Nun wird es ernst: Die Stadt will noch in diesem Jahr mit dem Neubau und dem Umbau der maroden Mainzer Bürgerhäuser beginnen. Finthen und Hechtsheim bekommen komplett neue Bauten, die auch gleich von neuen Kindertagesstätten flankiert werden, das Bürgerhaus auf dem Lerchenberg wird umfassend saniert, auch das Bürgerhaus Weisenau. Die Töngeshalle bekommt ebenfalls ein Facelift – die Stadt nutzt hier eine Finanzspritze von 25 Millionen Euro vorwiegend aus Bundesmitteln. Bis zur Fastnachtskampagne 2019 soll all das fertig sein, das Bürgerhaus in Weisenau wird 2018 bis Ende 2019 umgebaut. Die Fastnachter müssen also nur für die Kampagne 2018 umziehen – und bekommen dafür moderne Bürgerhäuser mit allen Möglichkeiten.

So soll das neue Finther Bürgerhaus von außen ungefähr aussehen, das kleinere Gebäude ist die neue Kita. – Grafik: AV1 Architekten

„Die Stadt braucht die Bürgerhäuser“, betonte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung der genauen Pläne. Diese seien Kristallisationspunkte, an denen sich Menschen treffen, engagieren, ihre Freizeit verbringen, wo es Kultur gebe und Räume für Senioren und Jugend. „Das ist aus unserer Sicht sehr gut investiertes Geld, weil es in den Zusammenhalt der Stadt geht“, betonte Ebling – die Bürgerhäuser seien Rückgrat für „viele, viele Vereine und Initiativen.“

Schon seit 2015 ist der warme Geldregen vorwiegend aus Kassen des Bundes für Mainz klar, die Stadt habe damals die „klare strategische Entscheidung getroffen, die Mittel schwerpunktmäßig in die Bürgerhäuser zu lenken“, sagte Ebling weiter. Die Gelder machten in der Tat den Weg frei für eine Investition, die sich die Stadt seit vielen Jahrzehnten nicht hatte leisten können: Die Mainzer Bürgerhäuser wurden vorwiegend in den 1960er und 1970er Jahren gebaut, in der Zeit der  Eingemeindungen vieler Stadtteile. Doch seither war an den großen Häusern und Hallen eben auch nichts mehr passiert, ein gigantischer Sanierungsstau baute sich auf, auch weil Investitionen der Stadt in die Bürgerhäuser von der kommunalen Finanzaufsicht als freiwillige Leistungen gewertet wurden, wie Ebling deutlich machte.

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„Historisch“: Gleich fünf Bürgerhäuser werden erneuert

Von außen fast identisch: das neue Bürgerhaus in Hechtsheim samt angeschlossener Kita. – Grafik: AV1 Architekten

Nun könne man mit Hilfe von Bund und Land dem Sanierungsstau begegnen. Dass die Stadt nun an fünf Standorten zugleich in die Stadtteil-Infrastruktur investiere, „das ist historisch“, schwärmte Ebling: „Das ist noch einmal ein klares Bekenntnis, dass wir auch zukünftig lebendige Stadtteile haben wollen.“ Damit sich ein Versäumnis wie der Jahrzehnte lange Sanierungsstau nicht wiederholt, hat die Stadt 2016 eine  Bürgerhaus-Gesellschaft gegründet, die den Betrieb zentral steuern und vor allem auch zusätzliche Einnahmen durch Vermietungen generieren soll. Die Stadt strebt eine deutlich bessere Auslastung der Räume im Vergleich zu heute an.

Im Vorfeld der jetzigen Planungen seien zudem Wünsche und Bedürfnisse aus den Stadtteilen ausgiebig abgefragt worden, sagte Bürgermeister Günter Beck (Grüne), der auch Chef der neuen Bürgerhaus-Gesellschaft ist. Am 22. Dezember 2016 habe die Stadt dann die Planer ausgewählt: Das Kaiserslauterer Architektenbüro AV1 plant die beiden Neubauten in Finthen und Hechtsheim, der Teilneubau und die Sanierung von Lerchenberg ging an die Stadtplaner PASD aus Hagen. Die Sanierung der Töngeshalle und des Bürgerhauses in Weisenau – in der Hoheit von Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) – müssen noch vergeben werden.

Grundriss des neuen Bürgerhauses in Finthen. – Grafik: AV1 Architekten

Bürgerhaus Finthen: Komplettneubau mit Kita bis Fastnacht 2019

Die Finther können sich auf ein komplett neues Bürgerhaus am alten Standort freuen, 5 Millionen Euro brutto stehen dafür zur Verfügung. Das neue Haus werde barrierefrei und mit einem eigenen Bereich für die Ortsverwaltung im Erdgeschoss, sagte Beck, der Eingang wird von der dem Parkplatz abgewandten Seite erfolgen. Auf ein sehr großes Foyer folgt der große Saal, der 480 betischte und bestuhlte Plätze haben wird. „Wir gehen bei allen Bürgerhäusern von einer festen Bühne aus“, sagte Beck. Dazu werde es kleinere Räume für verschiedene Gruppen geben, auch richtige Konferenzräume etwa im Obergeschoss.

Zwei Stockwerke hoch wird das neue Haus werden, die Höhe werde etwa dem heutigen entsprechen. Im Keller soll es Lager und Archivräume geben, ein großes Oberlicht soll im Erdgeschoss und im ersten Stock für Helligkeit sorgen. Die neuen Häuser würden etwa dieselbe Größe haben wie heute, „aber viel mehr Funktionalität bieten“, betonte Beck. Oberhalb des neuen Bürgerhauses, am Hang, soll dann die neue Kita entstehen, deren Finanzierung zusätzlich zu den fünf Millionen Euro aus Kita-Mitteln erfolgt. Hier soll es Räume für drei Gruppen geben, dazu Küche Büroräume und einen Schlafraum, vor der Kita soll ein 1.200 qm großes Spielgelände entstehen.

Bürgerhaus Hechtsheim: Neubau am alten Ort mit Ortsverwaltung

Plan des neuen Bürgerhauses Hechtsheim samt Kita. – Grafik: AV1 Architekten

Das Bürgerhaus Hechtsheim wird nach dem gleichen Prinzip errichtet, hier stehen ebenfalls 5 Millionen Euro brutto zur Verfügung. Auch hier wird das Bürgerhaus von einer neuen Kita flankiert, die aus Richtung Heuerstraße vorne vorgebaut wird. Die Gaststätte in Hechtsheim fällt allerdings weg: Man sei sich im Stadtteil einig gewesen, dass Hechtsheim ausreichend mit Restaurants versorgt sei, eine Gaststätte im Bürgerhaus sei deshalb nicht nötig, sagte Beck. Das Bürgerhaus Hechtsheim werde ebenso wie das Finther Haus künftig durch einen Caterer mit Essen versorgt, das wolle man ausschreiben. Umstritten war allerdings, ob der Neubau wirklich an derselben Stelle wie der Vorgängerbau erfolgen sollte, doch die Stadt ließ sich auf kein Diskussion ein. Auch die alte Kegelbahn wird es künftig nicht mehr geben, deren Neubau sei in den fünf Millionen Euro einfach nicht drin gewesen, sagte Beck.

Dagegen werden der Seniorentreff und das Jugendzentrum hier  Räume haben, die Ortsverwaltung soll in den ersten Stock einziehen – auch wenn es dagegen weiter Vorbehalte der Hechtsheimer gibt. „Wir haben vom Stadtrat den Auftrag, den Verkauf der alten Ortsverwaltung zu prüfen“, betonte Ebling. Ziel sei, mit diesem Erlös eine neue Stadtteilbibliothek im Schulzentrum zu realisieren. „Das ist ein fairer Deal“, sagte Ebling, ein altes Gebäude gegen eine neue Bibliothek, das sei „ein gutes Tauschgeschäft.“ Wunsch aus dem Stadtteil sei zwar, neben Bürgerhaus und Bibliothek auch eine neue Ortsverwaltung in Ortsmitte zu bekommen, aber „es fällt das Geld nicht vom Himmel“, betonte der OB: „Irgendeinen Tod muss man dann auch mal sterben.“

Plan zur Erneuerung des Bürgerhauses Lerchenberg mit neuen Erweiterungen. – Grafik: PASD Büro

Lerchenberg: Teilneubau mit neuem Restaurant, Tanzclub

Auf dem Lerchenberg stehen 6,4 Millionen Euro zur Verfügung, damit soll ein Teilneubau vor allem der Räume um die Halle herum realisiert werden. Der jetzige Saal bleibt erhalten, die anliegenden Räume werden aber neu geordnet und auch neu gebaut. So wird die Ortsverwaltung barrierefrei und rückt näher an die Wege, auch der bislang sehr versteckte Seniorentreff rücke näher an den Stadtteil und werde sichtbarer, sagte Beck. Das Jugendzentrum wandere in den Keller, der aber durch geschickte Nutzung der Hanglage sehr hell werde. Erhalten bleibt hier auch die Kegelbahn, sie profitiert von dem Erhalt des alten Saals. „Das Ziel war eine Optimierung der Fläche, das gelingt uns hier sehr gut“, sagte Beck.

Eine Besonderheit auf dem Lerchenberg ist auch der Erhalt des Restaurants Berggrün: Der Pächter habe die Gastronomie sehr erfolgreich betrieben, die Stadt wolle mit ihm weiter zusammenarbeiten“, sagte Beck. Zudem investiert der Pächter selbst Geld in den Neubau, die Kosten würden durch die künftige Pacht abgetragen. Auch der Lerchenberger Carneval Club „Die Euleköpp'“ und der Tanzclub Rot-Weiß erhalten eigene Anbauten an die Halle mit Hilfe eigener Finanzen, im Gegenzug werde das mit den Mieten verrechnet, sagte Beck. „Die Planung erfüllt hier alle Wünsche“, freute sich der Bürgermeister und betonte, die sei eine erste Entwurfsplanung: „Es kann sich noch der eine oder andere Raum verschieben, aber vom Prinzip her soll es so werden.“

Seitenansichten des Lerchenberger Bürgerhauses mit den neuen Erweiterungen. – Grafik: PASD Büro

 

Fastnacht 2019 sollen die Häuser fertig sein

Wichtiger Punkt in den Planungen waren zudem die großen Fastnachtsveranstaltungen in den kommenden Jahren: Gerade in den Stadtteilen sind die Vereine auf die Hallen dringend angewiesen. „Zur Fastnachtskampagne 2019 sollen die Bürgerhäuser wieder zur Verfügung stehen“, betonte Beck. Man habe bewusst die Bauarbeiten nach hinten geschoben, um sie zwischen die Kampagnen legen zu können, sagte Beck. Auf ihre Hallen verzichten müssen die Vereine in Finthen, Hechtsheim und auf dem Lerchenberg so nur in der Kampagne 2018, das sei mit allen besprochen worden, betonte Ebling. Baubeginn soll noch in diesem Jahr sein, im Mai sollen die Bürgerhäuser auf dem Lerchenberg und in Finthen umziehen: die Lerchenberger Ortsverwaltung zieht in die Kita, die Finther in die Poststraße.

Plan zur Erweiterung der Töngeshalle um zehn Meter für den Einbau einer festen Bühne. – Grafik: Stadt Mainz

Anders ist es in der Töngeshalle in Ebersheim: Hier wird gar keine Fastnachtskampagne ausfallen. Die 1985 gebaute Halle wird „lediglich“ saniert, 2,05 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Aus heutiger Sicht ist die energetische Hülle eine Katastrophe, eine vorgehängte, wärmegedämmte und hinterlüftete Fassadenkonstruktion soll hier Abhilfe schaffen. Auch der Sockel wird saniert und gedämmt, neue, zweifach verglaste Fenster eingesetzt. Der Hallenboden sei noch in Ordnung und solle bleiben, sagte Bauderzenentin Marianne Grosse (SPD).

 

Töngeshalle bekommt eigene feste Bühne durch kleine Erweiterung

Schnitt durch die sanierte Töngeshalle mit neuer Bühne. – Grafik: Stadt Mainz

Die Dachkonstruktion der Töngeshalle mit ihren Gauben sei so prägend, dass sie bleiben solle, auch würde hier eine Sanierung energetisch „nicht viel bringen“, erläuterte Grosse weiter. Stattdessen werde eine abgehängte Deckenkonstruktion eingesetzt, die dann den energetischen Anforderungen entspreche. Die Konstruktion soll wärmegedämmt und ballwurfsicher sein – in der Töngeshalle wird auch in Zukunft weiter Sport getrieben. Auch die Lüftung wird komplett erneuert, die Heizung könne dagegen bis auf den Heizkessel bleiben. Die Beleuchtung werde grundsaniert und auf LED umgestellt, Rauchmelde- und Brandalarmanlagen installiert, sagte Grosse weiter.

Zusätzlich soll aber auch die Töngeshalle künftig eine fest eingebaute Bühne bekommen. „Der Trick ist: wir erweitern die Halle einfach um zehn Meter und können dort eine Bühne errichten“, sagte Grosse. Einen Meter hoch vom Boden werde die Bühne sein, für sie werde die Westfassade nach außen verschoben und komplett neu gebaut. Mit dem Legen der Bodenplatte werden im Oktober 2017 begonnen, die Wand bleibe aber noch, damit die Fastnachtskampagne 2018 noch stattfinden könne. Danach wird die Halle zur Sanierung geschlossen, Ende 2018 soll der Umbau fertig sein.

Das Kulturheim Weisenau von oben gesehen, mitten in der Wohnbebauung. – Foto: Stadt Mainz

Kulturheim Weisenau erst Ende 2019 fertig

Deutlich schwieriger ist die Situation in Weisenau: Das alte Kulturheim ist hier mitten zwischen die Häuser gebaut, das mache einen Neubau unmöglich – eine neue Veranstaltungshalle in der alten Größe wäre hier nach heutigem Recht nicht mehr genehmigungsfähig. In dem 1949 erbauten Komplex bestehe hoher Sanierungsbedarf, sagte Grosse, 3,075 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Die Stadt erwarb hier ein Nachbargebäude, um mehr Raum zu haben. Die Saalfläche werde wieder für 650 Personen hergerichtet, gewünscht sei aber eine größere Bühne, mehr WCs, Duschen und Umkleiden für Sportveranstaltungen sowie teilbare Räumlichkeiten, um mehrere Veranstaltungen  gleichzeitig durchführen zu können.

Schmucklose Fassade, viel dahinter: das derzeitige Kulturheim Weisenau. – Foto: gik

„Welche Wünsche wir erfüllen können, wird die weitere Planung zeigen“, sagte Grosse. Derzeit werde ein Objektplaner gesucht, wegen des höheren Bauvolumens habe man die Vergabe ausschreiben müssen. Die Vergabe soll am 27. April im Planungsausschuss erfolgen, das Bauvorhaben selbst zwischen Februar und Juni 2018 ausgeschrieben und vergeben werden. Baustart wäre hier dann nicht vor Juli 2018, damit könne die Fastnachtskampagne 2018 noch im Bürgerhaus stattfinden. 2019 ist dann hier allerdings Baustelle, erst Ende 2019 wird das neue Kulturheim in Weisenau fertig sein.

Es sei aber großartig, dass wir „zwei Sorgenkinder so verbessern können, dass sie für die beiden Ortsteile ganz wichtige Treffpunkte sein können für die Zukunft“, sagte Grosse. Die Umsetzung sei zeitlich „nach wie vor sehr ambitioniert, bisher konnten wir aber alles halten“, betonte Ebling. Ob in den neuen Häusern die Mieten für Vereine und Initiativen steigen könnten, konnte die Stadtspitze allerdings noch nicht sagen. „Wir werden sehr genau darauf achten, dass sich die Vereine das noch leisten können“, sagte Ebling, so würden sicher die derzeit sehr hohen Nebenkosten durch Sanierung und Neubau sinken. Wir bauen es ja hauptsächlich für die kleinen Vereine“, fügte er hinzu.

Info& auf Mainz&: Die Mainzer Bürgerhäuser haben eine eigene Homepage: die der Bürgerhäuser-Gesellschaft. Hier gibt es Informationen über die Neubauten und Sanierung von Finthen, Hechtsheim und Lerchenberg, die Sanierung der beiden anderen Häuser wird hier allerdings nicht dargestellt, weil sie in die Zuständigkeit des Bauderzenats fällt. Einen Link zu allen Plänen können wir Euch deshalb leider nicht anbieten. Mehr zu Sanierung und Neubau der Mainzer Bürgerhäuser findet Ihr aber in diesem Mainz&-Artikel.

 

 

 

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