Na, wieder mal nicht ausgeschlafen? Dann seid Ihr in ausgesprochen großer Gesellschaft: Rund eine Million Menschen sind bei uns abhängig von Schlafmitteln,  ein Viertel aller Menschen in Deutschland leiden unter Schlafstörungen, sagen Schlafforscher. Das kann an gesundheitlichen Störungen liegen – aber auch daran, dass viel zu viele Menschen gegen ihren persönlichen Lebensrhythmus leben. Deutschland steht zu früh auf, sagen renommierte Schlafforscher. Am Donnerstag findet dazu eine Veranstaltung im Rathaus statt.

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Deutschland steht zu früh auf und arbeitet viel zu früh – sagen Schlafforscher – Foto: gik

Zum Thema „Gesunder Schlaf“ könnt Ihr am Donnerstagabend über Insomnie, Schlafapnoe und andere Störungen wie das Restless-Leg-Syndrom aufklären lassen. Schlafapnoe etwa ist eine Atemstörung, bei der die Atmung im Schlaf aussetzt, was richtig gefährlich werden kann. Restless Legs wiederum ist das unkontrollierbare Zucken von Beinen, eine nervige und gar nicht so seltene Störung der Nervenbahnen, die natürlich das Schlafen stark beeinträchtigen kann.

Schlafmangel kann zu Burn-Out führen

Schlafmangel aber, warnen Forscher, ist nicht nur nervig, sondern beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität und kann darüber hinaus sogar Übergewicht und Diabetes fördern, das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen und sogar Burn-out und Depressionen auslösen. Die Auswirkungen der Schlafstörungen, schätzte 2012 die Bundesagentur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, machen eine volkswirtschaftliche Belastung von bis zu 18 Milliarden Euro aus.

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Doch Schlafstörungen entstehen nicht nur aus körperlichen Gründen – sie entstehen auch, weil enorm viele Menschen gegen ihren persönlichen Biorhythmus leben. „Deutschland steht zu früh auf“, sagt etwa der renommierte Schlafforscher Hans-Günter Weeß, der am Donnerstagabend einen Vortrag im Rathaus zum Thema „Die schlaflose Gesellschaft“ hält.

Weihnachtsmarkt Schillerplatz mit grünem Fastnachtsbrunnen
Schausteller, Kneipiers, Journalisten, Reinigungskräfte – es gibt viele Nachtarbeiter in unserer Gesellschaft – Foto: gik

Nur 16 Prozent sind Frühaufsteher

Nur 16 Prozent der Menschen ist nämlich ein Frühaufsteher, eine sogenannte „Lerche“, unsere üblichen Arbeits- und Schulzeiten orientieren sich aber genau am Lebensrhythmus dieser Menschen. Die Folge: „Für den Rest ist ein Arbeitsbeginn morgens um 6.00 Uhr oder 7.00 Uhr einfach zu früh“, sagt Weeß. Denn während wir zu Beginn unseres Lebens, bis zur Pubertät, alle eher Lerchen sind, „mutieren wir bis zum 25. Lebensjahr alle eher zur Eule, werden spät müde und kommen morgens nicht mehr früh aus dem Bett.“

Der Schlaftyp, betonen die Forscher dabei, ist genetisch festgelegt und angeboren – Umerziehen zwecklos. Wer also ausgeschlafene und leistungsfähige Mitarbeiter will, die wenig Fehler machen, „müsste die Arbeitszeiten später beginnen, optimal wäre zwischen 9.00 Uhr und 11.00 Uhr“, sagt Weeß. Noch besser wäre es, meint der Experte, die Arbeitszeit flexibel zu gestalten, angepasst an die individuelle Chronobiologie jedes Mitarbeiters. „Weniger Krankheiten, Unfälle und Krankheitstage sowie mehr Leistungsvermögen und eine höhere Produktivität wären vermutlich die Folge“, betont der Schlafforscher.

Für Jugendliche beginnt die Schule mitten in der Nacht

Das trifft ganz besonders auch Jugendliche in der Schule: „Chronobiologisch gesehen beginnt für Jugendliche der Unterricht mitten in der Nacht“, sagt Weeß. Studien zeigen, dass die Schulleistungen in der ersten Schulstunde deutlich besser sind, wenn die Schule mindestens eine Stunde später beginnt. 2014 forderte laut Weeß der Verband der amerikanischen Kinderärzte für Kinder ab zehn Jahren einen Schulbeginn nicht vor 8.30 Uhr.

Hängematten am Mainz Strand
Relaxt mal wieder! Ordentlich lange schlafen ist nämlich gesund – Foto: gik

Gescheitert ist das bisher an unflexiblen Unternehmen, die ihren Arbeitsbeginn nicht verschieben mögen, an Busunternehmen, die einen späteren Schulbeginn nicht für organisierbar halten – und vor allem an einer Gesellschaft, die immer noch an dem Glauben festhält, Morgenstund‘ habe „Gold im Mund“ und dass nur der frühe Vogel einen Wurm fängt.

Und so sind Politiker und Spitzenmanager sind stolz darauf, weniger als vier oder fünf Stunden pro Nacht zu schlafen – und jeder zweite aus Politik und Verwaltung glaubt, dass er als Normal- oder Vielschläfer keine Chance auf einen Spitzenjob gehabt hätte. Was für eine Gesellschaft.

Mehr dazu findet Ihr im Mainz&-Adventskalender 2015 Türchen 3 – auch ein Plädoyer für eine ausgeschlafenere Gesellschaft und ein Überdenken unserer Vorurteile gegen „Langschläfer“, die eigentlich etwas ganz anderes sind: Richtig-Schläfer.

Info& auf Mainz&: Donnerstag, 18.02.2016 ab 18.00 Uhr, Veranstaltung „Gesunder Schlaf“ im Mainzer Rathaus mit diesen Vorträgen:

  • „Die schlaflose Gesellschaft. Auswirkungen von gesundem Schlaf und Schlafstörungen auf Gesundheit, Arbeitsleben und Verkehr von Hans-Günter Weeß, Leiter des Schlafzentrums im Pfalzklinikum Klingenmünster.
  • „Die Rolle des Hausarztes bei Diagnose und Therapie von Insomnie, Schlafapnoe und Restless-Legs-Syndrom“ von Carl-Heinz Müller, Trier, Hausärzteverband Rheinland-Pfalz e.V.
  • „Obstruktive schlafbezogene Atmungsstörungen in der HNO-ärztlichen Praxis“ von Professor Wolf Mann, Leiter der Römerwallklinik Mainz.
  • „Obstruktive Atemwegserkrankungen in der pneumologischen Facharztpraxis“ von Dagmar Gillmann-Blum, Lungenfachärztin Mainz.
  • Mit Infoständen sind außerdem vertreten die Landeszentrale für Gesundheitsförderung RLP e. V., ResMed Healthcare zu schlafbezogenen Atmungsstörungen sowie die Schlafapnoe Selbsthilfe Mainz und Umgebung e. V.

Hans Günter Weeß hat übrigens gerade ein Buch zum Thema geschrieben, „Die schlaflose Gesellschaft“ erscheint Ende Februar im Schattauer Verlag. Aber vielleicht hat Weeß ja schon ein paar Exemplare dabei 😉 Infos dazu findet Ihr hier.

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