Am 21. November wurde die CDU-Politikerin Manuela Matz völlig überraschend zur Wirtschaftsdezernentin von Mainz gewählt, am 10. Dezember trat sie ihr Amt an. „Ich war total geflasht“, sagte Matz im Gespräch mit Mainz& vor einigen Tagen, „es war überwältigend.“ Die Situation sei „für viele überraschend gekommen“, auch in ihrem Amt – doch was Matz an ihrem ersten Arbeitstag im Wirtschaftsdezernat vorfand, war mehr als überraschend: „Ich bin hergekommen, und hatte ein leeres Büro“, berichtet Matz gegenüber Mainz&: „Die Schränke waren leer, die Akten weg, das Dezernatslaufwerk gelöscht.“ Akten und Unterlagen über laufende Projekte und Vorgänge sowie Kontaktdaten und Visitenkarten waren verschwunden.

Die neue Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) in ihrem Büro im Mainzer Rathaus. Am 10. Dezember entdeckte sie: die Schränke hinter ihr waren komplett leer. – Foto: gik

Der Vorgang ist beispiellos, in der Regel erfolgen bei Dezernentenwechseln längerdauernde Übergaben – Sozialdezernent Kurt Merkator (SPD) etwa arbeitete seinen Nachfolger Eckart Lensch (SPD) gleich über mehrere Wochen ein. Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) hatte eigentlich am 21. November in seinem Amt bestätigt werden sollen, zwei Tage zuvor gab der FDP-Mann völlig überraschend bekannt, nicht wieder anzutreten, sondern stattdessen einen Job in der Finanzbranche in Frankfurt antreten zu wollen. Die Konsequenz: Weil Matz die einzig verbliebene seriöse Kandidatin für den Posten war, wurde die CDU-Kandidatin im Stadtrat zur neuen Mainzer Wirtschaftsdezernentin gewählt – mitten hinein in eine Ampel-Koalition.

Und dort ergriff man offenbar direkt Gegenmaßnahmen: Zwei Tage nach der Wahl habe der Aufsichtsrat der ZBM, der Zentralen Beteiligungsgesellschaft der Stadt Mainz, überraschend den Wohnbau-Geschäftsführer Franz Ringhoffer als dritten Geschäftsführer nominiert, als Nachfolger Sittes, berichtet Matz weiter. Der Posten hätte eigentlich ihr zugestanden, betont die neue Dezernentin, die ZBM ist die zentrale Steuerungsgesellschaft für die Bereiche Stadtmarketing und Stadtentwicklung, für die Mainzer Stadtwerke sowie für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen.

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Das Geschäftsführeramt der ZBM sei „natürlich eine Schlüsselstellung“, sagt Matz, dass sie von diesem Posten ferngehalten wurde, „ein Einschnitt in Hinblick auf die Steuerung als Wirtschaftsdezernentin der stadtnahen Gesellschaften.“ Denn eigentlich, sagt Matz, „macht es Sinn, dass ein Dezernent in diesen Bereichen verortet ist, die Wirtschaftsdezernentin gehört in die Geschäftsführung der ZBM hinein.“

Manuela Matz im Mainzer Stadtrat unmittelbar nach ihrer Wahl zur neuen Mainzer Wirtschaftsdezernentin, zusammen mit CDU-Chefin Sabine Flegel. – Foto: gik

Matz informierte ihrer Darstellung nach von den Vorgängen umgehend Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). „Er muss sich eingeschaltet haben“, sagt Matz im Gespräch mit Mainz& – es habe „Pläne gegeben“, ihre Beteiligung „auch in anderen Bereichen zu ändern.“ Man habe offenbar ihre Beteiligung als CDU-Politikerin verhindern wollen, „man wollte die Ampel abbilden“, sagt Matz. Auch von den leeren Schränken und gelöschten Dateien im Dezernat unterrichtete Matz Ebling. Dieser habe das Revisionsamt eingeschaltet, und dabei sei festgestellt worden, „dass das zum Teil passierte, als Sitte noch im Hause war“, sagt Matz.

Am Mittwoch fordert die CDU nun Aufklärung im Mainzer Stadtrat: Man wolle wissen, wie die Stadtverwaltung den Sachverhalt beurteile und „ob es so etwas schon einmal in der langen Geschichte der Stadt Mainz gab“, sagte CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig. Die CDU wolle wissen, wie das Ergebnis der Revisionsprüfung ausgefallen sei, wer an der Vernichtung der Unterlagen im Wirtschaftsdezernat konkret beteiligt gewesen sei, und wer die Weisung dazu erteilt habe. Auch fragt die Opposition nach strafrechtlichen Konsequenzen und will wissen, ob die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde – und welche Maßnahmen ergriffen würden, damit sich so ein Vorgang nicht wiederholen könne.

Das Laufwerk des Dezernats habe zwar schließlich wiederhergestellt werden können, aber nur mit großem Aufwand, sagte Schönig weiter. Die CDU will nun wissen, welche Kosten dadurch entstanden – und ob es die Möglichkeit gibt, die Verursacher in Regress zu nehmen. Damit könnte die Affäre für den früheren Dezernenten Sitte noch Folgen haben. Der FDP-Politiker arbeitet seit diesem Jahr für die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) in Frankfurt. Das bestätigte er der „Allgemeinen Zeitung“.

Info& auf Mainz&: Mehr zum überraschenden Abgang Sittes und den Vorgängen rund um die Wahl von Matz lest Ihr hier bei Mainz& und ausführlich in dieser Analyse. Anmerkung&: In einer ersten Fassung hatten wir versehentlich Stadtwerke-Chef Daniel Gahr als Nachfolger Sittes in der Geschäftsführung der ZBM tituliert, das war natürlich falsch und beruhte auf einer falschen Angabe unserer Interviewpartner. Wir haben das umgehend korrigiert.

 

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