Kahlschlag auf der Mainzer Zitadelle: 144 Bäume auf dem Festungsareal oberhalb der Mainzer Altstadt sind krank und müssen deshalb in den kommenden Wochen gefällt werden. Es handelt sich dabei um Bäume der Art Spitzahorn, eine in Deutschland durchaus einheimische Sorte. Die Ahornbäume sind von der Rußrindenkrankheit befallen, einem Schimmelpilz, der die Bäume binnen kürzester Zeit abtötet. „Wir müssen nicht mehr nach Australien gucken, der Klimawandel ist auch bei uns angekommen“, sagte Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) am Freitag in Mainz: Ursache für den Tod der Bäume seien die vergangenen beiden, extrem trockenen Sommer.

Sonja Gärtner zeigt auf abgestorbene Ahornbäume auf der Mainzer Zitadelle. - Foto: gik
Sonja Gärtner zeigt auf abgestorbene Ahornbäume auf der Mainzer Zitadelle. – Foto: gik

Auf der Mainzer Zitadelle zeigen sich offenbar die ersten Auswirkungen der extrem heißen und vor allem trockenen Sommer 2018 und 2019: 144 Bäume der Sorte Spitzahorn sind von einem Schädlingspilz befallen und müssen aus Sicherheitsgründen gefällt werden. „Die Rußrindenkrankheit ist seit Längerem bei uns bekannt“, sagte Alexander Schubert, Leiter der Abteilung Baumpflege in Mainz. Die Baumkrankheit stamme aus Nordamerika und sei nach dem Zweiten Weltkrieg über England nach Europa gekommen. Nach dem extrem heißen Sommer 2003 sei sie auch in Deutschland erstmals aufgetreten. „Durch die letzten beiden extrem heißen Sommer hat sich der Pilz bei uns breit gemacht“, sagte Schubert.

Der Rindenpilz befalle nur Ahörner, der Schimmelpilz gelte als Parasit, der unter die Rinde in den Baum eindringe, sagte Andreas Steiger, zuständig für die Pflege der Straßenbäume in Mainz. Der Pilz könne dann in de Baum eindringen, wenn der Baum nicht genügend Abwehrkräfte besitze: „Er dringt unter der Rinde ein, kappt die Wasserversorgung und sorgt dafür, dass der Baum vertrocknet“, erklärte Steiger. Typische äußere Merkmale seien abfallende Rinde und schwarze Flecken auf den Bäumen. Nach den beiden extrem trockenen Sommern habe der Pilz leichtes Spiel gehabt. Betroffen sind den Angaben zufolge vor allem viele junge Bäume, das könnte darauf hinweisen, dass ältere Bäume mit ihren längeren Wurzeln noch eher Zugang zu Wasser haben.

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Betroffen ist nun die gesamte Wallanlage auf der Mainzer Zitadelle rund um den altrömischen Drususstein, nicht aber die Bäume rund um die große Festivalwiese – dort stehen vorwiegend Platanen und Kastanien. „Die Böschung dort wird fast komplett fallen“, sagte Sonja Gärtner vom Mainzer Umweltamt, und zeigte auf den Bereich unterhalb des kleinen Platzes auf der Festungsmauer, wo sich beim Open Ohr-Festival die Bühne „Auf der Mauer“ befindet. Der betroffene Bereich reiche bis vor zu, Ausblick auf die Stadt von der Festungsmauer aus. Die betroffenen Bäume sind derzeit mit einem orangefarbenen Punkt gekennzeichnet sie sollen nun zeitnah, wohl noch im Februar, gefällt werden, sagte Eder: „Es wird eine ganze Reihe belaubtes Grün wegfallen.“

Kranke Ahornbäume auf der Mainzer Zitadelle. - Foto: gik
Kranke Ahornbäume auf der Mainzer Zitadelle. – Foto: gik

Erkannt habe man das Ausmaß bei der Stadt an diesem Dienstag, am Mittwoch sei sie persönlich informiert worden, sagte Eder weiter. „Der Pilz ist unheimlich schnell, er kann innerhalb eines Jahres einen Baum abtöten“, erklärte Gärtner, das sei hier offenbar geschehen. Die Experten stehen dennoch vor einem kleinen Rätsel: „Bisher galt der Spitzahorn als ausgesprochen trockenheitsresistenter Baum“, sagte Gärtner. Dass nun ausgerechnet dieser Baum so massive Schäden aufweise, sei erschreckend. „Wir müssen völlig neu überlegen, welche Bäume dann in Zukunft noch als trockenresistent gelten“, sagte Gärtner.

Für das Biotop Zitadelle bedeute der Verlust von 144 Bäumen einen erheblichen Kahlschlag: „Das ist ein erheblicher Einschnitt für das Gebiet“ und seine Ökologie, sagte Gärtner. Der Spitzahorn sei „ein Paradies“ für Vögel, Eichhörnchen und Insekten, die sich von den Bäumen ernährten und darin nisteten. Das gelte ganz besonders auch für Wildbienen: „Der Spitzahorn ist eine wahre Bienenweide, er produziert im Frühjahr eine besondere Menge von Pollen und Nektar“, sagte Gärtner, das ziehe unzählige Insekten an, die wiederum Fledermäuse anzögen. „Hier fällt auch ein Naherholungsgebiet“, sagte Gärtner weiter, zudem liefert die Zitadelle gerade für die Mainzer Altstadt besonders viel frische, kühle und durch die Bäume von Schadstoffen gereinigte Luft.

Diese Böschung wird einen Kahlschlag erleben, hier sind zahlreiche Ahörner krank und müssen gefällt werden. - Foto: gik
Diese Böschung wird einen Kahlschlag erleben, hier sind zahlreiche Ahörner krank und müssen gefällt werden. – Foto: gik

Die hier wachsenden Spitzahörner seien übrigens wild gewachsen und hätten sich alleine ausgesät, und seien nicht von der Stadt gepflanzt worden, sagte Gärtner weiter. Womit sie ersetzt werden, ist noch nicht völlig geklärt. „Wir haben heute noch nicht alle Antworten auf alle Fragen“, betonte Eder, die Stadt habe aber zeitnah informieren wollen, auch weil Spaziergängern auf der Zitadelle die orangenen Punkte auffielen. Nicht alle Bäume würden wohl durch neue Bäume ersetzt werden, „auch Hecken haben einen sehr hohen ökologischen Wert“, betonte Eder, die zudem erneut unterstrich, die Stadt halte an dem Bewuchs der Mauern fest.

Der Naturschutzbund in Mainz forderte denn auch die Stadt auf, die nun wegfallenden Bäume in jedem Fall zu ersetzen: „Was wir hier verlieren muss ersetzt werden, da muss man auch Ressourcen in die Hand nehmen“, betonte Christian Henkes, der sich erschüttert vom Ausmaß der Schäden zeigte. Der Vorfall zeige aber auch, „wie wichtig jeder Baum in der Stadt ist“, betonte Henkes: „Unser Appell auch an andere Ämter der Stadt ist, Stadtentwicklung vom Baum her zu denken, und jedes Bauvorhaben um den Baum herum zu planen.“ Die Stadt überlegt nun, künftig auf Hecken und Gehölze wie Schlehe, Berberitze, Weißdorn und Heckenrose zu setzen.

 

 

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