Mitte April stellte Investor Dirk Gemünden sein neues Konzept für das Einkaufszentrum an der Ludwigsstraße vor, nun will die Stadt Mainz ihre Bürger dazu befragen: Am 26. Juni findet die Bürgerbeteiligung zur Ludwigsstraße im Kurfürstlichen Schloss statt. Es soll ein offenes Bürgerforum werden, es soll Fragebogen geben und Gesprächsrunden mit Experten. Die spannende Frage dabei: Wie viel können die Bürger überhaupt noch mitentscheiden? Ganz festlegen dazu wollte sich die Stadtspitze dazu bei der Vorstellung nicht, Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) betonte aber, es gehe darum, Meinungen der Bürger zu dem Vorhaben zu hören – und die Frage der städtischen Flächen zu diskutieren.

Das neue Modell "Boulevard LU" von Investor Gemünden für ein Einkaufszentrum an der Ludwigsstraße. - Foto: gik
Das neue Modell „Boulevard LU“ von Investor Gemünden für ein Einkaufszentrum an der Ludwigsstraße. – Foto: gik

Gemünden hatte mit der Boulevard Lu GmbH Mitte April ein völlig neues Konzept für den Karstadt-Komplex an der Ludwigsstraße vorgestellt, mit rund 15.000 Quadratmeter Einkaufsfläche, aber auch einer offeneren Gestaltung als sie bislang durch den Investor ECE geplant war. Die heutige Grundstruktur der Pavillonsgestaltung soll im Prinzip erhalten bleiben, eine offene Eingangsgestaltung in eine Art Markthalle und einen Platz mit Freitreppe führen. „Wir öffnen die Plätze in das Gebäude hinein und ziehen so die Stadt in das Gebäude“, sagte Geschäftsführer Albrecht Graf von Pfeil bei der Vorstellung. Die Plätze sollten Tiefe bekommen und „heimeliger“ werden, auf ihnen städtisches Leben Einzug halten. Bislang aber gehören die Plätze zwischen den Pavillons noch immer der Stadt Mainz.

Gemünden hatte seit dem Scheitern des Investors ECE die zu dem Komplex gehörenden Gebäude sukzessive aufgekauft und am Ende das neue Konzept für den „Boulevard LU“ entwickelt. Ebling machte deutlich, dies sei „eine Idee des Projektträgers“, und genau dazu wolle die Stadt die Einschätzungen der Bürger hören. „Wir machen das Verfahren, um genau diese Debatte zu führen“, sagte Ebling. Die Stadt sei dabei, einen Bebauungsplan zu erarbeiten, dazu werde das Wettbewerbsverfahren vorbereitet, sagte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD). Dafür böten sich drei Themen an: Die Stadt will nun doch einen Wettbewerb für die städtebauliche Gesamtsituation zwischen dem Gutenbergplatz und dem Schillerplatz ausloben – bisher hatte Grosse das stets abgelehnt. Der Stadtrat hatte hingegen auf CDU-Initiative im April eine solche Gesamtplanung beschlossen.

- Werbung -
Werben auf Mainz&
Die heutige Ludwigsstraße in Mainz mit den vorgelagerten Pavillons vor dem Karstadtgebäude. - Foto: gik
Die heutige Ludwigsstraße in Mainz mit den vorgelagerten Pavillons vor dem Karstadtgebäude. – Foto: gik

Dazu soll es einen Realisierungswettbewerb für die Bebauung entlang der Fuststraße geben, der auch Ideen für eine Umgestaltung des Leuchter-Pavillons enthalten soll – auch wenn dieser Pavillon weiter in Privathand ist und bislang nicht zum Verkauf stand. Für die Zeit danach aber soll auch dieser wichtige Bereich der Ludwigsstraßen-Achse mitgedacht werden. Teil drei des Ideenwettbewerbs ist die Fassadenplanung für das Karstadt-Areal selbst.

Es gehe dabei auch um Fragen, wie ob der Leuchterpavillon noch etwas Höhe bekommen könne und wie hoch der Eingangsbereich zum Einkaufsbereich werden soll, sagte Grosse. Wichtige Sichtachsen zum Dom sollten aber festgehalten werden, dazu müsse ein funktionales Rahmenkonzept erarbeitet werden, das Wegebeziehungen für Radfahrer, Fußgänger und die Anlieferung klarstelle. Auf den Bürgerforen wolle man nun sehen, „was konkret aus der Bürgerschaft noch hineingenommen werden kann in die Planung“, sagte Grosse: „Wir wollen, dass die Anliegen der Bürger dokumentiert werden.“ Die Entscheidung träfen aber am Ende der Stadtrat und seine Gremien.

Der sogenannte Leuchter-Pavillon (rechts) auf der LU vor dem Karstadthaus, die Besitzer verweigerten jahrelang einen Verkauf an den Investor ECE. - Foto: gik
Der sogenannte Leuchter-Pavillon (rechts) auf der LU vor dem Karstadthaus, die Besitzer verweigerten jahrelang einen Verkauf an den Investor ECE. – Foto: gik

Die offene Frage ist denn auch: Was können die Bürger eigentlich noch mitentscheiden bei der Entwicklung des Karstadt-Areals? „Wir sind nicht mehr im Ideenwettbewerb, wir sind kurz vor dem Realisationsstart“, machte denn auch Erik Flügge von der Agentur Squirrel & Nuts klar. Flügges Agentur ist auf Beteiligungsverfahren bei städtischen Bauvorhaben spezialisiert, in dem Verfahren gehe es darum, Eingaben und Ideen für den städtebaulichen Wettbewerb zu erarbeiten, betonte Flügge. Es gebe aber auch Vorfestlegungen durch Ratsbeschlüsse und den Planungsstand, betonte er.

Auf dem Forum am 26. Juni soll zunächst genau dieses Konzept des Investors detailliert vorgestellt werden, dann werde die Gruppe halbiert, sagte Flügge: In einem Raum würden Mitarbeiter der Stadtverwaltung an Infoständen „die Bürger beraten“, dabei gehe es um Fragen wie Umweltschutz oder Verkehrsplanung, aber auch darum, „wirklich zu verstehen, wie die Planung ist.“ Ein „Bürgerdialog auf Augenhöhe“ solle das sein, wo Bürger qualifiziert und informiert am Ende ihre Eingaben machen könnten. In der zweiten Gruppe stünden Vertreter der Investoren zur Erläuterungen der Planung zur Verfügung, nach der Hälfte der Zeit werde getauscht.

Die Ludwigsstraße mit Karstadthaus, Pavillons und den öffentlichen Plätzen dazwischen. - Foto: gik
Was geschieht mit den Plätzen zwischen den heutigen Pavillons entlang der LU? Das ist eine der entscheidenden Fragen bei der Neugestaltung – noch gehören diese öffentlichen Flächen der Stadt. – Foto: gik

Gearbeitet werden solle aber auch etwa mit Fragebögen, die anonymisiert erfassen sollen, was die Mainzer von den Planungen halten und welche Prioritäten sie setzen bei der Gestaltung des öffentlichen Raums, sagte Flügge weiter. Die Fragebögen sollten auch zur statistischen Auswertung diesen, wie bestimmte Zielgruppen in Mainz die Planungen sehen und was sie von dem Einkaufszentrum erwarteten.

Ebling betonte daraufhin, es solle eben nicht „der Eindruck entstehen, es sei alles gesetzt und entschieden.“ Die Stadt habe bewusst die Bürgerbeteiligung vor den Abschluss des Bebauungsplanes gelegt, bevor entscheidende Festlegungen fielen. „Wir machen das Verfahren, um genau solche Debatten zu führen wie: sind wir bereit, einen Teil unserer städtischen Flächen herzugeben“, betonte Ebling. Allerdings hatte der Stadtrat im Mai 2016 bereits eine geschlossene Bebauung entlang der Ludwigsstraße beschlossen und dabei auch einen Verkauf der öffentlichen Plätze an einen Investor abgesegnet, sobald ein Investor parat stünde.

Ebling betonte hingegen nun, das sei nur „eine Bereitschaftserklärung, sich darüber verständigen zu wollen“, einen Beschluss, Flächen an den Investor zu veräußern, hätten die städtischen Gremien noch nicht gefasst. Der Stadtrat hatte allerdings in seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl im Eiltempo das neue Nutzungskonzept Gemündens bereits abgesegnet. Ein Satzungsbeschluss entstehe nur durch die Entscheidung des Stadtrats, betonte Ebling. Ziel der Stadt sei es in jedem Fall, dass sich noch 2019 an der Ludwigsstraße etwas bewegen könne. Mainz habe die große Chance, die Situation an der Ludwigsstraße zu verändern und aufzuwerten, das wolle man nutzen.

Die Bürgerinitiative Ludwigsstraße hatte allerdings im April das neue Konzept scharf kritisiert und von einer „Bankrotterklärung der Stadtspitze“ vor den Wünschen des Investors gesprochen. Eine Kleinteiligkeit des Areals würde gerade nicht umgesetzt, stattdessen  entstehe weiter ein „ein Klotz“ als Bebauung, gleichzeitig würden die Plätze verkleinert und damit für eine öffentliche Nutzung weitgehend entwertet. In dem Forum am 26. Juni will die Stadt diese Kritik nun hören, in einem zweiten Forum im August soll die Auswertung erfolgen. Der Ortsvorsteher der Mainzer Altstadt, Brian Huck (Grüne), kritisierte derweil, die Politiker im Stadtrat und im Ortsbeirat seien von den Terminen in Sachen Bürgerbeteiligung nicht informiert worden – der Investor habe sie lange vor den Bürgervertretern gewusst.

Info& auf Mainz&: Die Bürgerbeteiligung zum Einkaufszentrum an der Ludwigsstraße findet am 26. Juni 2019 von 18.30 bis 21.30 Uhr im Kurfürstlichen Schloss in Mainz statt. Kommen kann jeder, es ist ein offenes Bürgerforum, ein zweites soll im August stattfinden. Einen detaillierten Artikel zum neuen Konzept für den Boulevard LU lest Ihr ausführlich hier bei Mainz&, die Kritik der BI Ludwigsstraße findet Ihr hier bei Mainz&. Unseren Artikel über die Entscheidung im Stadtrat im Mai 2016 könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.

 

 

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein