Die FDP stößt mit ihrem erneuten Vorstoß für einen zusätzlichen Dezernenten im Mainzer Stadtvorstand auf harsche Kritik aus der Opposition: Die Idee sei ohne jedes Fingerspitzengefühl, in der derzeitigen Krise deplatziert und „ein Rohrkrepierer“, schimpfte CDU-Chefin Sabine Flegel. ÖDP und Linke kritisierten, ein zusätzlicher Dezernent sei gerade in der Coronakrise finanziell nicht tragbar, das sei „eine inakzeptable Postenversorgung für die FDP ohne jeglichen Plan und Konzept“, kritisierte ÖDP-Chef Claudius Moseler. Unterstützung kam hingegen von der Industrie- und Handelskammer: Der Unternehmern Andreas Valentin könne eine Bereicherung für die Stadt sein, sagte Hauptgeschäftsführer Günter Jertz.

Die Mainzer Stadtspitze 2019 bei einer Anhörung zum Klimaschutz im Frankfurter Hof. - Foto: gik
Die Mainzer Stadtspitze 2019 bei einer Anhörung zum Klimaschutz im Frankfurter Hof. – Foto: gik

Die FDP war im Februar mit dem Versuch gescheitert, einen zusätzlichen ehrenamtlichen Wirtschaftsdezernenten im Stadtvorstand zu etablieren, der Vorstoß stieß auf heftigste Kritik, auch weil die FDP damit faktisch die amtierende Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) entmachtet hätte. FDP-Chef David Dietz, der selbst Dezernent werden wollte, musste zurückrudern, um die Neuauflage der Ampel-Koalition zu retten, am Dienstag wurde dann überraschend bekannt: Der Mainzer Unternehmer Andreas Valentin solle nun als Dezernent ehrenamtlich die FDP im Stadtvorstand vertreten – wofür genau Valentin zuständig sein sollte, sagte FDP-Chef Dietz nicht.

Der Vorschlag für einen ehrenamtlichen Dezernenten sei gerade in der Krisenzeit der Corona-Pandemie ohne jedes Fingerspitzengefühl, schimpfte die Mainzer CDU-Chefin Sabine Flegel: „Diese Nachricht hat mich fast umgehauen“, schrieb Flegel am Mittwoch auf ihrem Facebook-Profil. Der ins Gespräch gebrachte Kandidat Andreas Valentin sei sicher ein fähiger Mensch, aber die Stadt und die Menschen in ihr hätten doch nun wirklich andere Probleme: „Die Menschen machen sich Gedanken über ihre Zukunft, haben Angst, Kurzarbeitergeld, Kinderbetreuung, der wirtschaftliche Schaden ist noch nicht zu definieren“, schrieb Flegel weiter: „Wie kann man bloß als FDP-Spitze auf die Idee kommen, in dieser noch nie da gewesenen Krisenzeit, einen solchen Vorstoß zu unternehmen?“ In diesen schwierigen Zeiten hätte ich mehr Fingerspitzengefühl erwartet.

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Der Unternehmer Andreas Valentin soll nun die FDP im Mainzer Stadtvorstand vertreten, so der Vorschlag der Liberalen. - Foto: Bestfall
Der Unternehmer Andreas Valentin soll nun die FDP im Mainzer Stadtvorstand vertreten, so der Vorschlag der Liberalen. – Foto: Bestfall

Auch die ÖDP schimpfte, ein zusätzlicher ehrenamtlicher Dezernent sei „angesichts der sich abzeichnenden finanziellen Probleme der Stadt durch die Corona-Krise nicht tragbar.“ Das seien doch „strategische Spiele im Windschatten der Corona-Pandemie“, schimpfte ÖDP-Fraktionschef Claudius Moseler, und angesichts der Missachtung der Menschen in Mainz „ein skandalöser Vorgang.“ Dazu sei ja auch unklar, welcher Aufgabengabenbereich für dieses neue Dezernat überhaupt geplant sei. „Das ist eine inakzeptable Postenversorgung für die FDP ohne jeglichen Plan und Konzept“, kritisierte Moseler: „Eigentlich müssen nun seitens des Stadtvorstandes klare Signale kommen, dass auch in Zukunft an der Verwaltungsspitze gespart werden muss.“

Der Mainzer Stadtvorstand sei doch „kein Selbstbedienungsladen“, schimpfte auch Linksfraktionschef Tupac Orellana, die FDP habe doch „keinen  Anspruch auf eine Vertretung, zumal sie „noch nicht einmal benennen kann, wofür das
Dezernat in Zukunft zuständig sein soll.“ Es zeichne sich doch ab, dass die kommunalen Einnahmen durch die Coronakrise deutlich einbrächen und gleichzeitig die Sozialausgaben steigen würden. „Während Tausende in Kurzarbeit sind, um ihren Job bangen oder ihn sogar schon verloren haben, ist dieser Vorgang besonders geschmacklos“, kritisierte Orellana, die Pläne für ein ehrenamtliches Dezernat müssten „unverzüglich beerdigt“ werden.

Unterstützung für Valentin kam hingegen von dem Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer:  „Das ist eine gute Personalie, ich finde, das ist eine Bereicherung“, sagte Günter Jertz auf Mainz&-Anfrage. Valentin sei „ein sehr erfahrener Netzwerker“, der sich gut im Marketing, in Mainz und im politischen Geschäft auskenne. „Why not?“, meinte Jertz. Eine Koalition müsse sich auch im Stadtvorstand abbilden, jeder der Partner im Stadtvorstand vertreten sein, sagte der IHK-Geschäftsführer, der selbst Mitglied der FDP ist. Valentin wolle seine neue Aufgabe schließlich neben seinem Job machen, „das ist ja auch ein Angebot seinerseits an die Stadt, die Stadt weiter zu bringen“, sagte Jertz, und fügte hinzu: „Warten wir doch mal ab, vielleicht hat die Aufgabe ja was mit Corona-Krisenbewältigung zu tun.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Vorschlag der FDP und der Personalie Valentin könnt Ihr hier auf Mainz& nachlesen.

 

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