Die Kritik an der Neuordnung des Mainzer Wirtschaftsdezernats wird nicht leiser, sie wird lauter: Am Wochenende war in den Narrensälen deutliche Kritik an dem Plan zu vernehmen, zusätzlich zum bestehenden Wirtschaftsdezernat der hauptamtlichen Dezernentin Manuela Matz (CDU) noch einen ehrenamtlich tätigen Wirtschaftsdezernenten zu schaffen. „Die Mindestkosten dürften problemlos die Grenze von 100.000 Euro pro Jahr sprengen“, schätzt der Bund der Steuerzahler. Auch die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU (MIT) verurteilt „die Zerschlagung des Wirtschaftsdezernates der Stadt Mainz aus rein machtpolitischen und sachfremden Überlegungen.“ Doch auch in der Wirtschaft regt sich zunehmend Protest: „Das ist armselig“, schimpfte nun der Mainzer Finanzexperte Antonio Sommese: „Ich finde das absolut unwürdig, dass wir nur noch Ehrenamt sind.“

Zieht in das Mainzer Rathaus ein zusätzlicher ehrenamtlicher Wirtschaftsdezernent ein? In der Wirtschaft regt sich Kritik. - Foto: gik
Zieht in das Mainzer Rathaus ein zusätzlicher ehrenamtlicher Wirtschaftsdezernent ein? In der Wirtschaft regt sich Kritik. – Foto: gik

Mit Sommese meldet sich nun zum ersten Mal ein Unternehmer aus Mainzer Wirtschaftskreisen in der Causa zu Wort: „Einen ehrenamtlichen Dezernenten für ein so wichtiges Ressort wie Wirtschaft, und das in einer verschuldeten Stadt – was soll das?“, fragte der selbstständige Unternehmer auf Facebook und schimpfte: „Sie nehmen uns Unternehmer nicht ernst!“ Sommese richtete seine Kritik explizit an die Mainzer FDP, deren Vorsitzender David Dietz den Vorschlag gemacht und auch verteidigt hat: Es gehe „um das Thema Führung, ist der Kopf da oben in der Lage“, eine Neuaufstellung der Wirtschaftsförderung zu gestalten, sagte Dietz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages: Die seit einem Jahr amtierende hauptamtliche Dezernentin Matz habe bisher aber „nicht die Ergebnisse gezeigt, dass wir ihr das zutrauen.“

Dietz berief sich bei seiner Analyse auch auf Stimmen aus der Wirtschaft, dem widerspricht nun Unternehmer Sommese: „Ich stehe mit meiner Meinung nicht alleine“, sagte er im Gespräch mit Mainz&, „ich kenne unzählige Unternehmer, die das genauso sehen.“ Wenn man ein neues Dezernat mit neuen Strukturen schafft, „bis die so weit sind, das heißt doch nur Stillstand“, kritisierte Sommese: „Das ist Steuergeldverschwendung, das sind Ausgaben für Dinge, die kein Mensch braucht.“ Auch der Bund der Steuerzahler hatte den Plan bereits scharf kritisiert, nun schätzte Geschäftsführer Réné Quante die Kosten für ein solches neues Dezernat auf mindestens 100.000 Euro pro Jahr – ohne Dienstwagen. Einem ehrenamtlichen Beigeordneten stehen laut Gemeindeordnung allein 3.210 Euro monatlich an Aufwandsentschädigung zu.

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Die amtierende Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) soll nicht mehr für die Wirtschaft zuständig sein. - Foto: gik
Die amtierende Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) soll nicht mehr für die Wirtschaft zuständig sein. – Foto: gik

„Mainz ist eine hoch verschuldete Stadt, und die denken nur an ihre eigenen Posten und Image, das ist Betrug am Bürger“, schimpft Sommese, der auch im Vorstand der Bürgerinitiative Mainz 21 gegen die Weisenauer Deponie ist. Ob man die amtierende Dezernentin Matz möge oder nicht, „die sollen gemeinsam für den Bürger kämpfen, auch wenn die Matz in der ‚falschen‘ Partei ist“, sagte er. Ihm selbst habe Matz schnell und gut bei Problemen mit schnellem Internet in Weisenau geholfen, „sie hat ihren Job gemacht“, berichtete Sommese. Es brauche doch mehr Zusammenarbeit und mehr Kooperation anstatt mehr Gegeneinander.

Er selbst habe sich bislang als Unternehmer durchaus der FDP nah gefühlt, sagte Sommese weiter, aber der Vorgang jetzt ärgere ihn maßlos. „Geld auszugeben für eigene Eitelkeiten, das ist unwürdig, und das ist die falsche Partei für mich“, schimpfte er: „Da hat die FDP gezeigt, dass sie unwürdig ist für die Jobs.“

SPD, Grüne und FDP wollen am Donnerstagabend auf jeweils eigenen Parteitagen über den Koalitionsvertrag beraten und ihn beschließen – mit dem Passus zur Schaffung eines neuen Wirtschaftsdezernenten. Das Vertragswerk soll dann am Freitag unterzeichnet, am 25. März im Mainzer Stadtrat durch eine Änderung der Hauptsatzung die Stelle geschaffen werden. Die Oberhoheit über den Zuschnitt der Dezernate hat laut Gemeindeordnung der Oberbürgermeister, Michael Ebling (SPD) hatte wenige Stunden vor der Vorstellung des Koalitionsvertrages Matz von den Änderungen in Kenntnis gesetzt.

Wer kümmert sich künftig um die Wirtschaft in Mainz? - Foto: gik
Wer kümmert sich künftig um die Wirtschaft in Mainz? – Foto: gik

Die Vereinigung der Unternehmer in der CDU, die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU (MIT) in der Stadt Mainz und im Kreis Mainz-Bingen, forderte unterdessen die politischen Entscheidungsträger auf, das Wirtschaftsdezernat unter Leitung von Matz zu belassen und finanziell und personell besser auszustatten. „Mainz braucht eine starke und für jedermann eindeutig erkennbare Wirtschaftsdezernentin, dies sei Matz und solle es auch in Zukunft bleiben“, heißt es in dem Statement. Es gebe „keinen plausiblen Grund, ihrem Dezernat Kompetenzen zu entziehen.“

Ein für ganz Rheinland-Pfalz und die Region Rheinhessen so zentraler Wirtschaftsstandort wie die Stadt Mainz brauche ein hauptberufliches und professionell ausgestattetes Dezernat für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt, betonten die konservativen Wirtschaftsvertreter weiter. Es sei zudem „befremdlich, dass ausgerechnet die FDP in Mainz dies betreibt, nachdem der früher von ihr gestellte Wirtschaftsdezernent seine Aufgabe geradezu fluchtartig aufgegeben hat.“ Beide MIT-Kreisverbände forderten zudem eine engere Zusammenarbeit von Stadt und Landkreis bei der Entwicklung der Wirtschaft in der Region. Fragen wie etwa das Management von Gewerbe- und Wohnbauflächen, Ausbau der Verkehrswege, des ÖPNV, das Bildungs- und Berufsbildungsangebot und der weiterführenden Schulen müssten großräumiger geplant werden.

Info& auf Mainz&: Mehr zu der geplanten Schaffung des ehrenamtlichen Dezernates lest Ihr hier bei Mainz&, die Kritik der CDU könnt Ihr hier nachlesen, die Stellungnahme des Steuerzahlerbundes samt weiterer kritischer Stellungnahme gibt es hier zu lesen. Einen Kommentar zu der Angelegenheit gibt es hier: „Sitte und Anstand haben Mainz verlassen“.

 

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