Weihnachten und Silvester sind Genusszeit, und damit auch traditionell Sektzeit: Niemand auf der Welt trinkt so gerne und so viel Sekt wie die Deutschen. Aus der französischen Champagne lernten die deutschen Winzer den Umgang mit dem Schaumwein, heute machen deutsche Winzer längst Kreationen, die es mit den französischen Produkten locker aufnehmen können. Die Spezialität der Deutschen heißt dabei: Winzersekt. Im Gegensatz zu den Champagner-Cuvees sind das meist Sekte, die aus einer Rebsorte hergestellt werden und so die Eigenart dieser Sorte wunderbar widerspiegeln. Auf herausragende Weise tut das der Chardonnay brut 2016 der rheinhessischen Jungwinzerin Anika Hattemer-Müller – und das sagen nicht wir: Der Chardonnay Sekt wurde jüngst vom Deutschen Weininstitut zu einem der besten Sekte des Jahres gekürt.

Anika Hattemer-Müller (2. von rechts) freut sich über den Preis Bester Burgunder-Sekt für ihren Chardonnay brut. Rechts DWI-Chefin Monika Reule, ganz links die Deutsche Weinkönigin Carolin Klöckner. Der Mann auf dem Foto ist Anikas Ehemann Johannes Müller. – Foto: gik

„Sekt ist manchmal einfach zu schade als Aperitif“, sagt Anika Hattemer-Müller, und die Jungwinzerin weiß, wovon sie redet: Während andere Kollegen für Barriqueweine brennen, eigene Cuvees kreieren oder neue Weine für junge Konsumenten kreieren, setzt Hattemer ganz auf Sekt. 2015 gründete die Winzerstochter vom Weingut Nikolaushof in Gau-Algesheim ihre eigene Sektlinie, nun gehört ihr Chardonnay brut 2016 zu den besten Sekten der Republik: Eine Expertenjury kürte den Chardonnay beim Wettbewerb „Bester Winzersekt“ des Deutschen Weininstitut (DWI) zum besten Burgunder-Sekt.

Die Deutschen sind Weltmeister im Sekttrinken, 289 Millionen Liter wurden zuletzt in Deutschland konsumiert, das war Rekord. 3,5 Liter oder knapp fünf Sektflaschen trinkt jeder Deutsche pro Kopf pro Jahr, und da sind auch Babies eingerechnet. Und die Deutschen haben eine lange Tradition: führende Sektmarken wie Kupferberg, Henkel oder Rotkäppchen wurden in Deutschland erfunden, dazu „erfanden“ rheinhessische Winzer in den 1980er Jahren den deutschen Winzersekt.

- Werbung -
Werben auf Mainz&
Anika Hattemer-Müller hatte in diesem Jahr noch mehr Grund zur Freude: Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft kürte sie zur zweitbesten Jungwinzerin des Jahres 2018. – Foto: DLG

Nach dem Vorbild des französischen Champagners werden seither in deutschen Weinanbaugebieten hochklassige Sekte hergestellt. Ein Winzersekt muss zu 100 Prozent aus eigenen Trauben produziert werden und reift in traditioneller Flaschengärung mindestens neun Monate auf der Hefe. Neun Millionen Liter werden so jedes Jahr zur Qualitätsprüfung angestellt, 44 Prozent davon werden „brut“ ausgebaut, so eine Auswertung des DWI. 35 Prozent kommen in der Geschmacksrichtung „trocken“ daher, was beim Sekt eine eher halbtrockene Geschmacksrichtung bedeutet.

„Die höchste Form der Weinveredelung ist die Versektung“, sagt auch Winzer Horst Stengel von der Württemberger Sektkellerei Stengel, der mit seinem Rieslingsekt brut und mit einem 2016er Muskateller-Sekt trocken gleich zwei Preise beim DWI-Wettbewerb mit nach Hause nahm. Dom Perignon, die berühmte französische Champagnermarke, ist sein Vorbild, 19 verschiedene Sekte kreiert er selbst. Im Gegensatz zu zum Champagner, der aus einem Cuvee von Spätburgunder, Müllerrebe und Chardonnay besteht, bauen deutsche Winzer ihre Sekte aber vorwiegend Rebsortenrein aus.

Die Winzergenossenschaft in Sprendlingen ist die Heimat des Winzersektes. – Foto: gik

Auch Anika Hattemer setzt auf die Eleganz der Rebsortensekte, neben ihrem Chardonnay hat sie einen Rieslingsekt brut, einen Pinot Blanc brut und einen Pinot Blanc brut nature im Programm. „Ich will zeigen, was Sekt auch mit Fülle und Struktur vom Terroir zeigen kann“, sagt die 26-Jährige Geisenheim-Absolventin. Champagner seien „oft sehr fett“, machten sozusagen „satt“ bei Trinken, sagt Hattemer, „ich will die Eleganz und Frische der Rebsorte behalten.“

10.000 Flaschen Sekt füllt sie bereits pro Jahr ab, die Herstellung gehe noch einmal „einen ganzen Schritt weiter als Wein“, beschreibt sie ihre Faszination mit dem Winzersekt. Es sei spannend, die Veränderung des Produktes während der Reifezeit auf der Hefe zu beobachten, zumal sie dabei nicht mehr eingreifen kann: „Ich habe richtig Nervenkitzel, ich muss die Geduld haben, bis er fertig ist.“ Zwischen 12 und 16 Euro kosten ihre Sekte, für einen gute Champagner muss man mehr als das Doppelte hinlegen.

Deutscher Winzersekt habe die prickelnde Note der Kohlensäure, aber zugleich die Fülle und Struktur der Rebsorte, kombiniert mit Frische im Abgang, sagt Hattemer: „Das macht für mich den Reiz aus.“ Und man könne Sekt durchaus auch den ganzen Abend lang zu einem kompletten Menu genießen, betont sie: „Dafür will ich auch ein Stück weit werben.“ Das sieht man auch beim DWI so: „Wir merken, dass das Interesse an Sekt steigt, insbesondere auch im Ausland“, sagt DWI-Geschäftsführerin Monika Reule. Die Weinwerbung will deshalb 2019 den Winzersekt in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten stellen und sich mit dem Schwerpunktthema Winzersekt auch 20189 auf der ProWein in Düsseldorf präsentieren.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Winzersekt findet Ihr natürlich hier auf Mainz& – etwa unser Artikel über die Sekmanufaktur Flik oder unsere Reportage über den König der deutschen Champagner-Kreationen, Volker Raumland. Wie die rheinhessischen Winzer den Champagner nach Deutschland machten und hier den Winzersekt erfanden – das lest Ihr hier bei Mainz&. Anika Hattemer-Müller wurde in diesem Jahr übrigens auch noch Vize-Jungwinzer der DLG-Gesellschaft – mehr dazu lest Ihr hier.

 

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein