Die Vollsperrung der Theodor-Heuss-Brücke ab dem 12. Januar ist offenbar nicht einmal wegen der Bauarbeiten notwendig – sondern dem drohenden Dieselfahrverbot. „Würden wir eine Spur offen lassen, wir würden die komplette Rheinachse zustauen“, sagte die Mainzer Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) vergangenen Freitag. Damit würden die Stickoxidwerte auf der Rheinallee aber endgültig explodieren, Mainz käme dann um ein Dieselfahrverbot wohl nicht mehr herum. „Das wäre der Deutschen Umwelthilfe den Ball ein Stück weit auf den Elfmeterpunkt gelegt“, sagte Eder. Für die Dauer der Sperrung sollen nun Busse verstärkt über die Brücke fahren, über einen Shuttle wird noch nachgedacht. Für Fastnachtsvereine könnte es Ausnahmegenhmigungen geben – eine Helau-Spur sozusagen.

Die Theodor-Heuss-Brücke nach Mainz-Kastel von oben. - Foto: gik
Die Theodor-Heuss-Brücke ist die wichtigste Verbindung von Mainz nach Wiesbaden, ihre Sperrung für vier Wochen ab Mitte Januar wird ein großes Problem für den Verkehr in Mainz. – Foto: gik

Die Theodor-Heuss-Brücke wird ab dem 12. Januar für vier Wochen komplett für den Individualverkehr gesperrt, weil Traversenlager ausgetauscht werden müssen – die Schäden seien zu groß, die Arbeiten unaufschiebbar und müssten zudem in der kalten Jahreszeit erfolgen, teilte die zuständige Stadt Wiesbaden mit. Busse, Taxen, Radfahrer und Fußgänger könnten die Brücke weiter passieren, nur der Individualverkehr nicht. Anstatt aber die Brücke auf eine Fahrspur zu reduzieren, und so wenigstens etwas Verkehr zu ermöglichen, entschlossen sich die Stadtverwaltungen von Mainz und Wiesbaden, die Brücke für private Pkws komplett zu sperren.

Verkehrsdezernentin Eder räumt nun auf einer Pressekonferenz ein: Die Vollsperrung gehe auf die Initiative von Mainz zurück – Schuld sei das weiter drohende Dieselfahrverbot. „Man hätte eine Fahrspur pro Richtung offen halten können“, sagte der Leiter der Mainzer Straßenverkehrsbehörde, Udo Beck, am Freitag, das hätte die Bauarbeiten aber „über Monate hinaus“ verlängert. „Würden wir eine Spur offen lassen, wir würden die komplette Rheinachse zustauen“, sagte Eder weiter, „ich habe deshalb vorgeschlagen, dass wir den Individualverkehr da rausnehmen.“

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Das Problem: Die Stadt Mainz hätte eigentlich zum 1. September 2019 ein Dieselfahrverbot in der Mainzer Innenstadt verhängen müssen, wenn die Stickoxidwerte im ersten Halbjahr 2019 nicht auf oder unter den gesetzlichen Grenzwert von 40 Mikrogramm fallen – so hatte es das Verwaltungsgericht Mainz im Oktober 2018 geurteilt. Die Stadt schaffte es zwar durch gebündelte Maßnahmen, die Stickoxidwerte an der Parcusstraße auf 42 Mikrogramm zu senken, doch an der Rheinallee explodierten inzwischen die Werte auf bis zu 49 Mikrogramm – wie Mainz& schon im Oktober berichtete.

Dichter Verkehr auf der Rheinallee an der Auffahrt zur Theodor-Heuss-Brücke. - Foto: gik
Schon jetzt herrscht meist dichter Verkehr auf der Rheinallee an der Auffahrt zur Theodor-Heuss-Brücke. – Foto: gik

Die Deutsche Umwelthilfe hatte deshalb eine neue Klage beim Oberverwaltungsgericht Koblenz gegen den Luftreinhalteplan eingereicht. Eine Zwangsvollstreckung zum 1. Januar 2020 lehnte das Mainzer Verwaltungsgericht zwar ab, doch die Klage vor dem Oververwaltungsgericht wird für Mainz ausgesprochen schwierig. „Wir müssen bis zum bis 18.12. dem Oberverwaltungsgericht darlegen, warum wir kein Dieselfahrverbot einrichten“, sagte Eder nun. Doch die Werte in den Passivsammlern in der Rheinachse bewegten sich im Bereich von 49 Mikrogramm, sagte Eder: „Hier wäre ein Dieselfahrverbot tatsächlich verhältnismäßig.“

Könne die Stadt noch in der Parcusstraße argumentieren, dass bei einem Überschreiten des Grenzwertes von zwei bis drei Mikrogramm ein Dieselfahrverbot nicht mehr verhältnismäßig wäre, gehe das bei einer Überschreitung von neun Mikrogramm nicht mehr. „40-50 Prozent des Verkehrs auf der Theodor Heuss sind Durchgangsverkehr“, betonte Eder. Die Stickoxidwerte durch Staus weiter zu steigern, „wäre der Deutschen Umwelthilfe den Ball ein Stück weit auf den Elfmeterpunkt gelegt.“

Beck räumte ein, die Zeit der Vollsperrung werde „sicher eine sehr große Belastung für die Pendler“ und „eine schwierige Zeit“, die Arbeiten sollten aber mit zwei Schichten rund um die Uhr erfolgen. „Wir hoffen alle, dass die vier Woche reichen“, sagte Beck zudem. Mit dem Landesbetrieb sei zudem vereinbart, dass in diesen vier Wochen keine zusätzlichen Baumaßnahmen auf den Autobahnen rund um Mainz stattfänden. Allerdings sind sowohl die Schiersteiner Brücke wie auch das Autobahnkreuz Mainz-Süd weiter Dauerbaustellen, die – vor allem beim südlichen Autobahnkreuz – für permanente Engstellen und Behinderungen sorgen.

Ab Mitte Januar haben nur noch Busse und Taxen freie Fahrt auf der Theodor-Heuss-Brücke. - Foto: gik
Ab Mitte Januar haben nur noch Busse und Taxen freie Fahrt auf der Theodor-Heuss-Brücke. – Foto: gik

Beck und Eder rieten deshalb auch, wer irgend könne, solle in den vier Wochen auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen. Die Buslinie 56 werde verstärkt, kündigte die Mainzer Mobilität an, auch werde noch über einen direkten Shuttlebus über die Brücke nachgedacht, das sei aber noch nicht entschieden. Mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember „werden insgesamt zehn Buslinien übe die Brücke fahren“, betonte Pressesprecher Michael Theurer, das seien rund 750 Busse pro Tag.

Das große Problem seien die Hauptstoßzeiten im Berufsverkehr, räumte Theurer zugleich ein, da seien die Busse ohnehin schon voll. „Wir werden da zusätzliche Busse anbieten“, versprach er, „49.000 Autofahrer kriegen aber auch wir nicht in den Bus.“ Nach Angaben der Stadt Wiesbaden benutzen inzwischen sogar rund 64.000 Fahrzeuge pro Tag die Theodor-Heuss-Brücke, dazu rund 28.000 Menschen in Bussen, rund 3.500 Radfahrer und etwa 1.900 Fußgänger.

Die Mainzer Mobilität will nun zusätzliche Stationen des Mietradelns MVGmeinRad rechts und links der Brücke installieren und mehr Fahrräder aufstellen, um das Pendeln über die Brücke zu erleichtern. Seit dem Systemwechsel sind solche Stationen leichter zu errichten, weil nun auch Radstationen ohne die fest installierten Infosäulen aufgestellt werden können. Ein guter Anlaufpunkt für Autofahrer könne dann die Rheinufergarage sein, um von dort auf die andere Rheinseite zu kommen. Schilder auf den Autobahnen sollen zudem frühzeitig auf die Sperrung der Theodor-Heuss-Brücke hinweisen.

An die Einrichtung einer Personenfähre auf dem Rhein denkt die Stadt hingegen nicht, sagte Eder. Man arbeite da zwar „perspektivisch an einem Projekt“, für die Brückensperrung sei das aber nicht angedacht. Hilfe soll es dagegen für die Fastnachtsvereine geben: Ab Januar hetzen viele Redner und Musikgruppen zu Auftritten auf den Fastnachtssitzungen, viele pendeln an einem Abend rechts und links des Rheins hin und her. Im Städteausschuss Mainz-Wiesbaden vergangene Woche war deshalb von einer „Helau-Spur“ die Rede, wie die Stadt Mainz nun einräumte, Eder sagte jetzt dazu: Es sei vorstellbar, dass für jeden Fastnachtsverein eine Sondergenehmigung zum Passieren der Brücke ausgestellt werde, die Vereine müssten dann selbst eine Shuttle organisieren. „Es wird sicher nicht jede Tanzgruppe eine Ausnahmegenehmigung bekommen“, betonte die Dezernentin zugleich – dann sei den Bürgern nicht mehr vermittelbar, wieso man die Brücke voll sperre.

Info& auf Mainz&: Mehr Informationen zur Brückensperrung und den Gründen lest Ihr hier auf Mainz&. Mainz& hatte zudem schon im Oktober über das Problem der Stickoxidwerte auf der Rheinallee berichtet, mehr dazu lest Ihr hier.

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