Auch in Mainz versuchen extremistische Kreise zunehmend zu sogenannten „Corona-Demos“ aufzurufen, der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) warnte nun: Extremisten und fremde Nachrichtendienste wollten die Corona-Krise ausnutzen, um die Gesellschaft zu polarisieren und zu destabilisieren. Extremisten von Rechts wie Links versuchten, Ängste und Unruhe in der Bevölkerung zu schüren, um diese zu verunsichern und die Bemühungen des Staates zu unterminieren, die Menschen vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen, das sei „gewissenlos und schändlich.“ Das gelte auch für Nachrichtendienste aus Russland und China – schon im März warf die Europäische Union Russland eine „gezielte Desinformationskampagne“ vor: Mit Hilfe von Fakenews im Internet sollten Verwirrung, Panik und Angst in der Corona-Pandemie geschürt werden.

Typische Verschwörungstheorien wie sie gerade in der Coronakrise kursieren. - Grafik: EUvsDisinfo
Typische Verschwörungstheorien wie sie gerade in der Coronakrise kursieren. – Grafik: EUvsDisinfo

Ausgerechnet zum Zeitpunkt, als die Politik die ersten Lockerungen des Corona-Shutdowns verkündeten, gingen sie auf die Straßen: Selbsternannte „Querdenker“ und Corona-Leugner, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, aber auch Linksextreme und Rechte, die die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie generell ablehnen. Da wurde gegen eine Impfpflicht demonstriert, aber ebenso gegen eine angebliche Weltverschwörung, nach der Multimilliardär Bill Gates mit seiner Stiftung die Weltherrschaft übernehmen und dafür allen menschen einen Chip einimpfen wolle – überhaupt feiern derzeit Verschwörungstheorien aller Art fröhlich Renaissance.

Unter die oft wirren Botschaften der Protestierer von Satanisten bis hin zu Diktatur-Argwöhnern mischen sich zunehmend aber auch rechtsextreme Gruppierungen wie Identitäre und NPD, die AfD marschierte vor allem im Osten fleißig mit – und vielfach bekommen die Proteste einen antisemitischen Zungenschlag. „In Zeiten, in denen Verschwörungstheorien tausende Menschen auf die Straße treiben, sehen auch wir mit Erschrecken, dass Antisemitismus wieder mehr als hoffähig wird“, heißt es etwa bei der „Gutmenschlichen Aktion“ in Mainz, einem Bündnis gegen rechtsextreme und antisemitische Umtriebe.

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Innenminister Roger Lewentz (SPD) warnt: Extremisten und ausländische Geheimdienste versuchen die Coronakrise mit Verschwörungstheorien und Fakenews zu instrumentalisieren. - Foto: gik
Innenminister Roger Lewentz (SPD) warnt: Extremisten und ausländische Geheimdienste versuchen die Coronakrise mit Verschwörungstheorien und Fakenews zu instrumentalisieren. – Foto: gik

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) warnte nun explizit vor einer Instrumentalisierung der Proteste durch extremistische Kräfte – aber auch durch fremde Nachrichtendienste. „Extremisten missbrauchen die Corona-Krise für ihre verfassungsfeindlichen Zwecke“, sagte Lewentz, das habe eine aktuelle Auswertung des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes ergeben. Die Extremisten verbreiteten Falschmeldungen und Verschwörungstheorien, hetzten gegen Asylsuchende und riefen dazu auf, die Regeln zum Schutz der Gesundheit zu brechen.

Das Vorgehen solle Ängste und Unruhe in der Bevölkerung schüren, um diese zu verunsichern und die Bemühungen des Staates zu unterminieren, die Menschen vor den Auswirkungen der Pandemie zu schützen, warnte der Innenminister, und unterstrich: „Dieses Verhalten ist gerade in einer Zeit, die uns allen viel Disziplin und Solidarität abverlangt, gewissenlos und schändlich.“ Die Urheber kämen aus den verschiedensten Richtungen: „Rechtsextremisten und Rechtspopulisten tun sich aktuell vor allem im Internet mit vermehrter fremdenfeindlicher Hetze hervor“, sagte Lewentz. Da werde behauptet, Migranten – insbesondere Muslime – seien Überträger des Coronavirus und müssten die staatlich auferlegten Regeln nicht wie alle anderen befolgen.

Reichsbürger-Kreise verbreiteten Verschwörungstheorien von einer Diktatur oder Machtübernahme, aber auch Linksextremisten agitierten vermehrt auf einschlägigen Internetplattformen vor allem gegen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, die sie als „staatliche Repression“ titulierten. In der islamistischen Szene wiederum kursierten Behauptungen, die Pandemie sei eine „Strafe Gottes für die Ungläubigen“, in manchen rechtsextremistischen Kreisen wiederum werde die Corona-Krise als Vorbote für den erhofften Zusammenbruch des demokratischen Systems und des Beginns einer politischen Neuordnung in ihrem Sinne gedeutet – wofür man sich rüsten müsse.

Timeline russische Desfinformationen in der Coronakrise. - Quelle: EUvsDisinfo
Timeline russische Desfinformationen in der Coronakrise. – Quelle: EUvsDisinfo

„Die rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden nehmen solche Verdachtsmomente sehr ernst und gehen ihnen intensiv nach“, betonte der Innenminister, und appellierte an die Bürger: „Gehen Sie den Hetzern und Lügnern nicht auf den Leim.“ Das Ziel aller dieser Eigeninteressen sei eine Destabilisierung der Demokratie, Extremisten wollten die Krisenzeit nutzen, „um einen Keil in die Gesellschaft zu treiben“, resümierte Lewentz.

Das gelte im Übrigen auch für fremde Nachrichtendienste und staatlich gelenkte Akteure, betonte der Innenminister ausdrücklich: Auch fremde Nachrichtendienste und staatlich gelenkte Akteure vor allem aus Russland und China griffen die Corona-Krise verstärkt auf und betrieben Einflussnahmeversuche und Desinformation. Tatsächlich beobachte die Europäische Union schon im März eine intensivere „Produktion“ von Fakenews im Internet – und betonte, man habe eine „signifikante Desinformationskampagne“ durch russische Staatsmedien und kremltreue Akteure entdeckt. „Diese Kampagne ist darauf angelegt, Verwirrung, Panik und Angst zu verschärfen“, heißt es in einem Papier der Abteilung für strategische Kommunikation des Europäischen Auswärtigen Dienstes, berichtete der Tagesspiegel bereits am 19. März.

Die EU-Taskforce gegen Falschmeldungen und Desinformationskampagnen aus Russland nahm 2015 ihre Arbeit auf, in der Corona-Krise sammelte man bereit über 150 Beispiele von Desinformationen, gestreut von Kreml-treuen Medien.

Durch die Desinformationen solle die Krise in westlichen Ländern verschlimmert und insbesondere das Vertrauen in die nationalen Gesundheitssysteme untergraben werden. Es gehe darum, die europäischen Gesellschaften „von innen zu zersetzen“, indem Schwachstellen und Spaltungen ausgenutzt würden – das sei „ein sehr professionelles wie heimtückisches Storytelling“, schriebt der Tagesspiegel in Berufung auf deutsche Sicherheitskreise weiter. Russland versuche, mit antiwestlicher Propaganda weltweit Einfluss zu gewinnen. Es ist nicht das erste Mal: Schon in der Flüchtlingskrise 2015 wurden von russischen Staatsmedien gezielt Falschinformationen gestreut, etwa über angebliche Vergewaltigungen deutscher Mädchen durch Flüchtlinge, die in Wahrheit nie stattgefunden hatten.

Auch Innenminister Lewentz warnte nun, ein Ziel der Desinformationen sei es, das öffentliche Meinungsklima zu polarisieren – etwa in dem behauptet werde, die Bundesregierung scheitere bei der Krisenbewältigung. „Sie wollen polarisieren und destabilisieren“, resümiert Lewentz, „es gilt daher für uns alle, weiter aufmerksam und wachsam zu sein, damit die Pläne der Staatsfeinde nicht aufgehen.“

Info& auf Mainz&: Den ganzen Bericht des Tagesspiegels zum Vorwurf der Desinformationskampagne gegen Russland findet Ihr hier im Netz. Einen grundlegenden Text, wer hinter dem Bündnis „Widerstand2020“ steckt, könnt Ihr hier bei ZDF Heute nachlesen. Mehr zu Desinformation und Propaganda gerade auch von russischer Seite, könnt Ihr auch hier bei der Deutschen Welle nachlesen. Die Stadt Mainz hat angekündigt, schärfer gegen rechtswidrige Verstöße gegen das Versammlungsrecht gerade von Corona-Leugnern vorzugehen, mehr dazu lest Ihr hier bei Mainz&.

 

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