Mehr als ein Dutzend Städte in Deutschland haben bereits den „Klimanotstand“ erklärt – nun soll Mainz folgen. Die ÖDP fordert, auch in Mainz den Klimanotstand auszurufen und kündigte am Mittwoch an, einen entsprechenden Antrag für die Stadtratssitzung im August stellen zu wollen. „Wir sehen die Notwendigkeit, quer durch alle Fraktionen das Bewusstsein für den Ernst der Lage zu schaffen“, sagte die Bauexpertin der ÖDP, Ingrid Pannhorst. Der Antrag fordere, bei jeder Beschlussfassung Klimaschutz und Klimaanpassung im Abwägungsprozess zu berücksichtigen. Am Donnerstag teilten die Grünen dann mit, auch sie wollten einen Antrag auf Ausrufung des Klimanotstands für Mainz stellen. Update: Am Donnerstagabend erklärte auch die Nachbarstadt Wiesbaden den Klimanotstand.

Neubauprojekt Binger Schlag in Mainz: Kein Grün, nirgends. - Foto: gik
Neubauprojekt Binger Schlag in Mainz: Kein Grün, nirgends. – Foto: gik

Der Begriff „Klimanotstand“ wurde 2010 in Australien erfunden, er soll deutlich machen, dass die aktuelle Klimakrise tatsächlich einen „Notstand“ darstellt, dessen Bekämpfung höchste und nicht aufschiebbare Priorität haben muss. Mit der Ausrufung des Klimanotstandes erkennen Kommunen, so erklärt es Wikipedia, an, dass es eine Klimakrise gibt und dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, diese zu bekämpfen. Der Beschluss soll Verwaltung und Regierungen beauftragen, umgehend umfangreiche Maßnahmen gegen die Klimakrise auf den Weg zu bringen, und das eben mit höchster Priorität. Deutschlandweit haben Wikipedia zufolge bereits 18 Städte den Klimanotstand ausgerufen, die erste war Konstanz im Mai dieses Jahres, die jüngste Aachen am 19. Juni.

Update: Am Donnerstagabend erklärte übrigens auch die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden den Klimanotstand. Wie Mainz& von Teilnehmern direkt aus dem Plenum erfuhr, stimmten 37 Stadtverordnete dafür, 30 aber auch dagegen, eine Person enthielt sich.

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„Uns ist bewusst, dass der Notstand – im rechtlichen Sinne – in Mainz noch nicht erreicht ist“, sagte Pannhorst in ihrer Mitteilung weiter. Wenn allerdings der Weltklimarat eine Halbierung des CO2-Ausstoßes bis 2030 fordere, um das 1,5 Grad-Ziel der Erderwärmung überhaupt noch stoppen zu können, müssten die Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung deutlich intensiviert werden. „Wir sehen die Notwendigkeit, quer durch alle Fraktionen das Bewusstsein für den Ernst der Lage zu schaffen“, betonte Pannhorst. Tatsächlich hatte der Stadtrat noch im September 2018 Anträge der ÖDP zu Hitzeaktionsplänen und für einen städtebaulichen Rahmenplan Klimaschutz für Mainz abgelehnt.

SPD-Stadtrat Henning Franz sagte damals, mit einer dauerhaften Zunahme der Hitze sei „nicht zwangsläufig“ zu rechnen, ein Rahmenplan für Klimafolgen nicht nötig. Auch Altstadt-Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne) monierte, die ÖDP poche mit ihrem Rahmenplan „zu sehr auf Verbindlichkeit, das wäre in der Realität nicht durchsetzbar“ – „ein Lippenbekenntnis“ nütze niemandem. Die ÖDP hatte in ihrem Antrag vorgeschlagen, ein Handlungskonzept „städtebaulicher Rahgmenplan Klimaanpassung“ auf den Weg zu bringen, der als dritte Säule der städtischen Klimastrategie neben „Mainz wird klimafit“ und dem „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz Mainz“ zu etablieren. Der Rahmenplan solle verbindlich in Bauprozesse eingebunden werden un bei Bauleitplanung, Sanierung und Stadtumbau berücksichtigt werden. Ferner solle er unter anderem bei städtebaulichen Wettbewerben und der Gestaltung öffentlicher Freiräume gelten.

Grüne Plätze sind die grünen Lungen einer Innenstadt - Mainz hat davon viel zu wenig. Hier der Fischtorplatz mit Blick auf den Mainzer Dom. - Foto: gik
Grüne Plätze sind die grünen Lungen einer Innenstadt – Mainz hat davon viel zu wenig. Hier der Fischtorplatz mit Blick auf den Mainzer Dom. – Foto: gik

Nun versucht die ÖDP erneut, Bewegung in eine Klimafolgenplanung für Mainz zu bekommen – mit Hilfe des Klimanotstandes. „Wir wollen uns dabei jedoch nicht mit einem reinen Symbolantrag zufrieden geben, der Antrag fordert konkrete Maßnahmen, die mit dem Masterplan einhergehen sollen“, sagte ÖDP-Fraktionschef Claudius Moseler. Der neue Antrag fordere deshalb, bei jeder Beschlussfassung Klimaschutz und Klimaanpassung im Abwägungsprozess zu berücksichtigen. „Wir müssen endlich anerkennen, dass die bisherigen Schritte die eingeleitet wurden, nicht konsequent genug sind und wir den Klimaschutz endlich höher priorisieren müssen“, betonte Moseler.

Am Donnerstag dann teilten die Mainzer Grünen mit, die Fraktion werde im Stadtrat ebenfalls einen Antrag auf Ausrufung des Klimanotstands für Mainz stellen. „Ziel ist es, das Bewusstsein aller zu schärfen, und uns selbst in die Pflicht zu nehmen – uns läuft die Zeit davon“, sagte Fraktionsvize Marcel Kühle. Um die Erderwärmung abzubremsen und die Klimaschutzziele einzuhalten, sei konsequentes Handeln vor Ort nötig. Mit den Maßnahmen aus seinen Masterplänen 100 Prozent Klimaschutz und M³ habe Mainz „ganz wichtige Maßnahmenpakete geschnürt“, betonte Grünen-Fraktionschefin Sylvia Köbler-Groß. Mit Ausrufung des Klimanotstands solle nun „gewährleistet werden, dass diese Maßnahmen umgesetzt, aber auch andere Entscheidungen der kommunalen Politik und Verwaltung auf ihre Klimaauswirkungen geprüft werden.“

Info& auf Mainz&: Mehr in Sachen Klimaauswirkungen für Mainz haben wir Euch gerade in einem Artikel über Frischluftschneisen für die Mainzer Innenstadt erzählt – den Artikel findet Ihr hier. Mehr zum Klimanotstand findet Ihr auch hier bei Wikipedia.

 

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