Die irische Billigfluglinie Ryanair bricht weiter in erheblichem Maße das Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen. Von 15 verspäteten Landungen nach 23.00 Uhr am Frankfurter Flughafen in den ersten acht Tagen des Januars gingen 12 auf das Konto von Ryanair. Das bestätigte ein Sprecher des Hessischen Wirtschaftsministeriums Mainz& auf Anfrage. Dabei hatte das Ministerium die Fluglinie Anfang Dezember zum Rapport bestellt, weil Ryanair seit Monaten einen erheblichen Anteil an den verspäteten Landungen in Frankfurt hat. Laut Nachtflugverbot dürfen planmäßig keine Starts oder Landungen nach 23.00 Uhr und bis 5.00 Uhr morgens erfolgen. Das Ministerium will Ryanair nun weiter auf die Finger schauen. UPDATE: Am Freitag erreichte uns dazu eine Reaktion von Ryanair: Man wolle künftig „die Flüge mit noch mehr Abstand zu dem Nachtflugverbot planen, um die Auswirkungen von solchen Verspätungen zukünftig zu minimieren“, sagte der Leiter der Unternehmenskommunikation, Robin Kiely Mainz&.

Die Fluglinie Ryanair produziert auch im neuen Jahr zahlreiche verspätete Landungen nach 23.00 Uhr am Frankfurter Flughafen. – Foto: gik

Ryanair bietet seit März 2017 Flüge vom Frankfurter Flughafen an, im Dezember bilanzierte die Fluglärmkommission, die Verletzung der Nachtruhe habe 2017 erheblich zugenommen: Im Schnitt seien es nun zwei verspätete Landungen pro Nacht. Ein erheblicher Anteil davon geht auf das Konto von Ryanair: Allein im September 2017 sorgten die Iren für 38 der insgesamt 105 Verspätungen. Kritiker argwöhnten daraufhin, das sei System, Ryanair nehme das Nachtflugverbot nicht ernst. In Frankfurt dürfen nach 23.00 Uhr nur Flüge in Ausnahmefällen und nur bis Mitternacht landen, Ausnahmen sind nur bei Gründen erlaubt, die die Fluglinie nicht zu verantworten hat. Dazu gehören etwa Unwetter oder auch nicht planbare Streiks sowie Flugsicherheitsprobleme.

Der Trend setzte sich auch in den Folgemonaten fort, das Wirtschaftsministerium reagierte deshalb und bestellte die Iren Anfang Dezember zum Gespräch. Ryanair kündigte dabei Änderungen im Flugplan an, besonders verspätungsintensive Flüge sollten deutlich nach vorne gelegt werden. Geholfen hat das aber offenbar noch nicht, wie die Zahlen aus dem Januar zeigen. „Ich bin davon überzeugt, dass das Reißen der 23-Uhr-Grenze bei Ryanair System hat“, sagte nun der hessische SPD-Flughafenexperte Marius Weiß. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) reagiere weitgehend hilflos.

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Ryanair schere sich „nachweislich nicht“ um Spielregeln und Anwohner und nutze die gesetzlichen Spielräume „gnadenlos aus“, das Ministerium lasse sich „auf der Nase herum tanzen“, schimpfte auch die hessische Linken-Chefin Janine Wissler am Dienstag. Die Stadt Frankfurt müsse diese Praxiserfahrungen in das laufende Baugenehmigungsverfahren für den neuen Billigfliegerflugsteig G am Terminal 3 in Frankfurt einfließen lassen und das Verfahren gegebenenfalls stoppen. „Noch kann das ganz große Geschäft mit Billigfliegern verhindert werden“, sagte Wissler.

Der geplante Flugsteig G am Terminal 3 des Frankfurter Flughafens. – Grafik: Fraport

Kritiker, darunter auch die Stadt Mainz, halten den Bau des Billigflieger-Steigs am Terminal 3 für nicht vereinbar mit dem Ausbaubeschluss für den Flughafen. Auch die rheinland-pfälzischen Grünen glauben, dass der Strategiewechsel des Flughafenbetreibers Fraport hin zu den Billigfliegern gegen den Planfeststellungsbeschluss verstößt. Das hessische Wirtschaftsministerium teilte allerdings kurz vor Weihnachten in einer Stellungnahme der Stadt Frankfurt mit: Der Bau des geplanten Flugsteigs G am Terminal 3 sei mit dem Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens vereinbar.

Wirtschaftsminister Al-Wazir betonte dabei ausdrücklich, das Ministerium habe nur zu prüfen gehabt, ob das Bauvorhaben mit dem Plan vereinbar sei, rechtlich bindend sei das für die Stadt Frankfurt als Genehmigungsbehörde nicht. Die Einschätzung des Ministeriums beruht auf dem Gutachten einer externen Fachanwaltskanzlei, demnach nutze der Bauantrag der Fraport die Möglichkeiten der Ausbaugenehmigung aus. Das Betriebskonzept der Fraport, so die Gutachter, sei aber „nicht Teil des Planfeststellungsbeschlusses und damit auch nicht rechtlich verbindlich“, heißt es im Gutachten wörtlich. Änderungen des Betriebskonzepts seien deshalb ohne Änderung des Planfeststellungsbeschlusses zulässig, „solange sich hieraus keine Änderungen der baulichen Maßnahmen oder Folgerungen für die rechtliche Beurteilung des Planvorhabens ergeben“, heißt es in dem Gutachten aber gleich danach auch.

Ob der Billigflieger-Flugsteig G eine solche „Änderung der baulichen Maßnahme“ ist, dürfte noch heftig diskutiert werden. Die Gutachter sahen das jedenfalls nicht so: Der Flugsteig G sei Teil der bereits genehmigten Baumaßnahmen des Terminals 3, das Bauvorhaben entspreche den bauplanungsrechtlichen Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses. Der sehe Flächen für Passagiere und Gepäck vor, eine andere Art der Verkehre –  ob Billigflieger oder andere – gebe es aber nicht. Die Zweckbindung des Terminals 3 sei auch nicht auf Umsteigepassagiere beschränkt, eine Nutzung für Low Cost-Passagiere deshalb nicht ausgeschlossen, schreiben die Gutachter weiter – der Experte der Stadt Mainz sah das allerdings anders.

Das neue Terminal 3 am Frankfurter Flughafen soll die Kapazität für Gepäck und Passagiere erhöhen – und ist bereits genehmigt. – Grafik: Fraport

Das Hessische Wirtschaftsministerium zog aus dem Gutachten den Schluss, zuständig für das Bauvorhaben sei allein die Stadt Frankfurt, das Land habe keine Möglichkeit, dem Bauvorhaben entgegen zu treten. Al-Wazir betonte zugleich, die Stadt Frankfurt könne das anders sehen: „Sie kann natürlich – nach eigener Beurteilung – zu einer gegenläufigen Einschätzung kommen.“ Die Stadt könne „unter Einbeziehung sämtlicher weiterer relevanter Aspekte, wie beispielsweise dem Brandschutz, eine eigene Entscheidung treffen.“

Das Ministerium kündigte derweil an, Ryanair kritisch auf die Finger schauen zu wollen: „Wir haben ein sehr enges Kontrollsystem eingeführt“, sagte ein Ministeriumssprecher Mainz&. Bei jeder Verspätung fahre die Luftaufsicht hin und befrage den Piloten. Allerdings gäben die immer andere Gründe an, deshalb habe sich das Ministerium nun die Flugpläne von Ryanair kommen lassen. „Wir werten die nun aus und schauen, ob die Fluglinie die Verspätung bewusst einkalkuliert“, sagte der Sprecher weiter.

Drei Ryanair-Maschinen auf einem Rollfeld (nicht in Frankfurt). – Foto: Ryanair

Allerdings werde es schwierig, das auch gerichtsfest zu beweisen, bei einem Bußgeld in Höhe von 50.000 Euro müsse das aber sein. Immerhin seien seit dem Dezember-Gespräch „gewisse Veränderungen erkennbar“, sagte der Sprecher weiter, die Verspätungen lägen jetzt näher an 23.00 Uhr. „Es ist erkennbar, dass sich Ryanair an die Grenze heranarbeitet“, ein solches Vorgehen habe es auch schon bei anderen Airlines zu Beginn des Nachtflugverbots gegeben. Auch bei anderen Fluglinien habe es „am Anfang ein paar Monate gedauert, bis sich das eingeruckelt hat“, sagte der Sprecher weiter, „das hat am Anfang nicht von heute auf morgen geklappt.“ Heute hielten aber alle Fluglinien die 23.00 Uhr-Grenze ein, das werde auch Ryanair tun müssen.

UPDATE — Die irische Fluglinie schickte uns dazu am Freitag eine Stellungnahme: „Wir können bestätigen, dass alle Flüge im Januar 2018 planmäßig vor dem Nachtflugverbot landen sollten“, sagte der Leiter der Unternehmenskommunikation, Robin Kiely Mainz&. Das Nachtflugverbot werde für alle Ryanair-Flüge nach bei der Planung berücksichtigt. „Die Flüge werden mit zusätzlicher Pufferzeit geplant, um späte Landungen zu vermeiden“, betonte Kiely. Ryanair habe bereits „mehrere mögliche Änderungen“ im Flugplan vorgenommen und werde weiterhin den aktuellen Flugplan sowie den kommenden Flugplan für Sommer 2018 verbessern.

„Wir werden die Flüge mit noch mehr Abstand zu dem Nachtflugverbot planen, um die Auswirkungen von solchen Verspätungen zukünftig zu minimieren“, betonte Kiely. Allerdings sei im Januar die Mehrheit der verspätet gelandeten Flüge weniger als 15 Minuten zu spät gewesen, „manche sogar nur eine Minute später“, sagte der Unternehmenssprecher weiter. Grund seien vor allem wetterbedingte Verspätungen in Großbritannien gewesen oder „Verspätungen, die auf die Flugsicherheit in Spanien zurückzuführen sind, die somit außerhalb der Kontrolle von Ryanair liegen“, sagte Kiely, und fügte hinzu: „Wir arbeiten weiterhin eng mit den Flughafenbehörden zusammen, um sicherzustellen, dass die weiteren zehn in Frankfurt stationierten Flugzeuge nach den vorherrschenden branchenführenden Pünktlichkeitsstandards von Ryanair betrieben werden.“

Info& auf Mainz&: Das komplette Gutachten in Sachen Billigflieger-Steig für das Hessische Verkehrsministerium könnt Ihr Euch hier im Internet herunterladen. Mehr zum Thema Ryanair und Verspätungen findet Ihr natürlich auf Mainz& – einfach mal in die Suchmaske das Stichwort Ryanair eingeben.

 

 

 

 

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