrt.

So sehen die Leihräder von meinRad Wiesbaden aus. – Foto: ESWE Verkehr

Damit wachsen die beiden Landeshauptstädte nun auch in Fahrraddingen eng zusammen, eine logische Entwicklung: Viele Verkehrsteilnehmer, die nach Wiesbaden oder Mainz pendeln, nutzen schon jetzt das Fahrrad. Und bislang war es reichlich hinderlich, die Leihfahrräder nur in einem sehr begrenzten Radius in Mainz-Kastel und Mainz-Kostheim abgeben zu können. Das ändert sich nun: Mitte Juli startete in Wiesbaden das Leihfahrradsystem „meinRad“. Mainz hatte sein System bereits 2012 eingeführt, seither wurden bereits 2,3 Millionen Fahrten mit den gelben Rädern getätigt – Mainz hat damit eines der erfolgsreichsten Fahrradmietsysteme der Republik.

Im Frühjahr dann stellte Wiesbaden die letzten Weichen für die Einführung des Radmietsystems auch auf hessischer Seite, Ende Mai trafen dort die ersten 70 Mieträder ein. Die Wiesbadener Räder werden vom gleichen Hersteller gefertigt wie die Mainzer Bikes, nur kommen die Hessen in einem dunkleren Orange daher als ihre Mainzer Kollegen. 500 Räder werden es auf hessischer Seite werden, 49 Stationen werden in Wiesbaden quer über das Stadtgebiet verteilt. Das Ausleihen indes funktioniert in Wiesbaden anders als in Mainz mit hochmoderner Smartphone-Technik: Die Räder in Wiesbaden werden mithilfe einer Smartphone-App ausgeliehen und auch zurückgegeben, das Hantieren an einem Display wie in Mainz entfällt. Die Wiesbadener Stationen bestehen lediglich aus dunkelgraumetallic lackierten Halterungen und einer Infostele.

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500 Fahrräder montierten die Mitarbeiter in der neuen ESWE Fahrradwerkstatt. – Foto: ESWE Verkehr

Über die App bekommt man einen Code, mit dem die speziellen Schlösser an den Rädern ent- oder verriegelt werden können. Das bringt mehrere Vorteile mit sich, stellte sich doch die Mainzer Technik an den Ausleihstationen immer wieder als recht störanfällig heraus. Auch muss man in Wiesbaden die Räder nicht fest in eine Station einklinken wie in Mainz, sondern kann sie auch neben Führungsschiene und Bügel der Abstellstation abstellen – äußerst praktisch, wenn die Station überfüllt ist. Dennoch haben auch die Wiesbadener Räder die Vorrichtung für die in den Mainzer Stationen notwendige Verankerung. Einen Gepäckträger hinten gibt es nicht, ausgestattet sind die Räder nur mit einer eher kleinen Frontablage.

Für das neue Fahrradsystem bauten die Wiesbadener eine eigene Werkstatt auf dem Betriebshof der Wiesbadener ESWE Verkehr auf. Hier montierten Mitarbeiter auch alle 500 neu angelieferten Fahrräder, hier finden auch Reparatur und Wartung der Velos statt. Die Wiesbadener bekamen dabei Starthilfe von den Mainzer Kollegen, so stellten die Mainzer etwa eines ihrer Spezialfahrzeuge für die Verteilung der Räder zur Verfügung – im Herbst soll die ESWE ihr spezielles Elektro-Fahrzeug bekommen. Auch will man künftig gemeinsame Materialbestellungen durchführen.

Am 13. Juli startete meinRad in Wiesbaden, und das Mietsystem wurde gleich gut angenommen: Mehr als 3000 Kunden und bis zu 260 registrierte Fahrten am Tag meldete ESWE Verkehr nach nur drei Wochen. Es habe viel Zuspruch zum neuen System gegeben, sagte Projektleiterin Sandra Beege. Vor allem die robusten Räder inklusive stufenloser Schaltung und die Vielzahl der Standorte, die weiter ausgebaut würden, seien immer wieder gelobt worden.

Stationen von meinRad in Wiesbaden, auch am Biebricher Rheinufer und in Mainz-Amöneburg gibt es je eine Station. – Screenshot: gik

Startschwierigkeiten gab es aber auch: „Wir lernen täglich dazu, haben die Prozesse verdeutlicht, das Finetuning verbessert und die App aktualisiert“, sagte Beege. Alle bisherigen Nutzer würden nun eine E-Mail erhalten mit dem Text: „Sorry, wenn`s noch holpert. Wir strampeln uns ab für eine Lösung!“ Dazu hat die ESWE als Dankeschön für die Pionier-Nutzer beschlossen, alle Fahrten im Juli dieses Jahres für Radler im Nachhinein kostenfrei zu stellen.

Dazu gebe es offenbar doch auch eine ganze Reihe Nutzer mit „krimineller Energie“, musste die ESWE Verkehr an diesem Donnerstag einräumen: Unter den inzwischen rund 8000 Kunden-Registrierungen seien nach derzeitigem Stand „einige unrechtmäßige Kunden-Accounts angelegt worden“, teilte das Unternehmen mit. Mit falschen Kunden-Daten seien dabei Accounts eingerichtet und Räder gemietet, aber nicht zurückgegeben worden. Durch diese missbräuchliche Nutzung seien aktuell rund 100 von insgesamt 500 Rädern an den 50 Wiesbadener Stationen entweder entwendet oder als ramponierte Räder zurückgegeben worden. Eine Vielzahl dieser Räder werde aktuell im gesamten Stadtgebiet wieder zurückgeholt.

„Leider gibt es neben den vielen korrekten Kunden, die sehr sorgsam mit unseren Rädern umgehen, auch einige mit krimineller Energie“, sagte ESWE-Geschäftsführer Jörg Gerhard. Jeder Diebstahl und jede Sachbeschädigung würden konsequent angezeigt, warnte er. Als Konsequenz ändert die ESWE Verkehr nun das Registrierungssystem für die Mieträder: Nutzer können sich zwar weiter über die App registrieren, müssen dann aber zur Verifizierung ihrer persönlichen Daten mit einer EC-oder Kreditkarte sowie einem Lichtbildausweis persönlich in der Mobilitätszentrale der ESWE im Luisenforum vorsprechen. Dort werde der Kunden-Account dann freigeschaltet, ausweisen könne man sich dabei neben dem Personalausweis auch mit einem Studentenausweis oder der Gesundheitskarte. Für bereits registrierte Kunden ändere sich nichts, heißt es weiter.

So sehen die neuen Mainzer Mieträder von MVGmeinRad aus. – Foto: Mainzer Mobilität

Und noch funktioniert zudem ein zentrales Element des Systems nicht: Bisher können die Wiesbadener Räder nur in Wiesbaden und die Mainzer Räder nur in Mainz genutzt werden. Doch das soll sich ändern: Im Laufe des Septembers sollen beide Systeme kompatibel werden – die Mainzer müssen dafür allerdings erst noch die neue Handy-App einführen. Seit dem Sommer laufen auch hier die Vorbereitungen für die Systemausweitung, so wurden auch nach Mainz 500 neue Mieträder geliefert – dieselben wie die nun in Wiesbaden eingesetzten.

Bei den neuen Rädern handele es sich um Spezialkonstruktionen der Firma eflow aus Fürth, teilte die Mainzer Mobilität mit. Die Räder verfügten über einen neuen Aluminium-Rahmen mit tiefem Einstieg und tiefem Schwerpunkt, eine neuartige Lenker- und Gabel-Konstruktion, witterungsunabhängige große Rollenbremsen, einen Frontkorb mit geschütztem Frontscheinwerfer, einen Nabendynamo sowie praktische Einhängebügel für Packtaschen. Die 500 neuen Räder sollten Gefährte ersetzen, die bereits seit 2012 auf den Mainzer Straßen im Einsatz seien, sagte „MVGmeinRad“-Projektleiterin Tina Smolders.

Dazu soll im Laufe des Septembers die Handy-App für „meinRad Wiesbaden“ auch in Mainz eingeführt werden. Dann werden die „meinRad“-Räder auf beiden Rheinseiten nutzbar sein und können an jeder beliebigen Station in Mainz und Wiesbaden entnommen und zurückgegeben werden, verspricht die Mainzer Mobilität. Voraussetzung: die Kunden müssen die Handy-App nutzen. Denn in Mainz werden die bereits vorhandenen rund 120 festen Stationen im Mainzer Stadtgebiet, in Budenheim, Kastel, Kostheim sowie in Ingelheim weiter in Betrieb sein. Die Mainzer können also künftig wählen, ob sie Räder an den Stationen per App mieten möchten oder weiterhin per Chipkarte, die aber nur an den Mainzer Stationen funktioniert. Auch dieser Vorgang soll in den kommenden Wochen vereinfacht und beschleunigt werden.

Künftig soll aber das System der freien Mietstationen auch in Mainz etabliert werden, verspricht MVGmeinRad weiter: „Diese Lösung bietet uns in Mainz die Chance, das Fahrradvermietsystem kostengünstig zu ergänzen und in bisher nicht berücksichtigten Stadtteilen und Gebieten das vorhandene Netz schrittweise auszuweiten“, verspricht Smolders. Ab Herbst sollen deshalb auch die Mainzer Räder das neue Schloss haben, das sich per App auf- und zuschließen lässt.

Info& auf Mainz&: Infos zu meinRad Wiesbaden, den Stationen und dem Anmeldeverfahren findet Ihr hier auf dieser Internetseite bei der ESWE Verkehr. Ein Fahrrad in Wiesbaden kostet derzeit in der ersten Stunde noch 0,50 Euro und 0,50 Euro für jede weitere 30 Minuten, ab Ende September werden es dann 1,50 Euro im Basistarif und 1,50 Euro jede weitere 30 Minuten sein. Infos zu MVGmeinRad wie immer hier bei der Mainzer Mobilität.

 

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