Am 1. November gedenken Katholiken auf den Friedhöfen ihrer Verstorbenen, in Mainz wird der Feiertag traditionell zum Tag des Friedhofs: Zum 13. Mal laden die Wirtschaftsbetriebe Mainz dazu ein, den Mainzer Hauptfriedhof zu erkunden – und zwar aus historischer Sicht. Der Verein „Geographie für Alle“ stellt nämlich zum 13. Mal Gräber von prominenten Verstorbenen bei Rundgängen über den Hauptfriedhof vor, Schauspieler berichten an den Gräbern aus dem Leben der Verstorbenen. Das Angebot hat sich längst zum Publikumsmagneten entwickelt: Mehr als 800 Teilnehmer werden mittlerweile zu den insgesamt 14 Führungen erwartet. Die Nacht davor gehört inzwischen ja auch bei uns dem Halloween-Brauch: Auch All Hallow’s Eve, der Abend vor Allerheiligen ist übrigens traditionell dem Gedenken der Toten gewidmet.

Masken, Hexenhüte, Kürbislaternen und Süßigkeiten erschnorren mit „Trick or Treat“ – so wird heute Halloween gefeiert.

Für unsere Vorfahren muss diese Zeit an der Wende zum Winter eine magische gewesen sein: In praktisch allen europäischen Kulturen gibt es genau jetzt Gedenkfeste zu Ehren der Verstorbenen. Wenn sich die Zeit zum Winter wendet, sind die Schleier zwischen den Welten dünn, so glaubten unsere Vorfahren und auch heute noch manch Naturanhänger, dann wandern die Seelen der Verstorbenen noch einmal in unserer Welt. Auch im christlichen Glauben ist das geblieben: Die Katholiken begehen am 31. Oktober Allerseelen und am 1. November Allerheiligen, dann werden Geschenke auf die Gräber gelegt – so, wie einst an Halloween, dem Abend vor dem Seelenfest, die Kelten den Verstorbenen Essen vor die Tür stellten, um die zu ehren.

Samhain hieß bei den Kelten die Nacht am Wendepunkt zum Winter, die Kürbislaterne stammt aus der irischen Legende des Jack o’Lantern und wurde angezündet, um den Toten den Weg zu weisen. Dass die Geister der Unterwelt in den seltsamsten Gestalten zurückkehren, daran erinnern heute die Skelette und Geister, Hexen und Gruselfiguren an Halloween, das natürlich heute stark durch Hollywood-Filme geprägt ist. Die schaurigen Masken waren einst übrigens das Zeichen dafür, dass die Finsternis eben keine Macht über uns hat. Es sind uralte keltische Bräuche, die einst mit Einwanderern aus Irland in die USA gebracht wurden und nun mit dem amerikanischen Halloween nach Europa zurückkehren.

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Grab des französischen Präfekten Jeanbon St. André, dem Gründer des Mainzer Hauptfriedhofs. Foto: Wirtschaftsbetriebe Mainz

Verstorbener Mainzer Persönlichkeiten gedenken denn auch die Führungen von „Geographie für Alle“, und das geht auf dem Mainzer Hauptfriedhof bekanntlich besonders gut: Hier liegen Prominente wie der frühere Mainzer OB Jockel Fuchs, aber auch Eduard David, der erste Präsident der Weimarer Nationalversammlung von 1919, Adam Henkell, Gründer der Sektkellerei Henkell (+1866) oder der Luftfahrtpionier Paul Haenlein. Wissenschaftler wie der Erfinder der Trockenbatterie Carl Gassner (+1942) sind hier ebenso begraben wie der Chemiker Fritz Strassmann (1980), der zu den Entdeckern der Kernspaltung zählt. Auch die Schriftstellerin Kathinka Zitz-Halein (+1877) ist hier begraben, ebenso der „Dichterkomponist“ Peter Cornelius.

Gegründet wurde der Mainzer Hauptfriedhof übrigens 1803 von dem französischen Präfekten Jeanbon de St. André, der natürlich ebenfalls hier begraben ist. St. André löste damit das Problem, dass die aufgelösten Kirchen und Klöster als Begräbnisorte nicht länger zur Verfügung standen, die Kirchhöfe in der Stadt ohnehin längst aus allen Nähten platzten – die Gründung eines staatlichen Friedhofs war damals in Deutschland noch eine revolutionäre Neuerung. Das Zahlbachtal wiederum war eine logische Wahl: Schon die Römer begruben hier ihre Legionäre, der Legende nach starb hier auch um das Jahr 451 der erste Mainzer Bischof, der heilige Aureus, den Märtyrertod. Das Zaybachtal war von alters her das „Heilige Tal“ der Mainzer, auch der neue jüdische Friedhof liegt hier, angrenzend an den Hauptfriedhof.

Das Tor zur Mainzer Unterwelt sozusagen: das Aureustor am Mainzer Hauptfriedhof. Foto: Wirtschaftsbetriebe Mainz

In diesem Jahr stellt „Geographie für Alle“ in den Rundgängen unter anderem die Ehefrau eines Dombaumeisters vor, einen Bürgermeister mit marxistischem Hintergrund und einen promovierten Volksschullehrer mit Ambitionen bei Rundfunk und Fernsehen. Die Texte zu den Verstorbenen wurden von Wolfgang Stumme recherchiert, der Autor zweier Bücher zum Mainzer Hauptfriedhof ist. Die jährlichen Führungen sind so beliebt, dass sich viele Mainzer keine einzige der Führungen entgehen lassen.

Wer am 1. November nicht kann oder nicht möchte, der kann auch alleine über den Hauptfriedhof zu den Gräbern Mainzer Persönlichkeiten wandern: Mit der Friedhofs-App „Wo sie ruhen“ führt ein Guide auf dem Smartphone zu besonderen Grabmälern – und das bundesweit. 37 Friedhöfe sind mittlerweile in der App enthalten, der Mainzer Hauptfriedhof ist mit 25 Persönlichkeiten vertreten. Zu jedem Grab gibt es Fotos sowie ausführliche Texte zu dem Leben der jeweiligen Persönlichkeit, auch sagt die App, wo genau das Grab liegt. Die Smartphone-App „Wo sie ruhen“ gibt es im jeweiligen App-Store kostenlos.

Info& auf Mainz&: Tag des Friedhofs am 1. November auf dem Mainzer Hauptfriedhof mit Führungen des Vereins „Geographie für Alle“ zu Gräbern Mainzer Persönlichkeiten. Die Führungen beginnen zwischen 10.00 Uhr und 11.30 Uhr Uhr sowie zwischen 13.30 Uhr und 15.00 Uhr jeweils alle 15 Minuten. Jede Führung dauert etwa eine Stunde. Treffpunkt ist der Haupteingang des Hauptfriedhofs an der unteren Zahlbacher Straße. Die Teilnahme ist gebührenfrei, eine Anmeldung nicht erforderlich.

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