Der Mainzer Stadtrat Maurice Conrad hat eine Email mit bedrohendem Inhalt bekommen – scheinbar von einem Email-Account der hessischen Polizei. Conrad machte die Email selbst am späten Sonntagabend in sozialen Netzwerken öffentlich. „Ein Polizist der Polizei Hessen schreibt mich als Kommunalpolitiker über seine berufliche Funktions-Email an und droht mir mit körperlicher Gewalt“, schrieb Conrad: „Ja, ich habe ein bisschen Angst.“ Das hessische Landeskriminalamt (LKA) teilte am Montag auf Mainz&-Anfrage mit, man habe Ermittlungen aufgenommen: „Wir nehmen die Sache sehr ernst.“ UPDATE: Am Abend teilte das LKA mit: Die Email sei nicht von der hessischen Polizei verschickt worden.

Tweet von Maurice Conrad über die Drohmail gegen ihn von einem Account der hessischen Polizei. - Screenshots: gik
Tweet von Maurice Conrad über die Drohmail gegen ihn von einem Account der hessischen Polizei. – Screenshots: gik

Der Vorgang warf am Montag erhebliche Wellen in der Landeshauptstadt – die Bedrohungen gegen Kommunalpolitiker haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Das Besondere an diesem Fall: Die Email trug die Absenderadresse „polizei.hessen.de“, darin wird Conrad heftig beschimpft und auch bedroht. „Ich wusste gar nicht, dass man mit prekärer Bildung Stadtrat wird“, heißt es wörtlich, und weiter: „Ich empfehle im Übrigen das allabendliche Gebet, dass wir 2 uns niemals über den Weg laufen. Wäre gesünder.“ Zudem wird Mainz als „Drecksloch auf der anderen Rheinseite“ bezeichnet.

„Ich kenne den Mann nicht, aber ja, das hat mir Angst gemacht“, sagte Conrad am Montag gegenüber Mainz&. Die Mail sei für ihn völlig überraschend gekommen, er habe sich in der Vergangenheit auch gar nicht kritisch über die Polizei geäußert. lediglich neulich einen FAZ-Artikel auf Twitter zu der Affäre rund um die umstrittene Taz-Polizei-Kolumne geteilt.

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Das hessische Landeskriminalamt (LKA) reagierte umgehend: „Wir haben den Sachverhalt aufgenommen und kümmern uns umgehend darum“, schrieb das LKA auf Twitter. Man habe Ermittlungen aufgenommen, sagte am Nachmittag eine Sprecherin auf Mainz&-Anfrage: „Wir nehmen das sehr ernst.“ Ermittelt werde derzeit in alle Richtungen, so werde auch geprüft, ob die Email-Adresse missbraucht worden sei – etwa durch sogenanntes Email-Spoofing. Dabei wird die Identität eines Email-Absenders fingiert oder gefälscht. „Wir scheuen da keine Mühen“, versicherte die Sprecherin, zuständig sei die Staatsanwaltschaft Wiesbaden.

Maurice Conrad im November 2019 bei einer Rede bei Fridays for Future vor dem Brandenburger Tor. - Screenshot: gik
Maurice Conrad im November 2019 bei einer Rede bei Fridays for Future vor dem Brandenburger Tor. – Screenshot: gik

Der 20 Jahre alte Conrad wurde vor einem Jahr für die Piraten in den Mainzer Stadtrat gewählt, inzwischen ist er bei den Piraten ausgetreten, aber weiter Mitglied der Stadtratsfraktion von Piraten und Volt. Bekannt wurde Conrad als Sprecher der Umweltbewegung Fridays for Future in Mainz, der Schauspiel-Student organisierte die Umwelt-Demonstrationen von Anfang an mit und hielt einige viel beachtete Reden, unter anderem auch bei der großen Umweltdemonstration im November 2019 vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

Die Fraktion von Piraten & Volt äußerte sich am Montag entsetzt: „Im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements bedroht zu werden ist sehr bestürzend, unsere Fraktion ist über diese Drohung zutiefst schockiert und bestürzt“, sagte Fraktionschef Tim Scharmann, man sichere Conrad volle Unterstützung zu. „Es ist nun wichtig diesen Vorgang vollständig aufzuklären und entsprechende rechtliche Schritte gegen den oder die Verfasser der Drohung einzuleiten“, betonte Scharmann. Noch sei nicht geklärt, ob der Absender tatsächlich Beamter der hessischen Polizei sei oder ob es sich um einen gefälschten Absender handele, die Fraktion bitte deshalb darum, von weiteren Spekulationen abzusehen.

Wahlplakat Maurice Conrad für die Kommunalwahl 2019 in Mainz. - Foto: Piraten Mainz
Wahlplakat Maurice Conrad für die Kommunalwahl 2019 in Mainz. – Foto: Piraten Mainz

„Selbst wenn die Absenderadresse gefälscht ist, steckt immer noch Hass und Hetze mit dem Motiv der Einschüchterung dahinter – hierüber sind wir zutiefst besorgt und erschüttert“, sagte Scharmann weiter: „Es darf nicht sein, dass Kommunalpolitiker für ihr gesellschaftliches Engagement in unserer Demokratie mit Gewalt bedroht werden und fast täglich enthemmten Beleidigungen sowie Hass und Hetze ausgesetzt sind.“ Die Fraktion fordere eine vollständige Aufklärung des Sachverhaltes. Falls die Mail gefälscht sei, müsse geklärt werden, wie eine solche Nachricht über den Mailserver der Polizei Hessen versandt werden konnte und wer der „wahre“ Absender der Mail sei.

Sollte sich jedoch „bestätigen, dass es sich bei dem Absender tatsächlich um einen Polizisten der hessischen Polizei handelt, müssen dienstliche und strafrechtliche Konsequenzen folgen“, forderte Scharmann. Das sieht auch Conrad so: „Ich würde mir wünschen, dass es sich um einen Fake handelt“, sagte der Umweltaktivist und Nachwuchspolitiker, „aber auch wenn der Account gehackt wurde, es ist eine Drohung.“ Sollte es sich bei dem Verfasser tatsächlich um einen hessischen Polizisten handeln, müsse dieser suspendiert werden, forderte Conrad. Er werde am Montagabend noch Anzeige in Mainz erstatten.

Zudem wolle man „klarstellen: Mainz ist kein ‚Drecksloch auf der anderen Rheinseite'“, betonte die Fraktion außerdem: Mainz sei vielmehr eine bunte, weltoffene und tolerante Stadt mit einem einzigartigen Lebensgefühl sowie einer aktiven und engagierten Zivilgesellschaft. „Hass und Hetze haben in Mainz und in unserer Gesellschaft keinen Platz und werden nicht gewinnen“, betonte Scharmann: „Wir werden uns durch dieses Verhalten nicht einschüchtern lassen, sondern unser gesellschaftliches Engagement verstärken.“ Man rufe alle Menschen dazu auf, sich Hass und Hetze aktiv und entschieden entgegenzusetzen.

UPDATE: Am Montagabend teilte das hessische LKA mit, die Email sei nicht von der angezeigten E-Mail-Adresse der hessischen Polizei versendet worden. das hätten erste Ermittlungen zweifelsfrei ergeben. Die Ermittlungen zur Identifizierung des Urhebers der E-Mail dauerten derzeit noch an. Auffällig war bei dem Absender der Email auch der Name: Der vermeintliche Absender war namensgleich mit einem ranghohen Polizeibeamten der rheinland-pfälzischen Polizei, mit dem Absender der hessischen Polizei passte das nicht zusammen – ein erster Hinweis darauf, dass die Email-Adresse gefälscht sein könnte. Beim sogenannten Spoofing wird eine falsche Email-Adresse simuliert und somit eine gefakte Identität vorgetäuscht.

Info& auf Mainz&: Mehr zu Fridays for Future in Mainz und einem Fazit nach einem Jahr der Umweltbewegung mit Initiator Maurice Conrad könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Mehr zu Maurice Conrad und seinen Reden sowie zu Fridays for Future selbst findet Ihr hier auf Facebook.

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