Das ist ein starkes Zeichen: Mitten in der heißen Phase des Landtagswahlkampfes stellt sich ein breites Bündnis aller demokratischen Parteien am Samstag rechten Lügenpresse-Hetzern in den Weg. Am morgigen Samstag will ein Ableger der rechtspopulistischen Pegida, „Karlsruhe wehrt sich“, am Mainzer Südwestrundfunk gegen „den Lügenpresse-Funk“ demonstrieren. Dagegen wehrt sich ein ungemein breites Bündnis: SPD, Grüne, Gewerkschaften und dieses Mal auch CDU und FDP wollen für Presse- und Meinungsfreiheit und gegen Rechtspopulismus und Hetze gegen Medienschaffende protestieren.

Anti-Pegida-Demo Menge auf dem Weg zum Schillerplatz
Mainzer gegen Pegida – schon im Januar 2015 gingen Hunderte gegen die rechte Hetze auf die Straße – Foto: gik

Der Mainzer Hartenberg wird am Samstag wohl einiges an Verkehrsbehinderungen erleben: Die Polizei will beide Demonstrationen nämlich voneinander fernhalten und vom SWR Funkhaus ebenso. Die Demonstration für Pressefreiheit und unabhängige Berichterstattung findet deshalb in der Wallstraße statt. Es ist ein bemerkenswertes Bündnis, das die Mainzer Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner (Grüne), medienpolitische Sprecherin ihrer Partei und selbst langjährige Journalistin, ins Leben gerufen hat.

Journalisten – von Pegida tätlich angegriffen

„Es gibt Dinge, die sind wichtiger als Wahlkampf“, betont Rößner, „dazu gehört der Schutz der Pressefreiheit und unabhängiger Berichterstattung in Deutschland“ – und mitten im Wahlkampf üben ALLE Parteien den Schulterschluss dafür. „Allein im Jahr 2015 wurden mindestens 29 Medienschaffende in Deutschland von Teilnehmern rechtspopulistischer Veranstaltungen wie Pegida gewaltsam angegriffen“, schreibt das Bündnis in seinem Demo-Aufruf: „Es ist in unserer Demokratie aber völlig inakzeptabel, dass Journalistinnen und Journalisten zu ihrem Schutz nur noch unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen ihrer Arbeit nachgehen können.“

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Einer der Auslöser: Immer wieder wurden und werden Journalisten, die über die Pegioda-Demonstrationen in Dresden und Leipzig berichten, tätlich angegriffen. Zuletzt hatte die Leipziger Internet Zeitung angekündigt, nicht mehr über die Pegida-Demos berichten zu können – man werde von den Demonstranten zu stark bedroht und von den Polizeikräften nicht geschützt. „Wir, lokale Journalisten in Leipzig, werden zunehmend im Stich gelassen, unsere Kollegen vor Ort werden unausgesetzt bedroht und attackiert“, heißt es bei der L-IZ.

Die Pegida-Hexe reitet auf dem braunen Mob - Foto: gik
Die Pegida-Hexe reitet auf dem braunen Mob – auch in Mainz? – Foto: gik

Rößner: Gewalt gegen Journalisten ächten

Ein demokratisches Staatswesen dürfe aber auf keinen Fall „dunkle Flecken im Land entstehen lassen“, sondern müsse „in allen Ecken seines Landes dafür Sorge tragen, dass Medien die ihnen verfassungsrechtlich auferlegte Aufgabe zu berichten auch wahrnehmen können“, reagierte darauf Rößner, und forderte: „Es ist nun kurz vor zwölf, der Gewalt gegen Journalisten endlich Einhalt zu gebieten. Sonst kommt es zu einer Erosion der Pressefreiheit und damit unserer Demokratie.“

Die Vorfälle um die L-IZ zeigt, dass in anderen Gegenden Deutschlands bereits Realität ist, dass sich freie Presse gegen Hetze und sogar gegen tätliche Angriffe zur Wehr setzen muss – wer das nicht glaubt, lese die Chronik auf L-IZ „Ein Jahr mit Legida auf der Straße: Eine Chronik der Gewalt.

Bündnis aller Parteien für die Pressefreiheit – mitten im Wahlkampf

Damit es in Mainz so weit nicht kommt, stellen sich am Samstag Demokraten aller Fraktionen den rechten Hetzern in den Weg. Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker nutzten die weltweit wachsende Unsicherheit der Menschen, um „Hass und Hetze zu schüren, gerade auch gegen Medienschaffende“, heißt es im Demo-Aufruf. Begriffe wie „Lügenpresse“ oder „Systempresse“ dienten dabei dem Ziel, die Berichterstattung zu diskreditieren. „Diese Agitation erinnert an düstere Zeiten“, heißt es weiter – es sind die Methoden der Nationalsozialisten im beginnenden Dritten Reich.

Laut SWR hatte der Pegida-Ableger „Karlsruhe wehrt sich“ angekündigt, sich gegen den „Lügenpresse-Funk“ wehren zu wollen. Dahinter steckt laut Bündnis für Pressefreiheit die Rechtsaktivistin Ester Seitz, Gründerin des Bündnisses „Widerstand Ost West“, laut Spiegel.de ein Zusammenschluss von „Nationalisten, Islamgegnern und Hooligans.“ Dessen Aufmarsch führte im Juni 2015 in Frankfurt zu Randale und einem massiven Polizeiaufgebot. Auf Facebook sagt die Gruppe, in Mainz sei „Schwerpunkt die Manipulation des Deutschen Volkes durch die System-Einheitspresse!“ Für die Kundgebung in Mainz sind rund 200 Menschen angemeldet, erwartet werden vor allem auch einschlägige Redner aus der rechten Szene. Nach der Kundgebung soll es einen Marsch durch das Wohngebiet geben, den linke Gruppen blockieren wollen.

Plakat gemeinsam gegen Rassismus hinter martialischen Polizisten
Rund 700 Mainzer protestierten im Oktober 2015 gegen einen Auftritt der Pegida-Frontfrau Festerling in Mainz – Foto: gik

Zeichen gegen Aushöhlung der demokratischen Grundpfeiler

Das Bündnis für Pressefreiheit will nun den Anfängen wehren und deutlich zeigen, dass die Pressefreiheit in unserem Land nicht antastbar ist. „Die unabhängige Berichterstattung ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie, die Presse- und Meinungsfreiheit ein hart erkämpftes Gut“, betont das Bündnis: „Wir werden nicht zulassen, dass eine aufgehetzte Menschenmenge lautstark die Aushöhlung von Grundrechten fordert, die unsere Verfassung garantiert.“ Gemeinsam wolle man ein deutliches Zeichen setzen, „dass plumpe Hetze in Mainz, in Rheinland-Pfalz, im ganzen Land kein Gehör findet.“

Das Bemerkenswerte dabei: Nicht nur SPD, Linke und die Gewerkschaften schlossen sich umgehend dem Aufruf an. Im Gegensatz zu Demonstrationen gegen die Alternative für Deutschland (AfD) beteiligen sich in diesem Fall auch CDU und FDP öffentlich an der Kundgebung und rufen zur Teilnahme auf. „Die Mitte der Gesellschaft darf sich nicht spalten lassen“, sagte der Mainzer Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner (CDU) im SWR – das sei die Lehre aus der Weimarer Republik. Genau die war von den Nazis ausgehöhlt und schließlich durch Adolf Hitler beendet worden, auch weil das Vertrauen der Menschen in die demokratischen Institutionen durch braune Hetze untergraben worden war.

Das Bündnis für Pressefreiheit wird zudem unterstützt vom Presse Club Mainz, Reporter ohne Grenzen, dem Verband der Zeitungsverleger, dem Verband Rheinhessen gegen Rechts sowie dem AStA der Uni Mainz – und natürlich von Mainz&!

Info& auf Mainz&: Die Demonstration für Pressefreiheit und unabhängige Berichterstattung findet am 20. Februar 2016 um 14.00 Uhr in der Wallstraße, Höhe Hausnummer 52 statt. Teilnehmer werden gebeten, ausschließlich über die Wallstraße zur Veranstaltung zu kommen – andere Zugänge werden von der Polizei abgesperrt. Pegida will seine Kundgebung um 14.30 Uhr in der Nähe des SWR-Funkhauses abhalten. Mehr zum Bündnis für Pressefreiheit findet Ihr hier. Dazu hat ein Bündnnis linker Gruppen zur Gegendemo „Nazis in die Schranken weisen“ ab 12.00 Uhr am Hartenberg aufgerufen. Und die Evangelische Auferstehungsgemeinde Mainz und das Dekanat Mainz laden für 15.00 Uhr zu Andacht und Gegendemo gegen den „Lügenpresse“-Aufmarsch ein.

 

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