Sie ist die größte Messe kleiner Verlage weltweit: Kommende Woche, vom 4. bis 7. Juni, findet in Mainz die 23. Mainzer Minipressenmesse statt. Es ist eine Messe für kleine Verlage, Mini-Bücher, Zeitschriften, mittelalterliche Buchmalereien, Spiele und die Welt der Druckkunst. Alle zwei Jahre trifft sich diese Szene in Mainz, bis 2011 noch in den legendären Zelten am Rheinufer. Doch 2013 zog die Messe in die Rheingoldhalle um, hier erwarten die Besucher – bei freiem Eintritt! – rund 250 Kleinverlage und ein feines Beiprogramm.

MMP Gründer Norbert Kubatzki mit Plakat der 1. MMP - Foto MMP
Minipressenmesse-Gründer Nobert Kubatzki mit dem Plakat der 1. MMP-Messe 1970 – Foto: MMP

„Ich bin so was von froh, dass wir die Minipressenmesse haben“, schwärmte die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung des Programms: Jedes Jahr gebe es so viele Schätze an Büchern, Zeitschriften und Druckkunst zu entdecken, „für Buch affine Menschen ist das ein echtes Paradies!“

Wie wahr: Seit 1970 gibt die vom Mainzer Kleinverleger Norbert Kubatzki nach einem Frankfurter Vorbild aus der Taufe gehobene Minipressenmesse den Kleinen der Branche eine Heimat. Hier gibt es Comics und Klassik, bibliophile Ausgaben und Bücher in Packpapier, Fotokarten, mittelalterliche Buchmalerei bis hin zu Kalligraphie und Pop-Art. Zu Gast sind Verlage, Autoren, Handpressen, Galerien, Publikationsinitiativen, und, und, und.

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Die Minipressenmesse selbst beschreibt ihre Aussteller so: „Wie sehr sich die Aussteller in ihren Erzeugnissen auch unterscheiden – eines ist ihnen allen gemeinsam: sie betreiben die verlegerische Tätigkeit nicht des geschäftlichen Erfolges wegen (auch wenn dieser durchaus willkommen ist), sondern aus Leidenschaft, Lust und Überzeugung, mit Wagemut und Spaß am Experiment.“

Klarer Fall: Wer Bücher liebt, darf diese Messe nicht versäumen. Da gibt es Verlage, die pro Jahr nur eine Handvoll Bücher herausgeben, Verlage für Buchunikate, für Kinderbücher und Spiele, Verlage, die jungen Autoren eine Chance geben – und sie dann an die großen Verlage verlieren, die das Geld mit ihnen machen.

Minipressenmesse - V.O.Stomps in seinem Schloss Sanssouris in Stierstadt - Foto MMP
V.O.Stomps in seinem „Schloss Sanssouris“ in Stierstadt – Foto: MMP

So ging es auch V.O. Stomps, dem geistigen Vater der Minipressenmesse. Victor Otto Stomps (1897– 1970) gilt als Vater der Kleinverlage und Minipressen und vereinigte in seiner Person – so die Homepage der Minipressenmesse – „die Traditionen des Selbstverlags wie auch der Privatpressen.“ Seine Ideen von Literatur und Buchgestaltung verwirklichte er hauptsächlich in drei Verlagen, schon die 1925 im Alter von 28 Jahren in Berlin gegründete „Rabenpresse“ war ein Protest gegen die Dominanz der Riesenauflage.

1954 zog Stomps mit seiner Eremiten-Presse nach Stierstadt in den Taunus, wo er in einem alten Fachwerkhaus – von Stomps „Schloß Sanssouris“ genannt – lebte und arbeitete, auch als Schriftsteller und Autor. Stomps bekam für sein Werk immerhin 1965 den Theodor-Fontane Literaturpreis der Stadt Berlin. „Sowohl als Verleger als auch als Schriftsteller förderte Stomps Freiräume, in denen sich künstlerisches und geistiges Leben überhaupt erst entfalten kann“, heißt es – wie modern das klingt… Mit seinen Verlagen versuchte er, im Kleinen solche Freiräume zu ermöglichen.

MMP - Stomps-Preisträgerin Birgit Reichert Wickelbuch - Foto Sonnenberg Presse
Wickelbuch der Stomps-Preisträgerin 2015 Birigit Reichert von der Sonnenberg Presse – Foto: Sonnenberg Presse

1970 starb Stomps nach einer mehr als 40 Jahre dauernden Verlegertätigkeit mit 300 Autoren und Büchern – in Armut. Seine Idee einer Minipressenmesse sah er selbst nicht mehr verwirklicht. Dafür ist heute der Preis der Minipressenmesse nach ihm benannt: Mit dem V.O.Stomps-Preis wird seit 1979 ein Verlag oder eine Person für bedeutende Einzeleditionen oder das gesamte Schaffen eines Verlegers, Graphikers, oder Literaten ausgezeichnet. Der V.O.Stomps-Förderpreis soll zudem hoffnungsvolle Ansätze und Entwicklungen im kleinverlegerischen Bereich ermutigen und fördern. Der Hauptpreis ist mit 3.500,- Euro dotiert und bezieht sich auf die Bereiche Handpresse, Kleinverlag und Zeitschrift. Für den Förderpreis gibt es 1.500 Euro.

In diesem Jahr geht der Hauptpreis an die Sonnenberg Presse in Chemnitz, ein von Frauen geleiteter Kleinverlag für liebevolle Bücher, Grafiken, Drucke und Kalender. Dazu gibt die Sonnenberg Presse eine Lyrikzeitschrift heraus, die insbesondere jungen Autoren ein Forum gibt und die Texte mit Originalgrafiken verziert. Zum ersten Mal werden die Stomps-Preisträger zudem mit einer Ausstellung im Gutenberg-Museum geehrt, derzeit sind dort Werke des Preisträgers von 2013, dem Berliner Christian Ewald zu sehen.

MMP - Ausstellung Gutenberg-Museum 1
Präsentieren die aktuelle MMP-Ausstellung im Gutenberg-Museum: Museumschefin Annette Ludwig, Kulturdezernentin Marianne Grosse und MMP-Macher Jürgen Kipp – Foto: gik

„Wir wollen die Preisträger zudem nicht wie in der Vergangenheit irgendwo auf der Messe verstecken, sondern sie prominent am Anfang der Messe präsentieren“, sagte Annette Ludwig, Direktorin des Gutenberg-Museums: „Wir wollen damit eine Willkommenskultur begründen.“ Für den Preis wurden insgesamt 85 Vorschläge für 110 Personen eingereicht. Das Gutenberg.Museum wiederum beherbergt seit 25 Jahren das Minipressenarchiv in seinem Haus mehr als 2.000 Zeitschriften mit rund 20.000 Heften sowie 5.000 Büchern und 30.000 Verlagsprojekten – eine einzigartige Sammlung.

Auf der Minipressenmesse präsentieren sich kommende Woche nun knapp 250 Kleinverlage, darunter widmen sich 119 der Buchkunst, 35 Kunst und Kultur, 24 der Literatur sowie 15 dem Thema Kinder, Jugendliche und Spiele. Zwei sind reine wissenschaftliche Verlage, neun Aussteller widmen sich Zeitschriften. Knapp zehn Prozent der Aussteller kommen übrigens aus dem Ausland, aus Belgien, Großbritannien, Irland, den Niederlanden und der Schweiz. Sogar ein Verlag aus Mauritius kommt mit seinen Weltkarten, eine Künstlerin aus Süd-Kroea zeigt ihre Mail-Art-Kunstwerke.

Minipressenmesse Besucher bummeln - Foto Minipressenmesse
Besucher bummeln über die MMP – hier noch im Zelt – Foto: MMP

Doch die Minipressenmesse ist nicht nur eine Verlags- und Verkaufsmesse, auch Autoren auf der Suche nach einem Verlag sind hier richtig. Für sie (und alle anderen Interessierten) gibt es am Freitag, den 5. Juni ein Seminarprogramm im Rathaus zu E-Books und zu Selfpublishing Dank Internet. Zu Gast ist unter anderem Matthias Matting, den Grosse als den erfolgreichsten Self-Publisher bezeichnete.

Daneben gibt es einen Poetry-Slam im Gutenberg-Museum, ein Kinderprogramm und am Samstag ein Marathonleseprogramm, zu dem schon jetzt mehr als 80 Einzellesungen angemeldet sind. Zu den Sonderaktionen gehören unter anderem Papier schöpfen, verschiedene Drucktechniken und die Vorstellung des Vereins „Bücher Frauen e.V./ Women in Publishing“.

Info& auf Mainz&: 23. Mainzer Minipressenmesse vom 4. bis 7. Juni 2015, Rheingoldhalle. Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr, Samstag 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr, Sonntag 10.00 Uhr bis 17.30 Uhr. Eintritt frei. Alle Informationen samt Programm und Ausstellerverzeichnis findet Ihr unter www.minipresse.de.

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