Knapp zwei Wochen nach der Wiedereröffnung der Restaurants und Gaststätten, häufen sich nun Fälle von neuen Infektionsherden durch Ansteckungen mit dem neuen Coronavirus. Am Sonntag wurde zudem bekannt: Mindestens 107 Personen steckten sich in Frankfurt in der Folge eines Gottesdienstes einer freien baptistischen Gemeinde mit dem Coronavirus an. Im ostfriesischen Leer wurden nach einer Feier in einem Restaurant 18 Neuinfektionen mit dem Coronavirus entdeckt – und in gleich zwei Wiesbadener Seniorenheimen gibt es mittlerweile 30 neue Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2.

Wie hoch ist die Gefahr der Infektion mit dem Coronavirus in Kirchenräumen? Hier die Gotthardkappelle des Mainzer Doms. - Foto: gik
Wie hoch ist die Gefahr der Infektion mit dem Coronavirus in Kirchenräumen? Hier die Gotthardkappelle des Mainzer Doms. – Foto: gik

Der Gottesdienst der freien Baptistengemeinde fand der Hessenschau zufolge bereits am 10. Mai statt, kurz nachdem das Land Hessen Gottesdienste nach dem Corona-Lockdown wieder zugelassen hatte. Die Gemeinde beteuerte, es seien alle Abstands- und Hygieneregeln eingehalten worden, trotzdem hatte der Gottesdienst erhebliche Folgen: „Stand jetzt haben sich mindestens 107 Personen mit Wohnsitzen in Frankfurt und drei weiteren hessischen Landkreisen infiziert“, teilte Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) am Sonntag mit. Die Gesundheitsämter vor Ort hätten die Verfolgung der Kontaktpersonen unmittelbar aufgenommen, das Land stehe mit ihnen in engem Kontakt.

„Diese Situation zeigt, wie wichtig es ist, dass wir alle – gerade während der Lockerungen, die jetzt wieder möglich gemacht werden – wachsam bleiben und nicht leichtsinnig werden“, betonte Klose weiter: „Das Virus ist weiterhin da und will sich verbreiten.“ Der beste gemeinschaftliche Schutz sei das Einhalten der Hygiene-, Abstands- und Mund-Nasen-Schutz-Regeln, appellierte der Minister an die Bevölkerung. Doch das scheint immer schwieriger zu werden, zunehmend fällt auf, dass Masken nicht mehr getragen, der Sicherheitsabstand zunehmend ignoriert wird.

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Wie hoch ist die Infektionsgefahr in Restaurants? Hier ein Lokal in der Mainzer Altstadt beim Besuch von OB Michael Ebling (SPD, rechts). - Foto: gik
Wie hoch ist die Infektionsgefahr in Restaurants? Hier ein Lokal in der Mainzer Altstadt beim Besuch von OB Michael Ebling (SPD, rechts). – Foto: gik

Dabei hatten Virologen im Vorfeld der Lockerungen explizit gewarnt, eine zu schnelle Aufweichung der Corona-Regeln könne zu einem Schub von Neuinfektionen und zu einer zweiten Infektionswelle führen. Der Epidemiologe und SPD-Politiker Karl Lauterbach warnte explizit mit Blick auf Restaurants und andere geschlossene Räume, die Viren könnten sich lange in der Raumluft halten, weil sie an Luftteilchen, den sogenannten Aerosolen, lange schweben könnten. Das Virus docke an winzige Partikel in der Luft an, die sogenannten Aerosole könnten mehrere Stunden in der Luft schweben und das Virus so von Person zu Person übertragen, erklärte Lauterbach jüngst in der ZDF-Talkshow „Lanz“.

Lauterbach warnte: Gerade in der Gastronomie sei in den engen Räumen eine Ansteckungsgefahr besonders hoch, Klimaanlagen verbreiteten nachweislich das Virus von einem Ende zum anderen. Just am Sonntag wurde nun der Fall eines Restaurants in Leer in Ostfriesland bekannt, wo sich inzwischen 18 Personen nach dem Besuch des Restaurants am 15. Mai mit dem Coronavirus infizierten, darunter der Betreiber der Gaststätte. 14 Personen seien am 15. Mai zu Gast bei einer Feierlichkeit in dem Restaurant gewesen, vier Personen hätten sich später bei den Gästen angesteckt, insgesamt seien inzwischen 118 Personen in Quarantäne, berichtet etwa die FAZ.

Tröpfchenausstoß beim Niesen, dabei können sich Viren an winzige Luftteuilchen, Aerosole, anheften und so verbreiten. Foto: James Gathany CDC Public Health Image Library
Tröpfchenausstoß beim Niesen, dabei können sich Viren an winzige Luftteuilchen, Aerosole, anheften und so verbreiten. Foto: James Gathany CDC Public Health Image Library

Ob bei der Feier die Corona-Regeln eingehalten wurden, ist unklar, der Landrat des Kreises berichtete laut mehrerer Medien, es gebe Hinweise, dass Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten worden wären, der Wirt widersprach am Abend, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete: Man habe sich an alle Regeln gehalten, nur habe der Wirt bei seinen Eltern gesessen und diese umarmt. Der Fall ist brisant, weil er die Frage aufwirft, wie gefährlich Besuche in geschlossenen Räumen von Restaurants sind, und ob die Lockerungen nicht zu schnell kamen. Der Virologe Christian Drosten betonte gerade in der 40. Ausgabe seines NDR-Podcasts, Lauterbach habe mit seiner Aussage, dass Restaurantöffnungen problematisch seien „völlig Recht“: Die Gefahr der Übertragung durch Aerosole sei tatsächlich in geschlossenen Räumen sehr hoch, Außenbereiche wie Terrassen halte er hingegen für unproblematisch.

Derweil greift das Virus aber auch in zwei Wiesbadener Seniorenheimen um sich: Am Sonntag meldete die Stadt Wiesbaden insgesamt vier Infektionen in dem Altenpflegeheim Toni-Sender-Haus. Ein Bewohner dieses Heims sei vergangenen Donnerstag im Rahmen eines Klinikaufenthaltes positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden, daraufhin habe das Gesundheitsamt unmittelbar die Testung aller Bewohner sowie des gesamten Personals der Einrichtung und der zehn städtischen Mitarbeiter der angrenzenden Kindertagesstätte in die Wege geleitet. Das Ergebnis: zwei weitere Bewohner des Pflegeheims und eine Pflegekraft erwiesen sich als infiziert, nicht aber die Mitarbeiter der Kita. Auch die übrigen 26 Bewohner des Heims seien sind negativ getestet worden, hieß es weiter. Die betroffenen Bewohner befänden sich in stationärer Behandlung, die betroffene Pflegekraft sei in häuslicher Quarantäne. Damit die sozialen Kontakte weiter bestehen können, haben die Bewohner spezielle Telefone erhalten. Hier zur Übersicht über Seniorentelefone

Damit ist innerhalb kürzester Zeit schon das zweite Wiesbadener Altenheim von einer Infektionswelle betroffen: Mitte Mai waren bereits ein Bewohner und eine Mitarbeiterin des Maternus Seniorencentrums Kapellenstift positiv auf das Coronavirus getestet worden, kurz danach kamen vier weitere Infektionen hinzu. Eine notwendige zweite Testung am 21. Mai zeigte einen erheblichen Anstieg der Infektionen an: Dem Gesundheitsamt seien inzwischen insgesamt 26 Personen als positiv gemeldet, teilte die Stadt Wiesbaden am Sonntag mit, darunter seien 18 Bewohner und acht Pflegekräfte der Einrichtung.

Info& auf Mainz&: Die ganze Podcast-Folge Nummer 40 des Virologen Christian Drosten zum Thema Aerosole, Restaurants und Lockerungen findet Ihr hier im Internet. Ausführliche Informationen über Infektionswege mit dem Coronavirus durch die Luft haben wir auch in diesem Mainz&-Artikel aufgeschrieben. Ein umfangreiches Dossier über die Corona-Pandemie mit allen Entwicklungen findet Ihr hier auf Mainz& – bitte vergesst nicht, Euch durch die Seiten zu blättern, den Button dazu findet Ihr am Ende der Seite.

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