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Monatsarchive: Mai 2019

„Ein Hauch von Tal der Könige“ – Hochspannung vor Öffnung des steinernen Sarkophags in der Johanniskirche

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Fund des Sarkophags Ende 2018. - Foto: gik

Die Spannung in der Johanniskirche ist mit Händen zu greifen, „ich schlafe, ehrlich gesagt, nicht mehr“, gesteht Grabungsleiter Guido Faccani – durch Mainz weht in diesen Tagen ein Hauch von Indiana Jones. Kommenden Dienstag, den 4. Juni, steht eine der spektakulärsten Aktionen bevor, die die Archäologie in Deutschland seit Jahren erlebt hat: Die Öffnung eines 1.000 Jahre alten steinernen Sarkophags. Das Grabmal befindet sich mitten in der Mainzer Johanniskirche, der Sarg wirkt unberührt wie vor 1.000 Jahren. In ihm schlummert, so erwarten es die Forscher, der frühere Erzbischof Erkanbald – womöglich in komplettem Ornat mit Gewändern, Bischofsring und Grabbeigaben.

Ein steinerner Sarkophag aus dem 11. Jahrhundert im Mittelschiff der Johanniskirche. - Foto: gik
Im Mittelschiff der Johanniskirche, genau auf der Mittelachse, wurde der steinerne Sarkophag aus dem 11. Jahrhundert gefunden, hier wird kommenden Dienstag sein Deckel angehoben. – Foto: gik

„Das hat natürlich was von Tal der Könige, von Mumien und alten Horrorfilmen“, sagt Dekan Andreas Klodt: „Wir sind hier an einem Ort, wo wir erfahren können, wo wir herkommen.“ Es ist ein Stück Mainzer Geschichte, das sie in den vergangenen sechs Jahren in der Johanniskirche freigelegt haben, nun soll das der krönende Höhepunkt werden: Kommenden Dienstag wird der geheimnisvolle steinerne Sarkophag im Kirchenschiff von St. Johannis feierlich geöffnet, Medienrummel und Kameras inklusive.

Gefunden wurde das Grabmal eigentlich schon 2017, eine Ecke des Sarkophags sei bei Grabungsarbeiten zum Vorschein gekommen seither habe man die Stelle immer so ein bisschen umschifft, berichtete Faccani – es war klar: Hier ruht etwas ganz Besonderes. Ende 2018 entschloss man sich, den Sarg Stein für Stein und ganz vorsichtig freizulegen. Der Deckel zeige die typische Gestaltung eines Grabes aus dem 11. Jahrhundert, sagte Faccani am Mittwoch in Mainz. Der Sarkophag liege zudem genau auf der Mittelachse der Kirche nahe beim Altarraum, „ein Zeichen, dass hier ein Hochprivilegierter bestattet wurde.“

Der 1000 Jahre alte Steinsarkophag vermutlich von Erzbischof Erkanbald in der Johanniskirche in Mainz. - Foto: gik
Der 1000 Jahre alte Steinsarkophag vermutlich von Erzbischof Erkanbald in der Johanniskirche in Mainz. Ganz links sieht man übrigens den gotischen Mosaikfußboden. – Foto: gik

In dem Sarkophag vermuten die Forscher denn auch einen bislang verschollenen früheren Mainzer Erzbischof: Erkanbald war von 1011 bis zu seinem Tod im Jahr 1021 Erzbischof des wichtigen Mainzer Bistums und Erzkanzler des nördlichen Teil des Römischen Reiches. Der Spross einer bedeutenden Familie aus dem Raum Braunschweig war verwandt mit dem berühmten Abt Bernward von Hildesheim, der später sogar heilig gesprochen wurde. Erkanbald war von 997 bis 1011 Abt von Fulda, bevor er Erzbischof in Mainz wurde.

Erkanbald sei so eine Art „Missing Link“, ein Mann des Übergangs gewesen und „ein bisschen eine tragische Gestalt“, sagte Klodt: Der Nachfolge des legendären Erzbischofs Willigis erbte vor allem Baustellen. Der Dom St. Martin, von Willigis erbaut, brannte noch in der Nacht vor seiner Weihe ab, Erkanbald war vor allem mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Die Weihe des wiedererstandenen Doms 1036 erlebte er aber nicht mehr, auch als Kaiser Konrad II. 1024 in Mainz gekrönt wurde, war Erkanbald schon tot.

Grabungsleiter Guido Faccani (2. von links) erläutert den Fund des steinernen Sarkophags in der Johanniskirche. - Foto: gik
Grabungsleiter Guido Faccani (2. von links) erläutert den Fund des steinernen Sarkophags in der Johanniskirche. Ganz rechts: Pfarrer Gregor Ziorkewicz, 2. von rechts: Dekan Andreas Klodt. – Foto: gik

Es waren aber auch diese Umstände, die den Forschern die Hinweise gaben, wer in dem nun gefundenen Sarkophag liegen muss: Erkanbalds Vorgänger Willigis liege in der Kirche St. Stephan begraben, sein Nachfolger Aribo habe sich schon im neuen Dom begraben lassen, sagte Faccani – Erkanbald war der einzige Bischof, der in St. Johannis beerdigt wurde. Schriften berichteten, wie Nachfolger zu seinem Grab in der Kirche pilgerten, erzählte Faccani.

Und so könnte die Leiche des Erzbischofs denn auch den endgültigen Beweis für die einstige Bedeutung der heute so unscheinbaren Kirche in der Mainzer Innenstadt liefern. 2013 wollte die evangelische Gemeinde eigentlich nur eine Fußbodenheizung einbauen, daraus wurde eine der spannendsten archäologischen Forschungsstätten Deutschlands. Sechs Jahre lang gruben sich Archäologen durch immer neue Schichten des Kirchenfußbodens, entdeckten Fundamente aus der Merowingerzeit und römische Mauerreste, mittelalterliche Skulpturen und Boulekugeln und einen Mosaikfußboden aus der Gotik.

Der aufgerissene Fußboden der Mainzer Johanniskirche im Mai 2019. - Foto: gik
Noch immer ist der Fußboden der Mainzer Johanniskirche ein Grabungsfeld, im Hintergrund die Plattform um den Srakophag. – Foto: gik

Fest steht heute: Die Johanniskirche war einst der Alte Dom von Mainz, die große Bischofskathedrale vor dem Bau des Doms St. Martin. „Dieser Titel ist überliefert, der Name ist für diesen Ort belegt“, betonte Klodt. Wenn nun in dem Grab tatsächlich Erkanbald liege, sei das die Bestätigung der einstigen Bedeutung.

Kommenden Dienstag soll in einer spektakulären Aktion der 700 Kilogramm schwere Deckel des steinernen Sarkophags mit Hilfe eines Krans angehoben werden. „Liegt da nichts drin? Unwahrscheinlich“, sagte Faccani, der Forscher hofft auf mehr: neben der Überreste des Erzbischofs könnte der Sarg auch Schuhe, Gewänder, Bischofsring, dazu vielleicht ein Bischofsstab sowie Grabbeigaben wie Messkelche enthalten. Im besten Falle habe man dem Toten sogar ein Plättchen mit seinem Namen ins Grab gelegt, das sei früher üblich gewesen: „Wir gehen davon aus, dass wir unseren Augen nicht trauen können.“

Rekonstruktionen des frühen Bauzustands der Mainzer Johanniskirche. - Foto: gik
Rekonstruktionen des frühen Bauzustands der Mainzer Johanniskirche. – Foto: gik

Finanziert wird die Aktion übrigens mit Hilfe einer Spende von 100.000 Euro des katholischen Bistums von Mainz, der vor einem Jahr verstorbene Kardinal Karl Lehmann persönlich übergab die Spende. Am Dienstagmorgen um 8.30 Uhr soll es losgehen mit der Öffnung des Sarges, schon gegen 9.00 Uhr könne klar sein, was das steinerne Grabmal enthalte, sagte Pfarrer Gregor Ziorkewicz.

Ein Expertenteam aus Wissenschaftlern soll umgehend den Inhalt untersuchen und dokumentieren, mit dabei werden Anthropologen, Textilexperten, Röntgenologen und Restauratoren sein. Geborgen werden sollen die Funde jedoch nicht: „Wir nehmen nichts raus, es bleibt alles drin,“, betonte Faccani, „der Deckel geht am Schluss wieder drauf und Erkanbald darf weiter schlafen.“ Die Öffnung des Sarkophags erfolge einzig und allein zur Identifizierung des Toten: „Wir gehen da nicht mit Indiana Jones Haltung und Hut da rein.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Funden in St. Johannis und der Bedeutung des Alten Doms zu Mainz lest Ihr hier bei Mainz&, die Funde sind zudem ausführlich auf einer speziellen Internetseite der St. Johanniskirche dokumentiert. Eine erste Bewertung der Funde wollen die Forscher am Dienstag ab 13.00 Uhr auf einer Pressekonferenz bekannt geben. Für die Öffentlichkeit wird das Grab am Samstag, den 8. Juni 2019 von 11.00 Uhr bis 15.30 Uhr zugänglich gemacht, der Zugang erfolgt vom Ostchor der Kirche.

 

 

 

 

 

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25. Mainzer Minipressenmesse öffnet Tore – Paradies für Buchliebhaber und Kleinverlage

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Sie ist das Mekka aller Buchliebhaber, ein Hort für Kleinverlage, eine Spielwiese für Künstler des Wortes und des Buchdrucks: Vor 49 Jahren wurde in Mainz die Minipressenmesse ins Leben gerufen, am Donnerstag öffnet die besondere Buchschau ihre Tore für ihre 25. Jubiläumsausgabe. Vier Tage lang, vom 30. Mai bis zum 2. Juni, dreht sich alles in der Mainzer Rheingoldhalle und davor um Minibücher und Sondereditionen, um Spiele, Handschriften und vor allem um kleine Verlage, die Literatur jenseits des Mainstreams hochhalten. 260 Kleinverlage präsentieren sich in diesem Jahr auf der Mainzer Minipressenmesse (MMPM), darunter auch viele Gäste aus dem Ausland.

1970 wurde die die Messe für Kleinverlage in der Gutenberg-Stadt Mainz aus der Taufe gehoben, die MMPM ist damit die älteste Messe ihrer Art und Vorbild vieler Nachfolger. Gegründet hat sie der Mainzer Kleinverleger Norbert Kubatzki, Vorbild war eine Messe für Kleinverlage in Frankfurt, der allerdings keine lange Überlebensdauer beschieden war. Die Grundidee für eine Messer der Kleinstverlage stammt von Victor Otto Stomps, der Verleger und Autor wurde 1897 geboren und gilt als Vater der Kleinverlage und Minipressen. Schon seine 1925 im Alter von 28 Jahren in Berlin gegründete „Rabenpresse“ war ein Protest gegen die Dominanz der Riesenauflage. 1954 zog V.O. Stomp mit seiner Eremiten-Presse nach Stierstadt in den Taunus, wo er in einem alten Fachwerkhaus – von Stomps „Schloß Sanssouris“ genannt – lebte und arbeitete.

„Sowohl als Verleger als auch als Schriftsteller förderte Stomps Freiräume, in denen sich künstlerisches und geistiges Leben überhaupt erst entfalten kann“, heißt es bei den Machern der Minipressenmesse in Mainz. Mit seinen Verlagen habe Stomps versucht, im Kleinen Freiräume zu ermöglichen. Auch die Idee einer Messe für Kleinverlage stammte von ihm, erlebt hat er sie nicht mehr: Stomps starb 1970 nach einer mehr als 40 Jahre dauernden Verlegertätigkeit mit 300 Autoren und Büchern – in Armut.

Verleger V.O. Stomps in seinem Schloss Sanssouris in Stierstadt. - Foto MMPM
Verleger V.O. Stomps in seinem Schloss Sanssouris in Stierstadt. – Foto MMPM

Auf der Minipressenmesse wird jedoch seit 1979 jedes Jahr der nach ihm benannte V.O.Stomps-Preis an einen Verlag oder eine Person für bedeutende Einzeleditionen oder das gesamte Schaffen vergeben. In diesem Jahr sind die Preisträger Friederike Jacob von der Friedenauer Presse in Berlin, Otto Dettmer von ottoGraphik im britischen Bristol und Peter Zaumseil von der Dreier Presse in Elsterberg.

Heute steht die MMPM unter den Fittichen des Mainzer Gutenberg-Museums, das Minipressenarchiv ist eine eigene Abteilung im Weltmuseum der Druckkunst. Gesammelt werden hier Comics und Klassik, bibliophile Ausgaben und Bücher in Packpapier, Fotokarten, mittelalterliche Buchmalerei, Kalligraphie, Pop-Art, Spiele und vieles mehr.

Genau diese Bandbreite bietet auch die Minipressenmesse bei ihrer 25. Ausgabe wieder: Im Mittelpunkt stehen Verleger, die ihre Tätigkeit meist weniger des geschäftlichen Erfolges wegen betreiben – auch wenn dieser durchaus willkommen ist -, „sondern aus Leidenschaft, Lust und Überzeugung, mit Wagemut und Spaß am Experiment“, wie die MMPM-Macher selbst einmal ihre Aussteller beschrieben.

Die Mainzer Minipressenmesse in früheren Zeiten in Zelten am Rheinufer. - Foto: MMPM
Die Mainzer Minipressenmesse in früheren Zeiten in Zelten am Rheinufer. – Foto: MMPM

Die Bandbreite ist entsprechend riesig: Da gibt es Einblattdrucke und afrikanische Literatur, Legenden-Reiseführer für Kinder, Kunstmagazine, Blumenverlage oder Lyrikexperten. Immer geht es um individuelle Bücher, oft umgesetzt aufwändig und in liebevoller Handarbeit, Unikate oder Miniauflagen weit jenseits der Wirtschaftlichkeit. Andere Verlage haben sich auf besondere Themen spezialisiert wie Kinderbücher, Poesie oder Künstlerbücher. Verlage zur Selbstvermarktung präsentieren sich ebenso wie Künstler, die Bücher in Stein oder Malerei verwandeln, Liebhaber von Druckerzeugnissen, gefaltete Bücher oder Bücher aus handgeschöpftem Papier. Die Mainzer Druckwerkstatt uah! ist ebenso vor Ort wie die Widukind-Presse mit einer echten Handpresse aus Dresden.

Mainzer Minipressenmesse im Foyer der Rheingoldhalle. - Foto: Gutenberg-Museum
Die Mainzer Minipressenmesse im Foyer der Rheingoldhalle. – Foto: Gutenberg-Museum

Auch ein reiches Veranstaltungsprogramm ist immer Teil der MMPM. Der Buchgestalter der Werke von Walter Moers wie das kleine Arschloch oder Käpt’n Blaubär, Oliver Schmitt, gibt in einem Verlagsgespräch Einblick in seine Arbeit. Moers‘ Entdecker, der Verleger Vito von Eichborn, berät in der „Literaturbörse der Minipresse“ angehende Autoren und beantwortet Fragen zum Verlagsgeschäft.

Um „Mut statt Masse – alternatives Verlegen heute“, dreht sich die zentrale Jubiläumsveranstaltung am Freitagabend. Digitalisierung und moderne Druckverfahren, die auch Kleinstauflagen in bester Qualität ermöglichen, eröffnen gerade Kleinstverlagen ganz neue Spielräume, heißt es von den Organisatoren. Zum umfangreichen Begleitprogramm der Messe gehören ferner ein Marathonleseprogramm in zwei Zelten, Papierschöpfen und Drucken wie in alten Zeiten, Buchkunst und Vorträge sowie ein Poetry Slam am Samstagabend.

Info& auf Mainz&: Die 25. Mainzer Minipressenmesse findet vom 30. Mai bis einschließlich 2. Juni 2019 statt, Ort ist der Gutenbergsaal der Mainzer Rheingoldhalle sowie die Zelte auf dem Rathausplateau. Der Eintritt ist an allen Tagen frei, das ausführliche Programm sowie alle Informationen hier im Internet. Die Eröffnung findet am Donnerstag, den 30. Mai, um 14.00 Uhr in der Rheingoldhalle statt, der V.O.Stomps-Preis wird am gleichen Abend um 20.00 Uhr im Gutenberg-Museum verliehen. Mehr zu der Geschichte der Minipressenmesse erzählen wir Euch hier bei Mainz&.

Und wenn Ihr Lust habt: Am Freitag, den 31. Mai 2019 könnt Ihr zwischen 10.00 Uhr und 11.30 Uhr einem Vortrag lauschen „Mainz& – Vom Aufbau einer Internetzeitung“. Mainz&-Chefin Gisela Kirschstein stellt dann die Internetzeitung Mainz& vor, erzählt wie sie zustande kam und wie sie gemacht wird. Ort: Louisville-Zimmer im Rathaus. Auf der Messe findet Ihr auch den Axel Dielmann-Verlag – dort gibt es unser Buch „Starke Frauen Porträts“ zu kaufen – mehr dazu lest Ihr hier.

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E I L – Vorläufiges amtliches Endergebnis der Stadtratswahl – Grüne stärkste Kraft vor CDU und SPD – UPDATE

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Das Endergebnis der Stadtratswahl in Mainz hat den Trend von Sonntagnacht bestätigt. Danach werden die Grünen tatsächlich mit 27,6 Prozent stärkste Kraft, ihr Vorsprung vor den anderen Parteien schrumpft allerdings ein wenig. Auf Platz zwei liegt die CDU mit 23,4 Prozent, die Christdemokraten gewannen durch die Auszählung der Einzelstimmen leicht im Vergleich zum Vorabend hinzu. Die SPD kommt nun auf 20,5 Prozent und wird nur noch drittstärkste Kraft im Mainzer Stadtrat. Die weiteren Ergebnisse und Sitze:

  • SPD 20,5 – 12 Sitze
  • CDU 23,4 – 14 Sitze
  • AfD 5,3 – 3 Sitze
  • Grüne 27,6 Prozent – 17 Sitze
  • FDP 5,9 Prozent – 4 Sitze
  • ÖDP 4,2 Prozent – zwei Sitze
  • Linke 5,9 Prozent – 4 Sitze
  • Piraten 1,4 Prozent – 1 Sitz
  • Freie Wähler 1,9 Prozent – 1 Sitz
  • BIG 0,5 Prozent – kein Sitz
  • Die Partei 2,2 Prozent – 1 Sitz
  • Volt 1,2 Prozent – 1 Sitz

Die Wahlbeteiligung lag bei der Kommunalwahl in Mainz bei 62,1 Prozent.

Vorläufiges amtliches Endergebnis der Stadtratswahl Mainz 2019. - Grafik: Stadt Mainz
Vorläufiges amtliches Endergebnis der Stadtratswahl Mainz 2019. – Grafik: Stadt Mainz

Nach der Kommunalwahl am Sonntag waren zunächst die Wahlzettel ausgezählt worden, bei denen Wähler nur die Listen angekreuzt hatten. Die Stimmzettel, auf denen kumuliert und panaschiert wurde, wurden erst am Montag ausgewertet, das betraf auch die Briefwahl. Nach Angaben der Stadt Mainz wurden damit rund 70 Prozent der Wahlzettel am Sonntag ausgezählt, 30 Prozent aber am Montag. Die Auszählung wurde am Montag auch noch kurzzeitig durch einen Stromausfall im Rathaus verzögert.

Kommunalwahlergebnis in Mainz 2019 mti Gewinn und Verlusten. - Grafik: Statistisches Landesamt Bad Ems /Foto: gik
Kommunalwahlergebnis in Mainz 2019 mti Gewinn und Verlusten. – Grafik: Statistisches Landesamt Bad Ems /Foto: gik

Insgesamt wurden 100.846 Stimmzettel abgegeben, davon waren 1.948 ungültig – das entspricht 1,93 Prozent. Nach Angaben der Stadt Mainz waren das sogar weniger als vor fünf Jahren. Insgesamt wurden rund 5,7 Millionen Stimmen abgegeben – die ungeheure Masse kommt zustande, weil jeder Wähler 60 Stimmen vergeben konnte.

Für die SPD entfielen so 1.171.012 Stimmen, der CDU wurde 1.339.561 Stimmen zuteil. Die Grünen liegt mit 1.582.459 Stimmen um rund 250.000 Stimmen vorn. Durch das Kumulieren und Panaschieren – also die individuelle Verteilung der Stimmen auf Personen – wurde erneut manche Parteienliste in der Reihenfolge durcheinander gewirbelt. „Königin“ der Stimmenhäufelung war wieder einmal die bisherige Mombacher Ortsvorsteherin Eleonore Lossen-Geissler, die einen Sprung von Platz 23 auf Platz neun machte und daher für die SPD in den Stadtrat einzieht.

Bei der CDU sprang zum Beispiel Thomas Neger von Platz 14 auf Platz drei der Stadtratsliste, Uta Schmitt etwa von Platz 18 auf Platz 13. Durch die Verschiebungen rutschte beispielsweise der Vorsitzende der Jungen Union, Torsten Rohe, vom aussichtsreichen Platz 13 auf Platz 18 – und ist damit nicht im Stadtrat. Der Vorsitzende der Jungen Union von Rheinland-Pfalz hatte am Montag gegenüber Mainz& gesagt, mit dem Durchschlagen des Bundestrends werde es gerade für junge Nachwuchsleute noch schwieriger, in Räte einzuziehen, weil bekannte Gesichter an ihnen vorbeigewählt würden.

Durch den großen Erfolg der Grünen wurde auch die Arithmetik in den Stadtteilen durcheinandergewirbelt. So konnten sich nur zwei Ortsvorsteher-Kandidaten direkt im ersten Wahlgang durchsetzen, das ist durchaus ungewöhnlich. Wiedergewählt wurden so Norbert Solbach (CDU) mit 52,3 Prozent in Drais – und Lerchenberg-Ortsvorsteherin Sissi Westrich (SPD) mit stolzen 73,9 Prozent. Alle anderen Ortsvorsteher müssen in die Stichwahl, wer genau das jeweils ist, könnt Ihr hier in der Wahl-App nachsehen.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Verlauf des Wahlabend lest Ihr hier bei Mainz&, eine erste Analyse mit Auswirkungen zur OB-Wahl lest Ihr hier. Alle Ergebnisse im Detail aus den Stadtteilen findet Ihr hier im Internet. Die Ergebnisse der Ortsbeiräte gibt es erst am Dienstag, der aufwändigen Auszählung wegen.

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Wahlergebnis macht OB-Wahl spannend – Grüne wollen kommende Woche OB-Kandidaten verkünden – Frust bei Kommunalpolitikern

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Das Erdbeben in der kommunalpolitischen Landschaft hat die Mainzer Kommunalpolitik tief erschüttert, das sensationell gute Abschneiden der Grünen sorgte auch für viel Frust. Noch wird im Mainzer Rathaus ausgezählt, am Montag wurden die Stimmzettel ausgewertet, auf denen Wähler kumuliert und panaschiert hatten – und zwar bei der Urnen- wie bei der Briefwahl. Das Wahlergebnis soll um 18.45 Uhr vorgelegt werden. Derweil eilen die Blicke voraus – das Abschneiden der Grünen dürfte erhebliche Konsequenzen für die Oberbürgermeisterwahl Ende Oktober haben.

Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) warb für den Bau des Bibelturms. - Foto: gik
Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) warb für den Bau des Bibelturms – die Mainzer vortierten hingegen für die Grünfläche auf dem Liebfrauenplatz. – Foto: gik

Die Grünen kamen am Sonntag bei der Europa- und Kommunalwahl einem ersten Trend zufolge auf 29,6 Prozent bei der Stadtratswahl – das war mit großem Abstand Platz eins vor CDU und SPD. „Das ist ein sehr interessanter Abend mit Blick auf die Oberbürgermeisterwahl“, sagte der Mainzer FDP-Chef David Dietz schon am Sonntagabend: „Da wird der eine oder andere jetzt nervös werden…“ Ende Oktober wählt die Landeshauptstadt Mainz einen neuen Oberbürgermeister, und nervös ist vor allem die SPD. Seit 1949 stellen die Sozialdemokraten den Oberbürgermeister von Mainz, bis vor einem Jahr war es für die SPD undenkbar, dass Amtsinhaber Michael Ebling (SPD) Probleme bei seiner anstehenden Wiederwahl bekommen könnte.

Dann aber kam das Bürgerbegehren über den Bibelturm am Gutenberg-Museum – und 77,3 Prozent der Mainzer erteilten dem Bauvorhaben eine klare Absage. Mehr noch: an dem Erweiterungsbau des Gutenberg-Museums auf dem Liebfrauenplatz entzündete sich eine Grundsatzkritik vor allem an der Politik von SPD und Grünen – mehr Grün in der Stadt und weniger Beton, das war eines der Hauptargumente der Mainzer gegen den Turm.

Nino Haase (3. von links) bei der Unterschriftenübergabe gegen den Bibelturm an OB Michael Ebling (2. von rechts). - Foto: gik
Nino Haase (3. von links) bei der Unterschriftenübergabe gegen den Bibelturm an OB Michael Ebling (2. von rechts). – Foto: gik

Eblings Gegenspieler im Herbst ist ausgerechnet einer der Haupt-Organisatoren des Bibelturm-Entscheids, der parteilose Nino Haase. Haase tritt auch für die CDU an, die allerdings am Sonntag ersten Prognosen zufolge auch nur auf 21,6 Prozent kam. Die SPD wiederum stürzte um rund 7 Prozentpunkte ab und kam mit 20 Prozent der Stimmen nur noch auf den dritten Platz – hinter der CDU und vor allem weit hinter den Grünen. „Da hat ein Bundestrend volle Kanne durchgeschlagen“, sagte am Abend Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), er war nicht der einzige: „Das ist ein Bundesergebnis“, sagte auch ÖDP-Chef Claudius Moseoler gegenüber Mainz&: „Die kommunalen Themen haben bei der Wahlentscheidung bei vielen Wählern offenbar keine Rolle gespielt.“

Der Frust in der Kommunalpolitik sitzt denn auch tief, viele, die sich fünf Jahre lang engagiert hatten, fühlten sich am Abend abgestraft durch einen abstrakten Bundestrend. Das sei ein Problem für die Motivation, hieß es vielfach. Es sei „schade“, dass so viele ehrenamtliche Engagierte von den Wählern „ob deren Frust an der Wahlurne abgestraft“ worden seien, schrieb DGB-Landeschef Dietmar Muscheid am Abend auf Facebook.

Wahlplakat von Tabea Rößner (Grüne) im Bundestagswahlkampf 2017. - Foto: gik
Schon im Bundestagswahlkampf 2017 setzten die Grünen mit Tabea Rößner ganz auf die Klima- und Umweltschiene, nun könnte Rößner als OB-Kandidatin der Grünen im herbst antreten. – Foto; gik

„Das ist ein Schlag ins Gesicht für viele Kommunalpolitiker“, sagte auch der Vorsitzende der Jungen Union in Rheinland-Pfalz, Jens Münster – und ein Problem für die Verjüngung der Kommunalpolitik: In Mainz etwa wurden Kandidaten allein deshalb gewählt, weil sie Grüne waren. Neue Gesichter hätten bei solchen Trends noch weniger Chancen, in die Räte einzuziehen, weil sie noch nicht so bekannt seien, warnte Münster – er plädiere für eine Entflechtung von Europawahl und Kommunalwahl.

Die Wahl gibt nun vor allem einer Partei Auftrieb, die sich mit Blick auf die OB-Wahl noch gar nicht bekannt hat: die Grünen. Die wollten bislang nicht Preis geben, wer für ihre Partei zur OB-Wahl antreten könnte – dass die Grünen einen eigenen Kandidaten aufstellen werden, gilt als offenes Geheimnis. Nun hätte ein grüner Kandidat womöglich sogar gute Chancen auf das höchste Amt von Mainz, als wahrscheinlichste Anwärterin gilt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner.

„Es wird wahrscheinlich nächste Woche eine Bekanntgabe geben“, sagte Rößner am Montag auf Mainz&-Anfrage – Namen wollte sie indes nicht nennen. Rößner dementiert eine eigene Kandidatur nicht, Ambitionen werden aber auch Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) nachgesagt. Wahlentscheidendes Thema am Sonntag sei auch vor Ort der Umgang mit dem Klimawandel gewesen, sagte Rößner, die Menschen wollten eine glaubwürdige und nachhaltige Politik. „Wir tun das mit einer großen Konsequenz“, betonte Rößner, jetzt gelte es, das Vertrauen der Menschen auch zu erfüllen.

„Es ist eine Bestätigung unseres Ansatzes, dass wir die Klimawende hier vor Ort besser umsetzen müssen“, sagte Rößner weiter. Viele Menschen wollten mit dem Fahrrad fahren, „das müssen wir sicher machen.“ Auch bei der Wärmedämmung von Häusern oder bei  Solaranlagen auf Häusern gebe es noch viele Stellschrauben. „Wir werden das Ergebnis in Ruhe bewerten und gucken, wie wir weiter machen“, sagte Rößner: „Wir müssen die Menschen mitnehmen, wir müssen den Dialog führen.“ Die Grünen hätten viele aktive Leute, die sich engagierten, „darauf kann man sich freuen“, fügte sie hinzu.

Die geplante Stelle für die Schiffsanleger und den Autoabsetzplatz vor der Mainzer Neustadt. - Foto: gik
Die Anlegestellen für Binnenschiffer vor der Mainzer Neustadt samt Autoabsetzplatz werden auch von den Grünen gewollt und verteidigt. – Foto: gik

Eine entscheidende Rolle im OB-Wahlkampf könnte die Frage der Umsetzung grüner Themen spielen – schließlich regieren die Grünen in Mainz bereits seit zehn Jahren mit. „Die Politik in Mainz ist nicht ökologisch“, sagt deshalb OB-Kandidat Haase, es seien gerade die Grünen, die eine Klärschlammverbrennungsanlage gebaut hätten und jetzt eine Mülldeponie in einem Wohngebiet und Schiffsanleger vor Häusern planten – das stehe doch einer umweltbewussten Stadtpolitik entgegen. „Das Radwegenetz hat sich nicht entwickelt, wir haben einen großen Verlust von Grünflächen“, sagte Haase auf Mainz&-Anfrage: „Da ist der Bundestrend über die kommunalpolitischen Realitäten hinweggegangen.“

Er selbst habe schon vor der Wahl „Themen besetzt wie Baum- und Grünflächenerhalt, Verkehrswende oder grünes Rheinufer“, betonte Haase, „und ich habe mit Überzeugung den Erhalt der Bäume und Grünflächen auf dem Liebfrauenplatz aktiv verteidigt.“ Wichtig sei nun, „den Menschen mitzuteilen, dass ich diese Themen als OB weiter umsetzen will: Ökologische Politik bedarf mehr als einer grünen Hülle“, sagte Haaseweiter. Das Momentum liege aktuell bei den Grünen, „aber es ist noch lange nicht Oktober“, sagte Haase: „Die Leute, die letztes Jahr für den Erhalts des Liebfrauenplatzes gestimmt haben, sind ja noch in der Stadt – und die muss man wieder erreichen.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Verlauf des Wahlabends und den Ergebnissen der Kommunal- und Europawahl in Mainz lest Ihr hier bei Mainz&. Zum vorläufigen amtlichen Endergebnis für Mainz geht es hier entlang.

 

 

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„Grün ist hipp“ – Erdrutsch pro grüne Partei löst Schockwellen im Mainzer Rathaus aus

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Betretenes Schweigen im Rathausfoyer. Punkt 18.00 Uhr flattern die ersten Prognosen über die Fernseher, bei der CDU herrscht das große Schweigen. Aus dem Raum nebenan schallt dröhnender Jubel herüber, die Grünen können ihr Glück kaum fassen: Mit fast 30 Prozent sind sie in Mainz wohl mit Abstand stärkste Partei geworden. Das gilt sowohl bei der Europa-, als auch bei der Kommunalwahl: der Bundestrend, die Fridays for Future-Bewegung, am Ende noch die „Zerstörung der CDU“ durch den Youtuber Rezo, all das hat ersten Prognosen zufolge auch die Kommunalwahl in Mainz stark bestimmt. „Da hat ein Bundestrend volle Kanne durchgeschlagen“, sagte am Abend Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD).

Betretene Gesichter bei der SPD Mainz, sie war der große Verlierer des Wahlabends - hier Spitzenkandidatin Alexandra Gill-Gers und SPD-Chef Marc Bleicher. - Foto: gik
Betretene Gesichter bei der SPD Mainz, sie war der große Verlierer des Wahlabends – hier Spitzenkandidatin Alexandra Gill-Gers und SPD-Chef Marc Bleicher. – Foto: gik

Für die SPD war es ein desaströser Abend: „Das ist ein sehr, sehr schwerer Abend für die SPD“, sagte der Mainzer SPD-Chef Marc Bleicher bereits kurz nach 18.00 Uhr. Ein Absturz bei der Europawahl bundesweit auf nur noch 15,5 Prozent – „das ist bitter“, sagt Bleicher. Aber auch in Mainz rutscht die SPD ab, rund 19 Prozent waren es am Abend – 2014 waren es noch 27,7 Prozent. Die SPD war damit der große Wahlverlierer des Abends.

„Es gab niemanden, der so viele Angebote, so viele Hausbesuche gemacht hat, wie wir“, sagte eine sichtlich enttäuschte Spitzenkandidatin Alexandra Gill-Gers. Die SPD habe kommunal „einfach nicht auffangen können, was bundesweit passiert“. Eigene Fehler wollten Bleicher und Gill-Gers nicht ausmachen. „Es gab keine Wechselstimmung“, betonte Gill-Gers, die Ampel-Kolaition mit Grünen und FDP könne voraussichtlich weiter regieren, wenn auch unter anderen Vorzeichen.

Trend Stadtratswahl 2019 – Foto: gik

Die neuen starke Männer und Frauen von Mainz feiern nebenan ungehemmt und lautstark. „Ich bin sprachlos“, sagte ein Grüner, „niemand hätte je damit gerechnet, dass die Grünen heute so durch die Decke gehen.“ Einer indes hatte es kommen sehen: „Ich wurde vor einer Stunde noch fast massakriert, als ich gesagt habe, wir kämen auf die Spitzenposition“, rief Bürgermeister Günter Beck (Grüne) euphorisch in die Menge: „Die haben gesagt, der hat doch gekifft.“ So eine tollen Wahlkampf hätten die Grünen in Mainz noch nicht erlebt.

„Gestern Abend sind wir zum Abschluss Straßenbahn gefahren, und wir haben gepartied“, rief Umwelt- und Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne), „und wir haben gesungen: morgen fährt die Straßenbahn nach Ebersheim!“ Die Grünen seien „so beschimpft worden“ für Baustellen und Staus, sagte Eder, nun zeige sich: „Die Leute wollen den Wechsel, die Verkehrswende.“ Am frühen Abend hätten die Demonstranten von „Fridays von Future noch vor dem Rathaus gesessen, „wir stehen jetzt im Wort“, sagte Eder.

Der große Wahlsieger des Abends waren die Grünen, hier mit Bürgermeister Günter Beck. - Foto: gik
Der große Wahlsieger des Abends waren die Grünen, hier mit Bürgermeister Günter Beck. – Foto: gik

„Grün ist hipp“, sagt die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU), „und das unabhängig davon, ob Versprechungen umgesetzt werden oder umgesetzt werden können.“ Bei der CDU überwiegt der Schock über das Mainzer Ergebnis, dass man in Sachen Europa in Rheinland-Pfalz stärkste Kraft geblieben ist, spielt nur eine Nebenrolle. Der Bundestrend habe sich seit Monaten abgezeichnet, sagt CDU-Kreisgeschäftsführer Andreas Blum, und zuckt mit den Schultern. Eine echte Katastrophe sei das Ergebnis für jemanden anders – für die SPD. „Es gibt jetzt zwei große Volksparteien in Deutschland“, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner: „CDU und Grüne.“

CDU-Landeschefin Julia Klöckner redet lieber über Bremen und den dortigen Erdrutsch, die CDU ist dort erstmals stärkste Kraft geworden. Über Berlin mag die Bundeslandwirtschaftsministerin nicht so gerne reden, schon gar nicht über Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), auch nicht über mögliche Erschütterungen im Kabinett durch das miserable Ergebnis der SPD.

„Freiheit, Selbstbestimmung, Sicherheit waren unsere Themen“, sagt Klöckner dann doch noch mit Blick auf den Europawahlkampf der CDU, „das waren am Ende aber nicht die dominierenden Themen.“ Dominiert hätten am Ende „emotionale Themen“ – vor allem Umwelt und Klima. Weder CDU noch SPD konnten damit aber punkten, die Kompetenz sahen die Wähler hier am Ende fast komplett bei den Grünen.

Auch die ÖDP konnte in Mainz vom Ökotrend nicht profitieren: 4,0 Prozent in der ersten Prognose bedeutet keine Verbesserung für die kleine Oppositionspartei. Bei den Freien Wählern war die Enttäuschung noch größer: 1,9 bis zwei Prozent, da hatte man sich mehr ausgerechnet.

Betretene Gesichter bei der CDU, die Opposition hatte sich mehr ausgerechnet. - Foto: gik
Betretene Gesichter bei der CDU, die Opposition hatte sich mehr ausgerechnet. – Foto: gik

Die CDU litt am Ende schließlich noch unter dem miserablen Management im Umgang mit Youtuber Rezo und seiner „Vernichtung der CDU“. Von „Schwarz-Weiß-Denken“, gar von „Radikalisierung“ schimpfte Klöckner mit Blick auf Rezo, „diese Überspitzung, ich finde es bedenklich, dass nicht der Inhalt, sondern der Absender entscheidet.“ Ein Youtube-Video sei ja „ein guter Impuls“, aber das ersetze doch keine Debatte, sagte Klöckner. Rezo sei doch „ein Unternehmer, der seinen Marktwert darüber gesteigert hat“, kritisierte sie. Die „digitale Theke“ habe „enorm an Bedeutung gewonnen“, dort müsse man „sich aber nicht gegenseitig ins Gesicht schauen und sich seinen Widersprüchen nicht stellen“. Die Leute dort auf Youtube, „CO2-neutrale Autos fahren die ja nicht gerade“, sagte sie noch.

Dass sich ihre Partei in der Reaktion auf die geharnischte Kritik des Youtubers nicht mit Ruhm bekleckert hat, Klöckner sieht so aus, als wüsste sie das. „Das müssen wir besprechen“, sagt sie nur, das werde Thema der CDU-Klausurtagung sein. „Ich hätte die Partei aufgerufen: antwortet individuell, wer will auch auf Youtube“, schiebt sie noch hinterher.

Aber auch auf Mainzer Ebene macht sich Enttäuschung bei der CDU breit: „Freude geht irgendwie anders“, sagt Matz dabei habe die CDU alles gegeben. „Die Enttäuschung ist groß, dass wir nicht mehr stärkste Fraktion sind“, sagte Matz, Fehler der CDU sehe sie aber nicht. „Wir haben eine CDU erlebt, die so geschlossen zusammengearbeitet hat wie noch nie“, sagte CDU-Chefin Sabine Flegel: „Wir haben gekämpft, wir haben nicht überzeugt, aber wir haben den ersten Schritt gemacht.“ Wirklich ausgezählt werde zudem erst am Montag, „vor fünf Jahren hatten wir am Montag drei Prozent mehr“, sagte Flegel.

„Das Motto der CDU, „Wechsel-Wählen“, ist krachend gescheitert“, sagte hingegen Ebling, die CDU habe aus ihrem verlorenen Landtagswahlkampf 2016 „nichts gelernt“. Dinge schlecht zu reden, verfange beim Wähler nun einmal nicht, „ich glaube, das negative Campaigning funktioniert nicht“, sagte Ebling. Die Grünen seien „der unbestrittene Wahlsieger“, für die Sozialdemokraten das Ergebnis „sehr unbefriedigend“, sagte Ebling weiter – offenbar seien viele SPD-Wähler zu den Grünen gewechselt.

Vergleichsweise zufriedene Gesichter gab es hingegen bei der FDP: „Wir wollten hinzugewinnen, das ist geglückt“, sagte Kreischef David Dietz. Entscheidend für die Wahl seien „Zeitgeist und Trend“ gewesen, die CDU habe trotz einer guten Ausgangslage im vergangenen November nicht punkten können. „Das ist ein sehr interessanter Abend mit blick auf die Oberbürgermeisterwahl“, sagte Dietz noch, „da wird der eine oder andere heute Abend sehr nervös werden.“

Bislang haben für die OB-Wahl Ende Oktober Amtsinhaber Ebling und der parteilose CDU-Kandidat Nino Haase ihre Kandidatur erklärt – die Grünen haben sich bislang nicht geäußert. Erwartet wird, dass die Grünen-Bundestagsabegordnete Tabea Rößner antritt, auch Eder rechnet sich aber wohl noch Chancen aus.

Info& auf Mainz&: Die genauen Zahlen zur Kommunalwahl in Mainz gibt es erst am Montagabend – mehr zu den ersten Trends und Prognosen lest Ihr hier auf Mainz&. Alle Ergebnisse aus Mainz, auch in den Ortsteilen könnt Ihr live hier im Internet bei der Stadt Mainz mitverfolgen. Update: Zum vorläufigen amtlichen Endergebnis für Mainz geht es hier entlang.

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Erdrutsch in Mainz: Grüne werden mit knapp 30 Prozent stärkste Kraft in Mainz

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Erdbeben im Mainzer Rathaus: Die Grünen werden ersten Prognosen zufolge die mit Abstand stärkste Kraft in der Landeshauptstadt. Laut erstem Trend bei der Stadtratswahl kamen die Grünen am Sonntagabend auf rund 30 Prozent und lösen damit die CDU als stärkste Kraft ab. Die Union kam ersten Prognosen zufolge nur noch auf 20 bis 22 Prozent, die SPD sogar nur auf 19 Prozent. Die FDP liegt Prognosen zufolge zwischen fünf und sechs Prozent, die Linke bei 6,2 Prozent, die ÖDP bei rund 4 Prozent.

Trend Stadtratswahl Mainz gegen 21.00 Uhr - Foto: gik
Trend Stadtratswahl Mainz gegen 21.00 Uhr – Foto: gik

Die Zahlen sind nur ein allererster vorläufiger Trend: Wegen der parallel laufenden Europawahl wurden am Sonntagabend nur die Stimmzettel der Kommunalwahl ausgezählt, auf denen Wähler nur eine Liste ankreuzten. Alle Stimmzettel, auf denen kumuliert und panaschiert wurde, werden erst am Montag ausgezählt. Die Zahlen können sich deshalb noch deutlich verschieben.

Erste Prognose einer Sitzverteilung im Mainezr Stadtrat. - Foto: gik
Erste Prognose einer Sitzverteilung im Mainzer Stadtrat. – Foto: gik

Zudem kam es am Sonntagfrüh zu einer Wahlpanne in Mainz-Gosenheim: In einem Wahllokal wurden eine gute Stunde lang keine Wahlzettel für die Stadtratswahl ausgegeben. Rund 50 Wähler erhielten deshalb nur Stimmzettel für die Europawahl sowie für die Ortsvorsteher- und die Ortsbeiratswahl. Erst nach rund einer Stunde merkte der Wahlvorstand des Lokals, dass eine Kiste mit Wahlzetteln schlicht ungeöffnet geblieben war. Warum der Fehler nicht früher auffiel, ist unklar.

„Wir müssen am Montag oder Dienstag klären was das bedeutet, das können wir heute noch nicht sagen“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), Wahlleiter der Stadt, am Abend. Es müsse festgestellt werden, ob die 50 Stimmen eine relevante Abweichung seien. „Wir haben 2.200 ehrenamtliche Wahlhelfer in Mainz im Einsatz“, betonte Ebling, es sei nciht in Ordnung, diese jetzt zu beschimpfen.

Die Gosenheimer Ortsvorsteherin und Mainzer CDU-Chefin Sabine Flegel berichtete indes, ihr hätten Gonsenheimer gesagt, sie seien aufgrund des Vorfalls gar nicht mehr wählen gegangen, weil sie davon ausgingen, dass die Wahl ohnehin wiederholt werden müsse.

Insgesamt stieg die Wahlbeteiligung in Mainz indes deutlich: Man liege rund zehn Prozent über der Beteiligung von vor fünf Jahren , sagte Ebling am Abend – damals gingen in Mainz 50,2 Prozent zur Kommunalwahl. Auch bei der Europawahl zeichnete sich am Abend ein ganz ähnliches Ergebnis für Mainz ab: Auch hier lagen die Grünen nach der Auszählung von 204 von 220 Wahlbezirken mit 28,7 Prozent deutlich vor der CDU, die auf 22,9 Prozent kam. Die SPD lag bei 17,9 Prozent und wäre auch da nur noch drittstärkste Kraft.

Insgesamt waren in Mainz 149.719 Menschen zur Stimmabgabe bei der Kommunalwahl und 162.622 bei der Europawahl zur Stimmabgabe aufgerufen.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Europa- und vor allem zur Kommunalwahl lest Ihr fortlaufend hier den ganzen Abend über bei Mainz& – schaut immer mal vorbei! Alle Ergebnisse aus Mainz, auch in den Ortsteilen könnt Ihr live hier im Internet bei der Stadt Mainz mitverfolgen. Update: Zum vorläufigen amtlichen Endergebnis für Mainz geht es hier entlang. Einen Bericht, wie der Wahlabend verlief, findet Ihr hier bei Mainz&.

 

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GEHT WÄHLEN!! – Schon mehr als 42.000 Antragsteller zur Briefwahl in Mainz

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26Von wegen Wahlmüdigkeit: In Mainz boomt die Briefwahl im Vorfeld der Kommunal- und Europawahl in einem Ausmaß, wie nie zuvor. Am Dienstag bildeten sich schon am Vormittag beispielsweise lange Schlangen vor dem Briefwahlbüro im Mainzer Rathaus – mehr als 42.500 Mainzer hatten dort zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Briefwahlunterlagen beantragt – das waren rund 26 Prozent aller Wahlberechtigten. Die Wahl erlebt einen wahren Ansturm: Schon jetzt haben mehr Mainzer Briefwahl beantragt, als vor fünf Jahren überhaupt am Ende Briefwahl abgaben. Wer noch Briefwahl machen will, muss sich sputen: bis Freitag um 18.00 Uhr sowie am Samstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr ist das Briefwahlbüro noch geöffnet – dort kann man die Unterlagen direkt einwerfen. Auch die Wahlbüros heute nehmen Briefwahlunterlagen entgegen – ansonsten gilt: Wählen gehen!

Wahlurne zur Kommunalwahl 2019 im Briefwahlbüro des Mainzer Rathauses. - Foto: gik
Eine schon etwas betagte Wahlurne zur Kommunalwahl 2019 im Briefwahlbüro des Mainzer Rathauses. – Foto: gik

Der Trend ist keine Mainzer Besonderheit: In ganz Rheinland-Pfalz ist der Briefwähleranteil bereits deutlich höher als vor fünf Jahren. „Von den rund 3,2 Millionen rheinland-pfälzischen Wahlberechtigten haben vier Tage vor dem Wahltag landesweit schon rund 29,3 Prozent“ gewählt, teilte der Landeswahlleiter am Mittwoch mit. 2014 habe der Anteil zum gleichen Zeitpunkt bei 23 Prozent gelegen.

Der Boom deutet zum einen auf ein hohes Interesse an den Wahlen hin, schließlich sind am Sonntag auch Europawahlen – und die sind in Zeiten von Brexit und erstarkenden rechten Populisten besonders wichtig. Gerade die Abstimmung in Großbritannien über den Brexit, aber Wahlen wie die von Donald Trump in den USA haben eindeutig belegt: jede, wirklich jede Stimme des Wählers zählt und kann am Ende den Ausschlag geben. Also: Geht wählen – Eure Stimme bewirkt tatsächlich etwas! Entscheiden zu können über Weiter so oder Wechsel, über Wandel, Ideen und Personen ist das vornehmste Recht in einer Demokratie. Wer dieses recht nicht nutzt, könnte schneller in einer Autokratie aufwachen, als er glaubt – Staaten wie Ungarn machen es gerade vor.

Wahlplakate in der Mainzer Rheinallee. - Foto: gik
Wahlplakate in der Mainzer Rheinallee. – Foto: gik

149.702 Mainzer sind am Sonntag zur Europawahl aufgerufen, bei der Kommunalwahl sind es sogar 162.498 – das sind satte 6.200 Bürger mehr als vor fünf Jahren. Mainz boomt, die Stadt gewinnt derzeit pro Jahr rund 2.000 Einwohner hinzu. Das hohe Interesse an der Briefwahl dürfte aber auch an dem komplizierten Wahlverfahren bei der Kommunalwahl mit Kumulieren und Panaschieren liegen: Viele Wähler nehmen den Wahlbogen mit seinen enormen Ausmaßen lieber mit nach Hause, um ihn dort in Ruhe auszufüllen.

Bei der Stadtratswahl nämlich kann jeder die 60 Sitze des Rates einzeln vergeben – 60 Kreuze darf man auf dem Wahlbogen machen, wenn man denn will. Dabei kann man bis zu drei Stimmen pro Bewerber vergeben, und das quer durch alle Parteien – Ihr könnt also jedem Bewerber, der Euch zusagt, Stimmen zuteilen, egal in welcher Partei er ist. Umgekehrt könnt Ihr auch Bewerber durchstreichen – ja, das ist erlaubt! Seid Ihr der Meinung, ein Kandidat gehört nun wirklich nicht in den Stadtrat, streicht ihn einfach durch. Da sage noch einer, Ihr hättet keinen Einfluss.

Der Wahlzettel zur Kommunalwahl in Mainz 2019. - Foto: gik
Wirklich riesig, dieser Wahlzettel zur Kommunalwahl in Mainz 2019 – Ihr könnt 60 Stimmen vergeben!- Foto: gik

Wem das alles zu kompliziert ist, kann auch einfach eine Stadtratsliste ankreuzen, dann werden seine 60 Stimmen der Reihe nach von Platz eins nach unten hin den Kandidaten zugeteilt. Wenn Ihr nicht alle 60 Stimmen einzeln vergeben wollt, empfiehlt es sich ohnehin, eine Liste oben anzukreuzen – dann geht keine Eurer kostbaren Stimmen verloren. Durch das Kumulieren und Panaschieren wurden bei den vergangenen Wahlen übrigens regelmäßig  die Listen wild durcheinander gewirbelt, weil die Wähler bekannte Gesichter weit nach vorne voteten. Das ist zwar verständlich, andererseits muss man sich mal überlegen: Haben junge Nachwuchsleute und neue Gesichter so eine Chance?

Es gilt also, gut zu überlegen, wem man seine Stimme anvertraut – das Schöne an der Kommunalwahl: Euren Vertretern könnt Ihr jederzeit in der Stadt begegnen, und sie dann auf ihre Politik ansprechen – mit Lob oder Tadel, wie es Euch gefällt 😉

Insgesamt treten für die volle 40 Listen an, der Wahlzettel passt nicht einmal auf einen normalen Küchentisch… Ein bislang wichtiges Vergleichstool für die Wahlen wurde zwischendurch höchstrichterlich gestoppt: Die neue Partei Volt klagte gegen den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung – und bekam Recht. Volt hatte sich beschwert, dass bei der Endauswertung nur acht Parteien gleichzeitig verglichen werden können, das sei eine Benachteiligung kleiner Parteien. Das Verwaltungsgericht Köln gab der Klägerin Recht und stoppte den Wahl-O-Mat vorübergehend – inzwischen ist er wieder online.

Der Wahl-Swiper zur Europawahl bietet eine Alternative zum Wahl-O-Mat. - Foto: gik
Nach dem Stopp des Wahl-O-Mat: Der Wahl-Swiper zur Europawahl bietet eine spannende Alternative. – Foto: gik

Das lenkte den Blick auf26 Alternativen: Beim Wahl-Swiper muss man 33, teils sehr anspruchsvolle, Fragen beantworten und bekommt am Ende alle Parteien untereinander in einer Liste aufgelistet, entsprechend der Übereinstimmung zu den eigenen Antworten in Prozent. Das ergibt tatsächlich spannende neue Erkenntnisse im Vergleich zum alten Wahl-O-Mat, weil auf einmal Parteien ganz vorne auftauchen können, die man vorher nicht einmal kannte – und deshalb im Wahl-O-Mat nie ausgewählt hätte.

Entwickelt wurde der Swiper eigenen Angaben zufolge von einem Team aus Journalisten, Programmierern, Grafikern und Videoproduzenten, die Fragen entwickelte ein Team aus Politikwissenschaftlern der Universität Freiburg und – je nach Wahl – auch von den Universitäten Bremen, Frankfurt am Main, Salzburg, Marseille und der University of East Anglia. Eine weitere Alternative ist der EuroMat, der von der Bewegung Pulse of Europe zusammen mit dem Thinktank Polis180 e.V.entwickelt wurde – der EuroMat bildet eigenen Angaben zufolge die Positionen der europäischen Parteien insgesamt ab.

Für die Stadtratswahl treten in Mainz insgesamt zwölf Listen an, darunter erstmals die unter anderem von dem Satiriker Martin Sonneborn gegründete „Die Partei“. Zum zweiten Mal tritt das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit (BIG) an, eine von Muslimen 2010 in Köln gegründete Partei – 2014 schaffte sie nicht den Einzug in den Stadtrat.

Homepage der neuen Europapartei Volt im Internet, die Parteifarbe ist lila. - Foto: gik
In Lila kommt die neue Europapartei Volt daher, die versteht sich als Bürgerbewegung für ein besseres, solidarisches Europa. und setzt sich für mehr Bürgerbeteiligung ein. – Foto: gik

Erstmals dabei ist in Mainz auch die neue pro-europäische Bürgerbewegung Volt. Volt wurde im März 2017 von einem Italiener, einem Deutschen und einer Französin gegründet, zwei davon Studenten, darunter der Deutsche Damian Boeselager. Volt will die erste paneuropäische Partei sein und tritt zwar dezidiert pro-europäisch an, will die EU zugleich aber auch reformieren. In Mainz spricht sich Volt für eine Verkehrswende nach dem Vorbild von Oslo oder Gent aus, einen attraktiveren ÖPNV etwa durch Ruftaxis und Kleinbusse,und mehr Grün in der Stadt etwa durch Dächer- und Fassadenbegrünung. Ferner will man Bürgerbeteiligung durch Ideenwettbewerbe, und diese sollen dann auch durch ein Bürgerbudget umgesetzt werden können. Mehr zu den Ideen von Volt findet Ihr hier im Internet.

Die Reihenfolge der Wahlvorschläge auf dem Stimmzettel richtet sich übrigens nach dem Abschneiden der Parteien bei der letzten Landtagswahl, und dann nach den Stimmen der letzten Kommunalwahl, so lautet die Reihenfolge: SPD, CDU, AfD, FDP, Grüne, Die Linke, ÖDP, Piraten, Freie Wähler, BIG, Die Partei, Volt. Also, ran an den Wahlzettel – Ihr habt die Wahl! Gewählt werden übrigens auch die 15 Ortsbeiräte und 15 Ortsvorsteherin den Mainzer Stadtteilen, das sind Eure direkten Vertreter vor Ort – also: Wählen gehen!

Mainz& erreichten am Mittwochabend noch Berichte, dass wahlberechtigte Mainzer vielfach keine Wahlbenachrichtigung bekommen hätten – ein Bericht dazu einer Betroffenen liegt uns persönlich vor. Das Problem soll kein Einzelfall sein, wir gehen dem noch mal nach. Wer keine Wahlbenachrichtigung bekommen hat, kann aber auch so wählen: Einfach mit dem Personalausweis ins Briefwahlbüro oder ins Wahllokal gehen. Achtung: einige Wahllokale haben sich bei dieser Wahl geändert! Bei Fragen einfach das Wahlbüro der Stadt Mainz kontaktieren, die Nummern seht Ihr unten.

Ein Wähler steckt einen Briefumschlag in einen Briefkasten - höchste Zeit für Briefwahl! - Foto: SPD RLP
Höchste Zeit für Briefwahl! Die vorzeitige Stimmabgabe boomt. – Foto: SPD RLP

Das Warten auf die Ergebnisse am Sonntag wird übrigens zu einer Geduldsprobe werden. Zuerst wird nämlich die Europawahl ausgezählt, mit dem vorläufigen Ergebnissen wird in Mainz gegen 19.30 Uhr gerechnet. Danach folgen die Ortsvorsteherwahlen, vorläufiges Endergebnis:; gegenm 20.00 Uhr. Von den Stadtratswahlen gibt es hingegen nur einen ersten Trend – hier werden am Sonntag zunächst nur die Stimmzettel ausgezählt, bei denen Wähler nur eine einzige Liste angekreuzt haben.

Alle Stimmzettel, auf denen kumuliert oder panaschiert wurde, werden erst am Montag ausgewertet. Einen ersten Trend in Sachen Stadtratswahl gibt es voraussichtlich so irgendwann zwischen 21.30 Uhr und 22.00 Uhr, das echte Ergebnis aber erst am Montag gegen 18.00 Uhr. Einen Trend zu den Ergebnissen der Ortsbeiratswahlen dürft Ihr gegen 22.00 Uhr am Sonntagabend erwarten. Die Ergebnisse könnt Ihr im Internet auf der interaktiven Internetseite wahl.mainz.de/wahlapp/ verfolgen – oder mobil mit der neuen Wahlapp, dem VoteManager. Die findet Ihr im Appstore Eures Handys, sie liefert die regionalen Wahlergebnisse.

Info& auf Mainz&: Europawahl und Kommunalwahl am Sonntag, den 26. Mai 2019, die Wahllokale sind von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr durchgehend geöffnet. Wählen kann man übrigens auch im Briefwahlbüro schon vor dem Sonntag – geöffnet ist das Büro im Rathaus noch am heutigen Donnerstag von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr sowie am Freitag von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr und am Samstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Der Nachtbriefkasten vor dem Rathaus, versichert die Stadt, werde ebenfalls noch mehrfach geleert. Das Wahlbüro erreicht Ihr für Fragen unter den Rufnummern +49 6131 12-2965 oder +49 6131 12-3838, das Briefwahlbüro hat die Rufnummer +49 6131 121500. Alle Informationen rund um die Kommunalwahl in Mainz findet Ihr auch noch mal hier im Internet bei der Stadt Mainz.

Update&: Am Wahlsonntag könnt Ihr zudem ganz bequem mit Bus und Bahn ins Wahllokal fahren: Die Einzelfahrkarte gilt dann nämlich als Tageskarte in der von den Fahrgästen gekauften Preisstufe – so kommt Ihr günstig zum Wahlbüro und zurück oder auch zu anderen Zielorten. Die Mainzer Mobilität beteiligt sich damit an der Aktion des Rhein-Main-Verkehrsverbundes, das Angebot gilt im gesamten RMV-Gebiet oder auch nur in Mainz – je nach gewählter Preisstufe des Einzeltickets. Infos im Internet dazu gibt es hier.

 

 

 

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„Klar!“: Grüne treten mit Klimaschutz, grüner Mobilität und bezahlbarem Wohnraum zur Kommunalwahl 2019 an

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Die Grünen waren einer der Gewinner der Kommunalwahl vor fünf Jahren: 20,1 Prozent holte die Ökopartei – das war das zweite Ergebnis hintereinander über 20 Prozent. Die Grünen sind in Mainz im politischen Establishment angekommen, sie stellen den Bürgermeister und Finanzdezernenten sowie die Umwelt und Verkehrsdezernentin. Das bedeutet auch viel Gegenwind für die Ökopartei – ausgerechnet den Grünen wurde beim Streit um den Bibelturm (mit) vorgeworfen, das Grün in der Stadt nicht mehr zu schützen. Für die Kommunalwahl 2019 treten sie erneut mit den Themen Klima schützen, grüne Mobilität und bezahlbarer Wohnraum an, nach zehn Jahren des Mitregierens müssen sich die Grünen aber an der Realität ihrer Regierungsarbeit messen lassen.

Günter Beck, Bürgermeister und Finanzdezernent der Grünen. - Foto: privat
Günter Beck, Bürgermeister und Finanzdezernent der Grünen. – Foto: privat

Stolze 888.974 Stimmen konnten die Mainzer Grünen 2014 auf sich vereinigen, damit etablierte sich die Ökopartei endgültig als starke dritte Kraft in der Mainzer Parteienlandschaft – lange vor dem heutigen bundesweiten Boom der Grünen. Das Aufatmen in der grünen Spitze war denn auch groß: Nach der Sensationswahl von 2009, als die Grünen im Zuge des Kampfes um das Kohlekraftwerk – das die Grünen kippten –  einen wahren kommunalpolitischen Erdrutsch auslösten, hatten die Parteichefs gebangt: Können wir das Ergebnis halten? Sie konnten: 20,1 Prozent bedeuteten zwar leichte Einbußen im Vergleich zu den 21,9 Prozent von 2009, doch damit konnte man leben.

12 Sitze im Stadtrat, das bedeutete die Fortsetzung der Ampel-Koalition mit SPD und FDP und das auch noch als zweitstärkste Kraft – die Grünen waren als etablierte kommunalpolitische Karft in Mainz angekommen. Fünf Jahre danach haben sich die Grünen in den Sesseln der Macht heimisch eingerichtet: Bürgermeister und Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) reklamiert für sich, den städtischen Haushalt wieder auf Vordermann gebracht und erstmals seit Jahrzehnten wieder Haushalte ohne Schulden vorzulegen. Dazu zeichnet der Frontmann der Grünen für ambitionierte Bauprojekte wie die Sanierung aller Mainzer Bürgerhäuser verantwortlich, nach der Pleite des Taubertsbergbades führte Beck das Schwimmbad zurück in die städtische Zuständigkeit.

In dem anonymen Brief, der massive Vorwürfe gegen die Stadtspitze erhob, wurde Beck vorgeworfen, er sei über Jahre Baumängelanzeigen im Bad nicht nachgegangen und habe deshalb den heutigen miserablen Zustand des Bades persönlich mit zu verantworten. Beck reagierte empört, er habe sehr wohl Begehungen durchgeführt, auf Mängelbeseitigung gedrungen, aber keine Handhabe gehabt. Vor zehn Jahren trat Beck noch mit dem Slogan an „Holt Euch Eure Stadt zurück“, heute schimpft er gerne mal, er versuche die Stadt voran zu bringen und werde dafür auch noch kritisiert.

Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne, 2. von links) mit dem Fahrradprojekt MVGmeinRad. - Foto: Mainzer Mobilität
Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne, 2. von links) setzt in Sachen Verkehrs vor allem aufs Rad – hier beim Fahrradprojekt MVGmeinRad. – Foto: Mainzer Mobilität

Besonders viel in der Kritik steht die zweite Grüne im Stadtvorstand: Verkehrs- und Umweltdezernentin Katrin Eder. Erst im November 2018 wurde Eder für eine zweite Amtszeit wiedergewählt, vor allem an der Verkehrspolitik der 42 Jahre alten Politologin entzünden sich regelmäßig heftige Debatten in Mainz. Mit ihrem konsequenten Eintreten für eine Verkehrswende mit mehr Radverkehr und mehr Grün in der Stadt wurde Eder schnell zu einer Reizfigur, regelmäßig werfen ihr Kritiker eine ideologische Verkehrspolitik vor. Dazu ist Eders Bilanz durchaus durchwachsen: Unter ihr habe die Stadt 3.000 Bäume im Stadtgebiet gefällt, ganze 650 Meter Radweg habe sie geschaffen, rechnete jüngst die CDU-Opposition vor.

Tatsächlich gehört heute die Forderung nach „mehr Grün in der Stadt“ zu einer der wichtigsten Wünsche der Mainzer Bürger. Die Ampel-Koalition hat die Innenstadt konsequent nachverdichtet, es gilt absolute Priorität von Bauen im Inneren vor außen. Einen neuen Stadtteil, wie ihn die CDU vorgeschlagen hat, lehnen SPD und Grüne gleichermaßen ab – von den Grünen war in den vergangenen Jahren an Vorschlägen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums wenig zu sehen und hören. Das Thema überließ man der SPD, die fast jede Nachverdichtung in Mainz genehmigte – auch auf Flächen wie den Schrebergärten am Linsenberg. Einen Protest der grünen Umweltdezernentin hörte man nicht.

Grünes Wahlplakat für mehr Grünflächen in der Stadt, Kommunalwahl 2019. - Foto: gik
„Klar! für mehr Grünflächen“ in der Stadt, so werben die Grünen bei der Kommunalwahl 2019. Das Plakat hängt in Mainz-Zahlbach – unmittelbar an der Stelle, wo eine große Grünanlage einem massiven Neubauprojekt weichen soll. – Foto: gik

„Klar! für mehr Grünflächen“, plakatieren die Grünen im Kommunalwahlkampf 2019 nun wieder – in Zahlbach hängt das Plakat genau vor der Wiese an den Römersteinen, wo nach dem Willen der Ampel-Koalition ein neues Stadtquartier mit bis zu fünf neuen Gebäuden entstehen soll, Anteil der Sozialwohnungen: laut Projektentwickler 10 Prozent. Das Zahlbacher Tal gehört zu den wichtigsten und letzten Frischluftschneisen für die Mainzer Innenstadt, eine so massive Bebauung wie geplant, würde das erheblich beeinträchtigen, warnte die ÖDP bereits vor zwei Jahren – zudem würde hier eine der wenigen innenstadtnahen Grünanlagen zugebaut. Protest der Grünen: keiner.

„Wir Grüne stehen für eine nachhaltige Stadtentwicklung, die gleichzeitig die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum fördert und ermöglicht“, heißt es im Wahlprogramm. Gerade in den vergangenen fünf Jahren erreichten Mieten und Immobilienpreise ein neues Rekordhoch in Mainz, die Stadt ist inzwischen eine der teuersten Städte der Republik – eine Wende ist nicht in Sicht.

Auch beim Thema Verkehr hakt es: Der Radwegebau in Mainz kommt nicht voran, der Ausbau des Busnetzes ebensowenig. Zwar wurde im Dezember 2016 die neue Mainzelbahnstrecke eingeweiht, die Endabrechnung liegt bis heute ebensowenig vor – wie teuer das Projekt am Ende war, ist unklar. Auch die Probleme der Anwohner in Mainz-Bretzenheim mit schwankenden Betten und klapperndem Geschirr in den Wänden sind bislang nicht behoben. Im Sommer 2017 kam es fast zur Revolte wegen Eders Baustellen-Management – das Mainzer Baustellenchaos war sogar überregional zur Lachnummer geworden. Das versprochene neue Baustellenmanagement harrt bislang noch der Umsetzung.

Grünes Wahlplakat zum Thema Verkehr, Kommunalwahl 2019. - Grafik: Grüne
Grünes Wahlplakat zum Thema Verkehr, Kommunalwahl 2019. – Grafik: Grüne

Die Opposition wirft der Dezernentin derweil vor, keinerlei Konzept für eine integrierte Verkehrsplanung zu haben. Sogar vom Koalitionspartner SPD gab es jüngst geharnischte Kritik: Eder vertrete bei der Citybahn nicht Mainzer Interessen, die Dezernentin müsse sich gegen überdimensionierte Doppeltraktion-Züge verwehren.  „Im Gegensatz zur Verweigerungshaltung der SPD, kämpfen wir GRÜNE für saubere Luft in der Altstadt“, konterten die Grünen. Einträchtig monierte der Ortsbeirat Altstadt in der letzten Stadtratssitzung vor der Wahl hingegen, dass eine durchgehende Sanierung des Rheinufers seit Jahren nicht voran komme.

Im Streit um die Dieselfahrverbote legte Eder einen ambitionierten Masterplan für besseren Klimaschutz in Mainz vor, ob sich damit Fahrverbote wirklich abwenden lassen, wird sich erst Ende Juni zeigen: Sinken die Stickoxidwerte bis dahin auf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, muss Mainz keine Dieselfahrverbote verhängen. Trotz grüner Verkehrsdezernentin übt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) so scharfe Kritik an Mainz wie an kaum einer anderen Stadt: In Mainz gebe es keinerlei Problembewusstsein für die dicke Luft, man sperre sich gegen jede Lösung, kritisierte die DUH die Stadt Mainz im Februar – und lobte im gleichen Atemzug den grünen Wiesbadener Verkehrsdezernenten Andreas Kowol.

In die Kommunalwahl ziehen die Grünen derweil mit ihrer Fraktionschefin Sylvia Köbler-Groß auf Platz eins. Inhaltlich blieb die Hausfrau aus Mainz-Gosenheim in den vergangenen fünf Jahren blass. „Ich mache Tagesgeschäft“, sagte Köbler-Groß im September 2018 auf dem grünen Listenparteitag, und bilanzierte: „Es ist uns gelungen, fast alles aus dem Koalitionsvertrag von 2014 umzusetzen, und genau in der Intention, wie wir das wollten.“ Als Erfolge nannte sie ökologische Lebensqualität für alle, eine konsequente Haushaltspolitik, Investitionen in Kitas, die Rettung des KUZ 2.0 und die Neuaufstellung der Mainzer Altenheime. An der Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge seien die Grünen maßgeblich beteiligt gewesen, an der Einführung eines echten Sozialtickets arbeite man.

Umstrittene Fahrradregelung mit Piktogrammen auf der Straße in der Mainzer Oberstadt. - Foto: gik
Piktogramme auf der Straße statt eigener Fahrradweg: Bis heute umstritten ist die neue Fahrradregelung an der Goldgrube in der Mainzer Oberstadt umstritten. – Foto: gik

Die Radfahrmittel seien aufgestockt worden, es sei gelungen, die Streichung der Stelle der Radfahrbeauftragten zu verhindern. „Laute Forderungen nach einem fahrscheinlosen ÖPNV ohne Ausgleich bringen uns nicht weiter“, sagte Köbler-Groß. Die Grünen hätten in den vergangenen zehn Jahren „viel erreicht“, auch wenn „noch nicht alle Baustellen erledigt sind.“ Baustellen bedeuteten „Korrektur, Verbesserung, Erneuerung, Verschönerung, Investitionen – also keinen Stillstand“, betonte Köbler-Groß.

Auf Platz zwei der Grünen-Liste tritt mit dem Elektroingenieur Marcel Kühne ein neues Gesicht an, auf Platz vier der profilierteste Grüne der vergangen Stadtratsfraktion: Brian Huck, Ortsvorsteher der Mainzer Altstadt, leistete sich in den vergangenen Jahren durchaus auch mal eine eigene Meinung, insbesondere wenn es um das Einkaufszentrum auf der Ludwigsstraße ging. Huck warnte explizit vor dem Verkauf der öffentlichen Plätze zwischen den Pavillons auf der Ludwigsstraße und warf auch seiner Partei vor, die Leitlinien der Stadt für die Bebauung des Quartiers zu kippen – seine Partei war wenig glücklich über den streitbaren Altstädter.

Grünes Wahlplakat zum Thema Wohnen, Kommunalwahl 2019. - Grafik: Grüne
Grünes Wahlplakat zum Thema Wohnen, Kommunalwahl 2019. – Grafik: Grüne

Für die kommenden Jahre wollen die Grünen das Straßenbahnnetz weiter ausbauen und die Große Bleiche autofrei machen, „die preisliche Attraktivität des ÖPNV“ soll steigen – wie genau, sagen die Grünen nicht. „Wir fordern das rheinhessische Umland auf, den ÖPNV attraktiv zu entwickeln“, heißt es im Wahlprogramm, und weiter: „Wir erwarten, dass der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) die Verbindungen nach Frankfurt und ins Rhein-Main-Gebiet verbessert, um für Pendelnde bessere Alternativen anzubieten.“ Der Weg zur „Fahrradstadt Mainz“ soll weiter fortgesetzt werden, Radwege vermehrt auf die Straße verlagert werden. Im Umfeld von Kitas und Schulen soll Tempo 30 gelten, innerstädtische Strecken mit Tempo 30, Tempo 20 und verkehrsberuhigten Bereichen generell ausgeweitet werden. Eine neue Rheinbrücke lehnen die Grünen ebenso ab wie einen Ausbau der Rheinhessenstraße Aussagen zum Thema Autoverkehr sucht man im Programm vergeblich.

„Klar!“ lautet das übergreifende Motto der Mainzer Grünen in dieser Wahlkampagne, die Grünen spielen damit auf ihre Konstanz in Klima- und Umweltfragen an. Wie „klar“ die Mainzer aber die Politik der Grünen finden, wird sich am 26. Mai zeigen: Entweder können die Mainzer Grünen von dem neuen bundesweiten Hype um ihre Partei profitieren, oder die Mainzer stellen den Grünen ein Zeugnis für ihre Arbeit vor Ort aus – womöglich entlädt sich dann an der Wahlurne vieles der Kritik der vergangenen Jahre.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Wahlprogramm der Mainzer Grünen findet Ihr hier im Internet. Und falls Ihr Euch wundert, warum dieser Text so viel Analyse und so wenige direkte Aussagen der Grünen enthält – nun: Dreimal haben wir die Grünen gebeten, uns Material zukommen zu lassen über Wahlprogramm, Bilanz und Ausblick. Wir warten immer noch. Die Grünen im Wahlkampfendspurt könnt Ihr noch einmal hier treffen:

  • Samstag, 25.05., 10 Uhr, Lindenplatz – Diskussionsrunde „Grüne Ortsentwicklung“ mit Katrin Eder
  • Samstag, 25.05., 12:30 Uhr, Hintz und Kuntz – Triff Robert Habeck in Mainz!
  • Samstag, 25.05., 18 Uhr, Start: Straßenbahndepot – TRAMbazamba – Die Mainzer Straßenbahnparty!

Kommunalwahl&: Dieser Artikel ist Teil unserer Serie im Vorfeld der Kommunalwahl, dabei stellen wir (nach Möglichkeit) alle bisher im Stadtrat vertretenen Parteien in einer Analyse und mit ihren Wahlprogrammen vor. Die anderen Artikel findet Ihr hier:

Weitere Artikel zur Kommunalwahl:

 

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Linke: Mit Sozialismus, Solidarität und bezahlbarem Wohnraum in die Kommunalwahl 2019

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Die Linke in Mainz versteht sich konsequent als soziale und wahre linke Alternative zu den anderen Parteien – sie sieht sich als anti-neoliberal, sozialistisch und solidarisch. Verankert ist sie im linken Arbeiter- und Studentenmilieu der Mainzer Neustadt, ihre Themen: ein sozialer Aufbruch, Solidarität, günstiger Wohnraum. Mit diesen Themen zieht die Linke auf in den Kommunalwahlkampf 2019 und hofft auf Zugewinne – im Stadtrat konnte sie in den vergangenen fünf Jahren keine großen Akzente setzen.

Die Truppe der Linken Mainz-Bingen - Foto: Linke
Die Truppe der Linken Mainz-Bingen – Foto: Linke

4,6 Prozent erzielte die Linke bei der Kommunalwahl 2014, mit dem Zuwachs konnte die Partei ihre Plätze im Mainzer Stadtrat auf drei steigern. Die neue Fraktion bestand zunächst aus der Fraktionsvorsitzenden Waltraud Hingst, Jasper Proske und Katharina Jahn, die später durch Zorlu Üna ersetzt wurde, später schloss sich auch Ex-Pirat Xander Dorn der Linksfraktion an. Fraktionschef war zuletzt Jasper Proske – er gehört auch zu den bekanntesten Gesichtern der Mainzer Linken auf der politischen Ebene, zusammen mit Neustadt-Ortsbeirat Sigi Aubel.

Frontmannn der Linken ist aber Kreischef Tupac Orellana, der 33-Jährige ist seit drei Jahren Kreischef der Linken Mainz-Bingen und seit 2014 Geschäftsführer der Linken-Stadtratsfraktion. Der Mann mit dem markanten Che Guevara-Bart, der auch gerne mal mit einer kubanischen Zigarre posiert, hat einen chilenischen Vater und eine deutsche Mutter. Gerade ist er in Elternzeit – gemeinsam mit der grünen Verkehrsdezernentin Katrin Eder hat Orellana jüngst Zwillingskinder bekommen. Politisch holte Orellana die Linke in Mainz aus ihrem Dahindümpeln, stellte Grabenkämpfe und Streitereien ab und tritt nun konsequenterweise als Spitzenkandidat für den Mainzer Stadtrat an.

Linken-Spitzenkandidat Tupac Orellana. - Foto: linke
Linken-Spitzenkandidat Tupac Orellana. – Foto: linke

„Wir sind die einzige Kraft, die sich gegen soziale Kälte, rechte Hetze und Alternativlosigkeit stellt“, sagte Orellana auf einem Parteitag im Januar 2018. Die Linke müsse „die Erwerbslosen ermächtigen, sich aus der Hartz IV-Falle zu befreien“, sie müsse „Korruption und Profitgier in Politik und Wirtschaft aufdecken.“ Als Erfolge seiner Bilanz als Kreischef nannte er bei seiner Wiederwahl im Januar 2018: „Wir konnten den Kontakt zu den Gewerkschaften stärken, haben uns Vertrauen in der antifaschistischen Szene erarbeitet, uns in der Flüchtlingssolidarität bekannt gemacht und gemeinsam mit der kurdischen Community so manche Demo und Kundgebung gemeistert.“ Gemeinsam mit einem guten Team habe er „den Kreisverband aus der Paralyse geholt“ und bei der Bundestagswahl 2017 das beste Wahlergebnis der linken Parteigeschichte erreicht.

10 Jahre sitzt Die Linke nun im Mainzer Rathaus, eine echte Durchschlagskraft entwickelte sie dort bislang nicht. Ihre natürlichen Koalitionspartner wären am ehesten SPD und Grüne, die koalieren seit zehn Jahren aber lieber mit der FDP – im Oppositionslager mit CDU, Freien Wählern und ÖDP gibt es wenig Gemeinsamkeiten. Die Linke kümmerte sich vorwiegend um Themen wie bezahlbares Wohnen, forderte, Grundstück und Immobilie des Taubertsbergabdes in städtischer Hand zu belassen und fragte kritisch bei der geplanten Deponie im Weisenauer Steinbruch nach. Gemeinsam mit der ÖDP (!) stellte sie im September 2018 die schrittweise Umstellung des Essens in städtischen Kitas auf Frischeküche – vergebens.

Kandidiert auf Platz zwei für die Stadtratsliste der Linken: Carmen Maurer. - Foto: Linke
Kandidiert auf Platz zwei für die Stadtratsliste der Linken: Carmen Maurer. – Foto: Linke

In den vergangenen Jahren seien die Anträge der Linken „jedes Mal abgeschmettert“ worden, klagt die Partei. Ihr größter Erfolg: Im April beschloss der Stadtrat auf Antrag der Linken, sich der Initiative „sicherer Hafen für Menschen aus Seenot“ anzuschließen.

Ko-Spitzenkandidatin der Linken ist die auf Platz zwei kandidierende Grafikdesignerin Carmen Mauerer. Die 31-Jährige ist bislang auf der politischen Bühne der Stadt nicht in Erscheinung getreten, sie beschreibt sich selbst als aktiv in der Flüchtlingshilfe und für Umweltschutz, Feminismus und Anti-Rassismus. Sie sei Mitorganisatorin des gemeinnützigen Herzblick-Festivals und des soziokulturellen Treffpunkts „Zum Bauwagen“ an der Planke Nord.

Auf Platz drei steht die Studentin Leonie Sayer, die 22-Jährige  studiert Philosophie und Politik und arbeitet neben dem Studium als Wohngruppenbetreuerin für unbegleitete minderjährige Geflüchtete und in einem Kinderheim. „Die soziale Frage muss wieder mehr in den Vordergrund gerückt werden, um die Missstände in unserer kapitalistischen Gesellschaft anzuprangern“, findet Sayer. Sie wolle sich im Stadtrat „für eine soziale Wende in Mainz einsetzen, die Menschen mit kleinem Geldbeutel nicht gegeneinander ausspielt, sondern gegen gesellschaftliche Spaltungsprozesse entschieden vorgeht und den Mut hat nach oben und nicht nach unten zu greifen.“

Trat schon als Direktkandidat der Linken für den Bundestag an: Martin Malcherek. - Foto: gik
Trat schon als Direktkandidat der Linken für den Bundestag an: Martin Malcherek. – Foto: gik

Auf Platz vier steht der Rechtsanwalt Martin Malcherek, de 46-Jährige trat schon bei der Bundestagswahl 2017 als Kandidat der Linken an – mit einem unkonventionellen, frischen Wahlkampf. „In der Mainzer Politik muss endlich ankommen, dass die großen Probleme unserer Zeit auch vor Mainz nicht halt machen“, findet Malcherek. Klimawandel, Mietenwahnsinn, Armut und Verdrängung seien längst im Mainzer Alltag angekommen und müssten auch hier bekämpft werden. „Ein „Weiter so“ kann und darf es nicht geben“, fordert Malcherek: „Wir brauchen einen radikalen Politikwechsel.“

Die Linke fordert deshalb auch Autos raus aus der Stadt, den Ausbau des ÖPNV, ein 365-Euro-Ticket sowie ein echtes Sozialticket für Mainz. und die aktive Unterstützung „der Kreativszene von Weltstadtniveau“ mit Ateliers, Proberäumen und Auftrittsmöglichkeiten.

Umfangreichster Antrag der Linken im Stadtrat war zudem ihre Forderung eines Masterplans für Wohnraum im November 2018. Die Linke habe schon im Kommunalwahlkampf 2014 ein Programm zum Bau von mittelfristig 15.000 Wohneinheiten gefordert, „zu Recht, wie sich heute bewahrheitet“, heißt es da. Stattdessen seien von den rund 4.200 durch private Investoren entstandenen Wohnungen lediglich zwei Prozent geförderter Wohnraum – „die städtebaulichen Vorgaben der Stadt Mainz haben sich als untaugliches Instrument erwiesen“, kritisiert die Linke. Besonders die Preisentwicklung im Zollhafen sei „völlig aus dem Ruder gelaufen.“

Die Linke fordert deshalb ein ein wohnungspolitisches Handlungskonzept, das die Bedarfe einzelner Stadtteile und Bevölkerungsgruppen benennt, sowie ein eigenständiges kommunales Wohnungsbauprogramm für den Bau von Sozialwohnungen und den Ankauf von Belegungsbindungen. Ziel sei für 10 Jahre die Schaffung von 2.000 Wohnungen pro Jahr mit Bindungen von mindestens 40 Jahren. Bei allen Neubauvorhaben brauche es einen Pflichtanteil von mindestens 30 Prozent Sozialwohnungen sowie die Einführung sozialer Erhaltungssatzungen, um die Wohn-Zusammensetzung bestimmter Quartiere zu schützen und Mietsteigerungen und Verdrängung offensiv zu begegnen. Eine aktive Bodenpolitik und der Stopp des Verkaufs städtischer Grundstücke runden das Programm ab.

„Für viele soziale Projekte hätte es eine Ratsmehrheit aus SPD, Grünen und Linken gegeben, doch SPD und GRÜNE haben sich lieber hinter der FDP versteckt um ihr Wahlprogramm aus dem Jahre 2014 nicht umsetzen zu müssen“, kritisiert das linke Spitzenduo. Deshalb wolle die Linke 2019 noch mehr Vertreter in den Stadtrat schicken, „um die Blockade der Ampel endlich zu durchbrechen.“ Der Mainzer Stadtrat müsse „wieder relevante Entscheidungen nach der Wichtigkeit für die Menschen in Mainz treffen und nicht nach Parteibuch der Antragstellenden.“ Ob die Mainzer das auch so sehen, zeigt sich am 26. Mai.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Wahlprogramm der Mainzer Linken findet Ihr auf dieser Internetseite – ein komplettes Wahlprogramm haben wir da nicht gefunden. Wir hatten  übrigens die Linke gebeten, uns weitere Informationen sowie eben dieses Wahlprogramm zu schicken – auf die Email warten wir noch heute…

Kommunalwahl&: Dieser Artikel ist Teil unserer Serie im Vorfeld der Kommunalwahl, dabei stellen wir (nach Möglichkeit) alle bisher im Stadtrat vertretenen Parteien in einer Analyse und mit ihren Wahlprogrammen vor. Die anderen Artikel findet Ihr hier:

Weitere Artikel zur Kommunalwahl:

 

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„Summer Wine“ im Weingut Stenner vom 23. bis 26. Mai 2019

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Sonne im Gesicht, Wein im Glas und Musik in den Ohren: Das Weingut Bernhard Stenner lädt Euch vom 23. bis 26. Mai 2019 zum „Summer Wine“ in den Aussiedlerhof an der Alten Militärstraße in Mainz-Hechtsheim ein. Seele baumeln lassen, dem Alltag entfliehen und die neue rheinhessische Lebensart genießen. Bringt Eure Familie, Freunde und Lieblingsmenschen mit und läutet mit uns gemeinsam den Sommer ein! Infos hier bei Facebook.

ZEITEN

  • DO 18.00 – 00.00  After Work Party
  • FR 18.00 – 00.00  OPEN AIR mit DJ
  • SA 18.00 – 00.00  OPEN AIR mit DJ
  • SO 14.00 – 22.00  FAMILIENTAG

GETRÄNKE:

  • WEIN – Wein&Gut Bernhard Stenner
  • WEIN – Rainers Riesling
  • GIN TONIC

ESSEN

  • Tischdecker & Wurstgefühle
  • Frau Schmidt Cakery

Specials:

  • Samstag 16.30 bis 18.00 Uhr Handlettering Workshop mit Korliane, Anmeldung erforderlich
  • Sonntag: Familien Tag mit Hüpfburg, Glitzer Tattoos und Kasperle Theater

 

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