Braucht Mainz eine Gedenkstätte für Menschen, die auf der Flucht gestorben sind? Der Flüchtlingshilfsverein „Fallschirm Mensch“ findet: „ja“ – und kündigte heute an, 2017 mit Vertretern von Stadt und dem Stadtrat Gespräche über eine solche Gedenkstätte führen zu wollen. Man wolle „eine Gedenkstätte in Form eines Gedenkbaumes mit Plakette oder Ähnlichem anregen, die den trauernden Angehörigen eine Möglichkeit bieten soll, eben dies zu tun“, sagte der Vorsitzende von Fallschirm Mensch, Florian Kowalewski. Unterstützung kam prompt von den Mainzer Linken, sonst aber meldete sich erst mal niemand dazu zu Wort. Uns interessiert Eure Meinung: Braucht Mainz so etwas?

Open Ohr - Elias Bierdel Vortrag Cap Anamur mit Flüchtlingen
Flüchtlinge in einem Schlauchboot auf dem Mittelmeer, hier aus einem Vortrag von Elias Bierdel von Cap Anamur – Foto: gik

2016 seien mehr Menschen auf der Flucht gestorben als in den Jahren zuvor, das Mittelmeer verschlucke fast täglich Menschen, argumentiert Fallschirm Mensch. „Die Überlebenden und Verbliebenen sind hilflos, ratlos und trostlos“, heißt es weiter. Die allerwenigsten Leichen würden geborgen, noch weniger identifiziert. Ein Begräbnis findet in den seltensten Fällen statt, die Angehörigen haben keinen Ort zum Trauern oder Beten. Eine Gedenkstätte könne „den gesichts- und namenlosen Toten eine Ruhestätte sein“ und die Menschen „an all jene erinnern, die ihr Leben wegen erdrückender Perspektivlosigkeit auf der Flucht verloren haben.“ Sie könne all jenen Menschen, die diese gefährliche Reise überlebt haben, einen Platz zum innehalten ermöglichen.

Zustimmung kam von den Linken – und prompt ein praktischer Vorschlag: Man schlage vor, „das nie eingeweihte Denkmal am Fischtorplatz umzuwidmen“, sagte der Linken-Kreischef Tupac Orellana. Die Säule am Konrad-Adenauer-Ufer sei in der Nazizeit errichtet worden, in Gedenken an Kombattanten und ausgewiesen zur Nacheiferung für Jugendliche. Ein passendes Symbol für eine weltoffene und fürsorgliche Stadt wie Mainz sei das nicht, findet Orellana, zumal die Stadt hier am Fischtorplatz mit dem neuen Weinprobierstand versuche, Touristen anzusprechen. Dazu passe doch „ein von den Nazis errichtetes Relikt, das zur Nacheiferung eines der schrecklichsten Kriege der Weltgeschichte aufruft, durch ein modernes Zeichen der Aufnahme und des Friedens zu ersetzen.“

- Werbung -
Werben auf Mainz&
Start zum Schweigemarsch mit Fallschirm Mensch kleiner
Fallschirm Mensch veranstaltete schon zweimal einen Schweigemarsch zum Gedenken an auf der Flucht verstorbene Menschen in Mainz – Foto: gik

Die Geflüchteten sowie deren Kinder und Kindeskinder würden in Zukunft die Gesellschaft in Mainz, Rheinland-Pfalz und Deutschland „nachhaltig prägen“, sagte Orellana weiter. Deshalb sei es „nur angemessen, wenn wir ihrer schwierigen Ankunft gedenken und nicht diejenigen vergessen, die auf dem Weg in ein vermeintlich sicheres Leben den Tod fanden.“ Eine Gedächtnisstätte für verstorbene Geflüchtete könne schließlich auch als Mahnmal für die Verantwortung der Menschen in Deutschland für Fluchtursachen wie Klimawandel, Krieg und Armut dienen. Und schließlich gebe es zahlreiche Tafeln, Gräber und Male in Mainz, „die gefallener Soldaten und verschwundener Regimenter gedenken – keines gedenkt der toten Geflüchteten“, fügte der Linken-Politiker hinzu.

Kommentar& auf Mainz&: Uns interessiert ja schon, was Ihr davon haltet: Braucht Mainz ein solches Denk-Mal? Tatsache ist: Rund 2.300 Flüchtlinge lebten im Sommer in Mainz, viele von ihnen kamen nach abenteuerlicher Flucht übers Mittelmeer hierher. Doch vielfach ist überhaupt noch nicht klar, ob die überhaupt hier bleiben, hier sesshaft werden – oder umziehen, zurückgehen. Der große Ansturm auf Deutschland, er ist gerade erst ein Jahr her. Muss man sich Denkmäler „verdienen“? Und wir mögen ja nicht mehr die Intentionen der Denkmäler von einst teilen – aber haben wir ein Recht, sie deshalb umzuwidmen?

Auch ist uns nicht wirklich klar, welches Denkmal die Linke meint – das Marinedenkmal am Rheinufer, an dem regelmäßig Kränze in Erinnerung an frühere Verstorbene niedergelegt werden, erinnert an den ersten Weltkrieg und den Untergang des Kreuzers MS Mainz. Das Denkmal auf dem Fischtorplatz werden sie ja wohl nicht meinen – das erinnert an die Deutsche Wiedervereinigung…. Schreibt uns Eure Meinung! Unter info@mainzund.de.

Kleines Update: Die Linke teilte uns gerade mit, dass sie in der Tat das Marinedenkmal am Rheinufer meinen. Das rufe in seiner Inschrift „zur Nachahmung“ von Krieg und Sterben fürs Vaterland auf, die Linke hält das nicht mehr für zeitgemäß.

 

 

 

 

 

 

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein