Bei der Schiersteiner Brücke bauen sie nicht mehr – sie verschieben schon. Ganze Brückenteile nämlich, am Montag wurde ein 130 Meter langes, fertiges Stück der neuen Rheinbrücke von Wiesbaden aus langsam über den Rhein hinaus geschoben. Das war echte Zentimeterarbeit, aber alles ging gut. Schon am späten Nachmittag meldete die zuständige Hessen Mobil: 90 Meter geschafft, Mission erfolgreich! Nun folgen weitere Brückenteile – im November sogar eine spektakuläre Einschwimmung des Mittelteils.

Schiersteiner - Brückenteil wird verschoben
Wird eine Brücke verschoben… – Foto: gik

Damit kommt der Bau der neuen Schiersteiner Rheinbrücke voran – zumindest auf hessischer Seite. „Unsere Baustelle läuft nach Plan“, betonte am Montag Andreas Moritz, Bereichsleiter Süd von Hessen Mobil, dem hessischen Landesbetrieb Mobilität. Nicht nach Plan lief ja bekanntlich der Bauunfall auf Mainzer Seite, als im Februar bei Gründungsarbeiten einer der Brückenpfeiler an der Auffahrt Mombach wegrutschte, die Brücke absackte und die Schiersteiner wochenlang gesperrt war.

Inzwischen ist die Brücke wenigstens wieder für Pkw geöffnet, um Ende des Jahres auch wieder Brummis drüber rollen zu lassen, wird derzeit ein Pfeilerwald gegründet und gebaut, der dann die Last der alten Brücke tragen soll. Doch auch das wird nur ein Provisorium sein: Auf Mainzer Seite ist weiter außer dem Verbindungsstück zwischen neuer Rheinbrücke und alter Vorlandbrücke nichts auf den Weg gebracht.

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Schiersteiner verschieben - Putzen an den Stahlschienen
Putzen der Schienen für fehlerloses Gleiten – Foto: gik

In Hessen hingegen wird fleißig gewerkelt: drei Brückenteile sind bereits so gut wie fertig, es sind die Teile zwischen der Rheininsel Rettbergsaue und Wiesbaden-Schierstein. Und dort gingen sie am Montag eine besonders spannende Etappe an: Das erste Brückenteil wurde auf Stahlschienen liegend Richtung Rhein verschoben.

90 Meter musste der Stahlkoloss, 2.600 Tonnen schwer, zurücklegen, geschafft wurde das in drei Etappen zu je 30 Meter. Dafür war das Brückenstück auf zwei provisorischen Gerüsten liegend auf Stahlschienen gehievt worden. Während der Prozedur wurden die Schienen immer wieder gewischt, als gelte es, sie auf Hochglanz zu bringen. Doch Nein: Auf die Schienen wurde ein Gleitmittel ähnlich wie Teflon aufgetragen, dazwischen immer wieder die Schiene gemessen, ob auch alles im Lot sei.

Schiersteiner verschieben - Hydraulikpressen nah
Hydraulikpressen in Aktion: Schieben! – Foto: gik

Dann traten die Hydraulikpressen in Aktion – und siehe: Der Koloss aus Stahl bewegte sich, langsam aber unaufhaltsam, Zentimeter um Zentimeter. „Es geht doch wie am Schnürchen“, freute sich Moritz, „klappt wunderbar!“ Über das Ufer hinaus wurde das Stück geschoben, um dort auf einem Brückenpfeiler zu liegen zu kommen. Spannend, spannend.

Wir haben Euch auch ein Video mitgebracht, wenn Ihr genau hinschaut, kann man sehen, wie sich die Brücke bewegt – am besten seht Ihr das am unteren Rand der Schiene. Das Video könnt Ihr aus technischen gründen leider gerade nur auf der Mainz&-Facebook-Seite ansehen.

Ende August folgt der Gegenpart von der Rettbergsaue – der Rheininsel in Flussmitte – aus, im November soll der Lückenschluss kommen: Das 120 Meter lange Mittelstück der neuen Brücke wird dann per Schiffspontons vom Rheinufer aus in die Strommitte gefahren und dort schwimmend in der Mittelposition eingepasst.

Schiersteiner verschieben - Brückenteil nähert sich Pfeiler
Da muss das Teil hin: auf den Rheinpfeiler – Foto: gik

Fertig gebaut sind die Brückenteile schon, derzeit wird noch umfangreicher Korrosionsschutz aufgetragen. „Wir wollen ja die Brücke nicht in 50 Jahren wieder abreißen“, sagt Moritz. 50 Jahre, so lange etwa hielt die alte Schiersteiner Brücke, die in den 1960er Jahren erbaut wurde. Heutige Brücken hätten eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahre, beruhigt Moritz. Auch die früheren Schwächen an den Schweißnähten seien ausgeräumt.

Zwei der alten Brückenpfeiler im Rhein sind dagegen noch so gut in Schuss, „die können wir weiter verwenden“, sagt Moritz. Gebaut wurden sie einst in der sogenannten Caisson-Technik: Von Menschenhand wurden Stein und Flussboden ausgeschachtet, die Arbeiter arbeiteten im Inneren eines abgedichteten Käfigs – echte Knochenarbeit. Die modernen Pfeiler wurden natürlich mit modernster Technik in den Boden getrieben und werden optisch an die alten Pfeiler mit ihrer Backstein-Optik angeglichen.

Dem Bereichschef in Hessen stehen noch weitere aufregende Monate bevor: Ist das Brückenstück von Schierstein bis zur Rettbergsaue in der Rheinmitte fertig, beginnt dasselbe noch einmal von vorn – für das Brückenstück zwischen der Rheininsel und dem Mainzer Ufer.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Neubau der Schiersteiner Brücke findet Ihr auf dieser Internetseite.

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