„Zugabe!“ rufen sie und „Helau!“ Die Kappelle spielt, die Narren ziehen durch die Straßen – Rosenmontag in Mainz? War da was? Die Mainzer Narren feierten am Rosenmontags trotz Absage des Rosenmontasgzuges in der Innenstadt Fastnacht. Ein normaler Rosenmontag war das natürlich nicht – nicht so ausgelassen, nicht so überschwänglich. Die Absage des Zuges – viele wunderten sich. Der große Sturm – bis zum frühen Nachmittag war er ausgeblieben. Die Rosenmontagsparty fand deshalb auf der Straße statt, viele aber feierten einfach auch in den Kneipen und Sälen.

Guggemusik am Theater
Ein Hauch von Rosenmontag: Guggemusiker verbreiten am Theater Stimmung – Foto: gik

Ab Mittag füllt sich die Stadt, doch die Narren stehen etwas verloren auf der Ludwigsstraße herum. Eigentlich sollte hier jetzt der Rosenmontagszug laufen. Doch der Zug wurde am Sonntagabend kurzfristig abgesagt, wegen Sturmwarnung – zum ersten Mal wegen eines Wetterereignisses.

„Enttäuscht, schon“, sagt eine Närrin, „das ist schon ein bisschen schade.“ Eigens aus Ludwigshafen ist die Gruppe angereist, „wir lassen uns das nicht vermiesen“, betonen sie. „Muss sein!“ sagt eine Clownin. „Ich wollte eigentlich im Zug mitgehen, Kostüme, Wagen, war alles schon fertig“, sagt eine Närrin traurig. „Aber wenn, hätte, es hilft ja nichts. Wir sind trotzdem da! Lebbe geht weiter…“

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Trotz der Absage strömten am Montagmittag die Narren in die Stadt. Spontane Eckparties bilden sich, viele haben Sekt mitgebracht oder trinken mitgebrachtes Bier. Auch die Imbissbuden und Trinkstände sind geschlossen – vorhergesagt war Windstärke 8 bis 10, die Sicherheitskonzepte schreiben dann vor, alles zu schließen. Die Dixie-Toiletten wurden abgebaut, das Riesenrad ist zwar sicher bis Windstärke 12, fahren darf es trotzdem nicht.

Je suis Fastnacht
Dieser Narr bekundet seine Solidarität – und glaubt wohl nciht an die Absage wegen Sturms – Foto: gik

„Verständnis für die Absage? Ja – und jetzt Nein“, sagt ein Mainzer, „wenn man das Wetter jetzt so sieht..“ – und zeigt auf den blauen Himmel überm Dom. „Bei dem ‚Sturm‘ kann man doch feiern, hoffentlich haben wir genaug Sonnenschutz aufgetragen“, sagt ein Narr sarkastisch. In der Innenstadt weht allenfalls ein laues Lüftchen, von Sturm ist wenig zu merken – am Mittag kommt sogar die Sonne heraus. „Vielleicht ist der Sturm ja erfunden worden, damit man nicht wegen Terror absagen muss“, sagt ein Narr.

Die Spekulationen schießen ins Kraut, dass der angekündigte Sturm mit Orkanböen tatsächlich die Ursache der Absage war – das glauben hier immer weniger. „Wir haben schon spekuliert“, sagen die Ludwigshafener Narren, schließlich sei die Großwetterlage von Terror bestimmt. Am Sonntag nahmen Ermittler bei einer Razzia im rheinhessischen St. Johann einige Flüchtlinge wegen Verdachts auf Zugehörigkeit zum terrornetzwerk IS fest. Viele sehen hier einen Zusammenhang.

„Es hatte mit Terror überhaupt nichts zu tun“, bekräftigt unterdessen der Pressesprecher des Mainzer Carnevals Vereins (MCV), Michael Bonewitz: „Wir hatten zu dem Zeitpunkt der Absage keinerlei Terrorwarnung oder irgendetwas anderes.“ Die Entscheidung sei allein aufgrund der Wetterprognosen getroffen worden. „Hätten wir gewusst, wie es heute wird, hätten wir eine Entscheidung nach den Tatsachen treffen können“, räumte Bonewitz im Gespräch mit dieser Zeitung ein. Doch man sei sich einig gewesen, den Zug nicht erst am Rosenmontag absagen zu wollen.

„Wir hatten heute Windstärken zwischen 8 und 9, genau wie prognostiziert“, betonte Bonewitz zudem, und bekräftigte: „Die Absage war richtig.“ Und schließlich sei der Mainzer Rosenmontagszug nicht der einzige abgesagte Umzug – auch das spreche doch gegen eine Terrorwarnung.

Guggemusik am Höfchen
Spontaner Mini-Umzug am Höfchen: Narren in Mainz feiern trotzdem Rosenmontag – Foto: gik

Der Fastnachtsforscher und Mainz-Experte Günter Schenk indes hat kein Verständnis für die Absage. „Ich halte das für falsch“, sagte Schenk Mainz&: „Wenn wir die Sicherheit über die Freiheit stellen, dann können wir gar nichts mehr tun.“ Die „Vollkaskomentalität“ findet er falsch, einen abgespeckten Umzug hätte es doch geben können, sagt Schenk, oder einen um 7.00 Uhr morgens – da war der Sturm in Mainz noch nicht recht angekommen. „Es ist ja keiner gezwungen, hin zu gehen“, findet Schenk, „man hätte ja eine Empfehlung aussprechen können, ähnlich wie bei eienr Reisewarnung des Auswärtigen Amtes.“

Die Absage zeige auch, wie unflexibel die organisierte Fastnacht geworden sei, findet der Fastnachtskritiker – und zeigte dann mit leuchtenden Augen auf den Platz vor ihm. Zu Füßen des Doms nämlich heizt eine Guggemusik-Kappelle den Narren ein. Überall in der Altstadt bilden sich spontan kleine Umzüge, immer wenn eine Fastnachtskappelle aufspielt, bildet sich sofort ein Spalier, schallt Helau durch die Stadt. Touristen zücken begeistert die Handys – es weht ein Hauch von Rosenmontagszug durch Mainz. „Jetzt zeigt sich die spontane Straßenfastnacht“, sagte Schenk, das ist die echte Fastnacht!“

Regenschirm auf der LU
Regenschirm statt Rosenmontagszug – So sah es am Mittag auf der LU in Mainz aus – Foto: gik

 

Die Polizei übrigens zeigte sich am Nachmittag völlig entspannt: „Wir sind hier tiefenentspannt“, sagte ein Sprecher Mainz&: „Es ist alles ruhig, rundherum richtig ruhig.“ Weder Krawalle noch Alkoholleichen seien bsiher zu vermelden, und nein, auch Sturmschäden habe es bisher nicht gegeben. „Wir harren der Dinge, die da noch kommen“, sagte der Polizeisprecher, und betonte zugleich: Nein, eine Terrorwarnung habe es nicht gegeben, „die Absage, das war wirklich das Wetter.“ Übrigens wurden auch die Fastnachtsumzuüge in Koblenz, Trier und Düsseldorf abgesagt – unter anderem.

Update: Am späten Nachmittag gab der MCV Entwarnung: Die Rosendmondnacht, die große Freiluftparty auf der Ludwigsstraße konnte dann doch noch stattfinden. Die Getränkestände durften wieder öffnen. Doch das Wetter wude noch richtig ungemütlich, mit heftigen Regenschauern und einzelnen Windböen.

Und der MCV rechtfertigte die Absage weiter: Bis zu neun Mal hätten die Windmessgeräte in der Mainzer Innenstadt zwischen 9.00 und 12.00 Uhr Böen mit Windstärken zwischen 8 und 9 registriert, im Mittel habe es Windstärke 5 bis 6 gegeben. „Siebenmal musste in dieser Zeit die Feuerwehr zu Einsätzen rausfahren und herabfallende Teile sichern“, hieß es in der Mitteilung weiter, “ bei vollem Rosenmontagsbetrieb hätte durchaus entlang der Zugstrecke Gefahr für Leib und Leben der Zugteilnehmer bestanden.“

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