Die Coronavirus-Epidemie zieht weiter Kreise, am Donnerstagabend wurde bekannt: Beim Autobauer Opel in Rüsselsheim gibt es einen ersten bestätigten Fall einer Erkrankung mit Covid-19, rund 1.700 Mitarbeiter müssen nun ins Homeoffice. In Mainz teilte der Geschäftsführer der Messegesellschaft RAM Regio, Sebastian Kreuser, über Facebook mit, er befinde sich nach einem Elsassaufenthalt in freiwilliger häuslicher Quarantäne – erkrankt sei er nicht. Derweil geht die Welle der Absagen von Konzerten und Kulturveranstaltungen weiter, KUZ und Frankfurter Hof stellen einige Konzerte auf den Prüfstand. Beide Spielstätten wollen aber weiter geöffnet bleiben. Auch die Schulen und Kitas in Mainz bleiben einstweilen weiter geöffnet.

Drohen bald auch in Mainz leere Schulhöfe und geschlossene Schulen? - Foto: gik
Drohen bald auch in Mainz leere Schulhöfe und geschlossene Schulen? – Foto: gik

Am Donnerstag diskutierte die Kultusministerkonferenz durchaus den Vorschlag führender Virologen, alle Schulen, Universitäten und Kitas bundesweit für zwei Wochen zu schließen – in Frankreich gilt genau diese Vorsichtsmaßnahme ab kommendem Montag, auch Luxemburg schließt alle Schulen. In Deutschland lehnen die meisten Länderminister das bislang weiter ab. In Rheinland-Pfalz heißt es weiter, eine landesweite Schließung der Schulen oder Zwangsferien seien „aus medizinischer und infektionshygienischer Sicht derzeit nicht angebracht.“ Nach derzeitiger Kenntnis gehörten Schüler grundsätzlich nicht zu den Personengruppen, die ein erhöhtes Risiko hätten, schwer zu erkranken. „Vor dem Hintergrund, dass es keine Hinweise gibt, dass Übertragungen in Schulen vermehrt stattfinden, ist eine so einschneidende Entscheidung nicht gerechtfertigt“, betont die Landesregierung.

Dennoch kommt es landesweit immer wieder zu punktuellen Schulschließungen, sobald Verdachtsfälle auf Infektionen mit dem Coronavirus auftauchen. Das Pädagogische Landesinstitut bereite in Absprache mit den Schulen Unterrichtsmaterialien vor, die über digitale Plattformen abrufbar seien, um Schülern in Quarantäne ein Bildungsangebot zu machen, heißt es beim Land weiter. Die könnten womöglich bald flächendeckend zum Einsatz kommen: Bei der Tagung der Länderminister für Bildung schloss die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) auch generelle Schulschließungen in Zukunft nicht mehr aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die Bürger am Abend dazu auf, alle nicht notwendigen Veranstaltungen auch in kleinerem Rahmen abzusagen und auf Sozialkontakte zu verzichten. Krankenhäuser sollen ab Montag alle nicht notwendigen Operationen verschieben, um Betten für Cotonapatienten frei zu halten, wie etwa die Tagesschau berichtet.

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Kinder gelten bislang als von dem Coronavirus nicht besonders betroffen, sie erkranken meist nicht schwer, können das Virus aber weiter tragen. - Foto: gik
Kinder gelten bislang als von dem Coronavirus nicht besonders betroffen, sie erkranken meist nicht schwer, können das Virus aber weiter tragen. – Foto: gik

Die Lage verschlechtere sich täglich, betonte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU): „Alles, was nicht dringend notwendig ist, sollte man verschieben.“ Nach Angaben der John Hopkins Universität stieg die Zahl der Infizierten in Deutschland am Donnerstag auf 2.078, weltweit waren es 128.343 Infizierte und 4.720 Tote. Die USA schließen ab Freitag für 30 Tage ihre Grenzen für alle Einreisen aus Europa.

Bislang aber wehren sich die meisten Schulpolitiker in Deutschland noch gegen eine generelle Schulschließung – der Grund: massive Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Infrastruktur des Landes. Wenn Schüler nicht mehr in die Schule könnten, wer betreue sie dann zuhause? heißt es als Argument. Eltern seien als Busfahrer, Feuerwehrmänner oder Krankenschwestern tätig, argumentierte am Donnerstagabend auch die Landrätin des Kreises Mainz-Bingen, Dorothea Schäfer (CDU) im Gespräch mit Mainz& – was geschehe mit dem öffentlichen Leben, wenn die alle zuhause bleiben müssten, weil es Kinder zu betreuen gebe? Ganz ähnlich hatte einen Tag zuvor auch der Mainzer Schuldezernent Eckart Lensch (SPD) argumentiert.

Der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionschef Christian Baldauf forderte deshalb nun die Landesregierung auf, schnell Voraussetzungen für den Unterricht in virtuellen Klassenzimmern zu schaffen. „Wenn Schulen wegen des Coronavirus bei uns im Bundesland geschlossen werden, dann sollten die Schüler in sogenannten virtuellen Klassenzimmern unterrichtet werden können“, sagte Baldauf. Bayern stelle derzeit eine Vielzahl an Informationen für Schulleitungen und Lehrer zusammen, um digitale Lehr- und Lernmöglichkeiten für die von Corona betroffenen Schulen bestmöglich einsetzen zu können, das müsse Rheinland-Pfalz auch tun.

Für die Politik sind die Schulschließungen ein echtes Dilemma, die Verantwortlichen versuchen derzeit alles, damit das öffentliche Leben und die Wirtschaft im Land nicht komplett zum Erliegen kommt. Das aber ist schwer genug: Schon jetzt schicken immer mehr Firmen ihre Arbeitnehmer ins Homeoffice auch Angst, dass ein Virusfall den ganzen Betrieb lahmlegt. Am Donnerstag traf es den Autobauer Opel: Im Stammwerk in Rüsselsheim sei ein Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden, teilte die Pressestelle am Abend auf Mainz&-Anfrage mit. Der Mann arbeite in der Verwaltungszentrale im Adam Opel-Haus, sagt ein Unternehmenssprecher, die Produktion des Autobauers sei davon nicht betroffen.

Das Opel-Stammwerk in Rüsselsheim hat seit Donnerstag einen bestätigten Fall von Coronavirus-Infektion. - Foto: Adam Opel AG
Das Opel-Stammwerk in Rüsselsheim hat seit Donnerstag einen bestätigten Fall von Coronavirus-Infektion. – Foto: Adam Opel AG

Die Konsequenzen sind dennoch gravierend: Mitarbeiter, die mit dem Kollegen in engerem Kontakt waren, wurden ebenfalls auf das Virus getestet und vorsorglich in häusliche Quarantäne geschickt, die Ergebnisse stehen offenbar noch aus. Dazu wurden Kantine und Kaffee im Adam-Opel-Haus geschlossen und ein Großteil der Mitarbeiter in der Verwaltung ins Homeoffice geschickt, rund 1.700 Mitarbeiter seien betroffen. „Wir waren gut vorbereitet, die Mitarbeiter sind alle mit Laptops ausgestattet“, sagte der Sprecher gegenüber Mainz&, „in der Verwaltung wird weiter gearbeitet.“ Man habe den Mitarbeiter schnell identifizieren können und befinde sich „in einem engen Austausch mit den zuständigen Gesundheitsbehörden. Wenn notwendig, werde kurzfristig über weitere Maßnahmen entschieden.

In Mainz hatte der Leiter des Gesundheitsamtes Mainz-Bingen, Dietmar Hoffmann, am Mittwoch mitgeteilt, es gebe fünf neue Infektionsfälle, alle Betroffenen hätten sich beim Skifahren in Österreich oder Südtirol angesteckt. Neue Informationen oder Zahlen zu diesen sowie mehr als 100 weiteren Verdachtsfällen gab es am Donnerstag nicht, laut Mainzer Gesundheitsministerium stieg die Zahl der Infizierten landesweit auf 52 – für die Stadt Mainz gab das Ministerium die Zahl der Infizierten da aber noch mit 3 an.

Luftbild des Opel-Stammwerks in Rüsselsheim, das Adam-Opel-Haus ist ganz unten rechts. - Foto: Adam Opel AG
Luftbild des Opel-Stammwerks in Rüsselsheim, das Adam-Opel-Haus ist ganz unten rechts. – Foto: Adam Opel AG

Seit Mittwoch hat das Land zudem eine Sorge mehr: Die französische Region Grand Est mit Lothringen und dem Elsass wurde zur Hochrisikozone erklärt, davon sind auch zahlreiche Pendler entlang der französischen Grenze betroffen. Die Landesregierung empfahl allen Arbeitnehmern mit Wohnsitz in den französischen Regionen „dringend, bis auf Weiteres zu Hause zu bleiben und hierzu den telefonischen Kontakt mit ihren Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz aufzunehmen.“ Lehrer, Erzieher und Kinder, die sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben, dürfen bis auf Weiteres nicht in Kindertagestätten gehen oder eine Schule besuchen. Das gelte für alle Personen an Schulen und Kindertageseinrichtungen, also sowohl für Schüler, Kita-Kinder, Lehrer, Erzieher sowie für alle weiteren in den Einrichtungen Beschäftigten beziehungsweise Tätige.

Zu dem Hochrisikogebiet gehört aber auch das Elsass – und das hatte Auswirkungen auf einen Mainzer Unternehmer: Der Geschäftsführer der Messegesellschaft RAM Region berichtete am Donnerstagabend via Facebook, er befinde sich gemeinsam mit seiner Frau nun für 14 Tage in häuslicher Quarantäne. „Nein, wir sind nicht infiziert, wir haben auch keine Symptome“, sagte Kreuser in einem kleinen, selbst gedrehten Video. Er sei aber mit seiner Frau jüngst für zwei Tage im Elsass gewesen, „und das ist jetzt Hochrisikogebiet“, erklärte Kreuser. Deshalb habe sich das Paar beim Gesundheitsamt gemeldet, und dort sei ihnen „sehr nahegelegt worden, uns 14 Tage in häusliche Quarantäne zu begeben.“ Aktuell sei das noch nicht besonders schlimm, sagte Kreuser, sie dürften sogar spazierengehen, müssten aber Menschen meiden.

Messechef Sebastian Kreuser auf der Rheinland-.Pfalz-Ausstellung - die Messe soll im September nachgeholt werden. - Foto: gik
Messechef Sebastian Kreuser auf der Rheinland-.Pfalz-Ausstellung – die Messe soll im September nachgeholt werden. – Foto: gik

Seine Messegesellschaft teilte unterdessen mit, für die abgesagte Rheinland-Pfalz-Ausstellung gebe es einen neuen Termin: Die Verbraucherausstellung soll nun in ihrer 49. Ausgabe vom 5. bis 13. September auf dem Mainzer Messegelände nachgeholt werden. Derweil geht die Welle an Veranstaltungsabsagen weiter, am Donnerstag verkündete das Land Hessen nun ein landesweites Verbot von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen. Man habe gemerkt, dass die Empfehlung des Landes vor Ort „unterschiedlich interpretiert“ werde, sagte Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne).

In Mainz wurden unter anderem zwei Mainzer Domkonzerte und der Wohnprojektetag im Zentrum für Baukultur am 14. März abgesagt, das Museum für Antike Schifffahrt sagte alle Events ab, will aber geöffnet bleiben. Die Linke Mainz-Bingen sagte ihren für Samstag geplanten Kreisparteitag ab, die CDU ihren Bundesparteitag im April. Die Mainzer Winzer teilten mit, die Gesundheit der Besucher stehe an erster Stelle, deshalb habe man sich entschlossen, alle Veranstaltungen vorerst bis Ostern abzusagen – konkret betrifft das das Mainzer Marktfrühstück, den Weinausschank am Rheinufer und den für den 04.04.2020 geplanten Weinmarathon in der Mainzer Innenstadt. Für den Weinmarathon soll zu einem späteren Zeitpunkt ein Ersatztermin gefunden werden.

Das Mainzer Kulturzentrum KUZ spielt vorerst weiter. - Foto: gik
Das Mainzer Kulturzentrum KUZ spielt vorerst weiter. – Foto: gik

Das Mainzer KUZ und der Frankfurter Hof wollen ihre Spielstätten allerdings vorerst offen halten, beide städtischen Bühnen teilten via soziale Netzwerke mit, von dem Verbot der Stadt von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen sei man zum Großteil nicht betroffen. Für kleinere Veranstaltungen, bei denen mehr als 500 Personen erwartet würden, „erarbeiten wir derzeit mit dem Ordnungsamt individuell, ob diese stattfinden können“, heißt es beim Frankfurter Hof. Das gelte vor allem für die Konzerte „Alte Bekannte“ am 16. März und von Versengold am 3. April im Kurfürstlichen Schloss sowie für Lumpenpack im Frankfurter Hof am 29. März. Das Ergebnis der Prüfungen werde man auf der Internetseite und in den sozialen Netzwerken bekannt geben.

Beim KUZ hieß es, hier seien vor allem drei Konzerte betroffen: Das Konzert mit Dub FX am 18. März werde derzeit gemeinsam mit dem Ordnungsamt geprüft, Die Genussmesse Goute am 28. und 29. März werde verlegt, das Konzert von Kakkmaddafakka am 6. April finde in kleinerem Rahmen statt. Alle Infos dazu hier auf der Homepage des KUZ. Um einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus vorzubeugen, würden die Partys im KUZ ab sofort vorsorglich auf eine maximale Kapazität von 500 Personen beschränkt, teilte die Mainzplus Citymarketing zusätzlich auf ihrer Homepage mit.

Info& auf Mainz&: Alle Informationen, welche Veranstaltungen abgesagt sind, findet Ihr auch hier in unserem Coronavirus-Ticker auch Mainz&, den wir fortlaufend aktualisieren. Mehr zur Lage in Sachen Coronavirus-Epidemie könnt Ihr hier bei uns nachlesen, warum die Stadt Großveranstaltungen verboten hat, steht hier. Wer selbst meint, Symptome einer Coronavirus-Infektion zu bekommen, sollte sich bitte an die bundesweite Hotline der Kassenärztlichen Vereinigung unter der Rufnummer 116117 und/oder an seinen Hausarzt wenden. Eine bundesweite Hotline für Fragen von Bürgern zum Coronavirus ist erreichbar unter der Telefonnummer 0800 575 81 00 (Montag – Freitag 8 bis 18 Uhr; Samstag – Sonntag 10 bis 15 Uhr). Mehr zu den Symptomen der Krankheit Corvid-19 findet Ihr hier beim Robert-Koch-Institut. Einen sehr guten Artikel zum Unterschied zwischen Grippe/Influenza und dem neuen Coronavirus findet Ihr hier – der Artikel erklärt auch, warum das Coronavirus erheblich gefährlicher ist als die Influenza. Informationen des Landes Rheinland-Pfalz gibt es hier im Internet.

 

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